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AFRIKA/886: Südafrika - Gesetzentwurf gefährdet Informationsfreiheit (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 29. Oktober 2010

Südafrika: Gesetzentwurf gefährdet Informationsfreiheit - Zivilgesellschaft protestiert

Von Erna Curry


Kapstadt, Südafrika, 29. Oktober (IPS) - In Südafrika läuft die Zivilgesellschaft Sturm gegen einen neuen Gesetzesvorschlag, der die Informationsfreiheit torpediert. Stein des Anstoßes ist der zurzeit diskutierte 'Protection of Information Bill', der allen Vertretern des Staates das Recht gibt, Informationen für die Öffentlichkeit zu sperren.

In der Woche vor dem 27. Oktober kam es in Durban, Johannesburg und Kapstadt zu Protesten gegen den Entwurf. Organisator war die 'Right 2 Know Campaign', zu der sich die unterschiedlichsten Organisationen zusammengeschlossen haben. Mit von der Partie sind Kirchenvertreter, das 'Freedom of Expression Institute' (FXI), das 'South African National Editors' Forum' und die 'Treatment of Action Campaign', die sich für HIV-Infizierte einsetzt.

"Der Gesetzesenturf leidet unter einer breiten und sehr vagen Definition des Begriffes 'Nationalinteresse' und darunter, dass er jedem staatlichen Organ - vom Staatspräsidenten bis hinunter zum Bürgermeister - die Befugnis erteilt, Informationen mit dem Stempel Geheim zu versehen", sagt FXI-Direktorin Ayesha Kajee.

"Kein einziges Land der Welt hat derart weitreichende Vollmachten erteilt. Es geht nicht an, dass Hunderte das Recht haben, über die Geheimhaltung zu entscheiden", findet auch der Anti-Apartheidaktivist Kader Asmal.


25 Jahre Haft für Journalisten

Nach dem Entwurf hat jeder, der als geheim klassifizierte Informationen publik macht, mit einer empfindlichen Strafe zu rechnen. Journalisten etwa riskierten 25 Jahre Haft, wenn sie geschützte Angaben veröffentlichen. Das gilt auch dann, wenn die Weitergabe dieser Informationen im öffentlichen Interesse wäre. Leichterdings könnten staatliche Verträge oder Abkommen mit großen halbstaatlichen Unternehmen klassifiziert werden, ebenso Informationen über die Haushaltsentscheidungen oder öffentliche Dienstleistungen.

"Kommt der Vorschlag in seiner jetzigen Form durch, wird er alles betreffen - vom Krankenhaus bis zu Bibliothek. Er wird wesentliche Informationen im Dunkel verschwinden lassen", kritisiert der Aktivist Nkwame Cedile. Transparenz und Verlässlichkeit - Eckpfeiler einer jeden Demokratie - seien dann massiv gefährdet.


Kritik prallt ab

Die südafrikanische Regierung hält die Proteste für unbegründet. Nach ihrer Auffassung garantiert der separat bestehende 'Promotion of Information Act' (PAIA) das Recht auf Informationsfreiheit in ausreichendem Maße. Anliegen des neuen Entwurfs sei sicher nicht, den Zugang zu Informationen zu blockieren, meint Staatssicherheitsminister Siyabonga Cwele.

Die Gegner des Gesetzesvorschlags kann er mit solchen Versicherungen nicht beeindrucken. "Bislang muss die Regierung begründen, warum eine Information unter Geheimhaltung gestellt werden soll. Wird der Vorschlag angenommen, steht der Bürger unter Beweispflicht. Dann wird er belegen müssen, warum eine klassifizierte Information freigegeben werden sollte", sagt Kajee.

Auch Pressevertreter wie Nic Dawes von der Wochenzeitung 'Mail & Guardian' sind alarmiert. Er fühlt sich an Apartheidzeiten erinnert. "Wir kennen das Leben in einer Geheimhaltungsgesellschaft. Wir wissen, dass es Freiheit ohne das Recht auf Information nicht geben kann." (Ende/IPS/hn/2010)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Oktober 2010