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RHEINLAND-PFALZ/2789: Wasserversorgung nicht privatisieren (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 12/2013 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 22. April 2013

Wasserversorgung nicht privatisieren



Ein Koalitionsantrag bemüht sich die besonders auf EU-Ebene vorangetriebenen Pläne zur Privatisierung der Wasserversorgung zu stoppen. Die CDU stellte dem einen Alternativantrag entgegen.

Das Thema habe in den vergangenen Wochen und Monaten für große Diskussionen gesorgt, sagte Nils Wiechmann (Bündnis 90/Die Grünen). Eine gute Wasserversorgung sei ein zentrales Thema einer nachhaltigen Politik. Der Antrag der Koalition setze sich deutlich gegen den Trend zu einer Privatisierung der Wasserversorgung ein. Der Richtlinienentwurf der EU befördere die schrittweise Privatisierung und beinhalte daher die Gefahr, dass den Menschen der Zugang zu einer bezahlbaren Wasserversorgung verweigert und verwehrt werde. Die Kommunen könnten auch unter dem neuen Vergaberecht noch selbst entscheiden, wie sie die Wasserversorgung sichern wollen, "aber die Bedingungen für die Vergabe der Konzessionen an kommunale Betriebe werden erheblich verschärft". Dies sei unvereinbar mit der Subsidiarität, "deshalb lehnen wir diesen EU-Vorschlag ab", erläuterte Wiechmann. Auf Bundesebene erfolge keine klare Ablehnung. Die CDU habe den Schritt abgelehnt. Der Bundeswirtschaftsminister dagegen votierte für die Freigabe.

Die Wasserversorgung müsse Aufgabe der öffentlichen Einrichtungen bleiben, stellte Ralf Seekatz (CDU) klar. Das jüngste Einlenken der Kommission sei nicht zuletzt Ergebnis der beharrlichen Bemühungen der Abgeordneten seiner Partei in Brüssel. "Wir sind auch der Auffassung, dass die bewährten Versorgungsstrukturen in Deutschland nicht zerschlagen werden sollten." Im EU-Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz sei ein CDU-Antrag zur Zurückstellung der Richtlinie nur von den Grünen unterstützt worden, bei der SPD gab es eine Für- und eine Gegenstimme. "Was nutzt es denn, wenn wir uns hier von der Grundtendenz einig sind, Ihre Abgeordneten dann aber unterschiedlich votieren?", fragte Seekatz. Besonders die Position der deutschen Kommunen sei durch das Vorgehen der CDU-Parlamentarier in Brüssel verbessert worden. Die kollektive Daseinsfürsorge bleibe demnach auch künftig in öffentlicher Hand. Der CDU-Antrag spiegle die Tatsachen nach dem aktuellen Verhandlungsstand wider.

Die Gefahr, dass die Wasserversorgung in die falsche Hand gerät, müsse abgewehrt werden, sagte Carsten Pörksen (SPD). Das erwarte die Bevölkerung nicht nur in Deutschland. Seit langer Zeit sei die Wasserversorgung in der Regel bei den Kommunen in öffentlicher Hand, "es herrscht eine große Zufriedenheit in der Bevölkerung darüber". In Rheinland-Pfalz sei 2003 die Wasserversorgung als kommunale Pflichtaufgabe in das Landeswassergesetz aufgenommen worden, damals mit Zustimmung der FDP. Ob diese heute noch möglich wäre, frage er sich, "ich glaube, eher nicht", sagte Pörksen. Ein warnendes Beispiel sei Berlin, wo die Wasserversorgung auf private Hand übertragen worden sei und schlechte Erfahrungen gemacht wurden. "Sie wollen nun Teile des Netzes zurückkaufen und werden viel Freude dabei haben", betonte der Abgeordnete. Er wolle nicht behaupten, dass EU-Kommissar Barnier mit der vorgelegten Richtlinie die Privatisierung oder Liberalisierung vorantreiben wolle, "er stellt dies ja in Abrede". Es sei wichtig, dass der Landtag sich damit beschäftige und klar Position beziehe.

Das Zusatzprotokoll zum Vertrag von Lissabon, in dem die EU den nationalen und lokalen Behörden eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zur Erledigung von Aufgaben zur Daseinsvorsorge zugesichert habe, werde durch die neuen Vergaberichtlinien in Frage gestellt, sagte Verbraucherministerin Ulrike Höfken (Bündnis 90/Die Grünen). Somit drohe eine Privatisierung der Wasserversorgung auf indirektem Wege, denn die Dienstleistungskonzession für die Trinkwasserversorgung solle künftig dem Vergaberecht unterworfen werden. "Grundsätzlich können die Kommunen dann zwar weiterhin entscheiden, ob sie die Wasserversorgung selbst erbringen wollen. Aber Kommunen, deren Versorgung bereits teilweise oder ganz privat organisiert ist, müssen diese künftig europaweit ausschreiben", erläuterte Höfken. Die interkommunale Zusammenarbeit werde zudem künftig erheblich erschwert.

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 12/2013, Seite 3
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Mai 2013