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RHEINLAND-PFALZ/2866: CDU - "Kultur des Sparens" angemahnt (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 39/2013 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 28. Oktober 2013

CDU: "Kultur des Sparens" angemahnt



Rheinland-Pfalz habe solch einen Haushalt nicht verdient, empörte sich Julia Klöckner (CDU). Eine verantwortungsvolle Politik achte darauf, dass die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben nicht immer weiter auseinandergehe, wie dies derzeit geschehe. Dabei würden die Steuereinnahmen kontinuierlich steigen. "An den Abgaben und am Fleiß der Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz kann es schlichtweg nicht liegen, dass es ein Problem beim rheinland-pfälzischen Haushalt gibt", schloss Klöckner.

Ein Landeshaushalt sollte immer eine gute Balance zwischen Einnahmen, Ausgaben und Investitionen sein, damit der Bürger auch etwas von der Landesregierung zurückbekomme, wie Schulbildung, Infrastruktur, Sicherheit oder Gesundheitsversorgung. "Wer aber solch einen Haushalt wie Rot-Grün vorlegt, der scheint die Freude am Regieren und die Überzeugung, dass das machbar ist, verloren zu haben", kritisierte Klöckner den Haushaltsentwurf. In den kommenden Wochen werde die CDU-Fraktion mit der Einreichung der entsprechenden Deckblätter ihre Schwerpunkte vorlegen. Klöckner erinnerte daran, dass beim vergangenen Doppelhaushalt die CDU-Opposition über 100 Anträge eingereicht habe, mit einem Sparvolumen von insgesamt über 500 Millionen Euro. Daher erstaunte es Klöckner, dass die Landesregierung der Opposition vorwerfe sich nicht konstruktiv zu beteiligen, zumal vieles von dem, was Rot-Grün damals abgelehnt habe, heute von der Landesregierung eingebracht werde.

Es sei auch nicht zutreffend, dass sich die Opposition bei den Regierungsvorschlägen zum Haushalt verweigere, wie der Finanzminister öffentlichkeitswirksam kundgetan habe. Die CDU-Fraktion, so kündigte Klöckner an, werde wie schon beim vergangenen Mal, auch dieses Mal einige der Vorschläge mittragen. Rot-Grün hingegen haben noch keinen einzigen Antrag der Opposition mitgetragen. "Rot-Grün betreibt eine komplette Fundamentalopposition gegen die Opposition", so Klöckner. Sie kritisierte außerdem, dass sich der Beratungszeitraum auf zweieinhalb Sitzungswochen verkürzt habe, weil Rot-Grün die Karten vor der Bundestagswahl nicht ganz offen legen wollte. Dies sei nicht ganz fair und zeuge von unzureichendem Respekt gegenüber dem Parlament.

Den neuen Haushalt bezeichnete Klöckner als "Schuldenhaushalt", eine neue Kultur des Sparens sei nicht erkennbar. Jährlich würden Schulden in Höhe von mehr als einer Milliarde Euro neu aufgenommen werden. Es fehle die soziale Balance im Haushalt, wie Klöckner monierte. Es gebe steigende Steuereinnahmen, aber sinkende Investitionen. Dabei gebe es dringende Infrastrukturprojekte, die keinen Aufschub mehr duldeten. Mehr als ein Drittel der Brücken im Land befänden sich laut dem Landesrechnungshof in einem maroden Zustand, doch "der Naturpark könne nicht schnell genug kommen", warf Klöckner ein. Je näher die Schuldenbremse im Jahr 2020 komme, desto mehr würden die echten Investitionen sinken.

"Das ist Verlagerung der Kosten auf kommende Generationen, das ist unsozial", kritisierte Klöckner. Ohne die Kommunale Verschuldung habe Rheinland-Pfalz mit 38 Milliarden Euro zu kämpfen, rund 9480 Euro je Einwohner. Dabei seien die Rahmenbedingungen "geradezu rosig". Bundesweit gehe die Verschuldung zurück, doch laut dem neuen rheinland-pfälzischen Finanzplan sollen rund fünf Milliarden Euro an neuen Schulden aufgenommen werden. Der Schuldenstand liege mittlerweile um das 2,7-fache über den jährlichen Einnahmen. In Rheinland-Pfalz müssten 12 Prozent der Steuereinnahmen zur Bewältigung der Schulden aufgewandt werden, im Bundesdurchschnitt liege die Zins-Steuer-Quote bei deutlich unter acht Prozent. Auch der Landesrechnungshof warnte bereits 2011, dass angesichts der hohen Verschuldung dem Land der Verlust seiner finanziellen Handlungsfähigkeit drohe.

"Nach 22 Jahren SPD-Regierung sei die Schuldenlast auf 35 Milliarden Euro angestiegen", konstatierte Klöckner. Durch gescheiterte Großprojekte wie den Nürburgring seien Millionen verloren gegangen, doch sei dies in der Haushaltsrede von Minister Kühl mit keinem Wort erwähnt worden. Für Klöckner sei klar, dass Rheinland-Pfalz kein Einnahme-, sondern ein Gerechtigkeitsproblem habe. Die Landesregierung mache sich auch keine Mühe zu verbergen, dass sie auf die Kalte Progression baue. "Die Landesregierung greift dem kleinen Mann in die Tasche", warf Klöckner der Landesregierung vor. Es sei nicht gerecht, wenn eine halbe Milliarde Euro am Nürburgring verspielt und dafür jetzt die Schwangerenkonfliktberatungen zusammengestrichen werde. "Die und andere müssen jetzt den Nürburgring-Soli zahlen", so Klöckner erbost.

Die Landesregierung gebe Sparmaßnahmen vor, aber verschiebe tatsächlich nur die Lasten. So würden die Kommunen mit zusätzlichen Millionenbeträgen belastet, damit der LBM mit weniger Schulden auskomme. Auch der Pensionsfonds sei zu einer "Schuldenwaschanlage" geworden. Wer wirklich sparen wolle, finde auch Wege. Die Landesregierung bringe nur Vorwände, da sie gar nicht sparen wolle. Dabei sei das Gemeinwesen chronisch unterfinanziert. Wozu das führen könne, sehe man in Frankreich, wo eine zu hohe Steuerbelastung zu einer schlechteren Wettbewerbsfähigkeit und sinkenden Verdiensten sowie zu einer höheren Staatsverschuldung und steigender Arbeitslosigkeit führe. Ein wesentliches Haushaltsrisiko liege für Klöckner in der Unberechenbarkeit der Zinsen. Allein in diesem Jahr würden rund 1,2 Milliarden Euro Schulden abbezahlt. Auch die hohen Personalkosten kritisierte Klöckner, diese würden über 40 Prozent der Gesamtausgaben des Landes ausmachen.

Klöckner bezeichnete es als unredlich solche "Minisparmaßnahmen" als große Strukturveränderungen verkaufen zu wollen. So sollen die geringen Haushaltsmittel für das Deutsche Polen Institut in Darmstadt gestrichen werden. "Sollte es tatsächlich zur Kürzung kommen, hätte dies einen nachhaltigen Schaden für das Verhältnis von Deutschland und Polen", gab Klöckner zu bedenken. Die Streichung damit zu begründen, dass das Institut in einem anderen Bundesland gelegen ist, riskiere die Mitfinanzierung anderer Länder von in Rheinland-Pfalz gelegenen Institutionen wie der Akademie der Wissenschaften in Mainz oder der Verwaltungshochschule in Speyer. Die CDUFraktion sehe andere Stellen, wo Gelder falsch ausgegeben worden seien: Die Errichtung eines Nationalparks, der Verzicht auf Studiengebühren für Langzeitstudenten, die Einrichtung eines zusätzlichen Ministeriums und Landesbeteiligungen am Flughafen Hahn seien nur einige Beispiele. Dieses Geld sei sinnvoller im Bereich der Bildung, der Forschung und der Infrastruktur investiert gewesen.

Im Rahmen der Haushaltsberatungen werde die CDU-Fraktion weitere Vorschläge für Schwerpunktsetzungen und Einsparungen einbringen. Die CDU-Fraktion spreche sich eindeutig für die Einführung sozial gestaffelter Elternbeiträge bei der Schülerbeförderung, die Streichung des geplanten Nationalparks, die Wiedereinführung von Studiengebühren für Langzeitstudenten, eine konzentrierte Personalbewirtschaftung und die Verlängerung der Intervalle des Rheinland-Pfalz-Tages aus. Klöckner mahnte, dass es endlich zu einer "Kultur des Sparens" und einer haushaltspolitischen Wende kommen müsse, dies sei auch eine Frage der Gerechtigkeit gegenüber den kommenden Generationen. Klöckner war zuversichtlich, "dass wir als Demokraten alle das Ansinnen haben, etwas Gutes für dieses Land zu tun". Es solle aber vermieden werden, dass begründete Kritik und Kontrolle, "als Hetze, als Unsinn, als Verweigerung, als Abschätzigkeit" abgetan werden, mahnte Klöckner.

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 39/2013, Seite 3
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. November 2013