afrika süd - zeitschrift zum südlichen afrika
Nr. 4, Juli/August 2016
AUS DEN LÄNDERN
Simbabwe - Niedergeschlagene Proteste
Angesichts der dramatischeren Versorgungslage und der verschleppten Auszahlung von Gehältern staatlicher Angestellter fanden in den ersten Wochen im Juli 2016 in mehreren Städten Simbabwes und an der Grenze zu Südafrika Proteste statt. Die Polizei ging gewaltsam gegen die Demonstranten vor. Während Polizisten und Soldaten nach Verzögerungen ihr Monatsgehalt bzw. ihren Sold erhielten - wie Beobachter meinen, um deren Loyalität gegenüber den Regierenden zu bewahren -, warteten Mitarbeiter des Bildungs- und Gesundheitswesens seit Mai 2016 auf ihre Gehälter. Polizisten errichteten dennoch weiterhin Straßenkontrollen und erpressten Busfahrer, um ihre schmalen Gehälter aufzubessern. Punktuell eskalierte der Protest der Busfahrer in der Hauptstadt Harare gewaltsam, hierbei wurden etwa dreißig Menschen verhaftet. Insgesamt bezifferte sich die Zahl der inhaftierten Demonstranten zivilgesellschaftlichen Beobachtern zufolge auf über 100.
Spontane, nicht parteipolitisch gebundene Proteste und ein Aufruf zu einem eintägigen Arbeitsboykott in der ersten Juliwoche richteten sich insbesondere gegen korrupte Politiker und den fortwährenden wirtschaftlichen Niedergang sowie die hohe Arbeitslosigkeit. Kampagnen wie #ThisFlag und #ShutDownZimbabwe2016 sowie Tajamuka ("we refuse" auf Shona) hatten in elektronischen Medien Bürgerinnen und Bürger des Landes mobilisiert. Daraufhin wurde die elektronische Kommunikation zeitweise von offiziellen Stellen blockiert. #ThisFlag wird namentlich mit dem baptistischen Pastor Evan Mawarire in Verbindung gebracht. Er wurde kurzzeitig verhaftet und wegen staatsfeindlicher Handlungen angeklagt. Da dies aber juristisch als nicht rechtmäßig eingestuft wurde, ließen ihn die staatlichen Sicherheitskräfte wieder frei. In die Landesfahne gehüllt hatte er im April 2016 medial den Machtmissbrauch, die Ressourcenausbeutung zur privaten Bereicherung, das nationale Wirtschaftsdesaster und die fortschreitende Verarmung der Bevölkerung kritisiert.
Die zivilgesellschaftliche Interessenvertretung Crisis in Zimbabwe Coalition (CiZC) forderte am 11. Juli 2016 die Afrikanische Union (AU) und die Entwicklungsgemeinschaft im südlichen Afrika (SADC) auf, Druck auf die Mugabe-Regierung auszuüben und dem gewaltsamen Vorgehen gegen Demonstranten sowie den Gewalteskalationen Einhalt zu gebieten. Auch Menschenrechtsorganisationen in Südafrika verurteilten die Gewalt und die Abschaltung der elektronischen sozialen Medien. Sie widerspreche der Verfassung und den von der simbabwischen Regierung unterzeichneten internationalen Abkommen. Sie verlangten von der südafrikanischen Regierung klare Stellungnahmen im Rahmen der SADC. Das Mugabe-Regime brandmarkte die Protestierenden im eigenen Land als Terroristen, drohte mit weiterer Polizeigewalt und warf ausländischen Mächten wie Frankreich und den USA vor, Unruhe zu schüren, Anarchie zu verursachen und die Wirtschaft Simbabwes zu sabotieren.
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WO KEIN WILLE IST, IST KEIN WEG...
Die Konsequenzen aus der Anerkennung des Völkermords an den Herero und
Nama durch die Bundesregierung kommentieren Henning Melber und
Reinhart Kößler.
AKTUELL
MOSAMBIKS ZWEITE SCHULDENKRISE
Mosambik hat illegale Schulden aufgenommen, die Geberländer haben ihre
Haushaltshilfe eingefroren. Gottfried Wellmer analysiert die
hausgemachten Probleme des Landes.
AUFSTIEG UND BALDIGER NIEDERGANG DER MOSAMBIKANISCHEN KOHLE
Die Zukunft des Kohlebergbaus in Mosambik hinterfragt Gottfried
Wellmer.
SPANIENS ILLEGALER WAFFENDEAL MIT LUANDA
Angola ist hoch militarisiert und missachtet die Menschenrechte. Die
EU-Richtlinien verbieten einen Waffenexport in ein solches Land. Das
spanische Rüstungsunternehmen Defex fand trotzdem Wege. Pere Ortega
deckt das Korruptionsnetz dahinter auf.
LETZTE MEDIALE UND POLITISCHE RÜCKZUGSGEFECHTE
Die Anerkennung des Völkermords in Südwest-Afrika (1904-1908) ist in
der Politik angekommen. Doch die Bundesregierung tut sich schwer mit
den Konsequenzen, wie Andreas Bohne illustriert.
WIDER DIE VERHARMLOSUNG VON VÖLKERMORD
Gegen den Geschichtsrevisionismus im Spiegel wenden sich Reinhart
Kößler, Henning Melber, Heidemarie Wieczorek-Zeul und Jürgen Zimmerer.
ÖFFENTLICHE ERKLÄRUNG DER SOLIDARISCHEN KIRCHE IM RHEINLAND
Die Evangelische Kirche in Deutschland muss die Mitschuld am
Völkermord an Ovaherero und Nama endlich anerkennen, fordern die
Solidarische Kirche im Rheinland und der Mainzer Arbeitskreis
südliches Afrika (MAKSA).
AFRICA TO AUSCHWITZ: SOLIDARITÄT DER OPFER
Die Podiumsdiskussion "Africa to Auschwitz. Germany, Genocide and
Denial" in den USA brachte Überlebende und Nachfahren
unterschiedlicher Opfergruppen zusammen. Reinhart Kößler berichtet.
DER MARSCH DER FRAUEN INS ZENTRUM DER FINSTERNIS
Am 9. August 1956 zogen etwa 20.000 Frauen in einem Protestmarsch vor
den Regierungssitz in Pretoria. Ihr Widerstand richtete sich gegen
Beschränkungen der Arbeits- und Aufenthaltsrechte, wie Rita Schäfer
aufzeigt.
FLÜCHTLINGSSCHUTZ IST POLITIK
Loren B. Landau und Roni Amit fordern übergreifende politische
Konzepte für den Schutz von Flüchtlingen - weltweit und in Südafrika.
ZAMBEZI NEWS - POLITISCHE SATIRE GEGEN STAATLICHE REPRESSION
Mit bissigem Humor und grotesker Ironie hält die fiktive
Nachrichtenshow Zambezi News dem Mugabe-Regime den Spiegel vor. Itai
Mushekwe beleuchtet die Hintergründe.
POETISCHE VERNETZUNGEN IN OZEANISCHER KÜSTENKULTUR
Der tansanische Schriftsteller Abdulrazak Gurnah lehrt afrikanische
und karibische Literaturen. Mit dem Autor sprach Manfred Loimeier.
EPAS - ERPRESSTE PARTNERSCHAFTSABKOMMEN
Die Europäische Union drängt armen Staaten in Afrika, der Karibik und
im Pazifik Freihandelsabkommen auf. Monika Mehnert gibt einen
Überblick.
EUROPAS LETZTE OFFENSIVE
Das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen der Europäischen Union mit der
Entwicklungsgemeinschaft im südlichen Afrika (SADC) nimmt Boniface
Mabanza unter die Lupe.
MARXSCHE GESPENSTER
Was ist geblieben von der sozialistischen Ästhetik, dem utopischen
Zukunftsentwurf und den "sozialistischen Freundschaften" zwischen den
Staaten? Lukas Heger stellt die Werke von Künstlern aus Angola und der
Region vor.
REZENSIONEN
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Quelle:
afrika süd - zeitschrift zum südlichen afrika
45. Jahrgang, Nr. 4, Juli/August 2016, S. 4
Herausgeber: informationsstelle südliches afrika e.V. (issa)
Königswinterer Straße 116, 53227 Bonn
Tel.: 0228 / 46 43 69, Fax: 0228 / 46 81 77
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"afrika süd" erscheint mit 6 Heften im Jahr
Jahresabonnement Euro 40,-
veröffentlicht im Schattenblick zum 16. September 2016
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