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AFRIKA/909: Goodbye Afro-Pessimismus - Neue Zeit für den Kontinent gekommen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 29. November 2010

Afrika: Goodbye Afro-Pessimismus - Neue Zeit für den Kontinent gekommen

Von Sanjay Suri


Madrid, 26. November (IPS) - Es gibt das Bild von einem Afrika, das bei weitem schlechter ist als die Realität. Und dann gibt es ein Afrika, das besser ist als das Bild, das von dem Kontinent gezeichnet wird. In Madrid nutzten Vertreter der afrikanischen Zivilgesellschaft die Gelegenheit, ihre Sichtweise darzulegen. Für Afrika, sagten sie, seien eindeutig bessere Zeiten angebrochen.

Das Bild des armen, entbehrungsreichen und von Krankheiten gezeichneten Kontinents entspricht durchaus der Wahrheit. Bloß verbirgt es die Tatsache, dass Afrika inzwischen ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von mehr als fünf Prozent vorweisen kann.

"Malawi ist es gelungen, zum Maisexporteur aufzusteigen, der seine Überschüsse auf dem Weltmarkt absetzt", berichtete der südafrikanische Erzbischof Njongonkulu Ndungane, Präsident der Nichtregierungsorganisation 'African Monitor' mit Sitz in Kapstadt auf dem Treffen am 25. November in Madrid.

Wie der Erzbischof weiter erklärte, verdankt Malawi seinen Erfolg nicht zuletzt dem Umstand, dass es die Empfehlungen einiger Finanzagenturen in den Wind geschlagen habe, Düngemittel und Agrarpestizide nicht zu subventionieren. Mit seiner Erfolgsstory sei das südostafrikanische Land im regionalen Kontext kein Einzelfall.


Einseitige Darstellung

Es stimmt schon: Afrika ist noch immer mit einer äußerst niedrigen Lebenserwartung und einer extensiven Armut geschlagen. "Die gute Nachricht ist jedoch, dass wir viele dieser Trends umkehren konnten", so Ndungane auf der Konferenz, die von der spanischen Entwicklungsbehörde und der internationalen Nachrichtenagentur Inter Press Service (IPS) veranstaltet wurde. "Und das ist der Grund, warum wir zu sagen wagen, dass die Zeit für Afrika gekommen ist.

Dafür sprechen einige Indizien: Die extreme Armut, die Ende der 1990 mehr als 58 Prozent betrug, ging bis 2005 um mehr als 50 Prozent zurück. Im Verlauf des kommenden Jahres wird die Afrikanische Entwicklungsbank auf dem schwarzen Kontinent zehn Milliarden US-Dollar in Infrastrukturprojekte investieren. Das ist beachtlich, auch wenn nach Angaben der Weltbank jährlich 93 Milliarden Dollar erforderlich wären, um das regionale Straßennetz, die Wasser- und Energieversorgung auszubauen.

Beeindruckend ist auch, dass den jährlichen Hilfsgeldern in Höhe von 40 Milliarden Dollar, die Afrika von Gebern erhält, Anleihen, Auslandsüberweisungen von Migranten und andere Finanzierungsmechanismen im Wert von 400 Milliarden Dollar gegenüberstehen.


Achillesferse Korruption

Problematisch ist und bleibt die Korruption, wie Ndungane einräumte. So habe der illegale Abfluss von Geldern dem subsaharischen Afrika Verluste in Höhe von 96 Milliarden Dollar beschert, rechnete der Geistliche vor. "Das ist skandalös." Afrikanische Staaten hatten zudem angekündigt, zehn Prozent ihres Budgets für die Entwicklung der Landwirtschaft auszugeben. Nur zehn hielten sich daran. Auch die Geber erwiesen sich nicht immer als absolut verlässlich. Sie kamen ihren Zusagen nur zu 60 Prozent nach.

Wie Themba James Maseko vom Kommunikations- und Informationssystem (GCIS) der südafrikanischen Regierung forderte, müssen die Medien auf die veränderten Verhältnisse in Afrika reagieren. "Wir brauchen einen Paradigmenwechsel, denn bisher wird über Fortschritte in Afrika wenig berichtet", sagte er auf der gut besuchten Konferenz in Madrid.

In vielen europäischen Ländern wüchsen Kinder mit der Vorstellung auf, dass Afrika ein armer Krisen- und Konfliktkontinent sei, kritisierte er und forderte die afrikanischen Länder auf, ihren Teil zur Beseitigung von Klischees zu leisten. Sie müssten Führungsstärke unter Beweis stellten, ihren Rohstoffexporten durch Weiterverarbeitung einen Mehrwert verleihen, den Braindrain kontrollieren und sich für ökologische Nachhaltigkeit und den Kampf gegen die Korruption einsetzen.

Thematisiert wurde auf dem Treffen auch die illegale Einwanderung. "Migration hat es immer gegeben", meinte dazu Cheriff Sy, Vorsitzender des Afrikanischen Redakteursforum. "Menschen sind schon immer auf der Suche nach einem besseren Leben ausgewandert. Auch innerhalb Afrikas gibt es Wanderbewegungen". An die Teilnehmer des Treffens richtete er den Appell, nicht über diese Menschen zu sprechen, "als sind sie Vieh".


Austauschprogramme zum Kennenlernen

Photojournalist und Pulitzer-Preisträger Javier Bualuz schlug vor, weniger auf die Medien, sondern mehr auf Austauschprogramme zu setzen. Allein schon ein Schüleraustausch zwischen Afrikanern und Europäern könne zu einem besseren Verständnis führen.

Wie der IPS Generaldirektor Mario Lubetkin zum Abschluss der Konferenz erklärte, ist es an der Zeit, die neue afrikanische Realität zur Kenntnis zu nehmen. Lubetkin warf den Medien vor, häufig zur Vertiefung des verbreiteten "Afro-Pessimismus" beizutragen. Die Konferenz in Madrid habe mit ihrem "Afro-Optimismus" zu einem besseren Verständnis für Afrika beigetragen. (Ende/IPS/kb/2010)


Links:
http://www.africanmonitor.org/Site/
http://www.gcis.gov.za/
http://theafricaneditorsforum.org/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=53675


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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 29. November 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. November 2010