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MELDUNG/510: Minister Meyer - Der Bund muss bei Milchkrise endlich handeln (NDSML)


Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung
Pressemitteilung vom 23.05.2016

Minister Meyer: Der Bund muss bei Milchkrise endlich handeln

Gemeinsamer Brief der Grünen Agrarminister an Kanzlerin Merkel - Länder und kritische Bauernverbände bleiben beim geplanten Milchgipfel außen vor


HANNOVER. Anlässlich des gemeinsamen Briefes der Grünen Agrarministerinnen und Agrarminister an Bundeskanzlerin Angela Merkel bekräftigt Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer seine Forderungen an den Bund, endlich wirksame Maßnahmen gegen den Preisverfall bei der Milch einzuleiten. "Die anhaltende Krise durch den Preisverfall für Agrarprodukte ist für viele Bauern längst existenzgefährdend. Die Bundeskanzlerin muss die Milchkrise jetzt zur Chefsache machen. Das Zögern und Zaudern des Bundeslandwirtschaftsministers ist nicht länger hinnehmbar und die Zeit für politische Spielchen ist vorbei", so der Minister. "Eine Förderung mit der Gießkanne hilft jedenfalls nicht, das drohende massenhafte Höfesterben bei den Milchbauern zu verhindern."

Im Vorfeld des für den 30. Mai vorgesehenen Krisengipfels in Berlin fordern die zuständigen Ministerinnen und Minister der Länder Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein in ihrem Brief die Bundeskanzlerin auf, nun wirksame Schritte für eine befristete Mengenreduzierung umzusetzen. Auf der jüngsten Agrarministerkonferenz (AMK) hatten sich alle Bundesländer einstimmig dafür ausgesprochen, dass freiwillige Maßnahmen der Marktpartner zur Mengenbegrenzung durch ein Bonusprogramm unterstützt werden. Zugleich sollten alle Förderprogramme - wie Liquiditätshilfen - an eine Mengenreduzierung gekoppelt werden, so die Forderung. Dazu der Minister: "Der Bund muss sich jetzt an einem Bonusprogramm beteiligen. Wenn freiwillige Maßnahmen bis zur nächsten AMK keine Besserung der Marktkrise bewirken, droht eine obligatorische, entschädigungslose Mengenbegrenzung auf europäischer Ebene."

Scharf kritisiert Minister Meyer den Plan des Bundesagrarministers, den angekündigten Milchgipfel ohne Vertreterinnen und Vertreter von Milchbauern und kritischen Bauernverbänden und ohne die Länder stattfinden zu lassen. Allein der Bund Deutscher Milcherzeuger (BDM) vertrete rund 20.000 Milchbauern, werde aber nicht beteiligt. "Wenn Bundesminister Schmidt neben Molkereien und Handel nur den Deutschen Bauernverband (DBV) einlädt, ist das nicht hinnehmbar. Es droht ein Gipfel ohne kritische Stimmen seitens der Milchbauern. Dabei sind sie doch diejenigen, bei denen die Not jetzt am größten ist. Ein Krisentreffen mit gegenseitigem Schulterklopfen bringt uns nicht weiter und wird nicht zu der dringend notwendigen Mengenreduzierung führen", so der Minister.

Niedersachsens Milchbauern drohen durch die anhaltende Marktkrise Einnahmeverluste von jährlich bis zu 1,2 Milliarden Euro. Mit 6,9 Millionen Tonnen erzeugter Milch pro Jahr liegt Niedersachsen auf Platz zwei hinter Bayern.

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Frau Bundeskanzlerin
Dr. Angela Merkel
Bundeskanzleramt
Willy-Brandt-Straße 1
10557 Berlin

20. Mai 2016

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

mit großem Interesse haben wir der Presse entnommen, dass Sie sich persönlich der dramatischen und für viele Bauern existenzbedrohenden Agrarkrise annehmen wollen und die Bundesregierung zu einem Krisengipfel am 30. Mai nach Berlin einladen will.

Die Agrarkrise, insbesondere die Lage am Milchmarkt, hat sich in den letzten Monaten dramatisch verschärft, und selbst eine mittelfristige Besserung der Situation zeichnet sich nicht ab. Aktuell setzt sich die ruinöse Preisentwicklung fort. Die Milcherzeugerpreise sind bei einigen Molkereien auf ein historisch niedriges Niveau von unter 20 Cent pro Liter Milch gefallen. Wir befinden uns damit in einer anhaltenden Situation des Strukturbruchs, der im ländlichen Raum, insbesondere in den Grünlandregionen in ganz Deutschland tiefe Spuren hinterlassen wird. Es droht vielerorts, dass die Kühe von der Weide verschwinden.

Als Landwirtschaftsministerinnen und -minister aus den Ländern setzen wir uns dafür ein, dass auf diese Situation energisch und wirksam insbesondere mit einer schnellen Reduzierung der Produktionsmenge reagiert werden muss. Wurde auf der Herbst-AMK 2015 in Fulda noch um die Aufnahme des Wortes "Mengenreduzierung" ins Protokoll gerungen, so waren sich auf der diesjährigen Frühjahrs-AMK in Göhren-Lebbin die Agrarministerinnen und -minister der Länder grundsätzlich einig, dass der wichtigste Schlüssel in einer Reduzierung der Milchproduktion liegt. Der gemeinsame und einstimmige Beschluss der Länderfachministerinnen und -minister vom April zeigt Lösungswege auf, an die es beim Krisengipfel anzuknüpfen gilt:

  • Die von der KOM aufgezeigten Möglichkeiten zur freiwilligen Mengenplanung der Marktpartner müssen genutzt werden und
  • nationale und europäische Hilfsmaßnahmen wie z.B. Liquiditätshilfen sollen an das Ziel der Mengenreduzierung gekoppelt werden, damit diese nicht krisenverschärfend wirken.
  • Freiwillige Maßnahmen der Marktpartner zur Mengenreduzierung müssen durch ein Bonusprogramm Milch (sog. Drosselbonus) unterstützt werden.
  • Falls diese freiwilligen Maßnahmen nicht greifen, fordern die Agrarministerinnen und -minister der Länder einstimmig nach Art. 221 der Gemeinsamen Marktordnung eine zeitlich befristete, entschädigungslose Mengenbegrenzung auf europäischer Ebene umzusetzen.
  • Weiterhin sollen die Wirtschaftsbeteiligten ihrer gemeinsamen Verantwortung u.a. durch die Neugestaltung der Lieferbeziehungen im Hinblick auf ein marktkonformes Verhalten gerecht werden.

Die von Ihnen in die Diskussion eingebrachte Summe von 100 Mio. Bundesmittel würden wir gern effektiv für ein gezieltes Programm zur Mengenreduzierung einsetzen, wie es die EU-Kommission für diese Krise erlaubt und vorgesehen hat. Maßnahmen ohne Anreize für eine Verhaltensänderung der Marktteilnehmer und eine deutliche Mengenreduzierung werden zum Scheitern verurteilt sein, da sie das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage nicht nachhaltig lösen.

Wir bieten Ihnen auf dem gemeinsamen Weg durch diese Krise unsere Unterstützung und Expertise an.

Was die Teilnehmer des Krisengipfels anbetrifft, möchten wir um die umfassende Beteiligung aller Fachministerinnen und -minister der Länder sowie der verschiedenen Organisationen der Milchwirtschaft und der Milchbäuerinnen und -bauern bitten. Auf der Agrarministerkonferenz haben wir im Interesse einer flächendeckenden bäuerlichen Milchviehhaltung uns auf einen einstimmigen Kompromiss über alle Parteigrenzen geeinigt. Wir appellieren an Sie, diesen Maßnahmenkatalog mit Priorität auf Anreize zur Mengenreduzierung jetzt auch zügig umzusetzen.

Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Claudia Dalbert
Dr. Robert Habeck
Priska Hinz
Dr. Joachim Lohse
Christian Meyer
Johannes Remmel

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Quelle:
Pressemitteilung vom 23.5.2016
Herausgeber: Niedersächsisches Ministerium für Ernährung,
Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Mai 2016

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