Schattenblick → INFOPOOL → POLITIK → ERNÄHRUNG


LANDWIRTSCHAFT/1662: Königsdisziplin - Den Pflug stehen lassen (ubs)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 392 - Oktober 2015
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Königsdisziplin: Den Pflug stehen lassen
Vom Standort ausgehend ein eigenes System entwickeln

Von Christine Weißenberg


Zur Begeisterung für den Boden, seine Funktion und Leistungsfähigkeit kommt für die meisten der Reiz des Aufeinanderabstimmens von Maschinen, Arbeitsgängen, Fruchtfolgekulturen: Die rund 70 versammelten Biolandwirte auf dem Mitte September von Bioland Nordrhein-Westfalen organisierten Feldtag "Pfluglose Bodenbearbeitung und ihre Grenzen" interessieren sich für eine ackerbauliche Herausforderung. Einige sind seit langem mit dem Thema verbunden, haben selbst schon viel ausprobiert. Andere sind neugierig, wollen die Möglichkeiten und Knackpunkte kennen lernen. Ackerbauberater Gustav Alvermann stellt klar: "Es geht, wenn man sonstige Lösungen für die Beikrautregulierung entwickelt und bei geringerer Stickstoffmineralisierung aus dem Boden für eine alternative Stickstoffzufuhr sorgt. Nicht umsonst sind die Kennzeichen konventioneller Direktsaatbetriebe der Einsatz von Round-Up und Cultan als mineralischer Stickstoffdünger unter Fuß."

Zehn Zentimeter aktiver Boden

Gastgeber Jan Wittenberg, Biobauer im niedersächsischen Mahlerten, befasst sich seit 25 Jahren mit der nicht wendenden Bodenbearbeitung. "Das ging nicht immer geradeaus", blickt er zurück und ergänzt trocken: "Die meisten Fehler, die man machen kann, haben wir gemacht, daraus wieder etwas mehr verstanden und Dinge verändert." Ausgehend von konventioneller Wirtschaftsweise, begann Wittenbergs ackerbaulicher Entwicklungsprozess mit der Beobachtung, dass ein eingegrabener Weidezaunpfahl in den oberen zehn Zentimetern des Bodens verrottet und darunter wenig passiert. Ohne zu pflügen wird dieser aktive Boden nicht verschüttet, sondern das aktive Potential durch flache Bodenbearbeitung genutzt. Die Unkrautregulierung durch den Einsatz des Totalherbizids Glyphosat erschien Wittenberg so unpassend zu seinem Vorhaben, möglichst bodenschonend zu wirtschaften, dass er in der Folge auf Bio umstellte. Heute baut er Getreide, Soja, Lupinen und Kleegras an, setzt auf einen stetigen Wechsel von Sommerung und Winterung der Kulturen und integriert eine Schafherde zur Beweidung der Futterflächen. Für die Bodenbearbeitung setzt Wittenberg auf Grubber, Striegel und Hacke des bayerischen Maschinenherstellers Treffler, der sich mit leichter Bauart und präziser Federtechnik auf die Anforderungen des ökologischen Landbaus spezialisiert hat.

Nicht übertragbar

Was für Treffler durch unterschiedliche Kundenanfragen je nach Region deutlich wird, ist für Alvermann eine entscheidende Ausgangslage für die nicht wendende Bodenbearbeitung: "Wir müssen uns wie immer, aber dabei besonders, über den Standort unterhalten: Was habe ich für einen Boden, welche Anbaukulturen kommen in Frage, und welche klimatischen Bedingungen herrschen, insbesondere was die Niederschlagsmenge und -verteilung im Jahr angeht." Deutlich wird: Es muss jeder sein eigenes System finden und anpassen. Auch wenn erfahrene Spezialisten wie Sepp Braun in Bayern oder Uwe Brede in Hessen als inspirierende Vorbilder dienen können, die schon lange Zeit beweisen, dass pflugloser, ökologischer Ackerbau mit stabilen, ordentlichen Erträgen möglich ist - einfach übertragbar ist ihr Vorgehen nicht. Alvermann weist darauf hin, dass vor allem Betriebe mit intensivem Futterbau mit mehrjährigem Kleegras erfolgreich pfluglos wirtschaften - zum einen werde so Stickstoff eingebracht, aber vor allem wichtig sei die durch Konkurrenz entstehende Unkraut unterdrückende Funktion: "Dann ist der Acker sauber!"

*

Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 392 - Oktober 2015, S. 6
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
Bahnhofstr. 31, 59065 Hamm
Telefon: 02381/49 22 20, Fax: 02381/49 22 21
E-Mail: redaktion@bauernstimme.de
Internet: www.bauernstimme.de
 
Erscheinungsweise: monatlich (11 x jährlich)
Einzelausgabe: 3,30 Euro
Abonnementpreis: 39,60 Euro jährlich
(verbilligt auf Antrag 28,40 Euro jährlich)


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. November 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang