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HUNGER/232: Afrika - Oranger Mais gegen Mangelernährung, neue Variante erhält mehr Beta-Carotin (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 15. September 2010

AFRIKA:
Oranger Mais gegen Mangelernährung - Neue Variante erhält mehr Beta-Carotin

Von Peter Boaz


Washington, 15. September (IPS) - Einer neuen Studie zufolge kann orangeroter Mais Hunderttausenden afrikanischen Kindern das Augenlicht retten. Eine neue Variante des Getreides enthält viel Beta-Carotin, das im menschlichen Körper in Vitamin A umgewandelt wird. Die Forscher plädieren daher dafür, die angereicherte neue Sorte gezielt gegen Mangelernährung einzusetzen.

Vitamin-A-Mangel ist gerade in ärmeren Bevölkerungsgruppen weit verbreitet. Aufgrund einseitiger Ernährung erblinden jedes Jahr etwa 500.000 Kinder, die auch für andere Krankheiten höchst anfällig sind. Vor allem in den afrikanischen Staaten südlich der Sahara können sich viele Einwohner vitaminhaltige Lebensmittel wie Fleisch, Eier, dunkelgrünes Gemüse oder orange Früchte nicht leisten.

Nach Erkenntnissen der Ernährungswissenschaftlerin Wendy White von der Universität Iowa und ihrem Team ist die Maisvariante auch deshalb eine ideale Nahrungsergänzung in Subsahara-Afrika, da das Getreide dort ein fester Bestandteil des Speiseplans ist. Manche Menschen essen täglich bis zu einem halben Kilo weißen Maisbrei. Wie die Forscher feststellten, ist der orangenfarbene Mais für die Vitaminversorgung wesentlich wertvoller.

Unterstützt wurde die Studie von 'HarvestPlus', einem Programm der Konsultativgruppe für internationale landwirtschaftliche Forschung (CGIAR). Die von Entwicklungs- und Industrieländern, regionalen und internationalen Organisationen wie der Weltbank sowie von privaten Stiftungen finanziell unterstützte Einrichtung hat sich zum Ziel gesetzt, die Agrarproduktion insbesondere in Entwicklungsländern zu erhöhen.


Rasche Umwandlung in Vitamin A

Im Rahmen der Untersuchung verzehrten sechs gesunde Frauen drei verschiedene Sorten Maisbrei. Dabei kam heraus, dass das Beta-Carotin in der neuen orangen Variante fast doppelt so schnell in Vitamin A umgewandelt werden kann, als bisher bei Mais bekannt war. Die Ergebnisse wurden kürzlich in dem Fachmagazin 'The American Journal of Clinical Nutrition' veröffentlicht.

Pflanzenzüchtern sei es bei Versuchen rasch gelungen, den Gehalt an Beta-Carotin in dem Getreide zu erhöhen, erklärte White. Das Problem bestehe eher darin, den angereicherten orangen Mais der mangelernährten Bevölkerung zugänglich zu machen.

In zwei Jahren will HarvestPlus die Maisvariante in Sambia einführen. Dort leidet mehr als die Hälfte aller Kinder an Vitamin-A-Mangel. Oranger Mais könne bei Kindern zwischen zwei und sechs Jahren 30 Prozent des täglichen Vitamin-A-Bedarfs decken, geht aus der Studie hervor. Frauen im gebärfähigen Alter können durch das Getreide sogar 40 Prozent der empfohlenen Vitaminmenge aufnehmen.

Laut White führt HarvestPlus zurzeit in Sambia bereits ein Pilotprogramm durch, um die Wirkung von orangefarbenem Mais auf kleine Kinder zu erproben. Bislang war die Sorte für nördliche Klimazonen entwickelt worden. Das sambische Agrarforschungsinstitut arbeitet nun an einer Variante, die unter den heimischen Wetterbedingungen gedeihen kann.

Die HarvestPlus-Sprecherin Bonnie McClafferty erklärte im Gespräch mit IPS, dass der neue Mais vor allem für Anbaugebiete im Landesinnern bestimmt ist. Sie rechnet damit, dass auch die Nachbarländer Sambias von der Neuerung profitieren könnten.


Gen-Getreide unerwünscht

Vor zehn Jahren war allerdings die Einführung einer neuen Reissorte fehlgeschlagen, die der Bevölkerung des Landes ebenfalls mehr Vitamin A zuführen sollte. Das von Forschern in der Schweiz vorangetriebene Projekt wurde mit Zuschüssen von rund 100.000 US-Dollar finanziert. Das Vorhaben scheiterte jedoch an Vorbehalten in Sambia gegen genetisch verändertes Getreide. Der 'goldene' Reis wird seit diesem Jahr erstmals in den Philippinen angebaut.

HarvestPlus wirbt daher für bessere Informationen für die Verbraucher, um Akzeptanz für den orangen Mais zu schaffen. Die meisten Menschen in Sambia bevorzugen weißen Mais und lehnen gelbe Sorten ab, die sie mit den Nahrungsmittelhilfen in Dürreperioden in Verbindung bringen. Die Wissenschaftler hoffen nun, den Bauern den orangen Mais schmackhaft machen zu können. (Ende/IPS/ck/2010)


Links:
http://www.harvestplus.org/
http://www.cgiar.org/
http://www.ipsnews.net/africa/nota.asp?idnews=52798

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. September 2010