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RHEINLAND-PFALZ/2689: Streit um Reform der Pflegeversicherung (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 31/2012 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 27. August 2012

Streit um Reform der Pflegeversicherung



Auf Antrag der SPD-Fraktion wurde im Rahmen einer Aussprache erneut über die "Mini-Bahr-Pflegereform" auf Bundesebene diskutiert. Die Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen kritisierten den vorliegenden Gesetzesentwurf und forderten stattdessen den Ausbau der bereits bestehenden Pflegeversicherung. Kritisiert wurde zum einen, dass das Volumen mit 100 Millionen Euro viel zu gering angesetzt worden sei, sodass nur 2,5 Prozent der gesetzlich Versicherten dadurch abgesichert würden. Zum anderen wurde kritisiert, dass die Pflegezusatzversicherung nur denjenigen nütze, die auf keine Hilfe vom Staat angewiesen seien. Die CDU-Fraktion begrüßte die Pflegereform und die Möglichkeit der privaten Vorsorge.

Den vorliegenden Gesetzesentwurf zur Pflegereform sah Kathrin Anklam-Trapp (SPD) äußerst kritisch. Die Mini-Bahr-Reform sei eine neue, egoistische Form der Pflegeversicherung. Wenn Menschen heutzutage Pflege bedürfen heißt dies für die Betroffenen häufig "Arm durch Pflege", kritisierte Anklam-Trapp. Der Pflegesatz reiche bei weitem nicht aus, um den eigenen Lebensunterhalt zu finanzieren. Die 100 Millionen Euro Steuergeld, die zur Verfügung stünden, würden durch die Mini-Bahr-Pflegereform lediglich 2,5 Prozent der gesetzlich Versicherten erreichen. Eine wirkliche Pflegereform lasse nach wie vor auf sich warten. "Wir, die SPD-Fraktion, haben das Ziel alle Bürger einkommenssolidarisch zu versorgen. Der Vorschlag der Mini-Bahr-Pflege ist bar aller Vernunft", beurteilte Anklam-Trapp den Gesetzesentwurf. Dieser hebe das Solidarprinzip in der Pflege aus. Die Anhebung des Pflegeetats um 0,1 Prozent sei ein Nullrundenspiel, so Anklam-Trapp.

Adolf Kessel (CDU) hingegen begrüßte den Gesetzesentwurf. Dadurch sei es nun endlich möglich die notwendige zusätzliche Pflegeversicherung abzuschließen. So könnten die Bürger für ihre eigene Versorgung vorsorgen. Zudem werde durch die einkommensabhängige Zahlung eine gleichmäßige und gerechte Förderung mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf ermöglicht.

Dr. Fred Konrad (Bündnis 90/Die Grünen) hinterfragte hingegen grundsätzlich den Sinn und Zweck einer Pflegezusatzversicherung. Eine Pflegezusatzversicherung sei, wie eine Studie des Instituts für Sozialforschung der Uni Bremen zeige, grundlos und nicht zielführend. "Auch diese Reform ist wieder einmal eine Umverteilung von oben nach unten. Die Pflegezusatzversicherung ist ein Geschenk der Bundesregierung an die Versicherungen", kritisierte Dr. Konrad.

Auch Gesundheitsministerin Malu Dreyer (SPD) schrieb die Pflegereform als unsinnig ab. Denn sie helfe den Menschen, die pflegebedürftig sind, nicht. Bei der Pflegeversicherung gehe es eben nicht um die Sicherung eines bestimmten Lebensstandards, sondern um die Sicherstellung der Versorgung von Kranken und Pflegebedürftigen, so Dreyer. Die "Mini-Pflege-Bahr" erreiche nur diejenigen, die bereits wohlhabend seien und keinerlei Unterstützung vom Staat benötigen. Dreyer bezeichnete sie daher als reine Klientelpolitik. Auch sei das zur Verfügung stehende Volumen viel zu gering angesetzt. "Ich halte das für eine absolute Luftnummer", stellte Ministerin Dreyer dar. "Das Instrument ist absolut unbrauchbar in unserer Gesellschaft. Mit 100 Millionen kann man überhaupt nichts erreichen". Anstatt die Pflegeversicherung zu stärken, werde Geld verschwendet um eine Versicherung zu schaffen, die kein Mensch brauche, so Dreyer. Die großen Risiken der Gesellschaft, dazu gehöre auch die Pflege, müssten solidarisch abgesichert werden. Der von der Bundesregierung eingeschlagene Weg der privaten Absicherung sei der falsche Weg.

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 31/2012, Seite 3
Der Landtag - Nachrichten und Bericht
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. September 2012