Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → LANDESPARLAMENTE

RHEINLAND-PFALZ/2800: Weiterentwicklung des Justizwesens (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 14/2013 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 6. Mai 2013

Weiterentwicklung des Justizwesens



Der Gesetzentwurf der Landesregierung zum Landesgesetz zur Weiterentwicklung von Justizvollzug, Sicherungsverwahrung und Datenschutz wurde im Plenum in zweiter Beratung diskutiert. Die Regierungskoalition befürwortete den Entwurf und die Zusammenführung des Jugend-, Untersuchungs- und Erwachsenenvollzugsrechts, von Seiten der Opposition wurde dies als kompliziert und nicht sachdienlich kritisiert. Das Gesetz wurde mit den Stimmen von SPD und Grünen gegen die Stimmen der CDU angenommen. Ein Änderungsantrag der CDU wurde abgelehnt.

Häftlinge, die nicht mehr rückfällig werden, seien das Beste für das System, betonte Dr. Axel Wilke (CDU). Der Landesregierung warf Wilke zunächst vor, sie habe die Opposition nicht wie versprochen stärker eingebunden. Dabei sei von Seiten der CDU das Thema am meisten forciert worden. Es sei zu begrüßen, dass der Langzeitausgang von Straftätern nun schon nach zehn Jahren Haftdauer möglich werde. Die Zusammenfassung der drei Vollzugsgesetze von Untersuchungs-, Jugend- und Erwachsenenstrafrecht im Landesgesetz sei allerdings überflüssig und undurchsichtig. Hier habe die Landesregierung nicht richtig agiert. Wilke betonte diesbezüglich vor allem die seiner Meinung nach zu knapp bemessene Beratungszeit im Vorfeld des Gesetzesentwurfes. Es habe eine Evaluation im "Schweinsgalopp" stattgefunden. Man habe dabei verpasst, klare Ansagen an die Insassen der Gefängnisse zu liefern. Zu Bedenken sei, dass es sich bei Verbrechern keineswegs um einen Querschnitt der Gesellschaft handele. Deshalb müsse auch die Arbeitspflicht erhalten bleiben, die Verpflichtung zur Sozialtherapie hingegen gehe zu weit, da ohnehin nicht ausreichend Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stünden. Die CDU könne außerdem die neue Regelung zur Aufnahme von Kindern in die Justizvollzugsanstalten nicht mittragen, da dies nur im Frauenvollzug leistbar sei, nicht aber im Männervollzug. Gefängnisse seien kein Ort für Kinder. Wilke zeigte sich insgesamt enttäuscht über die fehlende Annahme der Regierungskoalition von Änderungsvorschlägen der CDU.

Heiko Sippel (SPD) warf Wilke vor, für eine Rückentwicklung des Strafvollzugs einzustehen. Es sei deshalb keine Konsensfähigkeit erkennbar. Zwar habe es sich um eine "ambitionierte Zeitvorlage" gehandelt, es sei aber ein angemessenes Ergebnis erreicht worden. Die neue Handhabung erfordere eine Umstellung des Strafvollzugs, die Vorteile würden sich aber schnell ergeben, erklärte Sippel. Wegsperren alleine genüge nicht. Es gelte, Gefangene dazu zu befähigen, nach Strafende ein straffreies Leben zu führen. Das Gesetz schaffe hierfür bessere Voraussetzungen. Die nun möglichen Diagnoseverfahren ermöglichten einen besseren Resozialisierungserfolg. Dieser sei die Voraussetzung für bessere Strafverminderungsmöglichkeiten. Sippel sprach sich für den Wegfall der Arbeitspflicht in Gefängnissen aus. Sie verlaufe ohnehin ins Leere, da bei Gefangenen der Wille bestehe zu arbeiten. Dies gelte ebenso für Untersuchungsgefangene. Weiter stelle die Arbeitspflicht eine zusätzliche Strafe dar, was aber nicht gerechtfertigt sei, da allein der Freiheitsentzug als Strafe wirken dürfe. Die Erweiterung der Besuchszeiten durch Kinder von Gefangenen um zwei Stunden pro Monat sei außerdem zu begrüßen, da sie ebenfalls der Resozialisierung zuträglich sein könne.

Ziel des Strafvollzugs sei und müsse bleiben, ein Leben frei von weiteren Straftaten zu schaffen, sagte Gunther Heinisch (Bündnis 90/Die Grünen). Das Gesetz biete diesbezüglich sinnvolle Weiterentwicklungen. Die Wahlfreiheit von verschiedenen Maßnahmen biete nun die Möglichkeit, Pläne gemeinsam mit Gefangenen zu erstellen und deren Selbständigkeit somit zu fördern. Freiwilligkeit ziele auf Freiheit. Eine besondere Situation stelle darüber hinaus der Fall da, wenn Eltern zu Gefangenen würden, so Heinisch. Niemand wolle Kinder in Gefängnissen unterbringen. Die besonderen Voraussetzungen erforderten aber die Möglichkeit, Kinder mit Vätern unterzubringen, sofern diese die einzigen Bezugspersonen seien. Dies sei auch den Kindern zuträglich. Heinisch zeigte sich erfreut über die Regelung des Gesetzes zur Ausweitung der Freizeitmöglichkeiten an Wochenenden. Generell sei es sinnvoll, die Vollzugsgesetze zusammenzuführen. Dies sei des Weiteren auch gut durchführbar. Der CDU warf Heinisch vor, inkonsequent zu argumentieren, indem sie nun am Jugendstrafrecht festhalte, das sie zuvor noch abgelehnt habe.

Ähnlich äußerte sich auch Justizminister Jochen Hartloff (SPD). Das Gesetz stelle ein ambitioniertes Verfahren dar, sei aber zu begrüßen. Ziel des Vollzugs bleibe, Gefangene zu befähigen ein Leben ohne Straftaten zu führen. Die große Gefahr im Vollzug sei nämlich, die Verunselbstständigung der Gefangenen zu fördern. Nicht deren Unwilligkeit sei das Problem. Die Förderung von Selbstständigkeit sei nun in diesem Gesetz verwirklicht worden. Hartloff zeigte kein Verständnis für die Forderung der CDU, Frauen und Männer im Vollzug ungleich zu behandeln. Es werde nur nach dem Kindeswohl entschieden, ob eine Unterbringung mit dem Elternteil im Gefängnis zuzulassen sei. Auf die Arbeitspflicht hinweisend betonte Hartloff weiterhin, der Wille zu arbeiten bei Gefangenen bestehe. Dies sei auch die Aufgabe des Vollzugs, neben der Therapie. Arbeit und Förderung von Selbständigkeit seien dabei nur ein Element von vielen. Insgesamt gelte es Ressourcen möglichst zielgerecht einzusetzen. Der Opferschutz werde mit dem neuen Gesetz deutlich in den Mittelpunkt gerückt. Außerdem finde sich nun erstmals der Datenschutz im Gesetz wieder. Hartloff zeigte sich überzeugt, das Gesetz werde der Maßstab für die nächsten Jahre sein.

Katharina Raue (Bündnis 90/Die Grünen) stellte klar, die Arbeitspflicht erleichtere sicherlich die Arbeit der Justizvollzugsanstalten. Eine Befähigung zur Resozialisierung schaffe sie hingegen nicht. Dies sei aber der zentrale Punkt und müsse auch vornehmlich beachtet werden. Deshalb seien die neuen Regelungen sehr zu begrüßen, da sie wichtige Weichen für die Resozialisierung von Gefangenen schüfen. Der von der CDU vorgeschlagene "Schmalspurvollzug" berge keine Möglichkeit zur erfolgreichen Therapierung von Straftätern und sei deshalb abzulehnen.

*

Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 14/2013, Seite 3+4
Der Landtag - Nachrichten und Bericht
Redaktion: Walter Schumacher (verantwortlich)
Redaktionsanschrift:
Peter-Altmeier-Allee 1, 55116 Mainz
Telefon: 06131/16 46 88, Fax: 06131/16 46 91,
E-Mail: staatszeitung@stk.rlp.de
Internet: www.stz.stk.rlp.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Mai 2013