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ARBEIT/989: Keine falschen Kompromisse - Gesetzlicher Mindestlohn jetzt


SPD-Pressemitteilung 70/12 vom 13. März 2012

Keine falschen Kompromisse - Gesetzlicher Mindestlohn jetzt!


Zur heutigen Betriebsräte- und Gewerkschafterkonferenz in Norderstedt hat der SPD-Parteivorstand folgenden Beschluss gefasst:

Deutschland braucht einen gesetzlichen Mindestlohn.

23 Prozent der Beschäftigten arbeiten im Niedriglohnsektor. Deutlich mehr als sechs Millionen Menschen arbeiten für weniger als 8,50 Euro brutto pro Stunde. Rund 11 Milliarden Euro werden pro Jahr aus Steuermitteln aufgewendet, weil Menschen trotz Arbeit arm sind und ergänzende staatliche Unterstützungsleistungen brauchen, um einigermaßen menschenwürdig leben zu können. Das ist ein Skandal in einem reichen Land wie der Bundesrepublik. Und es verletzt die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft, wenn Dumpinglohnstrategien vom Steuerzahler auch noch subventioniert werden und Unternehmen, die ordentliche Löhne zahlen, unter Druck geraten.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben durchgesetzt, dass das Arbeitnehmer-Entsendegesetz grundsätzlich für alle Branchen geöffnet wurde. Wir haben in unserer Regierungszeit dafür gesorgt, dass Schritt für Schritt mehr Branchen in das Entsendegesetz aufgenommen und branchenspezifische Mindestlöhne durchgesetzt wurden.

Die Realität zeigt aber auch: Das reicht nicht. Unser Land braucht zusätzlich einen gesetzlichen Mindestlohn. Denn es gibt Bereiche, in denen die Tarifbindung unzureichend ist, Tarifverträge nicht greifen oder im Niedriglohnbereich liegen. Immer mehr Arbeitgeber entziehen sich der Tarifbindung, um über Lohndumping Wettbewerbsvorteile zu erreichen. Deshalb sind tarifliche Mindestlöhne über das Entsendegesetz und ein ergänzender gesetzlicher Mindestlohn kein Eingriff in die Tarifautonomie; sie sind eine notwendige Ergänzung und Stabilisierung des bewährten Tarifvertragssystems.

Die Union diskutiert derzeit ein Konzept für eine "allgemeine verbindliche Lohnuntergrenze". Alle bisher bekannten Elemente lassen leider erwarten, dass es sich erneut um ein großes Täuschungsmanöver auf dem Rücken hart arbeitender Menschen handelt. Eine allgemeine verbindliche Lohnuntergrenze muss für alle Beschäftigten in allen Branchen gelten. Sonst ist sie nicht allgemein und nicht verbindlich. Die bisherige Planung der Union sieht aber vor, dass die Lohnuntergrenze nur in den Bereichen gelten soll, in denen kein Tarifvertrag existiert.

Die Realität der deutschen Tariflandschaft kennt aber auch viele noch gültige Tarifverträge mit Bruttostundenlöhnen zwischen drei und sechs Euro. Ein Mindestlohn, der daran nichts ändert, hat seinen Namen nicht verdient. Zudem will sich die Union offensichtlich vor einer Entscheidung drücken, wie hoch ein menschenwürdiger Mindestlohn sein muss.

CDU und CSU haben keine Konsequenzen aus den wachsenden Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt gezogen. Sie haben die Probleme entweder bis heute nicht verstanden oder sie nehmen sie billigend in Kauf. Beides wäre ein Armutszeugnis für eine Partei, die sich christlich nennt und von sich behauptet, unser Land verantwortlich zu regieren.

Die Position der SPD ist klar und eindeutig:

- Wir wollen einen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro.

- Eine Mindestlohnkommission, an der die Sozialpartner beteiligt sind, soll nach britischem Vorbild jährlich die Höhe des Mindestlohns überprüfen und Vorschläge für die Anpassung unterbreiten.

- Der gesetzliche Mindestlohn muss flächendeckend für alle Beschäftigten und alle Arbeitgeber in allen Branchen gelten. Er darf nicht durch regionale Differenzierung (zum Beispiel Ost-West), niedrigere Tariflöhne oder gar neu abzuschließende Tariflöhne von Scheingewerkschaften (Beispiel Leiharbeit) ausgehebelt werden können.

Eine menschenwürdige Gestaltung von Arbeitsbedingungen ist ein wichtiges Gut. Für Scheinlösungen und falsche Kompromisse ist hier kein Platz. Für einen echten gesetzlichen Mindestlohn gäbe es im Deutschen Bundestag eine breite Mehrheit. Die SPD steht bereit. Wir fordern die Union auf, jetzt endlich die Chance zu ergreifen, der zunehmenden Entwertung der Arbeit entgegen zu treten. Wir brauchen gute Arbeit und gerechte Löhne, um die Stärke des deutschen Wirtschafts- und Sozialmodells für die Zukunft zu sichern.


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Quelle:
SPD-Pressemitteilung 70/12 vom 13. März 2012
Herausgeber: SPD Parteivorstand, Pressestelle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. März 2012