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ASIEN/1008: Vietnams Premier Minh Chinh beendete Einkaufstour mit "vollem Erfolg" (Gerhard Feldbauer)


Vietnam
"Business as usual"

Premier Minh Chinh beendete Einkaufstour mit "vollem Erfolg"

von Gerhard Feldbauer, 19. Dezember 2022


Der Ministerpräsident der Sozialistischen Republik Vietnam, Pham Minh Chinh, hat vergangenen Donnerstag seine sechstägigen offiziellen Besuche in Luxemburg, den Niederlanden und Belgien beendet und von Brüssel aus die Heimreise angetreten. Die hochrangige Delegation, darunter Außenminister Bùi Thanh Son und vier weitere Minister, hatten mehr als 60 bilaterale und multilaterale Treffen und schlossen mit den EU-Partnerländern Abkommen und Vereinbarungen zur Vertiefung der Beziehungen in Politik, Wirtschaft und Handel sowie Wissenschaft, Technik und weiteren Bereichen, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Vietnam News Agency (VNA). Chinh traf mit seinen Amtskollegen Xavier Bettel (Luxemburg), Mark Rutte (Niederlande), Alexander De Croo (Belgien) und führenden Wirtschaftsvertretern zusammen und wurde vom Großherzog Henri von Luxemburg, Königin Máxima der Niederlande und der belgischen Prinzessin Astrid empfangen. Laut Außenminister Bùi Thanh Son war die Reise "in jeder Hinsicht von Erfolg gekrönt".

Für Vietnam zahlte sich wieder einmal aus, dass es einen starken privatkapitalistischen Sektor in die Wirtschaft einbezieht, der dazu beiträgt, es zu einer führenden Industriemacht Südostasiens und der ASEAN (Wachstumsrate von 13,7 % im dritten Quartal 2022) und zu einem begehrten EU-Partner und Standort für Investitionen zu machen. Dass die allein regierende Kommunistische Partei dafür sorgt, dass die Staats-Unternehmen die Schlüsselressorts besetzen und die Ökonomie kontrollieren, stört dabei nicht. "Business as usual." Eher gibt man sich der Ilusion hin, den Sozialismus aufhalten zu können.

Nach Angaben des Hanoier General Statistics Office verzeichnete Vietnam in den ersten 10 Monaten 2022 einen Import-Export-Umsatz von mehr als 616 Milliarden USD und erreichte damit fast bereits den Rekord von 668 Milliarden für das gesamte Jahr 2021. Im gleichen Zeitraum stiegen die Investitionen ausländischer Unternehmen mit mehr als 25 Mrd. USD auf fast das Doppelte gegenüber 2021 an. Im ASEAN-Raum belief sich der Warenhandel Vietnams mit der EU auf 45,4 Milliarden Euro. Damit ist Vietnam nach Singapur der zweitgrößte Handelspartner.

Die Niederlande, Vietnams zweitgrößter Handelspartner und europäischer Investor, entwickeln derzeit 409 Direktinvestitionsprojekte, der bilaterale Handel stieg 2021 gegenüber dem Vorjahr um 10 % auf 13,5 Mrd. USD und wuchs 2022 bisher um weitere 36 % an. Wie VNA zu entnehmen war, werde Vietnam mit Luxemburg eine strategische Partnerschaft für grüne Finanzen aufbauen, während in den Niederlanden und Belgien die Zusammenarbeit in den Bereichen digitale Transformation, Innovation, Wissenschaft und Technologie sowie die Schaffung von Hochtechnologiezentren Schwerpunkte seien. Dazu gehört in Hanoi der Aufbau eines Innovations- und Startup-Zentrums, den die Niederlande nach dem Vorbild ihres "Brainport Industries Campus" in Eindhoven unterstützen. Für den Handel Vietnams mit der EU ist das seit dem 1. August 2022 in Kraft getretene Freihandels-Abkommen (EVFTA) wichtig, da damit bisher rund 65 % der Zölle auf EU-Exporte nach Vietnam entfallen können und im Laufe der nächsten 10 Jahre ganz wegfallen. Minh Ching drängte Belgien und die Niederlande, die es noch nicht ratifizierten, dazu.

In Brüssel nahm Chinh am Treffen der Staats- und Regierungschefs der EU mit denjenigen des ASEAN-Bündnisses anlässlich des 45-jährigen Jubiläums ihrer Beziehungen teil. Den Versuch der EU, in der Abschlusserklärung eine Verurteilung Russlands im Ukraine-Krieg und scharfe Attacken gegen China im Zusammenhang mit einer Aufwertung Taiwans aufzunehmen, hat Vietnams Premier mit weiteren ASEAN-Partnern, darunter Laos und Thailand, abgelehnt. Er hatte ein Treffen mit EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen, bei dem es darum ging, dass gegen Vietnam wegen illegaler Fischerei verhängte Verbot, die "gelbe Karte", zurückzunehmen. Außerdem bekundete Chinh laut VNA die Bereitschaft Vietnams, den Aufbau einer Partnerschaft für eine faire Energiewende mit der G7-Gruppe zu unterstützen und mit ASEAN zusammenzuarbeiten, um die Subregionen, einschließlich der des Greater Mekong, zu entwickeln.

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Quelle:
© 2022 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 20. Dezember 2022

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