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NORDRHEIN-WESTFALEN/2377: Kriminalitätsentwicklung - Streit um die Statistik (Li)


Landtag intern 2/2019
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

PLENUM
Streit um die Statistik
Aktuelle Stunde zur Kriminalitätsentwicklung 2018

von Sonja Wand, Thomas Becker und Michael Zabka


21. Februar 2019 - Die Kriminalität an Rhein, Ruhr und Lippe ist laut der aktuellen Statistik weiter zurückgegangen und liegt auf dem niedrigsten Stand seit rund 30 Jahren. Bei einigen Delikten sind aber Steigerungen zu verzeichnen. In einer Aktuellen Stunde debattierten die Abgeordneten kontrovers über Licht und Schatten.


Der Aktuellen Stunde lag ein Antrag der Koalitionsfraktionen von CDU und FDP mit dem Titel "Kriminalität in Nordrhein-Westfalen: Trotz Rekordtiefs bei den Straftaten bleibt noch viel zu tun" (17/5163) zugrunde.

"Wir sind angetreten, um Nordrhein-Westfalen sicherer zu machen", erklärte Gregor Golland (CDU). Die aktuelle Statistik bewertete er als "Spiegelbild der sicherheitspolitischen Wende in diesem Land". Er dankte den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Sicherheitsbehörden für ihre Arbeit. Die Landesregierung stelle so viele Polizeibeamte ein wie noch nie und investiere in Ausrüstung und Informationstechnik. "Wir verschleiern nichts, wir beschönigen nichts, wir sagen, was ist und was noch getan werden muss", erklärte der Abgeordnete und verwies u. a. auf das Problem der Clans, auf Cyberkriminalität und Sexualdelikte.

Kaum etwas schränke die individuelle Freiheit so sehr ein wie Angst, sagte Christian Mangen (FDP). Im Jahr 2018 habe es 13.000 Wohnungseinbrüche weniger gegeben als im Vorjahr und "damit wohl auch 13.000 Haushalte weniger, die Angst hatten". Insgesamt sei die Zahl der Straftaten laut Statistik um 91.000 gesunken, die Aufklärungsrate hingegen gestiegen, betonte Mangen. Das bedeute, dass es sich nicht lohne, in NRW Straftaten zu begehen, wohl aber, sich als Zeuge oder Opfer bei der Polizei zu melden. Die gestiegene Zahl der Sexualdelikte im Jahr 2018 könne auf eine erhöhte Anzeigebereitschaft der Opfer hindeuten.

Hartmut Ganzke (SPD) dankte allen Beschäftigten bei der Polizei - sie machten einen "tollen Job". Die von der Landesregierung vorgelegte Statistik sei allerdings "wenig aussagekräftig", da sie nur "pure Zahlen" liefere, ohne Verläufe darzustellen. Sinnvoller sei, wenn das Parlament neue Konzepte diskutierte, um Kriminalität etwa im Bereich von Geldwäsche und Steuerhinterziehung anzugehen. Ganzke bemängelte zudem, dass das Innenministerium dem Innenausschuss des Landtags die aktuelle Polizeistatistik trotz mehrfacher Nachfragen nicht vorgelegt habe. Dieser Umgang mit dem Parlament sei "unterirdisch".

"Hohe Dunkelziffer"

Verena Schäffer (Grüne) bewertete die Polizeistatistik als "erfreulich". Erfolge der Kriminalitätsbekämpfung seien aber auf Maßnahmen der rot-grünen Vorgängerregierung zurückzuführen. Die vorgelegte Statistik wiederum weise "deutliche Schwächen" auf, da sie nur Straftaten aufführe, die zur Anzeige gebracht worden seien. Bei vielen Delikten - etwa Sexualstraftaten -gebe es eine hohe Dunkelziffer. Nötig seien daher u. a. Dunkelfeldstudien, Sicherheitsberichte und zudem eine Verlaufsstatistik, die Auskunft über Strafverfahren und Verurteilungen gebe. "Wenn man Kriminalität bekämpfen will, muss man das im Blick haben."

Die gestiegene Aufklärungsquote sei ein "kleiner Erfolg", sagte AfD-Fraktionschef Markus Wagner. Er warnte aber davor, der Quote zu viel Bedeutung beizumessen. Sie gebe keinen Aufschluss über die tatsächliche Sicherheitslage. "Aufgeklärt" bedeute nicht "gerichtsfest aufgeklärt". Tatsächlich würden viele Verfahren wegen nicht ausreichender Beweise eingestellt. Wagner wies auf einen "signifikant hohen Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger" hin. Er dankte der Polizei für eine "hervorragende Arbeit". Ein Teil des Kriminalitätsrückgangs sei den Bürgerinnen und Bürgern zu verdanken, die u. a. mehr Sicherheitstechnik installierten.

"Die Lage hat sich verbessert", sagte Innenminister Herbert Reul (CDU). Er habe jedoch nie den Anspruch erhoben, dass dies nur ein Verdienst der neuen Regierung sei. Zusätzliche Einstellungen sowie eine bessere Ausstattung der Polizei hätten aber dazu beigetragen. Dennoch gebe es "Riesen-Baustellen". Als Beispiel nannte der Minister die Sexualdelikte. Besonders fassungslos mache ihn der Missbrauch von Kindern. Bei Ermittlungen zur Kinderpornografie seien die Datenmengen ein Problem. Man müsse darüber nachdenken, auch Möglichkeiten der technologischen Auswertung zuzulassen, um den Beamtinnen und Beamten die Arbeit zu erleichtern.

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Quelle:
Landtag intern 2 - 50. Jahrgang, 26.02.2019, S. 4
Herausgeber: Der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. März 2019

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