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MILITÄR/872: Abrüstung - Kampagne für Streubombenverbot, gemischte Signale aus den USA (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 3. November 2010

Abrüstung: Kampagne für Streubombenverbot - Gemischte Signale aus den USA

Von Marwaan Macan-Markar


Bangkok, 3. November (IPS) - Kurz vor Beginn einer internationalen Konferenz gegen Streubomben in Laos zeigt der Großproduzent USA wenig Bereitschaft, ein Verbot dieser Munition zu unterstützen. Das südostasiatische Land hat noch heute mit den Folgen der US-Bombenabwürfe vor vier Jahrzehnten zu kämpfen.

Beobachter rechnen nicht mehr damit, dass Vertreter der Regierung als Beobachter an dem Treffen vom 9. bis 12. November in Vientiane teilnehmen werden. "Der US-Regierung sind die Probleme in Laos durchaus bewusst", meinte Thomas Nash, der das nichtstaatliche Netzwerk 'Cluster Munitions Coalition' (CMC) leitet. Das Bündnis hatte sich auch für das im August in Kraft getretene Übereinkommen über Streumunition eingesetzt, das Verbotsbestimmungen enthält.

Zu dem ersten Treffen der Vertragsstaaten der von 108 Ländern angenommenen Konvention werden Delegierte aus mehr als hundert Ländern und Vertreter von fast 400 Nichtregierungsorganisationen in der laotischen Hauptstadt erwartet.

Die Zurückhaltung der USA überrascht die meisten Beobachter nicht. Wie aus dem kürzlich in der thailändischen Hauptstadt Bangkok veröffentlichten 'Cluster Munitions Report 2010' hervorgeht, hatten die Vereinigten Staaten schon 2007 und 2008 nicht an den Verhandlungen in Oslo teilgenommen, die den Weg für die Konvention bereiteten. Sie blieben überdies Arbeitstreffen im vergangenen und in diesem Jahr fern, unter anderem auch einer Konferenz in Berlin, hieß es in dem Bericht, der einen Überblick über Handel, Lagerung, Einsatz und Verbot der Streumunition geben will.


Nach dem Abwurf Hilfe bei der Räumung

Andererseits unterstützen die USA mehrere humanitäre Programme, um in Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen Bomben zu räumen. Laos hat seit Mitte der neunziger Jahre auf diesem Weg Unterstützung erhalten. Die USA stellen offenbar jedes Jahr rund zwei Millionen US-Dollar für die Beseitigung der Munition in dem Land bereit.

Laut Stephen Goose von der Organisation 'Human Rights Watch' (HRW) haben die USA das meiste Geld für die Bombenräumung in Laos bereitgestellt. Washington "besteht auf dem Einsatz von Waffen, zahlt aber auch dafür, um das Schlamassel später zu beseitigen", erklärte er.

Die meisten NATO-Verbündeten der USA hätten dagegen die Konvention unterzeichnet und dürften Washington also nicht dabei unterstützen, weiterhin Streubomben zu lagern oder zu transportieren, sagte Goose, der den 'Cluster Munitions Monitor 2010' verfasst hat. Dies bedeute, dass die militärischen Alliierten der USA keine Flugzeuge und Lastwagen auftanken dürften, in denen diese Waffen befördert würden.

Die USA sind allerdings nicht das einzige Land, das in großem Stil Streumunition produziert und sich gegen Verbote stellt. Auch China, Indien, Pakistan, Israel und Russland zeigten den Gegnern der Bomben die kalte Schulter.

Laos steht wiederum an der Spitze der Staaten, die der Konvention in Asien mehr Gewicht verschaffen wollen. Als erstes Land der Region ratifizierte es die Übereinkunft. Erst vier weitere Staaten - die Fidschi-Inseln, Japan, Samoa und Neuseeland - sind bislang gefolgt. Vertreter der Regierung in Vientiane hoffen nun, dass die bevorstehende Konferenz weitere Ratifikationen nach sich ziehen wird. Schließlich ist Südostasien die Region, die weltweit am stärksten durch die US-Bombenabwürfe in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Neben Laos waren auch die Nachbarländer Vietnam und Kambodscha stark betroffen. Während des Vietnam-Kriegs, den die USA 1975 verlor, warf die US-Luftwaffe dort eine große Zahl von Streubomben ab. Allein in Laos gingen mehr als zwei Millionen Tonnen davon nieder. Laut US-Statistiken wurden selbst im Zweiten Weltkrieg weniger Bomben in Europa abgeworfen.


Viele Bomben bisher nicht explodiert

US-Kriegsflugzeuge flogen von 1964 bis 1973 etwa 500.000 Einsätze, um den so genannten Ho-Chi-Minh-Pfad, die wichtigsten Versorgungslinien Nordvietnams, zu zerstören. Bei schätzungsweise etwa 270 Millionen Bomben handelte es sich um Streumunition. Etwa 300 bis 600 dieser kleinen Sprengkörper befanden sich in größeren Bomben und verteilten sich bei der Detonation im weiten Umkreis.

Ein großer Teil der Munition explodierte aber nicht und ist nach wie vor eine große Gefahr. Mehr als 50.000 Menschen in Laos kamen zwischen 1968 und 2008 bei der Detonation von Blindgängern ums Leben. Auch 2009 habe das Land die höchste Zahl von Streumunitions-Opfern gezählt, sagte Goose. Etwa ein Drittel aller tödlich Verunglückten seien auf diese Weise gestorben. (Ende/IPS/ck/2010)


Links:
http://www.stopclustermunitions.org/
http://www.hrw.org/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=53437


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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 3. November 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. November 2010