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LANDWIRTSCHAFT/1445: Revitalisierung der Landwirtschaft beginnt auf kleinen Farmen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 9. Dezember 2010

Ernährung: Revitalisierung der Landwirtschaft beginnt auf kleinen Farmen

Von Cléo Fatoorehchi


New York, 9. Dezember 2010 (IPS) - Viele Kleinbauern in Entwicklungsländern sind in einem Teufelskreis gefangen: Ihre finanziell ausgezehrten Regierungen investieren nicht genug in die Landwirtschaft, und die lokalen Produzenten sehen sich zur Landflucht in die städtischen Slums genötigt, wo sie meist zu einem ebenso armseligen Leben verurteilt sind.

Um den Kampf gegen die Unterernährung zu gewinnen, die weltweit 925 Millionen Menschen betrifft, sind nach Ansicht von Olivier de Schutter umfangreichere Investitionen in die Landwirtschaft erforderlich. Dem UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung zufolge müssen die bäuerlichen Einkommen gesteigert und der Agrarsektor stabilisiert werden.

Entwicklungsländer hängen meist vom Export einiger weniger Agrargüter wie Baumwolle, Kaffee, Tee, Tabak oder Zucker ab. Das macht sie besonders anfällig für Preisschwankungen auf den globalen Agrarmärkten. Es gebe die Tendenz, zu sehr in die Cash Crops-Exporte zu investieren und die Binnennachfrage schleifen zu lassen, meinte der UN-Ernährungsexperte.


Selbstversorgung sichern

Als abschreckendes Beispiel führte er die Länder Afrikas südlich der Sahara an. Für sie hat er gleich zwei Empfehlungen parat. "Ich ermutige sie erstens zu Investitionen in die Landwirtschaft, um sich selbst versorgen und bei einem Anstieg der Nahrungsmittelpreise auf teure Importe verzichten zu können, und zweitens ihre Volkswirtschaften zu diversifizieren."

Die Länder müssten Sekundär- (Industrie) und Tertiärsektoren (Dienstleistungen) entwickeln, die Arbeitskräfte absorbieren könnten, erklärte de Schutter im Interview mit IPS. "Die Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktivität kann entscheidend dazu beitragen, dass es den kleinen und somit den ärmsten Farmern besser geht. 75 Prozent der weltweiten Armut konzentriert sich auf die ländlichen Gebiete."

Dass der Staat allein nicht die finanziellen Mittel hat, um die kleinbäuerliche Landwirtschaft voranzubringen, macht de Schutter zufolge die Mitwirkung des Privatsektors erforderlich. Allerdings sollte Investitionen in die ländliche Infrastruktur und landwirtschaftliche Forschung von den Regierungen getätigt werden, private Unternehmen hingegen als Abnehmer lokal produzierter Agrargüter fungieren.

De Schutter warnte die Entwicklungsländer explizit davor, große Agrarflächen an ausländische Unternehmen oder Staaten zu verpachten. Dadurch bestehe die Gefahr, dass Kleinbauern von ihren Parzellen vertrieben würden und noch größere Schwierigkeiten hätten, ihre oftmals winzigen Grundstücke zu erweitern.

Die notwendigen Investitionskosten in die kleinbäuerliche Landwirtschaft bis 2015 in Subsahara-Afrika gab der UN-Sonderberichterstatter mit 35 Milliarden bis 45 Milliarden Dollar an. Soviel sei nötig, um den vernachlässigten Sektor auf die Beine zu helfen. Dieser Betrag übersteigt die Zusagen der internationaler Gemeinschaften, die darüber bisher nur zum Teil erfüllt wurden. (Ende/IPS/kb/2010)


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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 9. Dezember 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Dezember 2010