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AFRIKA/1387: Simbabwe - Niedergeschlagene Proteste (afrika süd)


afrika süd - zeitschrift zum südlichen afrika
Nr. 4, Juli/August 2016

AUS DEN LÄNDERN

Simbabwe - Niedergeschlagene Proteste


Angesichts der dramatischeren Versorgungslage und der verschleppten Auszahlung von Gehältern staatlicher Angestellter fanden in den ersten Wochen im Juli 2016 in mehreren Städten Simbabwes und an der Grenze zu Südafrika Proteste statt. Die Polizei ging gewaltsam gegen die Demonstranten vor. Während Polizisten und Soldaten nach Verzögerungen ihr Monatsgehalt bzw. ihren Sold erhielten - wie Beobachter meinen, um deren Loyalität gegenüber den Regierenden zu bewahren -, warteten Mitarbeiter des Bildungs- und Gesundheitswesens seit Mai 2016 auf ihre Gehälter. Polizisten errichteten dennoch weiterhin Straßenkontrollen und erpressten Busfahrer, um ihre schmalen Gehälter aufzubessern. Punktuell eskalierte der Protest der Busfahrer in der Hauptstadt Harare gewaltsam, hierbei wurden etwa dreißig Menschen verhaftet. Insgesamt bezifferte sich die Zahl der inhaftierten Demonstranten zivilgesellschaftlichen Beobachtern zufolge auf über 100.

Spontane, nicht parteipolitisch gebundene Proteste und ein Aufruf zu einem eintägigen Arbeitsboykott in der ersten Juliwoche richteten sich insbesondere gegen korrupte Politiker und den fortwährenden wirtschaftlichen Niedergang sowie die hohe Arbeitslosigkeit. Kampagnen wie #ThisFlag und #ShutDownZimbabwe2016 sowie Tajamuka ("we refuse" auf Shona) hatten in elektronischen Medien Bürgerinnen und Bürger des Landes mobilisiert. Daraufhin wurde die elektronische Kommunikation zeitweise von offiziellen Stellen blockiert. #ThisFlag wird namentlich mit dem baptistischen Pastor Evan Mawarire in Verbindung gebracht. Er wurde kurzzeitig verhaftet und wegen staatsfeindlicher Handlungen angeklagt. Da dies aber juristisch als nicht rechtmäßig eingestuft wurde, ließen ihn die staatlichen Sicherheitskräfte wieder frei. In die Landesfahne gehüllt hatte er im April 2016 medial den Machtmissbrauch, die Ressourcenausbeutung zur privaten Bereicherung, das nationale Wirtschaftsdesaster und die fortschreitende Verarmung der Bevölkerung kritisiert.

Die zivilgesellschaftliche Interessenvertretung Crisis in Zimbabwe Coalition (CiZC) forderte am 11. Juli 2016 die Afrikanische Union (AU) und die Entwicklungsgemeinschaft im südlichen Afrika (SADC) auf, Druck auf die Mugabe-Regierung auszuüben und dem gewaltsamen Vorgehen gegen Demonstranten sowie den Gewalteskalationen Einhalt zu gebieten. Auch Menschenrechtsorganisationen in Südafrika verurteilten die Gewalt und die Abschaltung der elektronischen sozialen Medien. Sie widerspreche der Verfassung und den von der simbabwischen Regierung unterzeichneten internationalen Abkommen. Sie verlangten von der südafrikanischen Regierung klare Stellungnahmen im Rahmen der SADC. Das Mugabe-Regime brandmarkte die Protestierenden im eigenen Land als Terroristen, drohte mit weiterer Polizeigewalt und warf ausländischen Mächten wie Frankreich und den USA vor, Unruhe zu schüren, Anarchie zu verursachen und die Wirtschaft Simbabwes zu sabotieren.

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SERVICE

REZENSIONEN

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Quelle:
afrika süd - zeitschrift zum südlichen afrika
45. Jahrgang, Nr. 4, Juli/August 2016, S. 4
Herausgeber: informationsstelle südliches afrika e.V. (issa)
Königswinterer Straße 116, 53227 Bonn
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Jahresabonnement Euro 40,-


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. September 2016

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