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USA/349: USA - Drohnen zum Schutz des Imperiums - Bevölkerungsmehrheit befürwortet Einsätze (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 19. Juni 2012

USA: Drohnen zum Schutz des Imperiums - Bevölkerungsmehrheit befürwortet Einsätze

von John Feffer



Washington, 19. Juni (IPS) - Auf der ganzen Welt sind sie unbeliebt - mit einer Ausnahme. Wie aus einer neuen Umfrage des 'Pew Research Center' hervorgeht, ist die Mehrheit der Amerikaner für den Einsatz US-amerikanischer Drohnen. Demnach befürworten 62 Prozent der US-Bürger Angriffe mit den unbemannten Luftfahrzeugen, während sie nur 28 Prozent ablehnen.

Wie Nick Turse und Tom Engelhardt in ihrer kürzlich erschienenen Essaysammlung 'Terminator Planet' schreiben, waren Drohnen von Anfang an Teil des US-amerikanischen Exzeptionalismus. Sie wurden Ende der neunziger Jahre eingeführt, um Aufklärungsflüge über dem Kosovo zu ermöglichen, wurden aber bald immer bedeutender.

Bereits vor der Einführung der Drohnen hätten US-Piloten im Luftraum einen so eindeutigen Vorrang gehabt, dass Verteidigungsminister Robert Gates 2011 in einer Rede erklären konnte, dass die USA in 40 Jahren kein Flugzeug während einer Luftschlacht und keinen Soldaten durch einen feindlichen Luftangriff verloren hätten.

Als die anhaltende Wirtschaftskrise das Pentagon zum Sparen zwang, waren Drohnen eine kostengünstige Alternative, um die US-Militärdominanz und damit den Status des Landes als globale Supermacht zu wahren. US-Präsident Barack Obama, der von seinem Amtsvorgänger George W. Bush das Anti-Terrorprogramm geerbt hat, weitete den Einsatz von Drohnen aus, um Taliban- und Al Kaida-Führer auszuschalten.


Attentate aus der Luft

"Es gibt keine Schirme mit Giftspitze mehr wie bei früheren KGB-Operationen oder giftige Zigarren, wie sie der CIA verwendet hatte. Inzwischen werden Attentate vom Himmel aus begangen, das ganze Jahr rund um die Uhr", schreibt Engelhardt.

Die USA setzen sich über Einwände der Weltöffentlichkeit, der Vereinten Nationen und der internationalen Justiz hinweg, indem sie sich das Recht herausnehmen, derartige Anschläge außerhalb von Kriegsschauplätzen durchzuführen.

In der Essaysammlung, die zuerst auf der Website 'TomDispatch' erschien, zeichnet Nick Turse ein umfassendes Bild der neuen Drohnenwelt, die das Pentagon und der CIA geschaffen haben. Die 'Reapers', 'Predators' und 'Global Hawks' starten von der Luftwaffenbasis al-Udeid in Katar, den Stützpunkten im türkischen Incirlik und Sigonella in Italien sowie von neuen Basen in Dschibuti, Äthiopien und auf den Seychellen, in Afghanistan und seit neuestem sogar in Asien.

Das Militär stützt sich zunehmend auf die neue Technologie. Jedes dritte Militärflugzeug ist mittlerweile ein Roboter. 2004 waren 'Reapers' 71 Stunden in der Luft. Bereits zwei Jahre später flogen sie 3.123 Stunden und 2009 25.391 Stunden.

Da die Truppen in Operationen in Afghanistan eingebunden sind, Protestbewegungen große Konzentrationen von Soldaten im Ausland kritisieren und Beamte in Washington verzweifelt nach Einsparpotenzialen im Staatshaushalt suchen, erscheinen Drohnen als attraktive Alternative. "Wir bewegen uns immer weiter in Richtung auf ein Outsourcen des Krieges, hin zu Dingen, die nicht protestieren und nicht mit den Füßen abstimmen können. Für sie gibt es keine 'Heimatfront' oder ein Zuhause", schreibt Engelhardt.

Die weltweite Unbeliebtheit der Drohnen rührt vor allem daher, dass sie fehlbar sind. Die Piloten und Mitarbeiter, die das Bildmaterial in ihren sicheren Basen in den USA ansehen, machen Fehler. Deshalb werden viele Zivilisten getötet, mehrere Hundert allein in Pakistan, darunter fast 200 Kinder.

Diese Auswirkungen der Drohnenangriffe lassen die Menschen in den USA bislang weitgehend kalt. Sie glauben der Obama-Regierung, der zufolge Drohnen das Krebsgeschwür herausoperieren können und das umliegende Gewebe intakt lassen.

Die USA haben zudem noch einen großen Vorsprung bei der Erforschung und Entwicklung von Drohnen. Das Risiko von Drohnenattacken auf die USA bleibt gering, obwohl die damalige Bush-Regierung ihren Angriff auf den Iran teils damit rechtfertigte, dass Saddam Hussein angeblich Massenvernichtungswaffen gegen die USA durch Drohnen auf den Weg bringen könnten.

Die Pew-Untersuchung macht allerdings auch deutlich, dass die Drohnenanschläge enorme Ressentiments gegen die USA geschürt haben. Der so genannte 'Time Square Bomber', dessen Autobombe in New York 2010 nicht explodierte, wurde unter anderem durch die Drohnenangriffe in Pakistan zu seiner Tat getrieben.


Andere Länder ziehen nach

Doch inzwischen gibt es auch andere Länder wie Israel, Russland, China und sogar Iran, die in das Drohnengeschäft einsteigen. Es scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis die USA ihre Vormachtstellung auf dem Markt verlieren werden.

In der Frage, ob Drohnen eine fundamentale Revolution im Militärbereich oder nur die Weiterentwicklung einer früheren Tendenz hin zur Übermacht im Luftraum sind, zeigen sich Turse und Engelhardt gespalten. "Diese Maschinen sind selbstverständlich keine fortgeschrittenen Robotermenschen", meint Engelhardt. "In mancher Hinsicht sind sie noch nicht einmal fortschrittlich." Moderne Luftverteidigungssysteme können die Drohnen schnell abschießen. Effizient sind die unbemannten Flugzeuge daher nur in Regionen, in denen ihnen kein Widerstand entgegengesetzt wird.

Die Autoren entwerfen aber auch Zukunftsszenarien, in denen vorprogrammierte Drohnen aufeinander losgehen. Eine dieser Vorlagen stammt aus Hollywood: In dem Film 'Terminator' mit Arnold Schwarzenegger wird ein 'Cyborg' aus der Zukunft in die Gegenwart geschickt, um eine Frau zu töten, die einen Rebellenführer zur Welt bringen soll. Dieser Rebellenführer stellt sich später an die Spitze der Menschen, die gegen die den Planeten beherrschenden Roboter kämpfen. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://www.pewglobal.org/2012/06/13/global-opinion-of-obama-slips-international-policies-faulted/
http://www.ipsnews.net/2012/06/books-guarding-the-empire-from-four-miles-up/

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IPS-Tagesdienst vom 19. Juni 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Juni 2012