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FRAGEN/016: Polen - Bäuerliche Kriterien bei der Landvergabe geplant (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 364 - März 2013
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

"Wir bleiben auf der Hut"
Bäuerliche Kriterien bei der Landvergabe geplant

Interview mit Jan Bialkowski von Janusz Hradetzky und Berit Thomsen



Jan Bialkowski ist Bauer aus Now Wegorzynko in Nord Westpommern. Er hat demonstriert und ist Mitglied im Protestkomitee der Bauern.


Unabhängige Bauernstimme: Wie ist im Moment der Stand der Dinge?

Jan Bialkowski: Der Protest in Stettin ist wieder aufgehoben. Die Traktoren wurden heimgefahren. Wir werden sehen, wie die Vereinbarung tatsächlich umgesetzt wird. Deshalb wird das Protestkomitee weiter auf der Hut bleiben.

Unabhängige Bauernstimme: Wann gingen die Proteste denn los?

Jan Bialkowski: Im Juni letzten Jahres, und sie dauerten genau zwei Wochen. Dann gab es eine Einigung mit der Agentur Landwirtschaftlicher Immobilien (ANR). Als die Ankündigungen aber nicht realisiert wurden, nahmen wir die Proteste im Dezember wieder auf.

Unabhängige Bauernstimme: Welche Probleme haben die Bauern durch die Landvergabepolitik?

Jan Bialkowski: In einer Art Übergangszeit bis 2016 sollten eigentlich Familienbetriebe Vorrang haben, wenn die ANR Land zum Verkauf freigibt. In der Praxis funktioniert, das überhaupt nicht. Bäuerliche Betriebe kommen an das Land so gut wie gar nicht ran, sondern es sind vielmehr Großbetriebe oder Investoren, nicht selten aus dem Ausland, die das Land kaufen. Das liegt auch daran, dass nur das höchste Gebot gilt. Da können viele Bauern nicht mithalten. Ich weiß, dass es in Deutschland ähnliche Probleme gibt.

Unabhängige Bauernstimme: Wir haben deshalb in Ostdeutschland das Bündnis junge Landwirte gegründet.

Jan Bialkowski: Unser Protest war praktisch ein Protest der jungen Bauern. Es freut mich zu hören, dass ihr auch aktiv seid. Ich kann nur sagen: "Ihr habt hier Verbündete".

Unabhängige Bauernstimme: Haben denn Existenzgründer eine Chance, an Land zu kommen?

Jan Bialkowski: Nein. Bei den Versteigerungen werden Hofgründer gar nicht erst berücksichtigt. Wir wollen aber, dass nicht mehr nur der Preis ausschlaggebend ist, sondern weitreichende Kriterien gelten.

Unabhängige Bauernstimme: Was haben sie mit den Protesten erreicht?

Jan Bialkowski: Es gibt eine unterzeichnete Vereinbarung. Wir hoffen, die Weichen sind jetzt gestellt und Bauern sowie Existenzgründer kommen zum Zuge. In der Vereinbarung haben wir uns auf drei Punkte geeinigt. Zunächst einmal soll es beschränkte Ausschreibungen geben, bei denen junge Menschen und Konzepte für eine "Zukunftsvision eines Hofes" Vorrang beim Kauf haben. Dann sollen Versteigerungen abgebrochen werden können, wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass Investoren hinter den Geboten stehen. Auch sollen Versteigerungen rückgängig gemacht werden, wenn sich dieser Verdacht im Nachhinein bestätigt. Als letztes soll es eine Klausel geben, dass, wer Land erwirbt, es zehn Jahre selbst bewirtschaften muss, bevor es weiter verpachtet oder verkauft werden darf. Das zielt darauf ab, dass Investoren und Spekulanten nicht gleich die Ländereien von den Bauern abkaufen können.

Unabhängige Bauernstimme: Das sind doch beachtliche Erfolge.

Jan Bialkowski: Auf dem Papier schon. Aber wie wird es in der Praxis umgesetzt? Das wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Aber davon abgesehen, ist es schon ein Erfolg, dass wir auf das Problem aufmerksam gemacht haben. Bis vor einem halben Jahr war es hier kaum jemanden bewusst, was eigentlich vor sich geht. Das ist jetzt vorbei.

Unabhängige Bauernstimme: Vielen Dank für das Gespräch.

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 364 - März 2013, S. 4
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Mai 2013