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RHEINLAND-PFALZ/2718: Haltung der Landesregierung zur Frauenquote (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 40/2012 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 29. Oktober 2012

Haltung der Landesregierung zur Frauenquote



Auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen diskutierte der Landrat im Rahmen der Aktuellen Stunde den Bundesratsbeschluss zur Einführung einer Frauenquote in Aufsichtsräten.

Frauenministerin Irene Alt gelte für den Antrag und ihr Engagement auf Bundesebene ein ausdrücklicher Dank, sagte Anne Spiegel (Bündnis 90/Die Grünen). Der Antrag habe im Bundesrat auch die Stimmen der Bundesländer Sachsen-Anhalt und Saarland bekommen. "Dieser Bundesratsbeschluss wurde auch von der Frauenunion ausdrücklich begrüßt. Insofern bleibt zu hoffen, dass das einen positiven Effekt auf die CDU-Bundestagsfraktion haben wird", sagte Spiegel. Sie sehe dringenden Handlungsbedarf bei dem Thema. Wenn man auf die Führungsetagen und auch in die Aufsichtsräte schaue, "dann gibt es noch viel Luft nach oben", was den Frauenanteil angehe. Das deutsche Arbeitsmodell berge noch patriarchalische Strukturen, "die gilt es durch eine Frauenquote aufzubrechen". Das habe auch damit zu tun, dass der Arbeitsmarkt dringend gut ausgebildete Fach- und Führungskräfte brauche. "Frauen haben exzellente Ausbildungsabschlüsse, und diese Frauen werden dann meistens, wenn es in die Familiengründungsphase geht, abgehängt", erläuterte Spiegel.

Es sei "etwas merkwürdig", dass es ein Ziel der Aktuellen Stunde sei, dass sich die CDU öffentlich noch einmal zur Frauenquote äußern müsse. "Wir haben immerhin eine Bundeskanzlerin und Bundesvorsitzende. Das hatte noch keine andere Partei in Deutschland, wenn ich das richtig reflektiere", sagte Marlies Kohnle-Gros (CDU). Auch habe die rheinland-pfälzische CDU eine Landes- und Fraktionsvorsitzende. "Das ist irgendwie ganz selbstverständlich. Wir fühlen uns auch in der CDU-Landtagsfraktion jedenfalls mindestens zu 50 Prozent aufgestellt." Tatsächlich gebe es immer noch Bereiche, in denen die Anzahl der Frauen nicht den Anteil widerspiegele, der ihrer Ausbildung und ihrem gesellschaftlichen Anteil entspreche. "Deswegen muss da auch etwas getan werden", stimmte Kohne-Gros zu. Die CDU-Landtagsfraktion glaube, "dass das, was Bundesministerin Schröder hier vorlegt, durchaus der wirklichen Situation entspricht und dass das ein gangbarer Weg ist". Sie halte es für wichtig, "dass wir möglichst viele Unternehmen auf diesem Weg mitnehmen können".

Bereits 2001 habe es die erste freiwillige Selbstverpflichtung zur Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen, insbesondere in Vorständen und Aufsichtsräten von Großunternehmen, gegeben, sagte Dr. Tanja Machalet (SPD). "Ich habe das schon damals ziemlich kritisch gesehen, weil klar ist, dass freiwillige Selbstverpflichtungen nicht zwingend auch zu Verbesserungen führen", betonte sie. Gerade im Bereich der Aufsichtsräte gebe es dafür nachvollziehbare Gründe. Denn dort gehe es um Macht und Prestige "und vor allem um verdammt viel Geld". Die Männer in Aufsichtsräten wollten davon ungern etwas abgeben. So sei seit 2001 "relativ wenig passiert". In der Diskussion der jüngsten Monate gebe es "ziemlich viel Hickhack". So sei Ministerin Schröder gegen, Ministerin von der Leyen für eine feste Quote. Die Flexi-Quote halte sie für einen "Flexi-Flop". Es sei gut, dass der Bundesrat eine klare Haltung geäußert und sich für eine verbindliche Quote ausgesprochen habe. Sie finde es "etwas peinlich", dass die "Abweichler-MPs" der CDU, Kramp-Karrenbauer und Haseloff, zum Rapport bei der Kanzlerin zitiert worden seien. "Das spricht im Prinzip den beiden die Souveränität für politische Entscheidungen ab." Sie könne nur hoffen, dass die weiblichen CDU-Mitglieder in der Fraktion den Mut haben, sich im Bundestag für die gesetzliche Quote auszusprechen, sagte Machalet.

Als Frauenministerin freue sie sich sehr, dass der Bundesrat eine gesetzliche Frauenquote für die Aufsichtsräte in börsennotierten Unternehmen beschlossen hat, sagte Frauenministerin Irene Alt (Bündnis 90/Die Grünen). Die Abstufung sei eine 20-prozentige Quote bis 2018 und eine 40-prozentige Quote bis 2023. "Ich glaube, dass das ein sehr moderater Weg ist, der gemeinsam gegangen werden könnte", betonte Alt. Bekannt sei, dass die Frauen sehr gute Schulabschlüsse haben, sehr gut ausgebildet seien und häufig die besseren Studienabschlüsse hätten. "Trotzdem müssen wir nach wie vor konstatieren, dass sie in den Führungspositionen nicht in dem Maß vorkommen, wie sie gut qualifiziert sind." Der Bundesratsbeschluss sei aus ihrer Sicht "ein erster richtiger Schritt in die richtige Richtung". Sie erinnerte an eine gemeinsame Informationsfahrt zu den Themen Gleichstellung, Gender-Mainstreaming und Gender-Budgeting nach Graz. "Wir waren uns in diesen Punkten fraktionsübergreifend sehr nahe, sodass ich guten Mutes bin, dass wir das auch im Bundestag hinbekommen", betonte die Ministerin.

Es sei sehr auffällig, dass so wenige Frauen in Führungspositionen sind, sagte CDU-Fraktionschefin Julia Klöckner. "Ich glaube nicht, dass es nur daran liegt, dass die Qualifikation oder der Wille fehlen." Wenn jemand nicht möchte, sei das in Ordnung. "Zwingen müssen wir niemanden." Das heiße im Umkehrschluss auch, dass man qualifiziert sein müsse. "Das muss dann für alle gelten." Es stelle sich nicht die Frage, ob eine Quote kommen muss. "Eine Quote wird und muss es geben", betonte Klöckner. "Es ist nur die Frage, wie und in welcher Form und in welcher Höhe es sie gibt."

Die Bundesratsinitiative sehe keine besonders frauenfreundliche Maßnahme vor, "sondern eine gesellschaftlich-ökonomische Notwendigkeit", sagte Petra Elsner (SPD). Da, wo Parität in der Führungsetage bestehe, laufe der Betrieb besser. "Es geht also nicht nur darum, besonders für Frauen etwas zu tun." Die Flexiquote für eine branchenspezifische Frauenförderung erinnere sie ganz stark an das Thema "Mindestlohn". Auch dieser solle branchenspezifisch durchgeführt werden. "Das Kind bekommt nur einen ganz anderen Namen."

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 40/2012, Seite 3
Der Landtag - Nachrichten und Bericht
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. November 2012