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ASYL/1343: Einzug der »bayerischen Art« in ganz Deutschland (Pro Asyl)


Pro Asyl - Pressemitteilung vom 1. Februar 2019

Neuer BMI-Vorstoß: Einzug der »bayerischen Art« in ganz Deutschland

PRO ASYL und der Bayerische Flüchtlingsrat warnen: Neuer Vorstoß aus dem BMI führt zu Ausgrenzung und Perspektivlosigkeit


Während die Große Koalition im aktuellen Entwurf zur Fachkräftezuwanderung die Stärkung der Geduldeten bewirbt, geht das Bundesinnenministerium (BMI) nun den umgekehrten Weg: Die Zeitung WELT berichtet von einem Referentenentwurf des BMI, nach dem geduldeten Flüchtlingen, denen vorgeworfen wird, nicht hinreichend an der Passbeschaffung mitgewirkt zu haben, der Duldungsstatus entzogen werden soll.

PRO ASYL und der Bayerische Flüchtlingsrat warnen vor der Ausgrenzungsinitiative des BMI. »Bayerische Verhältnisse werden in ganz Deutschland zur Normalität. Willkürliche Anforderungen an die Mitwirkung bei der Passersatzbeschaffung werden Wege in ein Bleiberecht verhindern«, kritisiert Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL. Der Entwurf sieht weitere Sanktionsmöglichkeiten vor. »Wenn Arbeits- und Ausbildungsverbote verhängt werden, wird ein Zustand der dauerhaften Perspektivlosigkeit geschaffen«, so Burkhardt weiter.

In dem Referentenentwurf heißt es: »Wer seine Abschiebung selbst verhindert, zum Beispiel weil er die Behörden über Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder an der Passersatzbeschaffung nicht ausreichend mitwirkt, darf künftig keine Duldung mehr erhalten«. Die Praxis zeigt aber: Oft wird willkürlich und für die Betroffenen nicht absehbar fehlende Mitwirkung vorgeworfen. Dabei kann das ganz unterschiedliche Gründe haben: Afghanische Staatsangehörige, die lange im Iran gelebt haben, erhalten keine Papiere mehr oder somalische Dokumente werden oftmals nicht anerkannt. Diese Betroffenen dürfen dann laut Gesetzentwurf nicht arbeiten oder eine Ausbildung anfangen - obwohl sie gerade nicht abgeschoben werden können.

Schon jetzt zeigt die willkürliche Praxis in Bayern: Auch mit Duldung bekommen viele Asylsuchende Arbeits- und Ausbildungsverbote auferlegt, in vielen Landkreisen dürfen geduldete Flüchtlinge nicht einmal ein Praktikum absolvieren, in AnkER-Zentren werden Flüchtlinge isoliert und entrechtet. »Die Betroffenen werden in die Illegalität getrieben. Von mehr als 11.000 Ausgereisten aus Bayern in 2018 sind lediglich 2.600 nachweislich in ihr Herkunftsland zurückgekehrt«, beschreibt Stephan Dünnwald, Flüchtlingsrat Bayern. »Die bayerische Art hält nun in ganz Deutschland Einzug«.

Dem Betroffenen soll sogar die Unmöglichkeit der Abschiebung zugerechnet werden, allein weil er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates ist. Vom persönlichen Verhalten des Betroffenen ist die Versagung der Duldung dann nicht mehr abhängig. Der Mensch wird aufgrund der Nationalität völlig unabhängig von seinem Verhalten diskriminiert und mit Sanktionen belegt.

PRO ASYL und der Bayerische Flüchtlingsrat erinnern, dass schon 2015 und 2017 ähnliche Vorschläge aus der CSU kamen, die aus guten Gründen keine Mehrheit fanden. Die »Duldung light« scheiterte zu Recht.

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Quelle:
Pro Asyl - Pressemitteilung vom 1. Februar 2019
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Februar 2019

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