Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → AUSLAND

ASIEN/763: Pakistan - Bergbau als Bollwerk gegen den Terrorismus, Ausbildungskurse für junge Leute (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 17. August 2011

Pakistan: Bergbau als Bollwerk gegen den Terrorismus - Ausbildungskurse für junge Leute

Von Ashfaq Yusufzai


Peschawar, 17. August (IPS) - Im Kampf gegen die Präsenz radikal-islamistischer Terrororganisationen in den Stammesgebieten unter Bundesverwaltung (FATA) an der Grenze zu Afghanistan setzt Pakistan seine Hoffnung auf den Bergbau. Er soll die jungen Männer der Region in Lohn und Brot bringen, die der Frust über den Mangel an beruflichen Perspektiven in die Arme der fundamentalistischen Kämpfer treibt.

"Seit 2005 werden die FATA von internationalen Terroristen drangsaliert. Da die jungen Leute der Region keine Verdienstmöglichkeiten fanden, schlossen sie sich in Scharen den Taliban an", berichtet Mazhar Ali Shah, der Leiter eines neuen Bergbauentwicklungsprojektes.

Die FATA bestehen aus sieben Verwaltungseinheiten, sogenannten 'Agenturen', und sechs Grenzregionen. Die halbautonomen Gebiete werden zur Hälfte von Paschtunen bewohnt, die auf der anderen Seite der pakistanisch-afghanischen Grenze Verwandtschaft haben. Die FATA und vor allem die Agenturen Nord- und Süd-Waziristan gelten als bewährte Rückzugsgebiete der Al-Kaida- und Taliban-Kämpfer.

Die US-geführten Truppen in Afghanistan und die pakistanische Armee können im Kampf gegen die radikalen Islamisten etliche Erfolge vorweisen. Nun soll eine rasche wirtschaftliche Entwicklung dafür sorgen, dass die Kämpfer in den Grenzgebieten nicht länger Fuß fassen können.

Seit Januar bietet die Universität für Ingenieurswesen und Technologie (UET) in Peschawar Studenten einen Bergbau-Diplomlehrgang an. Die Nachfrage ist so groß, dass bereits über die Einführung zusätzlicher Abendkurse nachgedacht wird. "Die fünfmonatigen Diplomlehrgänge haben mein Leben verändert. Jetzt verdiene ich monatlich 500 US-Dollar", berichtet Akram Khan. Der 22-jährige Student war einer der ersten, die sich für den Kurs eingeschrieben hatten.


Gezielte Entwicklung des Bergbausektors

Eine Arbeitsgruppe aus 30 Wissenschaftlern, Minenbesitzern, Behördenvertretern, Bergbauunternehmern und Experten (SWOG) ist mit der Aufgabe betraut, Strategien für eine schnelle Entwicklung des Bergbausektors zum Wohl der sechs Millionen Menschen zählenden FATA-Bevölkerung zu erarbeiten.

Wie der SWOG-Koordinator Shahidur Rehman erläutert, haben junge Leute neben einer kostenlosen Teilnahme an den Ausbildungskursen die Möglichkeit, sich mit Krediten und anderen Anreizen beruflich zu qualifizieren. Außerdem können Einwohner der FATA an Seminaren und Workshops teilnehmen, zu denen Investoren aus dem Ausland eingeladen werden.

Omar Ali zufolge, einem weiteren Mitglied der SWOG, locken die von der US-Entwicklungsbehörde mit 1,2 Millionen US-Dollar bezuschussten Schulungskurse zahlreiche junge Menschen an, die von den militanten Gruppen und der wirtschaftlichen Stagnation in den FATA die Nase voll hätten. "Diese jungen Leute sind ganz versessen darauf, sich das Wissen und die technischen Fähigkeiten anzueignen, etwa wie man Edelsteine findet, schneidet und poliert."

Nach Angaben von Ehteshamullah Khan, Leiter des UET-Edelsteinzentrums, haben bisher alle Kursteilnehmer, die ihr Diplom erhalten haben, eine Anstellung gefunden oder eine eigene Firma gegründet. "Ich hatte mich zunächst über das Bergbau-Entwicklungsprogramm informiert. Dann beantragte ich ein Darlehen und nahm an dem Trainingsprogramm teil. Jetzt habe ich eine eigene Firma und beschäftige 20 junge Leute aus den FATA-Gebieten", schildert der 20-jährige Kashifullah seinen Karrieresprung.

"Die FATA sind mit Smaragden, Granat, Zirkon und Tumalinen reich gesegnet, und die Khyer-Agentur besitzt große Axinit- und Titanitlager", erläutert Shahid Jamail, der derzeit einen Bergbau-Lehrgang an der UET absolviert. "Das Bergbau-Entwicklungsprojekt ist eine gute Sache und lässt uns hoffen."


Steigende Mineralienproduktion

"Zwischen 1994 und 2004 ist die Mineralienproduktion in den FATA um 35 Prozent gestiegen", rechnet der Student vor. Landesweit seien es nur 15 Prozent gewesen. Die Trainingskurse und andere Fördermaßnahmen würden den Vorgang der Exploration und Ausbeutung weiter beschleunigen, ist er überzeugt.

Geologische Untersuchungen ergaben, dass die FATA zudem über sieben Milliarden Tonnen Marmor, 537 Millionen Tonnen Chromat, 20 Millionen Tonnen Kalziumsulfat, elf Millionen Tonnen Dolomit und 3,6 Millionen Tonnen Speckstein verfügen. Ferner lagern in den Gebieten Granit und Kalkstein, die in der Baubranche gefragt sind. In Waziristan konnten 35 Millionen Tonnen Kupfer identifiziert werden.

Der SWOG-Koordinator Ali schätzt die Kalksteinvorräte in den Agenturen Bajaur und Khyber auf fast 54.000 Tonnen. Zudem sollen in Orakzai, Kurram und Nord-Waziristan 178.000 Tonnen Kohle im Boden liegen.

Dass dem Bergbau in den FATA nun junge Fachkräfte zufließen, lässt die Behörden vor Ort auf eine Zunahme der dringend benötigten Deviseneinnahmen hoffen. Shah zufolge verdienten die FATA am Mineralbergbau im letzten Jahr 2,3 Millionen Dollar. Nun wird eine 150 Kilometer lange Straße gebaut, die den Zugang zu den FATA-Bergbauregionen erschließen soll. (Ende/IPS/kb/2011)


Link:
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=56846

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 17. August 2011
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. August 2011