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MILITÄR/920: Unbemannte Tötungsmaschinen - Im UN-Sprachgebrauch ist 'Drohne' ein böses Wort (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 7. Februar 2013

Rüstung: Unbemannte Tötungsmaschinen - Im UN-Sprachgebrauch ist 'Drohne' ein böses Wort

von Thalif Deen



New York, 7. Februar (IPS) - 'Drohne' ist ein Wort, das UN-Vertreter nur ungern in den Mund nehmen. Das gilt selbst dann, wenn ein solches Flugobjekt ausschließlich zivilen oder Aufklärungszwecken vorbehalten ist. Der Grund für die Abneigung: Drohnen werden meist mit der US-Anti-Terror-Strategie des gezielten Tötens in Verbindung gebracht, die auch Zivilisten das Leben kostet.

Als der Untergeneralsekretär für Friedensmissionen Herve Ladsous am 6. Februar in New York vor Journalisten auf Pläne angesprochen wurde, in der Demokratischen Republik Kongo (DRC) Drohnen einzusetzen, antwortete er: "Ich würde nicht das Wort Drohnen verwenden." Stattdessen warb er für den militärischen Euphemismus 'unbemannte Luftfahrzeuge' (UAVs). Vorgesehen sei die Entsendung "unbewaffneter" und ausschließlich für Überwachungszwecke vorgesehener UAVs, betonte er. Die Flüge würden zudem nur mit der ausdrücklichen Genehmigung der kongolesischen Regierung und der DRC-Nachbarstaaten erfolgen.

Der Einsatz unbewaffneter Drohnen in dem zentralafrikanischen Bürgerkriegsland geht auf eine Entscheidung des aus 15 Mitgliedern bestehenden UN-Sicherheitsrats vom vergangenen November zurück. Er soll der 17.000 Mann starken UN-Stabilisierungsmission (MONUSCO) dabei helfen, die Bewegungen der Rebellen zu verfolgen. Allerdings befürchten einige UN-Diplomaten, dass die UN-Drohnen mit Waffen ausgestattet werden könnten, sollte sich die Lage in der DRC weiter verschlechtern.

Die UAVs, die die USA im Kampf gegen den internationalen Terrorismus einsetzen, sind mit Waffen bestückt. Sie kamen bereits in Afghanistan, Pakistan, Somalia und Jemen zum Einsatz. Allerdings sind ihnen nicht nur Terroristen, sondern eine Vielzahl von Zivilisten zum Opfer gefallen.


Rund 40 Drohnen produzierende Länder

Berichten zufolge gibt es derzeit 40 Länder, die Drohnen herstellen und/oder einsetzen. Laut Larry Dickerson vom Marktforschungsinstitut 'Forecast International', das auf militärische Fragen spezialisiert ist, gehören außer den USA auch Länder wie Bulgarien, China, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Israel, Italien, Japan, Kanada, Österreich, Polen, Russland, Singapur, Spanien, Südafrika, Südkorea und die Tschechische Republik zu den Drohnenherstellern.

Ben Emmerson, UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte und Terrorbekämpfung, arbeitet derzeit an einem investigativen Bericht über den Einsatz von Drohnen und die Folgen. Sein Hauptaugenmerk gilt 25 vorwiegend in Afghanistan, Jemen, Pakistan und Somalia, aber auch in Palästina von Israel durchgeführten Drohneneinsätzen. Der Bericht soll der UN-Vollversammlung bis Oktober oder November vorliegen.

Wie der beigeordnete UN-Sprecher Farhan Haq im letzten Monat erklärte, hat der UN-Generalsekretär Ban Ki-moon die betreffenden UN-Mitgliedstaaten aufgefordert, die Umstände für den Einsatz der Drohnen und die Maßnahmen offenzulegen, die ergriffen würden, um sicherzustellen, dass bei Drohneneinsätzen internationales Recht gewahrt bleibe.

'Amnesty International' geht davon aus, dass es in den letzten Jahren allein in Pakistan zu 300 Drohneneinsätzen gekommen ist, die auch Zivilisten das Leben kosteten. Zu der Ankündigung, dass die US-Regierung derzeit Richtlinien für "gezielte Tötungen" formuliere, meinte Susan Lee von Amnesty sarkastisch: "Es gibt bereits ein solches Regelwerk, bekannt als internationales Recht."


An internationalem Recht vorbei

"Alle US-Strategien im Zusammenhang mit gezielten Tötungen müssten nicht nur offengelegt werden, sondern mit internationalem Recht kompatibel sein", betonte Lee. Bis jetzt ließen die Äußerungen hochrangiger Vertreter der Obama-Administration eher darauf schließen, dass die US-Politik außergerichtliche Hinrichtungen erlaube, obwohl damit gegen internationales Rechts verstoßen werde.

Larry Dickerson zufolge sind auch Länder wie China und Russland dabei, ihre Drohnenarsenale zu vergrößern. Allerdings seien deren Systeme nicht so ausgeklügelt wie die US-amerikanischen UAVs, die bereits auf verschiedenen Kriegsschauplätzen ausprobiert werden konnten. Die USA produzierten mehr Drohnen als jedes andere Land der Welt.

Den weltweiten Drohnenmarkt für die nächsten zehn Jahre schätzt der Experte auf 70,9 Milliarden US-Dollar. 39,2 Milliarden Dollar fielen für die Produktion der Systeme an, 28,7 Milliarden für die Forschung und Entwicklung und etwa 3 Milliarden Dollar für UAV-Service-Verträge. (Ende/IPS/kb/2013)


Links:

http://www.forecastinternational.com/
http://www.ipsnews.net/2013/02/drone-a-dirty-word-in-the-u-n-lexicon/

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IPS-Tagesdienst vom 7. Februar 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Februar 2013