Schattenblick → INFOPOOL → POLITIK → ERNÄHRUNG


FRAGEN/051: Alexander Hissting - Milch, Eier und Fleisch ohne Gentechnik (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 414 - Oktober 2017
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Milch, Eier und Fleisch ohne Gentechnik
Immer mehr Handelsunternehmen setzen bei ihren Eigenmarken auf Gentechnikfreiheit

Gespräch von Marcus Nürnberger mit Alexander Hissting


Die Handelsunternehmen treiben die Einführung von Milch Fleisch und Eiern ohne Gentechnik voran. Über den Umfang, die Preisaufschläge und die Nachhaltigkeit diese Engagements ein Interview mit Alexander Hissting dem Geschäftsführer des für die Ohne Gentechnik Standards verantwortlichen Verband Lebensmittel ohne Gentechnik e.V. (VLOG).


Unabhängige Bauernstimme: Neben Milch, die schon seit einiger Zeit angeboten wird, ist jetzt auch Schweinefleisch mit dem "Ohne Gentechnik"-Siegel zu beziehen. Könnten Sie uns einen kurzen Überblick über die Mengen an Milch und Fleisch geben, die als GVO-frei vermarktet werden?

Alexander Hissting: Das Volumen an "Ohne: Gentechnik"-Lebensmitteln wird von uns nicht erfasst. Uns liegen aber Daten zur Anzahl der Produkte und dem damit erzielten Umsatz vor. Aktuell sind 1.894 Fleischprodukte, überwiegend Geflügelfleisch, und 2.011 Milchprodukte für die Nutzung des "Ohne Gentechnik"-Siegels lizenziert. Die Milchprodukte stehen dabei mit 2,6 Milliarden Euro Umsatz für 57 % aller "Ohne Gentechnik"-Umsätze in 2017. Auch wenn sich das Angebot an Schweinefleisch noch in Grenzen hält, hat der Lebensmitteleinzelhandel auch hier das erklärte Ziel, alles Fleisch unter Eigenmarke umzustellen. Einzelne Händler haben bereits konkrete Ankündigungen gemacht. Zudem bereiteten sich die großen Schlacht- und Zerlegebetriebe bereits durch eine VLOG-Zertifizierung (Verband Lebensmittel ohne Gentechnik e.V.) auf die anstehende Verarbeitung von "Ohne Gentechnik"-Rotfleisch vor.

Netto, aber auch Lidl, haben Fleisch "ohne Gentechnik" in ihrem Angebot. Können Sie abschätzen, wie viele Betriebe beteiligt sind?

Nach Presseberichten sind dies bei Lidl bislang sechs Mäster und bei Edeka/Netto 33 Betriebe. Aber grundsätzlich ist der Lebensmitteleinzelhandel auf der Suche nach weiteren Betrieben.

Haben Sie eine Vorstellung bezüglich der Vergütung der Landwirte?

Auch hier berufe ich mich gerne auf Presseberichte, nach denen 9,60 Euro je Schwein bzw. 9 Cent/kg Fleisch gezahlt werden.

Die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands e.V. (ISN) hat kritisiert, dass die Herkünfte und die Produktanforderungen nicht transparent seien und dass die Versorgung mit gentechnikfreiem Futtermittel einen Engpass darstellt. Wie schätzen Sie als VLOG, der die Standards für "Ohne Gentechnik" festlegt, die Situation ein?

Egal ob es die Eierbranche, die Molkereien oder die Geflügelfleischvermarkter sind, irgendwann haben sie alle behauptet, die Verfügbarkeit an gentechnikfreien Futtermitteln sei ein unüberwindbares Problem. Schnell haben sich solche Aussagen als unbegründet erwiesen. Die Verfügbarkeit ist abhängig von der Nachfrage. Sofern die Hauptanbauländer der kritischen Futtermittel wie Soja ausreichend Vorlauf haben, stellt es kein grundsätzliches Problem dar, eine steigende Nachfrage nach gentechnikfreien Futtermitteln zu bedienen - vorausgesetzt man ist bereit, die höheren Rohstoffpreise zu bezahlen.

Können Sie abschätzen, ob andere Lebensmittelhändler nachziehen werden? Entsteht beim Schweinefleisch gerade ein eigenes Marktsegment "Ohne Gentechnik" oder sind die aktuellen Vorstöße "nur" Initiativen einzelner Unternehmen?

Definitiv entsteht ein neues Marktsegment. Was wir aktuell sehen, ist nur der zarte Anfang einer Ausweitung der "Ohne Gentechnik"-Kennzeichnung auf den Bereich Rind- und Schweinefleisch. Wir werden eine ähnliche Tendenz haben wie bei Eiern, Geflügelfleisch und Milch - offen ist nur die Geschwindigkeit der Entwicklung.

Vielen Dank für das Gespräch!

*

Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 414 - September 2017, S. 13
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
Bahnhofstr. 31, 59065 Hamm
Telefon: 02381/905 31 71, Fax: 02381/49 22 21
E-Mail: redaktion@bauernstimme.de
Internet: www.bauernstimme.de
 
Erscheinungsweise: monatlich (11 x jährlich)
Einzelausgabe: 3,45 Euro
Abonnementpreis: 41,40 Euro jährlich
(verbilligt auf Antrag 30,00 Euro jährlich)


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. November 2017

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang