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FRAGEN/022: Solidarische Landwirtschaft - "Man kann nicht genug kommunizieren" (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 381 - Oktober 2014
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

"Man kann nicht genug kommunizieren"

Ein Interview mit Mathias von Mirbach, Bauer, Solawi-Pionier und Mitbegründer des bundesweiten Netzwerkes von Claudia Schievelbein



Unabhängige Bauernstimme: Was macht das Besondere an der Solidarischen Landwirtschaft aus?

Mathias von Mirbach: Man schafft eine existenzielle Verbindung von Menschen zu ihren Lebensgrundlagen, zu einem Hof, zu anderen Menschen. Wir existieren, weil unser Umfeld das will. Und die Bindung der Menschen ist grandios, wir muten ihnen schließlich auch was zu. Die Tatsache, dass es nicht immer alles gibt, erfordert ein jahreszeitliches Essen. Viele setzen das um und es beinhaltet ja auch eine Qualität. Viele Leute nehmen das was es immer gibt, Brot, Milch, Käse, Fleisch... so hin, aber mit dem Gemüse zaubern wir Lächeln auf Gesichter.

Aber kriegt man über das Prinzip eine Wertschätzung der bäuerlichen Landwirtschaft hin? Oder ist das nur gerade der Zeitgeist?

Ich glaube, es sind gerade viele Menschen unzufrieden mit der Art und Weise, wie Lebensmittel erzeugt werden und sagen nicht nur: "Wir haben es satt", sondern auch: "Wir wollen was ändern". Mit Solidarischer Landwirtschaft kriegt man ein Verständnis der Leute für die bäuerliche Tätigkeit und damit auch eine Würdigung und Wertschätzung wie sonst kaum für bäuerliche Landwirtschaft.

Ist solidarische Landwirtschaft somit das Allheilmittel für alle kleineren Betriebe, die dem Strukturwandel besonders ausgeliefert sind?

Gerade für kleinere Betriebe ist es oft einfacher, Solidarische Landwirtschaft zu machen, weil das Ganze überschaubarer ist. Fachkompetenz ist wichtig und lässt sich vielleicht mit der eines Kooperationsbetriebs, der ein anderes Angebot machen kann kombinieren. Wir sind mit unserer Größe und der ganz großen Vielfalt eher der Exot unter den Betrieben. Aber, egal ob groß oder klein, es funktioniert nur, wenn ich als Bauer bereit bin zu kommunizieren, alles offenzulegen. Man kann nicht genug kommunizieren.

Um Kommunikation der Betriebe, die Solidarische Landwirtschaft machen oder machen wollen ging es bei der Gründung des Netzwerkes Solidarische Landwirtschaft vor drei Jahren, oder?

Ja, es geht darum, zu unterstützen und zu beraten, auch damit Fehler nicht überall neu gemacht werden müssen. Am Anfang kannte man sich persönlich, inzwischen gibt es 50 Höfe in Deutschland, ganz viel Interesse von Bauern aber auch von Verbrauchergruppen, die regelrecht Höfe "casten". Als Netzwerk oder Dachverband bieten wir ein Starterpaket an, wollen aber auch politisch die Sache voranbringen, deshalb suchen wir Bündnispartner und machen Öffentlichkeitsarbeit.

Auch aus der langjährigen Erfahrung des Kattendorfer Hofes, was sind die häufigsten Fragen, Probleme? Lassen die sich über ein Netzwerk, einen Dachverband besser beantworten?

Bauern neigen dazu, sich mit ihrer Arbeit auszubeuten, deshalb ist eine solide Kalkulation wichtig, dazu gibt es inzwischen Publikationen, auch zu den Fragen der Rechtsform. Wir zeigen mit dem Dachverband die Bandbreite der Möglichkeiten auf.

Wie hoch ist die Fluktuation innerhalb der Gemeinschaft um einen Betrieb?

Bei uns am Kattendorfer Hof sind es vielleicht 10 %, dass sich eine Coop auflöst hab ich nur einmal erlebt.

Welche Voraussetzungen sollte ich als Bauer oder Bäuerin mitbringen, wenn ich solidarische Landwirtschaft machen möchte?

Ich muss mich darauf einlassen, auf Gemeinschaft, auf die viele Kommunikation. Und ein offenes Herz und ein bisschen Abenteuerlust müssen auch dabei sein.

Vielen Dank für das Gespräch

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 381 - Oktober 2014, S. 12
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
Bahnhofstr. 31, 59065 Hamm
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. November 2014