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ASIEN/808: Turkmenistan - Aufrüstung soll Zugriff auf Energiequellen im Kaspischen Meer sichern (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 17. Juli 2012

Turkmenistan: Konkurrent Irans im Kaspischen Meer - Aufrüstung soll Zugriff auf Energiequellen sichern

ein Gastbeitrag von Joshua Kucera



Washington, 17. Juli (IPS/EurasiaNet*) - Angesichts des sich anbahnenden Rüstungswettlaufs in der Region des Kaspischen Meeres kann niemand dem turkmenischen Staatspräsidenten Gurbanguly Berdimuhamedow vorwerfen, eine Nabelschau zu betreiben. Das zentralasiatische Land untermauert seine Forderungen durch ein beträchtliches Waffenarsenal.

Die reichen Energieressourcen am und im Kaspischen Meer haben die fünf Anrainerstaaten Aserbaidschan, Iran, Kasachstan, Russland und Turkmenistan dazu animiert, die Kapazitäten ihrer Marine auszubauen. Politische Beobachter sind sich einig, dass Russland die größte Flotte auf dem größten Binnensee der Erde stationiert hat. Wer an zweiter Stelle folgt, ist umstritten.

Der Iran hat von jeher nach Russland die zweite Geige gespielt. Die Regierung in Teheran erhebt derzeit Anspruch auf 20 Prozent der Ressourcen des Kaspischen Meeres. Diese Forderung wird als größtes Hindernis auf dem Weg zu einem regionalen Abkommen gesehen, das eine Energieförderung im großen Umfang ermöglichen würde. Russland und andere frühere Sowjetstaaten wollen dem Iran lediglich einen Anteil von 13 Prozent zugestehen.

Laut einem Ende Juni erschienenen Bericht, der von der halbstaatlichen iranischen Nachrichtenagentur Fars verbreitet wurde, will Teheran eine nicht genauer bezeichnete Zahl leichter U-Boote im Kaspischen Meer stationieren. Wann die Boote einsatzklar sind und welche Waffen an Bord sein werden, gab Fars nicht bekannt.

Wie das russische Fachmagazin 'Natsionalnaya Oborona' berichtete, will Turkmenistan dem Iran seinen Rang als zweite Seemacht im Kaspischen Meer streitig machen. Die derzeitige Lage analysiert ein Artikel in einer Sonderausgabe der Zeitschrift, die kürzlich auf der Rüstungsmesse KADEX in der kasachischen Hauptstadt Astana verteilt wurde.


Korvetten mit Uran-E-Raketen angeschafft

Die Regierung von Kasachstan nahm demnach im vergangenen Jahr zwei Molnija-Raketenkorvetten sowjetischer Bauart - die Schnellboote 'Gayratly' und 'Edermen' - entgegen. Die beiden Boote sind mit jeweils 16 Uran-E-Raketen ausgestattet, mehr als sich auf den meisten anderen Booten auf dem Meer befinden. Der Iran besitzt den Informationen zufolge bisher keine Rüstungsgüter, die den beiden Korvetten entsprächen. Turkmenistan plane in der nahen Zukunft, weitere Korvetten der Molnija-Klasse anzuschaffen.

"Wenn der Iran die meisten Schiffe im Kaspischen Meer hat, so hat ihn Turkmenistan in Bezug auf die Schlagkraft längst überholt", heißt es in dem Artikel. "Natürlich leben wir in keinem Zeitalter linearer Bootsflotten. Deshalb sorgt die Aufnahme von zwei Booten in die junge turkmenische Marine nicht für den entscheidenden Unterschied. Sie zeigen jedoch deutlich, in welche Richtung die Entwicklung geht."

Aus dem Bericht geht außerdem hervor, dass Turkmenistan zwei neue türkische Schnellpatrouillenboote gekauft hat. Marineinfrastruktur und ein neuer Militärstützpunkt wurden demnach "in rapidem Tempo" gebaut.


An Kooperation mit USA interessiert

Nachrichten des US-Außenministeriums, die auf der Internetplattform Wikileaks veröffentlicht wurden, enthalten ebenfalls interessante Einzelheiten über die Pläne Turkmenistans. Demnach interessiert sich das Land seit 2007 für eine militärische Zusammenarbeit mit der US-Marine. In einer Nachricht vom Juni jenes Jahres wird ein Treffen von Präsident Berdimuhamedow mit dem damaligen Oberbefehlshabers des US-Zentralkommandos, Admiral William Fallon beschrieben.

Berdimuhamedow empfahl demnach beiden Seiten, über eine "leistungsstarke Ausrüstung" zu sprechen, die die USA Turkmenistan bereitstellen könnte, damit der Staat sich mit der Sicherheit auf dem Kaspischen Meer befassen könnte. "Die 'Caspian Force' der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) hat die Mission, dort für Sicherheit zu sorgen. Da Turkmenistan neutral ist, war dies aber keine Option für eine Kooperation", heißt es in der Nachricht. "Admiral Fallon sah ein, dass es gut für Turkmenistan wäre, mit den USA zusammenzuarbeiten, um seine Neutralität und die Unabhängigkeit der Caspian Force zu bewahren."

Erwähnt wurde außerdem, dass Turkmenistan versuchen könnte, Waffen über das Transferprogramm 'Excess Defence Articles' (EDA) von den USA zu erhalten, insbesondere das frühere US-Patrouillenboot USCG Cutter Point Jackson. "Turkmenische Regierungsbeamte haben selten geradeheraus um Unterstützung gebeten, schätzen es aber generell, wenn sie welche erhalten", so die interne Mitteilung des US-Außenministeriums.

An anderer Stelle heißt es jedoch, dass militärische Zusammenarbeit zwischen den USA und Turkmenistan nur langsam vorankomme. Die Tatsache, dass Turkmenistan seine Schiffe und Waffen von Russland und in geringerem Maße von der Türkei kaufe, deute darauf hin, dass die USA weiterhin eine untergeordnete Rolle bei den militärischen Entwicklungen im Bereich des Kaspischen Meeres spielen werden. (Ende/IPS/ck/jt/2012)

* Dieser Beitrag erschien zunächst beim EurasiaNet in New York, einem Informationsdienst über Zentral- und Südwestasien, Kaukasus, Russland und Türkei. Der Dienst wird vom 'Central Eurasia Project' des 'Open Society Institute' betrieben.


Links:

http://www.eurasianet.org/
http://www.ipsnews.net/2012/07/turkmenistan-ashgabat-quietly-builds-up-capian-military-might/

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Juli 2012