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AFRIKA/777: Botswana - Funkelndes Strohfeuer (afrika süd)


afrika süd - zeitschrift zum südlichen afrika
Nr. 5, Oktober/November 2009

Funkelndes Strohfeuer

Von Refentse Moekena


Der Bergbau ist Fundament und einzige Säule der botswanischen Wirtschaft. Jahrelang hat er für beeindruckende Wachstumszahlen gesorgt, doch das Versiegen der Minen droht, und in der Wirtschaftskrise brechen die Preise ein. Die Masse der Bevölkerung muss fürchten, beim Boom leer auszugehen.


Tshepo Mogwena hat eine hervorragende Ausbildung. Finanziert wurde sie durch den Diamantenreichtum, der der botswanischen Regierung großzügige Stipendien erlaubt. Vor einem Jahr hat Frau Mogwena ihr Studium erfolgreich abgeschlossen. Aber eine Arbeitsstelle hat sie noch nicht gefunden. "Für mein Studium habe ich von den Diamanten profitiert, ich habe Regierungsstipendien erhalten. Doch mein Abschluss hat mir bisher nichts genutzt. Ich habe keine Anstellung", sagt die 26-jährige Politikwissenschaftlerin.

Botswana gilt als eines der solide regierten Länder Afrikas. Das Land im Süden Afrikas findet international Lob für seinen Kampf gegen Korruption und Missmanagement. Seine Wirtschaft zählt zu den erfolgreichsten der Welt. Dank der Diamanten. Doch an vielen Batswana geht dieser Reichtum vorbei. Knapp zwei Millionen Menschen leben in Botswana. Das Nationaleinkommen betrug im Jahre 2008 26 Mrd. US-Dollar. Doch Arbeitsplätze sind rar; fast die Hälfte - 48 Prozent - müssen mit weniger als einem US-Dollar pro Tag auskommen, leben also unter der Armutsgrenze und sind abhängig von Regierungsunterstützung." Botswana ist ohne Zweifel ein reiches Land. Doch Reichtum für alle bedeutet das nicht", sagt Imogen Mogotsi; sie leitet die Wirtschaftsfakultät der Universität von Botswana.

Ganz allgemein profitiert die Bevölkerung von der Infrastruktur und den Regierungsprogrammen, die durch den Diamantenreichtum ermöglicht wurden, sagt sie. Es gibt die großzügigen Studienstipendien und eine freie Zuteilung von antiretroviralen Medikamenten für die Behandlung von HIV/Aids. 40 Prozent der Menschen zwischen 19 und 45 Jahren sind infiziert. Botswana war eines der ersten Länder Afrikas, das eine freie Versorgung mit Medikamenten gewährte und Reihenuntersuchungen durchführte.

Doch jetzt, nicht zuletzt im Zusammenhang mit den Wahlen, wurden die Sorgen lauter, wie es weitergehen soll mit den Arbeitsplätzen und der Wirtschaft des Landes. Schätzungen zufolge gehen in zwanzig Jahren die Diamanten aus. Die Arbeitslosigkeit liegt heute schon offiziell bei 25 Prozent. Die Kluft zwischen arm und reich ist nur in wenigen Ländern höher als in Botswana. "Die Diamantenindustrie ist nicht arbeitsintensiv. Doch trotz der Investitionen der Regierung in die Bauwirtschaft und deren Zulieferindustrie ist der Bergbau immer noch der wichtigste Arbeitgeber", sagt Razia Khan von der Afrika-Abteilung von Standard Chartered in London.

Diese prekäre Lage wird nun durch die globale Finanzkrise verschärft. Aufgrund der sinkenden Nachfrage nach Diamanten ist Botswanas Wirtschaft um 11,5 Prozent zurückgefallen. Eine Erholung wird für kommendes Jahr erwartet. Debswana, die staatliche Diamantengesellschaft, die die Förderung mit dem südafrikanisch-britischen Bergbaugiganten DeBeers teilt, sagte Anfang des Jahres, dass die Förderung auf die Hälfte der Vorjahre zurückgefahren wurde. Wurden 2008 noch 33 Mio. Karat gefördert, so dürften es in diesem Jahr kaum mehr als 15 Mio. Karat werden. debswana ist der größte Arbeitgeber Botswanas und beschäftigt doch nur 5263 Menschen.

In Afrika stehen Diamanten meist im Zusammenhang mit gewaltsamen Konflikten. Das gilt für Botswana, dem größten Förderland, nicht. "Botswana ist ohne Frage eines der besten Beispiele in Afrika, wie natürliche Ressourcen erfolgreich verwendet werden können", sagt Khan. Botswanas Wirtschaft hat in den vergangenen Jahren selbst die Wachstumsraten der asiatischen Tiger übertroffen. Das Wachstum lag in den letzten zwanzig Jahren durchschnittlich bei über neun Prozent.

Jan Laubscher von der Standard Bank in Südafrika sagt: "Botswana hat in manchen Jahren die höchsten Wachstumsraten der Welt gehabt." Doch dieses Krisen jahr habe überdeutlich gemacht, dass sich die Wirtschaft schnellstens diversifizieren muss. Es gilt, sich für ein Leben nach den Diamanten zu rüsten. Erstmals gab es in diesem Jahr einen kräftigen Einschnitt in die Bildungsausgaben und Stipendien der Regierung: Die Zulassung an die Universität von Botswana wurde um 5000 Studienplätze gekürzt.

"Die Regierung muss alles daran setzen, die Wirtschaft zu diversifizieren. Dann habe ich keinen Zweifel daran, dass auch neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Noch einmal: Was ist, wenn die Diamanten ausgehen? Was geschieht dann mit uns, mit dem Land?" fragt Tshepo Mokwena.


Die Autorin lebt als freie Journalistin im Südlichen Afrika



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Quelle:
afrika süd - zeitschrift zum südlichen afrika
38. Jahrgang, Nr. 5, Oktober/November 2009, S. 24
Herausgeber: informationsstelle südliches afrika e.V. (issa)
Königswinterer Straße 116, 53227 Bonn
Tel.: 0228 / 46 43 69, Fax: 0228 / 46 81 77
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"afrika süd" erscheint mit 6 Heften im Jahr
Jahresabonnement Euro 35,-


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Januar 2010