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MILITÄR/910: Israel - Unbemannte Luftfahrzeuge in allen Größen, Drohnentechnologie hebt ab (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 3. April 2012

Israel: Unbemannte Luftfahrzeuge in allen Größen - Drohnentechnologie hebt ab

von Pierre Klochendler



Tel Aviv, 3. April (IPS) - Werden künftige Kriege auf dem Land, im Wasser und in der Luft von Robotern geführt? Die Entwicklung neuer Nachschubsysteme und Drohnen im Miniaturformat, die Daten aus dem Feindesgebiet übermitteln können, machen ein solches Szenario wahrscheinlich. Auch für das israelische Militär sind die unbemannten Luftfahrzeuge (UAV) die Kriegstechnologie der Zukunft.

Die modernen Gefechte bringen die Truppen an ihre Grenzen. Infanteristen müssen auf dem Rücken schwere Lasten tragen, die ihre Kampffähigkeit beeinträchtigen. Der Roboter 'REX Field-Porter' könnte Soldaten bald gute Dienste leisten. Er kann Feldgerätschaften bis zu einem Gewicht von 200 Kilogramm in Kampfzonen bringen.

Die von der staatlichen israelischen Luftfahrtindustrie (IAI) entwickelten ferngesteuerten Plattformen sollen die Kampfleistung steigern, indem sie für mehr Nachschub sorgen, ohne den Soldaten zusätzliches Gewicht aufzubürden.

"Israel, das lange Zeit bei der Entwicklung unbemannter Fahrzeugsysteme im Fokus gestanden hat, will nun noch mehr erreichen", sagte Brett Davis, der stellvertretende Kommunikationschef der Internationalen Organisation für unbemannte Fahrzeugsysteme (AUVSI) im März auf einer Tagung in Israel.


Erstes UAV-Programm

Während des Jom-Kippur-Kriegs 1973 hatten syrische Raketen israelischen Kampfflugzeugen schweren Schaden zugefügt. Israel hat die Lektion gelernt. Es wurde ein Jahr später das erste Land, das ein modernes Programm für unbemannte Luftfahrtzeuge (UAV) zur Echtzeitüberwachung, elektronischen Kriegsführung und zum Einsatz von Tauschkörpern entwickelte. Tauschkörper sind Attrappen, die abgeworfen werden, um den Feind zu verwirren und von echten Gefechtsköpfen abzulenken.

David Harari war federführend an der Entwicklung des UAV-Programms beteiligt. "Die Idee dahinter war, ein kleines System zu entwerfen, das eine Tageskamera für Informationen in Echtzeit trug", erklärte er.

Während des ersten Libanon-Kriegs 1982 setzte Israel erstmals Drohnen über den Kampfgebieten ein. Obwohl man damals noch verstärkt auf konventionelle Beobachtungsposten setzte, ermöglichten die Bilder und die Radartechnik der 'Scout'-Drohnen Israel die Zerstörung von etwa 30 Flugabwehr-Raketen und mehr als 80 MIG-Kampfflugzeugen. Nicht ein einziger israelischer Kampfjet wurde abgeschossen.

"Das war die Entdeckung. Plötzlich konnten wir das Schlachtfeld live und vierdimensional kontrollieren", sagte Harari. "Das hat die Militärdoktrin revolutioniert." Israelische Experten beziehen ihr Know-how aus ihrer militärischen Erfahrung. Man sei ja zugleich Zivilist und Reservesoldat, erklärte er.

Sein Team hat das Aufklärungsgeschwader der Luftwaffe entworfen. "Während wir an Militäroperationen beteiligt sind, entwickeln wir auch Systeme", erläuterte er. "Diese werden rasch in Gebrauch genommen und durch Erfahrung verfeinert. Das US-Militär verfährt ähnlich."

Die Streitkräfte der USA haben Drohnen im Irak, in Pakistan, Afghanistan und im Jemen eingesetzt. "Die US-Armee hat den 'Shadow', der ursprünglich auf einem israelischen Entwurf basierte, mehr als eine Million Stunden im Einsatz gehabt. Der mit Raketen bestückte 'Predator' wird häufig genutzt", berichtete Davis.

Die Drohne 'Heron TP2', die sich am neuesten Modell des 'Predator' orientiert, ist das größte Exemplar im israelischen Drohnen-Arsenal. 'Predator' gilt als das zielgenaueste unbemannte Fluggerät. Heron TP2 kann mit einer Flügelspannweite von mehr als 24 Metern und einer Nutzlast beim Start von fünf Tonnen eine Höhe von rund 13,7 Kilometern erreichen und bis zu 40 Stunden lang in der Luft bleiben.

Israelische Drohnen überwachen ständig den Gazastreifen und lösen ethische Debatten aus. Menschenrechtsgruppen kritisieren die Strategie, Gegner wie radikale Palästinenser gezielt zu töten. Den Anschlägen fallen auch Zivilisten zum Opfer.

Harari entgegnete auf die Vorwürfe, dass keine bewaffneten UAVs im Einsatz seien. In israelischen Militärkreisen wird betont, dass die Drohnen ausschließlich als unterstützende Systeme genutzt werden, etwa um Raketen vor dem Abschuss zu erkennen und die Genauigkeit der israelischen Angriffe einzuschätzen.


Drohnen können leicht mit Waffen ausgerüstet werden

Experten zufolge können die Heron-Drohnen jedoch durchaus mit Waffen bestückt werden. Sie seien auch in der Lage, weit hinter den Linien des Feindes - etwa über dem Iran - eingesetzt zu werden, sagte der IAI-Berater Dan Bichman. "Dank der Satelliten-Kommunikationssysteme hat Heron eine enorme Reichweite."

Im Februar hatten Mitarbeiter des israelischen Verteidigungsministeriums ein Waffengeschäft im Umfang von 1,6 Milliarden US-Dollar mit Aserbaidschan bestätigt. Da Drohnen inbegriffen sind, bedeutet dies, dass die israelische Überwachungstechnik näher an den Iran herangebracht wird. Kürzlich wurden in einem Report zur Außenpolitik US-Beamte zitiert, denen zufolge sich Israel den Zugang zu Luftwaffenbasen in Aserbaidschan gesichert habe.

Drohnen werden in unterschiedlichen Größen hergestellt. Der leise, flexible und leicht einsetzbare Typ 'Ghost' gilt als ideal für Kämpfe in Stadtgebieten. 'Bird-Eye', eine kleine tragbare Drohne, die von einem Katapult aus abgeschossen wird, kann geheime Daten liefern, die von einem Laptop kontrolliert werden können.

Die 'Panther'-Drohne kann vertikal abheben und auch auf unwegsamem Gelände aufsetzen. 'Searcher' lässt sich für verschiedene Zwecke nutzen. So kann diese UAV beispielsweise Unterstützung bei Anti-Terroreinsätzen leisten. Winzige Spionage-Drohnen werden nach dem Vorbild von Mücken und Schmetterlingen konstruiert.

Laut Bichman wird die Entwicklung dahin gehen, kleine Systeme zu entwerfen. Die Drohnen erfüllten ihren Zweck vor allem durch das Aufspüren des Feindes. "UAVs haben definitiv eine abschreckende Wirkung." (Ende/IPS/ck/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. April 2012