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RHEINLAND-PFALZ/2641: Einzelplan 09 - Aufgrund einzuhaltender Schuldenbremse Abwägungen getroffen (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 9/2012 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 19. März 2012

Einzelplan 09: Abwägungen getroffen



Mit dem Einzelplan 09 (Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur) beriet der Landtag über das Landesgesetz zu einem Vertrag mit dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden. Dieser wurde einstimmig an den entsprechenden Ausschuss verwiesen. Das Landesgesetz trägt der steigenden Mitgliederzahl der jüdischen Gemeinden in Rheinland-Pfalz durch eine Anpassung der Fördermittel Rechnung. Der Gesetzesentwurf wurde von allen Fraktionen begrüßt. Kritik kam von der CDUFraktion für die Kürzungen im kulturellen Bereich. Im Bereich der Bildungspolitik wurde insbesondere der steigende Unterrichtsausfall und das Stellenmanagement beanstandet.

Soziale Gerechtigkeit bedeute, dass es eben nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängt, ob Kinder einen guten Schulabschluss schaffen oder nicht, so Bettina Dickes (CDU). Doch statt die Rahmenbedingungen zur Förderung der schlechteren Schüler zu schaffen, steige der Unterrichtsausfall dramatisch an. Und statt den Vertretungslehrern eine Anstellung zu geben, würden sie mit Zeitverträgen abgespeist. Dickes forderte, dass die Vertretungsstellen in Planstellen umgewandelt werden, um eine hundertprozentige Unterrichtsversorgung zu garantieren. "Soziale Gerechtigkeit definiert sich nicht durch kostenlose Zugeständnisse, sondern durch zielgerichtete Maßnahmen", so Dickes.

Der Haushalt zeige doch einmal mehr, dass Bildung oberste Priorität in diesem Land habe, so Bettina Brück (SPD). Denn trotz deutlicher Sparmaßnahmen steige der Etat für die Bildung. Rheinland-Pfalz unterscheide sich von anderen Bundesländern gerade dadurch, dass Bildung, von der Kindertagesstätte bis hin zur Universität, kostenfrei sei. Die Vertretungsmittel blieben auf einem hohen Niveau und auch die Vertretungsstellen seien erhöht worden. Nur so sei eine lückenlose Vertretung möglich. Mit festen Planstellen gebe es nicht die Möglichkeit einen lückenlosen Unterricht zu garantieren und auf krankheitsbedingte Ausfälle flexibel zu reagieren. Mit der Forderung der Rücknahme der eben beschlossenen kostenlosen Schülerbeförderung wolle die CDU soziale Ungerechtigkeit weiter ausbauen, warf Brück der CDU-Fraktion vor.

Die Bildungspolitik sei nicht ohne Grund der höchste Ausgabenposten im Haushalt, hob Ruth Ratter (Bündnis 90/Die Grünen) die Bedeutung der Bildung für die Landesregierung hervor. Einen wichtigen Punkt habe die CDU-Fraktion bereits angesprochen: die Förderung behinderter Schüler. Statt dem Konzept der Integration behinderter Menschen, das die CDU vertrete, vertrete die Regierungskoalition das Konzept der Inklusion. Dieses schaffe wahren Ausgleich, statt bloßes Mitgefühl für die Betroffenen zu bieten, so Ratter. Es sei notwendig die Inklusion der "Diversity" der Gesellschaft als Reichtum anzuerkennen. Die Streichungsvorschläge der CDU zielten jedoch allein auf Exklusion ab. Dies zeige sich etwa durch die Streichung des muttersprachlichen Unterrichts.

Dorothea Schäfer (CDU) setzte sich in ihrer Rede mit dem Hochschulsystem auseinander. Sie warf die Frage auf, woher denn das Geld zur nachhaltigen Finanzierung der Hochschulen in Zukunft kommen solle. Bisher trage der Hochschulpakt viel zur Finanzierung der Hochschulen bei. Wer eine erhöhte Anzahl an Studierenden möchte, müsse auch bessere Rahmenbedingungen dafür schaffen, forderte Schäfer. Der Hochschulpakt allein reiche da nicht aus. Die räumliche Ausgestaltung müsse diesem gestiegenen Bedarf angepasst werden, forderte Schäfer. Auch müsse der sozial bezahlbare Wohnbau weiter ausgebaut werden. Fraglich sei, wie die Bereitstellung von Tutorien und die Anschaffung besonderer Lehrmittel nach der vorgenommenen Kürzung sichergestellt werden könnten.

Der jetzige Haushalt sichere den Hochschulstandort Rheinland-Pfalz auch in der Zukunft, lobte Dr. Tanja Machalet (SPD) die Pläne der Landesregierung. Die Kritik der CDU an der Abschaffung der Studienkonten oder der kostenlosen Schülerbeförderung sei aus sozialer Perspektive nicht nachvollziehbar. Kritisiert worden sei etwa, dass den Hochschulen durch den Wegfall der Studienkonten Einnahmen fehlen und kein Ausgleich geschaffen worden sei. Doch einen Lösungsvorschlag, woher dieses fehlende Geld genommen werden solle, habe die CDU-Fraktion nicht geliefert. Zudem begrüße Machalet den Vertrag mit dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden und freue sich diesen im Ausschuss weiter zu besprechen.

Das erhöhte Bildungsetat des Einzelplanes sei ein gutes Signal, so Gunther Heinisch (Bündnis 90/Die Grünen). Dies zeige, dass auch in Zeiten der Schuldenbremse Geld für Bildung ausgegeben werde. Man müsse auch würdigen, dass die Hochschulen steigenden Ansprüchen gegenüber stünden, wie etwa stärkeren Abiturjahrgängen und stetig steigenden Studierendenzahlen. Die Förderung der Weiterbildungsangebote werde ebenfalls verstärkt gefördert. "Mit dem vorliegenden Vertrag wird zudem dem erfreulichen Wachstum des jüdischen Lebens in diesem Land Aufwind gegeben", freute sich Heinisch.

Brigitte Hayn (CDU) betonte, dass moderate Einsparungen an verschiedenen Stellen, wie etwa beim Staatstheater, durchaus verkraftbar seien. Auch der Kulturbereich müsse einen Beitrag zur Einhaltung der Schuldenbremse leisten. Doch radikale, existentielle Einsparungen in Bereichen, die nur einen marginalen Anteil am Haushalt haben, seien nicht nachvollziehbar. Dies betreffe etwa die Schließung von Gemeindebüchereien. Deren Schließung würde schwerwiegende Folgen haben, aber keinen wirklichen Beitrag zur Konsolidierung des Haushalts leisten. Hayn freute sich, dass es mittlerweile mehr jüdische Mitbürger in Rheinland-Pfalz gebe, sodass die Zuschüsse entsprechend verdoppelt worden seien. Die CDUFraktion werde diesen Prozess positiv begleiten, so Hayn.

Der Kulturbereich könne nicht von den Einsparmaßnahmen ausgelassen werden, betonte Manfred Geis (SPD). Denn vernünftige Politik müsse abwägen. Geis appellierte an die Landesregierung, kulturelle Einrichtungen wie Bibliotheken zu erhalten. Daher müsse etwa über ein Bibliotheksgesetz diskutiert werden.

Aufgrund der einzuhaltenden Schuldenbremse, erklärte Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD), habe man Abwägungen treffen und sich für klare Schwerpunktsetzungen entscheiden müssen. Der bildungspolitische Schwerpunkt zeige sich unter anderem in kleineren Klassen, dem Ausbau der Hochschulen und der Förderung kultureller Bildung. Die Vorwürfe seitens der CDU seien nicht glaubwürdig, kritisierte Ahnen. Der Landesregierung werde einerseits vorgeworfen zu viel Geld auszugeben. Andererseits werde sie für ihre vorgenommenen Kürzungen kritisiert. Sie wolle klarstellen, dass durch Planstellen kurzfristige Unterrichtsausfälle nie vollständig vermieden werden könnten. Dazu brauche man immer auch das Instrument des Vertretungspools. Des Weiteren werde sich nicht nur die Schüler-Lehrer-Relation kontinuierlich verbessern, sondern auch die Ausgaben pro Schüler würden kontinuierlich steigen. "Wir werden die Reformen gemeinsam mit den Betroffenen, mit den Schülerinnen und Schülern und den Lehrern, gestalten", versicherte Ahnen. Die Hochschulen stünden vor der Herausforderung mehr Studienanfänger aufzunehmen, während sie gleichzeitig finanzielle Einschränkungen zu verzeichnen hätten. Die Landesregierung wisse um die Sanierungsfähigkeit der Gebäude und den Raummangel an den Hochschulen. Auch hier habe man Abwägungen treffen müssen. Im Bereich der Weiterbildung gebe es insbesondere im Bereich des Analphabetismus neue Förderinstrumente. So sei es möglich durch relativ wenig Geld soziale Gerechtigkeit zu schaffen und den Betroffenen neue Aufstiegschancen im Arbeitsleben zu bieten. Trotz einiger Einsparungen im kulturellen Bereich, gebe es auch dort Förderungsschwerpunkte im Bereich der kulturellen Bildung und bei der Ermöglichung des Zugangs zu Kultur, führte Ahnen aus.

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 9/2012, Seite 3
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. April 2012