Schattenblick → INFOPOOL → POLITIK → FAKTEN


ASYL/1475: Appell - "Risikogruppen aus Sammelunterkünften evakuieren" (Flüchtlingsrat Hamburg)


Flüchtlingsrat Hamburg e.V. - Offenes Plenum für Antirassistische Arbeit
Pressemitteilung vom 20. April 2020

Der Flüchtlingsrat Hamburg e.V. unterstützt den Appell "Risikogruppen aus Sammelunterkünften evakuieren" des Projektes CROSSROADS | FLUCHT. MIGRATION. BEHINDERUNG. von HANDICAP INTERNATIONAL.


Dieser Appell wurde von HANDICAP INTERNATIONAL an die Länderchefs der Bundesländer, u.a. an den Ersten Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Herrn Tschentscher, verschickt.

In diesem Appell wird gefordert, Risikogruppen, die durch den Corona Virus besonders gefährdet sind, sofort aus Sammelunterkünften zu evakuieren. Solche Sammelunterkünfte sind in Hamburg u.a. die beiden Ankunftszentren für Geflüchtete in Hamburg Rahlstedt, Bargkoppelweg 66a und Bargkoppelstieg 10-14 sowie die dezentralen Erstaufnahmen (EAs) in der Hamburger Poststraße, in der Sportallee, in der Kaltenkirchener Str. und im Neuen Höltigbaum. Auch zahlreiche dezentrale Wohnunterkünfte von Geflüchteten haben den Charakter von Sammelunterkünften.

Laut Auskunft vom 04.04.2020 von fördern&wohnen - fördern&wohnen ist in Hamburg maßgeblich für die öffentlich rechtliche Unterbringung (örU) von Geflüchteten zuständig - werden in der örU z. Zt. keine zusätzlichen Kapazitäten für eine geschützte bzw. entzerrte Unterbringung von Risikogruppen vorgehalten. Auch wird derzeit kein zusätzliches Personal in den örUs für die Bewältigung der Corona-Pandemie eingestellt. (Das zusätzlich benötigte Personal im NHB und im WNP wurde aus den bereits vorhandenen und erfahrenen Personalressourcen rekrutiert.) Der dadurch in den abgebenden Unterkünften entstehende Bedarf wird teilweise durch Arbeitnehmerüberlassungen gedeckt.

In örU erfolgt in Gemeinschaftsunterkünften, so f&w, sofern notwendig eine Kohorten Quarantäne. D.h. der gesamte Flur, in dem es einen Verdachts- oder Infektionsfall gibt, wird isoliert. Die Versorgung der Betroffenen mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln wird, wenn nötig, von f & w gewährleistet. Sofern ein Kontakt zu anderen notwendig ist, sollen betroffene Personen einen Mund-Nase-Schutz bzw. im Falle einer Infektion eine FFP2-Maske tragen. Darüber hinaus wird derzeit geprüft, ob ein ganzer Standort zur Isolierung der Infektions- und ggf. auch Verdachtsfälle in örU hergerichtet und betrieben werden kann. Dies würde die Sicherstellung der Isolation erleichtern und den sozialen Frieden in den anderen Unterkünften befördern.

Diese Maßnahmen betrachtet der Hamburger Flüchtlingsrat e.V. als völlig unzureichend. Sie werden den besonderen Anforderungen zum Schutz für Risikogruppen überhaupt nicht gerecht. Die durch die Sammelunterbringung den Geflüchteten aufgezwungene Lebenssituation gefährdet diese in erheblicher, unverantwortlicher Weise. Wie bereits in dem Offenen Brief des Hamburger Flüchtlingsrats e.V. vom 19. März 2020 an den Ersten Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Herrn Tschentscher, dargestellt wurde, gefährdet die Sammelunterbringung, gerade wie sie in den sog. Ankunftszentren für Geflüchtete in der ZEA I und II in Rahlstedt praktiziert wird, aber auch die Gesundheit und das Leben aller dort zwangsweise untergebrachten Geflüchteten.

Der Hamburger Flüchtlingsrat e.V. fordert in Übereinstimmung mit dem Appell von HANDICAP INTERNATIONAL als ersten, sofort umzusetzenden Schritt, die sofortige Evakuierung von Risikogruppen geflüchteter Menschen aus Sammelunterkünften. Den Geflüchteten müssen sofort Wohnungen zugeteilt und die notwenige Unterstützung zu ihrem Schutz muss gewährleistet werden. Danach müssen sofort weitere Schritte erfolgen, um die Unterbringung von Geflüchteten, wie in dem Offenen Brief vom 19. März gefordert, gerade in den ZEAs und EAs zu entzerren, um auch für diesen Menschen den Schutz vor Corona zu gewährleisten.

Wir fordern den Ersten Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Herrn Tschentscher, auf, dem Appell von HANDICAP INTERNATIONAL zu folgen und Maßnahmen zum Schutz der Geflüchteten sofort einzuleiten.

*

Quelle:
Flüchtlingsrat Hamburg e.V.
Nernstweg 32-34, 22765 Hamburg
Telefon: (040) 43 15 87, Fax: (040) 430 44 90
Büroöffnungszeiten:
Mo. 10.00 - 13.00, Di. 10.00 - 13.00, Do. 14.00 - 18.00
E-Mail: info@fluechtlingsrat-hamburg.de
Internet: www.fluechtlingsrat-hamburg.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. April 2020

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang