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ASIEN/614: Bleibt Vietnam sozialistisch? (Doris Tatus)


Bleibt Vietnam sozialistisch?

Von Doris Tatus


Wo steht Vietnam am 120. Geburtstag Ho Chi Minhs. Dazu hatte die Vereinigung Schweiz-Vietnam für den 11. Juni 2010 das Journalistenehepaar Irene und Gerhard Feldbauer nach Zürich eingeladen. Der in vietnamesischer Geschichte promovierte Gerhard Feldbauer hielt den Einleitungsvortrag, in dem er gleich zu Beginn die Sache auf den Punkt brachte, der die Zuhörer vor allem interessierte: Bleibt Vietnam, das seit 2007 der Welthandelsorganisation WTO angehört, sozialistisch? Der Redner betonte, dass er zum Thema Gedanken und Ideen darlege, die sich auf bekannte Fakten stützen, in die er eigene Gesichtspunkte einfüge.

In seinem 40minütigen Vortrag skizzierte er zunächst Vietnams Entwicklung auf dem Weg zu einem modernen Industriestaat mit seit 2001 Zuwachsraten von 7,5 Prozent, 2008 von 8,4, infolge der Auswirkungen der Internationalen Finanzkrise 2009 ein Rückgang auf etwa 6 Prozent. Gewaltige Industriekomplexe im Maschinen- und Anlagenbau, Stahlwerke, Wasserkraftwerke, sind in Planung und Verwirklichung, gegenwärtig Projekte im Umfang von 98 Mrd. US-Dollar, die Erdölförderung und Verarbeitung (derzeit etwa 20 Millionen Tonnen pro Jahr), wird ausgebaut, der legendäre Ho Chi Minh-Pfad wird eine moderne Autobahn, vom Norden bis Ho Chi Minh-City sollen die Gleise für einen Hochgeschwindigkeitszug für 350 kmh verlegt werden (Ein Projekt von 58 Mrd. $). In der Stadt beginnt der Bau einer U-Bahn, ebenso der Hafenausbau. Die Projekte sind teilweise für 10 bis 15 Jahre prognostiziert. Vietnam will auch ein Kernkraftwerk errichten. 2008 startete es von der französischen Raumstation Kourou aus seinen ersten Weltraumsatelliten, um seinen Anspruch zur Teilnahme an der Weltraumfahrt zu belegen. Er wurde bei Lockheed für 200 Mio $ gekauft. Bereits vor dem WTO-Beitritt 2007 betrugen ausländische Investitionen 12 Mrd. $, stiegen im Jahr des Beitritts auf 20 Mrd. $ an. Geplant für die nächsten 10 bis 15 Jahre sind über 650 Mrd. Vietnamesische Unternehmen gingen auch an die Börse. Nach ersten Einbrüchen 2008 trat jedoch eine Flaute ein.

Vietnam ist Reisexporteur Nr. 2 (2008 mit 4,7 Mio Tonnen, 2009 waren 5 geplant). Ähnliches gilt für Kaffee, Cashewnüsse u. a. Produkte. Der Kautschuk-Export betrug 2009 9,3 Mio To.


Sehr umstritten ist ein Bauxitprojekt, zu dem Vo Nguyen Giap sich persönlich zu Wort meldete und es wegen zu befürchtender großer negativer ökologischer und sozialer Folgen ablehnte. Ausländisches Kapital (USA, Australien, Russland, aber auch die VR China) wittern lukrative Geschäfte und üben starken Druck aus. Nach dem Untergang des Ostblocks und dem daraus resultierenden Verlust der internationalen Zusammenarbeit entschloss sich Vietnam nach 1989/90, anders als Kuba, den Weg der Kooperation mit dem internationalen Kapital in Gestalt der Welthandelsorganisation einzuschlagen.

Der Redner thematisierte, was Hanoi bewogen habe, diesen riskanten Schritt zu gehen. Er äußerte sich zu Beweggründen und dazu, wie die Entwicklung bisher verlaufe. Es sei neben der Erschließung von Investitionsquellen und Technologie-Einführung um den Zugang zu bisher verschlossenen Märkten, oder um die Verhinderung ihrer Schließung gegangen. Nach seiner entscheidenden internationalen Rolle im nationalen Befreiungskampf habe die vietnamesische Führung nicht die Rolle irgendeines drittklassigen Entwicklungslandes spielen wollen. Die Wurzeln dafür lägen auch in der Geschichte. Wie selten ein früheres Kolonialland habe Vietnams KP die von Marx entworfene historische Befreiungsmission der Arbeiterklasse verinnerlicht. Auch das Verhältnis zu China, das trotz der Beilegung von Konflikten problematisch bleibe, habe eine Rolle gespielt. Eine industrielle Entwicklung, die sich grundsätzlich auf die Zusammenarbeit mit China stützt, sei also nicht in Frage gekommen, im Gegenteil, es sei um eine relativ adäquate Rolle gegangen.


Die Vietnamesen, so Gerhard Feldbauer, der mit seiner Frau Irene von 1967 bis 1970 vor Ort Augenzeuge des barbarischen Kriegs der USA gegen Vietnam war, habe man für gute Soldaten gehalten, aber es sei immer behauptet worden, sie würden nie die Wirtschaft beherrschen lernen. Vietnam wollte, und habe das in bestimmtem Maße auch bereits getan, diese Stimmen eines Besseren belehren, so wie vorher in der Führung eines Befreiungskrieges gegen die stärkste westliche Militärmacht. Damals habe auch niemand angenommen, dass die Vietnamesen nach Beginn des Luftkriegs der USA 1964 in kürzester Zeit die modernste konventionelle Militärtechnik, Luftabwehrraketen und MIG-Jäger, beherrschen, den USA eine Niederlage in der vierjährigen Luftschlacht über Nordvietnam beibringen und schließlich in modernen Feldschlachten die US-Army in Südvietnam besiegen würden.

Vietnam habe sich in den Verhandlungen mit der WTO als zäher Verhandlungspartner, der um jede Position kämpft, erwiesen. Und es verfüge über hochintellektuelle und schnell lernende Politiker und Wirtschaftsexperten, wie ihm bestätigt werden musste.

Zugute gekommen sei dem Land, dass seine Führung, die intellektuelle Elite des Landes, es immer ausgezeichnet verstanden habe, sich in die positiven Wurzeln des progressiven Erbes dessen, was man westliche Kultur und Zivilisation nennt, hineinzuversetzen und es sich zu Nutze zu machen.

Und dann stehe Vietnam in der WTO zu den Mitgliedern aus den Entwicklungsländern, die für eine demokratische Reform der Organisation kämpfen.


Vietnam wurde 2007 aufgenommen, vier Jahre später als man in Hanoi geplant hatte und 12 Jahre nach der Einleitung des Aufnahmeverfahrens 1995. Zur Vorbereitung habe Hanoi Einzel-Verhandlungen zunächst mit 17 Ländern (USA, der EU) geführt, insgesamt aber vor der Aufnahme mit 40 Mitgliedsstaaten verhandelt und 30 bilaterale Abkommen geschlossen, die auch darauf abzielten, die eigenen Positionen im Kampf gegen das System der Untergrabung der Unabhängigkeit und der Unterordnung unter die WTO zu stärken. Vom sogenannten Verwaltungsaufwand zeuge, dass 315 Gesetze überprüft, geändert bzw. angepasst, eine Anzahl überhaupt neu ausgearbeitet werden mussten. Denn es gebe so gut wie keinen Sektor der nationalen Wirtschaft, eingeschlossen alle Dienstleistungen, in den die WTO-Regeln nicht eingreifen, Bedingungen stellen.


Das alles werfe die Frage auf, ob Vietnam auf sozialistischem Weg bleibe, oder sich die Gesetze der kapitalistischen Marktwirtschaft durchsetzen. Dazu befasste sich der Referent zunächst mit den Auswirkungen des WTO-Beitritts in Vietnam: Dem Entstehen eines starken privatkapitalistischen Sektors, der bei gewissen Einschränkungen, freie Hand erhält, der Öffnung des Binnenmarktes für ausländische Handelsgesellschaften, der Senkung von Einfuhrzöllen, der Aufhebung von Einfuhrbeschränkungen, dass 40 Supermärkte ins Land kamen, die als Konkurrenten die Existenz Tausender traditioneller Straßenhändler und bäuerlicher Existenzen bedrohen. Eine starke und oft ungezügelte Ausbeutung, die Einschränkung von Arbeiterrechten, Vietnam attraktives Billiglohnland werde, die Preise (Öl, Diesel, Strom, Kohle, Wasser) steigen. Die Folge sei eine wachsende Diskrepanz zu Lohnsteigerungen.

Die Geisel der Arbeitslosigkeit breche über das Land herein. Offiziell werden 6 % angegeben. Es sei fraglich, ob diese Ziffern stimmen, denn Arbeitslose seien insgesamt noch nicht erfasst, es gebe auch keine flächendeckende Arbeitslosenversicherung, damit auch keine entsprechenden Zahlungen von Arbeitslosengeld. Auf dem Lande sind Laut Angaben des Ministeriums für Sozialwesen 28 % Jugendliche ohne Arbeit, das sind vier Millionen. 80.000 Vietnamesen suchen jährlich im Ausland eine Arbeit. 2009 wurde das Ziel der Regierung, 1,7 Millionen neue Arbeitsplätze zu schaffen, nicht erreicht.

Bestimmte im Management tätige Schichten erliegen der Korrumpierung, darunter leitendes Personal, Verwicklungen bis zu Ministern. Die staatlichen Betriebe können mit der Produktivität der kapitalistischen Unternehmen oft nicht Schritt halten. Die bekannte Konsumideologie hält Einzug und gewinnt Einfluss auf das Denken der Menschen. Nordvietnam erfährt nie gekannte Erscheinungen der Kriminalität, der Besitzideologie, eben des bürgerlichen Denkens.

Es entstanden Zehntausende kleine und mittlere Unternehmen, damit eine verhältnismäßig wohlhabende Mittelschicht, nicht wenige ihrer Angehörigen meinen, das biete nur eine kapitalistische Entwicklung. Es entstehe eine bisher in diesem Ausmaß nicht vorhandene Schere zwischen Arm und Reich, was Nong Duc Minh (Generalsekretär der KPV) als eine Quelle des Entstehens der Korruption unter den untersten Schichten nannte. Zu sehen ist der aus dem Süden kommende Einfluss, wo unter der USA-Herrschaft bis 1975 eine besonders parasitäre einheimische kapitalistische Entwicklung stattfand. Vor drei Jahrzehnten formal beseitigt, bleibe aber ein zäher Einfluss bestehen.

Gerhard Feldbauer fragte dann, was diesem Einfluss entgegenstehe, was als Grundlage des sozialistischen Weges zu sehen sei. Er führte an: Eine im Volk verwurzelte Kultur, eine an die Familie gebundenen Lebensweise, die erreichten Errungenschaften in der Bildung, der Zugang zu Studieneinrichtungen für einfache Volksschichten, die gesundheitliche Betreuung, wenn hier auch kostenlose Leistungen eingeschränkt werden mussten. Es werde viel zur Bereitstellung von Wohnraum und zur Unterstützung der einfachen Menschen bei der Lösung ihrer sozialen Probleme getan, so durch Kreditmöglichkeiten, u. a. wurde dazu eine Bank für arme Leute geschaffen.

Im Vergleich mit anderen Entwicklungsländern vor allem Südostasiens, haben die Vietnamesen ein bescheidenes aber besseres Leben, die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln ist gewährleistet, die Armutsgrenze gesenkt, sie entwickelte sich wie folgt: Nach UNO- Kriterien 1980 70 % unterhalb Armutsgrenze. 2000 noch 40 %, 2005 noch 22 %, 2007 noch 20 %.

Der Redner verwies auf Ho Chi Minh, seine noch heute anhaltende tiefe Verwurzelung im Volk, auf ihn gestützte Traditionen, er werde von breiten Schichten wie ein Heiliger verehrt. Überzeugt vom Sieg seines Volkes im Befreiungskrieg schrieb er kurz vor seinem Tod in sein Testament: "Unser Land wird die ganz besondere Ehre haben, als eine kleine Nation in heldenhaftem Kampf zwei große imperialistische Mächte - den französischen und den amerikanischen Imperialismus - besiegt und einen würdigen Beitrag zur nationalen Befreiungsbewegung geleistet zu haben".

Vietnam habe unter seiner Führung immer eine starke eigenständige Entwicklung genommen, die Aufnahme des Marxismus-Leninismus durch die Intelligenz und das Kleinbürgertum erfolgte über die Traditionen des nationalen Befreiungskampfes, ein Beispiel sind die vietnamesischen Sowjets (Xo Viet) 1930/31. In dieser Zeit übernahm die Arbeiterklasse bereits die Führung mit einer KP an der Spitze. Die Partei sammelte große Erfahrungen in der Einheitsfrontpolitik (die Angehörige der Feudalklasse und Großgrundbesitzer einschloss), was einmalig in Südostasien und darüber hinaus war. Ein Beispiel dafür war die 1941 gebildete Viet Minh, heute sei es die Vaterländische Front, die eine Art Pluralismus-Ersatz, darstellt, und in der die Rolle des Konsens eine ganz entscheidende Rolle spielt. 1945 wurde der gestürzte Bao Dai (der Kaiser) zum Regierungsberater berufen, die große Kompromissbereitschaft gegenüber Frankreich (Ho Chi Minh war bereit, die Demokratische Republik Vietnam in der Französischen Kolonialunion zu belassen), die Geduld, dass nach dem Sieg in Dien Bien Phu 1954 und dem folgenden Einfall der USA 1955/56 bis 1959/60 mit der Wiederaufnahme des bewaffneten Kampfes gewartet wurde. Heute werde in etwa auch betont, dass es keine monolithische Einheit der Partei gibt, in ihr in gewisser Weise Regierung und Opposition vereint sind. Die Arbeit der Partei wird der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, alle Beschlüsse die der X. Parteitag 2006 fasste, waren vorher der Bevölkerung unterbreitet worden. Die Parlamentsarbeit wird der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, alle Tagungen durch das Fernsehern übertragen, es entstand eine sogenannte Graswurzeldemokratie, die besagt, dass alle Staatsorgane die betroffenen Bevölkerungsschichten über vorgesehene Maßnahmen zu informieren und mit ihnen zu erörtern haben. Mit einer derartigen demokratischen Praxis kann kein auf der kapitalistischen Ordnung beruhendes Land in Südostasien oder anderswo auch nur annähernd aufwarten.

Das sind Grundlagen, das Bündnis mit dem Volk zu erhalten und weiter zu gestalten, In diesem Kontext sprach schon 2005 der ehemalige Ministerpräsident Vo Van Kiet über die Rolle der Solidarität aller Volksschichten, von der Ho Chi Minh immer ausging, und darüber, die KPV zur Partei des ganzen Volkes zu entwickeln. Die Vietnamesen sind eine Nation, innerhalb der Nation gibt es keinen Klassenantagonismus.

Die Partei hat sich zu Fehlern bekannt, sie korrigiert, Funktionäre, die irrten, erhielten die Chance für neue Aufgaben. Es gab keine Säuberungen. Zu sehen ist auch der Schatz an Erfahrungen, dass Vietnam sich 1989/90 nicht in den Sog der Niederlage des europäischen Sozialismus hineinziehen ließ, nicht einen sozialdemokratischen Weg einschlug. Die Partei ist im Gegenteil gewachsen, seit 2000 gab es 700.000 Neuaufnahmen, vor allem junge Menschen. Heute zählt die KPV 3,1 Mill. Mitglieder bei knapp 80 Mill. Ew. Zu erwähnen seien ebenso die kreativen Eigenschaften der Vietnamesen, ihr sprichwörtlicher Fleiß, ihr Erfindungsreichtum, Geduld, Nationalstolz und Patriotismus, eben das Wachhalten der Traditionen des Befreiungskampfes.

Ein Beispiel sei das Tagebuch der Ärztin Dang Thuy Tram. Sie kam im Befreiungskampf in Südvietnam ums Leben. Das Veröffentlichte Tagebuch ist eine ergreifende Dokumentation der Hingabe für das Volk, es erschien 2008 in einer Auflage von 430.000 Expl. Es ist ein Beispiel des Lebendigbleibens der Traditionen der nationalen Befreiung.

Es ist kaum vorstellbar, dass sich eine Führung durchsetzt, die sich von diesen Traditionen abwendet. Nicht zuletzt sind diese Traditionen verbunden mit den ungeheueren Opfern an Menschenleben im Befreiungskrieg gegen die USA (drei Millionen), an Hab und Gut, die nicht umsonst gewesen sein dürfen. Hier sind noch heute die Kriegsfolgen zu sehen, an erster Stelle über eine Million Agent Orange- Opfer, darunter über 100.000 körperlich schwer Betroffene, die furchtbar missgebildeten Kinder, die noch in der dritten Generation geboren werden, was übrigens den Staatshaushalt schwer belastet. Aber auch das wirke schließlich als ein Faktor, der für den sozialistischen Weg steht. Man sei es den Opfern schuldig, dem treu zu bleiben, für was sie gekämpft und so gelitten haben und noch leiden müssen.

Alles hänge dabei davon ab, ob es Partei und Staat gelingt, die wirtschaftliche Entwicklung unter Kontrolle zu halten. Dafür spricht u. a. dass 2009 ein Regierungsbeschluss festlegte, "jeglichen Einfluss ausländischer Kräfte auf das inländische Finanz- und Bankensystem zu minimieren". Ferner die Geschäfte der großen ausländischen Unternehmen, der staatlichen Unternehmen und der Unternehmen mit staatlicher Beteiligung streng zu regulieren. Es konnte auch festgestellt werden, dass Vietnams Bankensystem von der großer internationalen Finanzkrise 2008/9 nicht oder kaum erfasst wurde. Keine vietnamesische Bank geriet wegen Mangels an Liquidität in Insolvenz. Genannt wird im Gegenteil, dass die Summe Kundeneinlagen um 30 5, %, stieg, das Kreditvolumen um 21 %.

Zur Ausübung der Kontrolle gehört, dass keine private Presse zugelassen wird. Dennoch existieren sehr kritische vietnamesische Medien, Stimmen in Zeitungen, besonders der Gewerkschaft und des Jugendverbandes, bewirkten, dass ein Minister und sein Stellvertreter entlassen werden mussten.

Jedoch sind in Vietnam 700 ausländische Presseagenturen vertreten, 68 Fernseh- und Radiostationen, 80 Online-Zeitungen, 15.000 ständig oder teilweise akkreditierte Journalisten tätig.


Der Kapitalismus sei zum Untergang verurteilt, fasste der Redner abschließend zusammen. Ein Gesellschaftssystem, das derart menschenverachtend handelt, Hunderte von Millionen ins unvorstellbare Elend stößt, das mit den größten imperialistischen Mächten an der Spitze wieder weltweit Krieg führt, um vor allem die Völker der Entwicklungsländer neuen kolonialen Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnissen zu unterwerfen, habe keine Perspektive.

Wie für die Menschheit insgesamt gebe es auch für Vietnam nur eine Perspektive, wie sie der X. Parteitag der KPV 2006 formulierte: Aufbau "eines unabhängigen, demokratischen, blühenden und starken Vietnams mit einer gerechten und modernen Gesellschaft, in welcher die Ausbeutung des Menschen abgeschafft ist." Das könne ein langer Weg sein, mit Rückschlägen belastet und sicher nicht frei von Fehlern.

Es sei Anlass zu Spekulationen gewesen, dass der Parteitag bei dieser Formulierung nicht den Sozialismus als Ziel beim Namen genannt habe. Der Sozialismus sei jedoch als Endziel im Bekenntnis der KPV zum Marxismus-Leninismus und zu den Ideen Ho Chi Minhs und in der Staatsbezeichnung Sozialistische Republik Vietnam verkörpert.

Die Nationale Befreiung sei die erste Etappe der nationalen Revolution, die zweite und unter vielen Gesichtspunkten schwierigere bestehe in der Erringung der ökonomischen Unabhängigkeit, die nur eine sozial gerechte Gesellschaft bringen könne.

Damals wie heute gebe Vietnam weiter ein internationales Beispiel, sein sozialistischer Weg werde Auswirkungen auf Südostasien aber auch in Asien insgesamt, wie in Afrika und ebenso in Lateinamerika haben. Hugo Cavez habe das einmal sehr deutlich gesagt.

Leider werde es noch lange Zeit so sein, dass die arbeitenden Menschen auf diesem Weg die größten Opfer und Entbehrungen bringen müssen.

Auf diesem Weg brauche Vietnam weiter solidarische, internationalistische Hilfe, auch in der Bestärkung seines sozialistischen Weges. Der Glaube an sie stärke die Menschen dort, schloss Gerhard Feldbauer seinen Vortrag.


In der angeregten Diskussion zu vielen in dem Vortrag aufgeworfenen Fragen, sprach Irene Feldbauer über mehrere persönliche Begegnungen mit Ho Chi Minh, die zu den unvergesslichen Erinnerungen ihrer Arbeit, die sie später nach Italien und in mehrere Länder Afrikas führte, gehörten.


Das Journalistenehepaar steht zu weiteren Vorträgen zum Thema zur Verfügung.


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Quelle:
© 2010 Doris Tatus
Mit freundlicher Genehmigung der Autorin


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Juni 2010