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PRESSEKONFERENZ/948: Regierungspressekonferenz vom 2. März 2015 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 2. März 2015
Regierungspressekonferenz vom 2. März 2015

Themen: Ausrüstung der Bundeswehr, Projektgruppe "Wirksam regieren" im Bundeskanzleramt, Sicherheitslage in Deutschland, Reise des Bundesaußenministers zur ersten Sitzung des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen unter deutschem Vorsitz in Genf, Inhaftierung des saudi-arabischen Bloggers Raif Badawi in Saudi-Arabien, Bundeshaushalt, Ermordung des russischen Oppositionspolitikers Boris Nemzow, Lage in der Ukraine, finanzielle Lage Griechenlands, Posten des deutschen Botschafters in Paris

Sprecher: StS Seibert, Flosdorff (BMVg), Jäger (AA), Neymanns (BMI), Dünow (BMWi), Schäfer (AA)


Vorsitzender Szent-Ivanyi eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert und die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Frage: Herr Flosdorff, ich habe heute mit Interesse das Stück auf Seite 1 der "Süddeutschen Zeitung" gelesen, habe es aber nicht ganz verstanden. Könnten Sie mir noch einmal erklären, wie viele Panzer die Bundeswehr derzeit hat, wie viele Panzer die Bundeswehr künftig haben soll und was wir an Polen liefern und abgeben und was nicht?

Flosdorff: Es gibt die Zielgröße von 225 Leopard 2. Diese Panzer hat die Bundeswehr auch. Darüber hinaus gibt es auch noch einen modernen Rüstzustand noch einige mehr.

Dann hat es in 2013 Verträge mit Polen gegeben, dass wir im Zuge der Neustrukturierung der Bundeswehr überschüssige Kampfpanzer Leopard 2 an unseren Nato-Partner Polen abgeben. Die Auslieferung dieser Tranchen läuft noch weiter. Selbstverständlich ist da Deutschland auch vertragstreu.

In der vergangenen Woche wurde angekündigt, dass wir jetzt ein Panzerbataillon, das weitgehend auf dem Papier steht - ein Panzerbataillon hat am Ende den Umfang von 44 Kampfpanzern - in der Lüneburger Heide, in Bergen, jetzt mit Leben füllen, es mit Personal und mit Ausrüstung unterstellen und dass wir da eine multinationale Kooperation anstreben. Das betrifft überschüssige Kampfpanzer, die wir im Moment auch haben.

Ich werde mich jetzt nicht auf Zahlenspielereien einlassen. Diese Panzer werden wir dort einsetzen und werden das gegebenenfalls durch Panzer anderer Nationen ergänzen, sodass wir das in dem Umfang betreiben, wie wir auch andere Panzerbataillone betreiben.

Wenn ich noch kurz ergänzen darf: Es gibt viele Panzer - das liegt im dreistelligen Bereich -, die im Rahmen der Bundeswehr, der Industrie, noch in Deutschland sind. Das sind aber unterschiedliche Rüstzustände. Sie sind aufrüstbar oder nicht aufrüstbar. Das ist jetzt kein Projekt für die nächsten Wochen, für die nächsten Monate oder für das nächste Jahr, sondern das wird mittelfristig betrieben.

Zusatzfrage: Es gab ja die schöne Meldung, dass es mehr Geld für die Bundeswehr geben soll, also für den Verteidigungsetat ab 2017. Gibt es denn schon irgendwelche konkreten Zahlen, wie viel das sein soll? Was soll mit diesem Geld gemacht werden?

Flosdorff: Wir sind gerade in den Haushaltsverhandlungen für den Haushalt 2016. Es gibt selbstverständlich noch keine Zahlen für den Haushalt 2016, auch nicht für die Jahre 2017 oder 2018.

Wir haben gesagt, dass das, was wir im Moment an Ausrüstung und Ausrüstungsgegenständen haben, einer Revision unterzogen wird. Dass es viele Strukturen bei der Bundeswehr gibt, die nicht nur gefühlter Mangel, sondern auch tatsächlicher Mangel sind - da ist nicht die ausreichende personelle und materielle Unterfütterung gegeben -, das kann auf Dauer nicht so bleiben. Diese Strukturen müssen wir mittelfristig wieder auffüllen. Das werden wir in vielen Schritten tun.

In dem ersten Schritt werden wir jetzt damit Schluss machen, dass wir gutes überschüssiges Material abgeben, verschrotten oder verkaufen. Wir werden das jetzt erst einmal behalten. Immer dann, wenn sich finanzielle Spielräume ergeben, werden wir das nutzen. Nicht nur bei dem Großgerät, sondern auch bei vielen kleinen Gerätschaften, zum Beispiel Nachtsichtgeräte, Schutzwesten oder andere persönliche Ausrüstungsgegenstände, werden wir das sukzessive auffüllen, sodass dieser Mangel abgestellt wird und wir nicht in eine schleichende Mangelwirtschaft hineinkommen, die die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr mittelfristig beeinträchtigt.

Frage: Herr Flosdorff, Sie haben eben so selbstverständlich von einem Papierbataillon beziehungsweise einem "Bataillon, das nur auf dem Papier existiert", gesprochen. Jetzt würde mich doch einmal interessieren: Was habe ich darunter genau zu verstehen, und wie viele derartige Papierbataillone gibt es denn? Ist das in anderen Bereichen auch gängig, oder ist es schlicht und einfach nur eine Rechengröße bei Ihnen? Vielleicht können Sie das noch einmal kurz erläutern.

Flosdorff: Das gab es bei der Bundeswehr immer schon, auch vor der Bundeswehrreform, dass es Einheiten gibt, für die Ausrüstung oder Personalstrukturen vorgesehen sind, die aber kurzfristig aktiviert werden können, zum Beispiel für Reservisten, die man dann hinzuzieht und innerhalb bestimmter Fristen aufbaut. Ich habe jetzt keinen Überblick dabei, in welchen Bereichen der Bundeswehr - Marine, Heer, Luftwaffe - es solche Strukturen gibt.

Frage: Herr Flosdorff, wenn Sie sagen, das ist kein gefühlter Mangel, sondern ein tatsächlicher Mangel, muss ich das so verstehen, dass die bisher erklärte Einsatzbereitschaft der Bundeswehr dann gelogen war?

Flosdorff: Nein, die Bundeswehr ist einsatzbereit. Im Rahmen ihrer Bündnisverpflichtungen und in den Einsätzen ist sie hervorragend ausgestattet. Das ist auch anerkannt. Hier geht es aber darum - es ist ja nie die gesamte Bundeswehr in Einsatzbereitschaft; sie ist ja nie insgesamt gefragt -, dass auch andere Einheiten Material abgeben, damit zum Beispiel die schnelle "Speerspitze" über 100 Prozent des Materials verfügt, man also innerhalb kurzer Zeit die in der Nato geforderten Reaktionszeiten einhalten kann.

Das geht dann oft zulasten anderer Verbände. In den letzten Jahren ist generell der Schwerpunkt auf die Einsätze gelegt worden. In Afghanistan und in anderen Einsätzen hatte man das beste Material zur Verfügung, aber im Grundbetrieb zuhause ist das vernachlässigt worden. Das heißt, dort konnte nicht in dem Umfang, wie sich die Soldaten das wünschen, geübt werden, also mit dem Einsatz von modernstem Großgerät, das wir in Einsätzen haben.

Zusatzfrage: Das heißt, wenn ein Bereich einsatzfähig gemacht werden musste, dann musste sozusagen ein anderer Bereich die Einsatzfähigkeit einschränken, weil nicht das Material für die gleiche Einsatzfähigkeit verschiedener Bereiche vorhanden war? Also der Mangel muss sich strukturell auswirken.

Flosdorff: Es geht dabei um Planungsgröße. Sie haben Recht.

Wenn ich es einmal erläutern darf: Wenn Sie ein Großgerät haben - ich nehme jetzt einfach einmal Panzer -, dann haben Sie eine bestimmte Zielgröße. Ich nehme jetzt einmal an: Es sind 225 Panzer Leopard 2. Davon müssen Sie einen bestimmten Prozentsatz an Panzern abziehen, die in den Übungsflächen aktiv sind, die also zum Beispiel in Munster oder in der Letzlinger Heide eingesetzt werden. Dann ist eine gewisse Prozentzahl an Gefechtsfahrzeugen regelmäßig in der Wartung. Das ist auch normal so. Das ist so vorgesehen. Das heißt, in den Einheiten selber, in den Panzerbataillonen, sind relativ wenige Panzer. Wenn man jetzt eine erhöhte Einsatzbereitschaft bei einigen Truppenteilen hat, dann müssen selbstverständlich die einsatzfähigen Panzer, die anderswo sind, dorthin innerhalb einer vertretbaren Zeit verlegt werden. Das ist ganz normal so. Das ist so ausgeplant worden, und das funktioniert auch.

Die Frage ist sozusagen nur, wie wir vorgehen, wenn jetzt die Einsatzzeiten - die Zeiten, in denen wir diese Bataillone aktivieren müssen - verkürzt werden, zum Beispiel im Rahmen neuer Nato-Verpflichtungen, die wir eingehen. Früher gab es immer diese 180-Tage-Frist. Es gab die 30-Tage-Frist. Wenn jetzt 5.000 Soldaten im Rahmen der Nato-"Speerspitze" reagieren müssen, dann ist das eine Frist von drei bis sieben Tagen. Das heißt also, das Gerät muss näher bei diesen Soldaten sein. Das heißt, es ist weniger bei anderen Soldaten. Das ist eine Planungsfrage. Das ist eine Frage von Reaktionszeiten und wie man das einhalten kann.

Frage: Herr Flosdorff, gibt es denn eine aktuelle Zahl, wie viele Leopard 2-Panzer im Bestand sind?

Flosdorff: Es gibt Zahlen darüber. Nur das sind unterschiedliche Rüstzustände. Es gibt also die moderne Variante. Das sind die sogenannten A5 bis A7. Das sind ungefähr 240 bis 250, die im Bestand vorhanden sind. Dann gibt es auch noch andere Panzer, die auf dieses Niveau aufrüstbar sind.

Wir reden aber im Moment nicht darüber, sie alle zu aktivieren. Es geht hier um einen ganz begrenzten Rahmen, nämlich dieses zusätzliche Panzerbataillon in Bergen, das wir einrichten wollen, mit Panzern zu bestücken. Das müssen nicht nur deutsche Leopard 2-Panzer sein, die dort zum Einsatz kommen. Das heißt, das kann auch von anderer Seite beigesteuert werden.

Zusatzfrage: Es hieß in der Ankündigung der Ministerin aber doch auch, dass man in diesem dynamischen Verfügbarkeitsmanagement gar nicht auf diese 70 Prozent heruntergehen wollte. Wenn man jetzt also annimmt, dass 225 Leopard 2 nur 70 Prozent eines Vollbestandes sind, dann sind 250 Leopard 2 ja nicht 100 Prozent.

Flosdorff: Da haben Sie vollkommen Recht. Aber Sie haben ja sicherlich auch wahrgenommen, dass die Ministerin davon gesprochen hat, dass wir da keine Zeitleiste unterlegt haben, sondern wir das mittelfristig realisieren wollen, wenn es die finanziellen Spielräume gibt. Das ist natürlich auch abhängig von den konzeptionellen Rahmenbedingungen, die sich in den nächsten Jahren entsprechend ändern können und angepasst werden müssen.

Frage: Auch eine Frage an das Verteidigungsministerium: Wird man mittelfristig, wenn man jetzt über die Neuorientierung der Sicherheitspolitik spricht, auch noch einmal über personelle Obergrenzen sprechen müssen?

Und eine Frage an Herrn Jäger: Wenn der Minister am Wochenende davon spricht, dass man sich für die Verteidigung künftig größeren Anstrengungen unterziehen muss, hat er da schon eine gewisse Vorstellung, zu welchen Anstrengungen er bereit ist, ob er dafür möglicherweise auch die viel zitierte schwarze Null wieder einbringen würde?

Flosdorff: Die personellen Obergrenzen - die Antwort hat die Ministerin letzte Woche auch schon gegeben - haben wir in den letzten Monaten überprüft. Bei den Soldaten ist das Ergebnis dieser Prüfung, dass da die Obergrenze mit 185.000 Soldaten richtig gewählt ist. Das ist auskömmlich.

Wir werden uns allerdings in den nächsten Monaten und im nächsten Jahr anschauen, ob das Verhältnis von Berufssoldaten zu Zeitsoldaten vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung und des Fachkräftemangels, der da draußen ist, richtig definiert ist, ob wir nicht zu viel Personal, das gut qualifiziert ist, durch eigenes Dazutun verlieren. Das werden wir überprüfen.

Was die Zielbeschäftigten angeht, so ist auch noch einmal eingehend geprüft worden. Da hat es noch einmal eine Aufgabenkritik gegeben. Wir haben genau geschaut: Wie viele Aufgaben sind zu erledigen? Welches Personal muss da angesetzt werden? - Wir sind zum Ergebnis gekommen, dass wir, was die Zielstruktur 2017 angeht, 1.000 zivile Stellen mehr brauchen, wir also von 55.000 auf 56.000 erhöhen müssen.

Jäger: Zu meinem Teil: Der Bundesfinanzminister hat in seinem Interview am Wochenende darauf hingewiesen, dass das internationale Umfeld für uns zunehmend schwieriger wird, dass wir mit Unwägbarkeiten und Unsicherheiten konfrontiert sind und dies in der Tendenz zu steigenden Ausgaben für die innere und für die äußere Sicherheit führen kann. Beispielhaft genannt ist der Bereich Verteidigung. Es gilt aber auch ausdrücklich für den Bereich der inneren Sicherheit.

Der Minister hat auch darauf hingewiesen, dass es unser Ziel bleibt, die ODA-Quote zu erhöhen. Das führt aber nicht dazu, dass wir unser Ziel des ausgeglichenen Haushalts, also der schwarzen Null in Frage stellen. Das ist überhaupt kein Thema. Die schwarze Null steht. Wir werden an dieser schwarzen Null und am Ziel des ausgeglichenen Haushalts uneingeschränkt festhalten. Es wird in diesem Kontext darum gehen, die richtigen Prioritäten zu setzen. Sie wissen, dass wir sehr deutlich gemacht haben, dass wir entstehende Spielräume primär dafür verwenden werden, Investitionen zu tätigen. Wenn darüber hinaus zusätzlich noch Mittel erforderlich sein sollten, um die innere und äußere Sicherheit in Deutschland zu gewährleisten, so werden wir auch das hinbekommen.

Frage: Herr Flosdorff, ich wollte noch einmal auf die Panzer zu sprechen kommen, die für Polen geliefert wurden. Wie viele sind das, und wie viele sollen da noch kommen? Ist das eine vertraglich feste Zusicherung? Sie hatten ja eben schon angedeutet, dass die Bundesregierung nicht darüber nachdenkt, die Zahl der noch ausstehenden Panzer zu verändern, die zu liefern sind.

Flosdorff: Ich kann Ihnen jetzt praktisch nur aus der Erinnerung sagen: Das sind rund 100 Panzer. Das sind Verträge aus dem Jahr 2013, die damals geschlossen worden sind. Das Krisenjahr 2014 lag da noch vor der Bundeswehr und auch die Landes- und Bündnisverteidigung stand sicherlich noch nicht so im Fokus. Wir prüfen natürlich alles, was wir jetzt in den Beständen haben. Aber eins steht auch klar: Deutschland wird sicherlich vertragstreu seine Verpflichtungen gegenüber den Partnernationen in der Nato erfüllen.

Zusatzfrage: Sind das ältere Modelle, also vor A5 bis A7?

Flosdorff: Es sind unterschiedliche Rüstzustände.

Frage: Herr Flosdorff, zum selben Thema: Wie kann man das in Einklang bringen, um die Rahmenverträge mit Polen zu halten? Geht es also doch darum, die Lieferung von Panzern zu kappen?

Flosdorff: Ich habe es eben versucht. Das ist unabhängig davon. Nehmen Sie diese Panzer, die Deutschland an den Nato-Partner Polen abtritt, einmal beiseite. Was die Bestände in Deutschland angeht, so bitte ich jetzt nicht auf die Zahl zu rekurrieren, die in der "Süddeutschen Zeitung" im Zusammenhang mit dem Wiener Dokument genannt worden ist. Diese Zahl orientiert sich nicht daran, ob das Panzer im Besitz der Bundeswehr sind. Da wird alles gezählt, ob das in der Industrie ist oder zur Verwertung oder irgendwo in Deutschland herumsteht. Das muss nichts sein, worauf die Bundeswehr Zugriff hat. Innerhalb dieser Grenzen, die da bleiben, ist es möglich, perspektivisch dieses weitere Panzerbataillon zu aktivieren, das wir ja schon in den Strukturen der Bundeswehr angelegt haben. Darüber hinaus werden wir sukzessive versuchen, wieder zu einer Ausstattung zu kommen - da sind wir im Moment nicht -, dass den Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr im Rahmen der Einsätze, aber auch der Bündnisverpflichtungen sowie auch im normalen Ausbildungs- und Trainingsbetrieb ausreichend Material, zum Beispiel Großgerät, zur Verfügung steht.

Da nenne ich ganz bewusst keine Zeitleiste, weil wir alle nicht wissen, wie sich die finanziellen Rahmenbedingungen in den nächsten Jahren oder im nächsten Jahrzehnt entwickeln werden. Es ist aber unser Bestreben und erklärter Wille, dass wir diesen Trend, schleichend zu einer Mängelverwaltung zu kommen, umkehren und dass wir auch wieder die Ausrüstung haben, mit der das alles auskömmlich betrieben werden kann. Ich rede dabei nicht nur über Großgerät, sondern ich rede hierbei auch über kleines Gerät, das heute schon in der Truppe fehlt. Immer wenn sich finanzielle Spielräume ergeben - das kann sich auch dadurch ergeben, dass Großgerät einmal nicht geliefert wird, weil es wieder Lieferengpässe bei der Industrie gibt -, wollen wir die Möglichkeiten nutzen, die Depots langsam wieder aufzufüllen und den Soldaten wieder die Ausrüstung zu geben, die sie brauchen.

Zusatzfrage: Noch eine Nachfrage zum Thema Polen: Gibt es einen Vertrag zur Lieferung der Leopard-Panzer in den kommenden Monaten? Sollten in den kommenden Monaten neue oder alte Leopard-Panzer an Polen abgegeben werden?

Flosdorff: Ja, es gibt laufende Verträge, die noch nicht vollständig abgewickelt sind.

Zusatzfrage: Stehen Sie mit Warschau diesbezüglich irgendwie in Kontakt?

Flosdorff: Das ist jetzt keine aktuelle Sache. Ich glaube, das letzte Mal ist im Jahr 2013 darüber gesprochen worden. Selbstverständlich werden diese Verträge auch genauso abgewickelt, wie sie sind.

Frage: Herr Jäger, wir haben gerade gehört, dass im Moment über den Etat für 2016 gesprochen wird. Dann kündigte der Minister für 2017 mehr Geld für die Verteidigung an. Was ist der Anlass für die jetzige Ankündigung?

Herr Flosdorff, in Bezug auf 2016 sagte der Finanzminister, so schnell könne die Rüstungsindustrie gar nicht liefern und dafür bedürfe es nicht mehr Geld. Sehen Sie das auch so, oder hätte das Verteidigungsministerium durchaus Ideen, wie man mehr Geld ausgeben könnte?

Jäger: Der Minister hat sich nicht festgelegt, was Eckwerte oder Ansätze für einzelne Haushaltsjahre angeht - mit Ausnahme des Jahres 2016; darüber befinden wir uns im Augenblick ohnehin im Gespräch. Sie wissen, dass wir dann im März den Entwurf für den Bundeshaushalt 2016 und die Eckwerte vorstellen werden.

Der Anlass für so eine Bemerkung ist ganz schlicht die Beobachtung, dass wir zunehmend mit einem schwierigeren internationalen Umfeld konfrontiert sind. Es gibt die Entwicklung in der Ukraine. Es gibt die Entwicklungen im Nahen und Mittleren Osten, Stichwort ISIS. All das führt natürlich in der Summe dazu, dass wir diese Entwicklungen nicht nur beobachten werden, sondern dass wir auch auf diese Entwicklungen reagieren werden müssen. Es ist selbstverständlich Aufgabe des Finanzministers und des Finanzministeriums, sich entsprechende Gedanken zu machen und dann auch gegebenenfalls Vorsorge zu treffen.

Flosdorff: Wir sind gerade bei der Haushaltsaufstellung für 2016. Das Finanzministerium ist über die Anmeldung des Verteidigungsministeriums für das laufende Jahr im Bilde, und dort sind diese Daten im Moment auch gut aufgehoben.

Generell ist die Anmerkung des Finanzministeriums natürlich richtig, dass wir in den vergangenen Jahren noch und nöcher erlebt haben, dass wir immer wieder in Schwierigkeiten geraten sind, was Großgerät angeht, also dass das irgendwie nicht kam und dass das auch sofort Auswirkungen auf den Mittelabfluss hatte. Wenn der Puma, wenn der Eurofighter, wenn der A400M nicht rechtzeitig kommt, dann hat das immer zur Folge - allein durch das Volumen dieser Großprojekte -, dass es Schwierigkeiten beim Mittelabfluss gibt, weil wir ja keine Rechnungen bezahlen können, wenn das Gerät nicht da ist; das wäre nicht sachgerecht.

Frage: Herr Flosdorff, die Bundeswehr steckt ja mitten im Prozess der Neuausrichtung. Wenn Sie jetzt dieses Panzerbataillon aktivieren, ist das dann ein Indikator dafür, dass wir im Prozess der Neuausrichtung sozusagen eine Modifikation erleben? Wird es weitere Maßnahmen geben, die die ursprüngliche und eigentliche Aufgabe der Bundeswehr, nämlich die Landes- und Bündnisverteidigung, wieder stärker in den Fokus nehmen werden?

Flosdorff: Die Landes- und Bündnisverteidigung war immer ein wesentlicher Baustein und war immer eines von zwei Beinen: Das eine waren die Einsatzszenarien, die man in den Planungen zugrunde gelegt hat, und das andere ist die Landes- und Bündnisverteidigung. Das war also immer auf beiden Beinen fest aufgestellt. Aber selbstverständlich haben wir jetzt nach dem letzten Jahr unterschiedliche neue Einsatzszenarien erlebt. Ich nenne jetzt nur einmal das Beispiel Ebola, aber auch diese Ausbildungshilfe, die Luftbrücke, die Ausbildungshilfe für den Irak, Waffenlieferungen sowie die Veränderungen in Nordafghanistan. Auf beiden Feldern hat es Veränderungen gegeben.

Das schauen wir uns sehr genau an, jetzt auch im Rahmen des Weißbuch-Prozesses, der angestoßen wurde. Mitte des Jahres 2016 werden wir diese Prüfungen abschließen. Ich kann Ihnen heute noch nicht sagen - - - Ich weiß, dass es eine starke Veränderung bei den Einsatzszenarien gibt, die realistisch sind, wie wir es in den letzten Jahren erlebt haben. Der ISAF-Kampfeinsatz in Afghanistan ist vorbei. Es sind viele andere Einsätze zutage getreten, bei denen man schnell und beweglich reagieren muss. Wir sind jetzt die Verpflichtung im Rahmen der Nato-"Speerspitze" eingegangen, die dieses Jahr erprobt werden wird. Auch diese Erprobung wird sicherlich noch einmal Erkenntnisse in Bezug darauf erbringen, wie die Bundeswehr dafür geeignet und ausgerüstet ist. Wie schnell schaffen wir es - da stehen in diesem Frühjahr und in diesem Sommer auch noch Großübungen aus -, im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung Gerät zu verlegen? Diesbezüglich werden wir dieses Jahr sicherlich viele Erkenntnisse erhalten, und das wird auch in den Weißbuch-Prozess einfließen, der nächstes Jahr abgeschlossen werden soll.

Ich kann dem nicht vorgreifen und will dem auch nicht vorgreifen. Das ist ein permanenter Analyseprozess, an den man dann auch die Planungen anpassen muss. Wir können nicht immer so arbeiten. Die letzten Planungen liegen jetzt einige Jahre zurück. Im Jahr 2011 hat man sicherlich schwerlich voraussehen können, in was für einer sicherheitspolitischen Lage wir im Jahr 2014 oder 2015 stehen. Das heißt aber: Wir müssen (die Planungen) anpassen. Ich kann Ihnen aber heute noch nicht sagen, wo da das Ende ist.

Frage: Herr Flosdorff, 119 Leopard-Panzer waren es, glaube ich, die Polen vor eineinhalb Jahren bestellt hatte beziehungsweise hinsichtlich der vereinbart worden war, dass sie geliefert werden sollen. Nun gibt es in Polen doch auch einige Sympathien für die, sagen wir einmal, Selbstverteidigung in der Ukraine und auch für eine mögliche militärische Unterstützung. Zumindest Sympathien dafür gibt es. Jetzt wollte ich dann doch einmal nachfragen: Gibt es Endverbleibskontrollen oder Endverbleibsvereinbarungen für diese 119 Leopard-Panzer oder nicht?

Flosdorff: Ich gehe davon aus, dass es bei einer Länderabgabe immer eine Endverbleibserklärung gibt und es sie auch damals gegeben hat, als die Verträge geschlossen wurden.

Frage: Die Projektgruppe "Wirksam regieren" nimmt ihre Arbeit auf. Herr Seibert, was verspricht sich die Bundesregierung von dieser dreiköpfigen Institution im Kanzleramt? Können Sie etwas zu ersten Projekten sagen?

StS Seibert: Ja. Diese Projektgruppe "Wirksam regieren" geht auf den Koalitionsvertrag zurück. Wir haben uns darin als Bundesregierung vorgenommen und sind auch durch mehrere internationale Beispiele ermutigt, stärker wissenschaftliche Methoden bei unserer Arbeit einzusetzen, und zwar mit dem Ziel, dass der Nutzen, den der einzelne Bürger vom Handeln der Regierung und vom Handeln der Verwaltung hat, gestärkt wird und dass bürokratische Abläufe vereinfacht werden. Wenn ich von wissenschaftlichen Methoden spreche, dann können das Methoden aus der Psychologie, aus der Soziologie, aus der Anthropologie sein, also verhaltensökonomische Methoden. Dies alles ist durchaus auch in anderen Ländern bereits erfolgreich erprobt worden, und nun wollen wir anhand einiger Projekte in dieser Legislaturperiode versuchen, ob auch wir im Interesse des Bürgers so sozusagen mehr Nutzen erzielen können.

Ich kann Ihnen hier jetzt keine einzelnen Projekte nennen. Die Arbeitsgruppe, bestehend - Sie haben es ja gesagt - aus drei neuen Mitarbeitern, hat ihre Arbeit aufgenommen.

Zusatzfrage: Dann stelle ich vielleicht eine Anschlussfrage an die Vertreter aus den Ressorts. Es ist die Rede von 15 Fragestellungen, die schon aus den einzelnen Ressorts eingereicht worden seien. Kann einer der Vertreter etwas dazu sagen, ob es etwas Konkretes gibt, was man da vielleicht von dieser Projektgruppe überprüfen lassen will?

Vorsitzender Szent-Ivanyi: Wer möchte antworten? - Die Begeisterung hält sich in Grenzen.

Zusatz: Das scheint nicht der Fall zu sein.

Vorsitzender Szent-Ivanyi: Dann nehmen wir das einmal als Aussage.

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Neymanns mit Blick auf den Anti-Terror-Einsatz am Wochenende in Bremen: Wie bewerten Sie die Arbeit der Polizei dort? Man hört ja hier und da auch, das sei angesichts des Resultats ein bisschen überzogen gewesen.

Neymanns: Ich möchte den Einsatz der Bremer Kollegen und der Bremer Polizei nicht bewerten. Das waren Maßnahmen, die das Land Bremen irgendwie auf Basis vor allem seiner Erkenntnisse durchgeführt hat. Es steht mir schlicht nicht zu, das von dieser Stelle aus zu beurteilen.

Zusatzfrage: Wie hat sich denn mit Blick auf das Wochenende die allgemeine Gefährdungslage in Deutschland entwickelt? Neulich gab es ja in Braunschweig den Karnevalsumzug, der abgesagt werden musste. Dann gab es auch in Dresden Maßnahmen. Können Sie dazu etwas sagen?

Neymanns: Es ist klar, dass Deutschland nach wie vor im Fokus des dschihadistischen Terrors steht, woraus eben eine hohe Gefährdung für die innere Sicherheit resultiert, die jederzeit auch tatsächlich in Form von Anschlägen unterschiedlicher Dimension und Intensität real werden kann. Das hat sich aber durch dieses Wochenende nicht weiter geändert. Klar ist auch, dass von radikalisierten Einzeltätern und Kleingruppen oder auch von Rückkehrern mit Kampferfahrung jederzeit eine besondere Gefahr ausgehen kann. Das ist der Stand, den wir gerade haben. Damit müssen wir umgehen.

Klar ist aber auch, dass die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern diesbezüglich natürlich immer in engem Kontakt miteinander stehen und eben versuchen, so etwas wie in Bremen zu vermeiden oder eben auch angemessen zu reagieren.

Zusatzfrage: Können Sie möglicherweise etwas über weitere Schwerpunkte sagen? Bremen wird ja in den letzten Monaten immer als eine der Hochburgen mutmaßlicher Salafisten bezeichnet.

Neymanns: Schwerpunkte inwieweit?

Zusatz: Ich meine, ob es möglicherweise andere vermeintliche Zentren in Deutschland gibt.

Neymanns: Ich kann Ihnen momentan zu der Erkenntnislage auch mit Blick auf die Maßnahmen von Sicherheitsbehörden keine Auskunft geben.

Frage: Herr Neymanns, damit ich es richtig verstehe: Heißt das, aus Sicht des BMI gibt es keinen Unterschied zwischen der Gefährdungslage vom Freitag und der Gefährdungslage von heute und auch keine zusätzlichen Maßnahmen, die beispielsweise durch die Bundespolizei zu ergreifen wären?

Neymanns: Zu konkreten, auf die Sicherheitslage bezogenen Maßnahmen kann ich hier, wie Sie sicherlich verstehen werden, keine Auskunft geben. Ich habe darauf hingewiesen, dass wir die Einschätzung der Sicherheitslage so, wie ich sie gerade wiedergegeben habe, in ähnlicher Form auch in der letzten oder vorletzten Woche abgegeben haben.

Frage: Ich denke noch darüber nach, dass Sie sagten, Sie möchten die Reaktion der Landespolizei nicht kommentieren. Hatte die Landespolizei in irgendeiner Weise Kontakt mit Sicherheitsbehörden, die dem BMI unterstellt sind? Gab es Informationen seitens des Bundeskriminalamtes oder des Verfassungsschutzes an die Landesbehörden, damit sie so reagieren? Was wissen Sie darüber? Was können Sie uns darüber mitteilen?

Neymanns: Die Einschätzung der Lage in Bremen wurde unter anderem auch auf Basis einer Lagefortschreibung beziehungsweise Gefährdungsbewertung des Bundeskriminalamts vorgenommen. Selbstverständlich wurden hinsichtlich der Maßnahmen, die in Bremen getroffen wurden, auch die Sicherheitsbehörden des Bundes informiert und kontaktiert.

Zusatzfrage: Was war das für eine Lagebewertung des BKA?

Neymanns: Das sind fortgeschriebene Lagebewertungen, die das BKA aufgrund von Informationen trifft, die es selbst erhebt, sammelt und dann eben auch an die entsprechenden Landesbehörden weiterreicht. Details dazu kann ich leider nicht nennen.

Können wir ganz kurz "unter drei" gehen?

Vorsitzender Szent-Ivanyi: Dann sind wir "unter drei".

(Es folgte ein Teil "unter drei")

Vorsitzender Szent-Ivanyi: Dann gehen wir jetzt wieder "unter eins".

Schäfer: Ich würde Ihnen gerne von einer Reise berichten, die Außenminister Steinmeier morgen antreten wird. Vor einigen Tagen ist das hier schon einmal angeklungen, als nach einer Begegnung des Außenministers mit dem iranischen Kollegen in Genf gefragt wurde. Herr Steinmeier wird also in der Tat morgen, am 3. März, nach Genf reisen. Er hat sich dafür im Wesentlichen zwei politische Themen vorgenommen:

Das eine ist die erste Sitzung des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen unter deutschem Vorsitz. Es wird Ihnen nicht entgangen sein, weil die Wahl ja bereits vor einigen Monaten erfolgt ist, dass zum ersten Mal überhaupt ein Deutscher, nämlich Botschafter Joachim Ruecker, der Vorsitzende des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen ist. Die erste förmliche Sitzung dieses Menschenrechtsrats wird morgen in Genf stattfinden. Aus diesem Anlass wird Herr Steinmeier nach Genf reisen und in der Sitzung auch eine Rede halten. Das ist Ausdruck unseres deutschen Einsatzes für Menschenrechte. Unsere Rolle als Vorsitz in diesem Menschenrechtsrat sehen wir als eine Art Brückenbauer, dessen Aufgabe darin besteht, der zunehmenden auch politischen Polarisierung innerhalb dieses Menschenrechtsrats entgegenzuwirken. Es ist das Ziel, im Laufe der Präsidentschaft Deutschlands auch die Beteiligungsmöglichkeiten von Nichtregierungsorganisationen, die ja hinsichtlich des Themas Menschenrechte weltweit sehr engagiert sind, auszubauen und zu intensivieren.

Auch bei der Abrüstungskonferenz wird Herr Steinmeier eine Rede halten. Abrüstung ist praktizierte Sicherheitspolitik, und auch das ist ein Schwerpunkt der deutschen Außenpolitik.

Frage: Nicht konkret zu diesem Vorgang, aber natürlich zu diesem Themenkomplex: Es geht um die neuen Meldungen zu dem Schicksal von Raif Badawi, dem saudi-arabischen Blogger. Gibt es Bestrebungen seitens der Bundesregierung oder seitens des Auswärtigen Amtes, noch mehr Einfluss als bisher auf die saudi-arabische Regierung zu nehmen?

Schäfer: Ich glaube, es ist einen Monat her - mein Zeitgefühl trügt mich vielleicht ein bisschen; vielleicht sind es auch fünf Wochen oder nur drei Wochen -, dass von mir und von Kollegen an dieser Stelle schon sehr intensiv über den Fall Badawi gesprochen worden ist. Der Fall ist dann einige Wochen aus Ihrem Fokus verschwunden. Aus unserem Fokus ist er nie verschwunden.

Es gilt das, was wir bereits vor Wochen, vor Jahr und Tag gesagt haben, nämlich dass uns das Schicksal von Herrn Badawi nicht gleichgültig ist, dass wir die Art der Bestrafung von Herrn Badawi nicht angemessen finden und dass wir - allerdings hinter den Kulissen - das tun werden, was in unserer Macht steht, um darauf hinzuwirken, dass dort eine gute Lösung gefunden wird. Das haben wir in der letzten Zeit selbstverständlich fortgesetzt. Das werden wir auch weiter tun. Aber die Natur des Falles und auch der Umgang mit dem Land Saudi-Arabien lässt es, glaube ich, nicht sinnvoll erscheinen, jetzt all unsere Aktivitäten in aller Länge und Breite in der Öffentlichkeit auszubreiten. Ich hoffe vielmehr, Sie nehmen mir ab, wenn ich Ihnen sage, dass wir es sehr ernst meinen und dass wir auf den Kanälen, die uns dafür zur Verfügung stehen, alles tun, um eine vernünftige Lösung hinzukommen.

Frage: Herr Schäfer, Sie haben ja in der letzten Woche nicht ausgeschlossen, dass es zu einem Treffen mit Herrn Sarif kommen wird, der jetzt auch in Genf und in Montreux sein wird. Gibt es schon konkrete Pläne für so ein Treffen?

Schäfer: Es gibt keine konkreten Planungen.

Zusatzfrage: An was hängt das jetzt?

Schäfer: Entweder trifft man sich oder man trifft sich nicht. Ich sage Ihnen: Es gibt zurzeit keine konkreten Planungen.

Frage: Minister Gabriel wird ja am Ende der Woche nach Saudi-Arabien fliegen. Welche Rolle wird dabei dieses Thema spielen?

Dünow: Das Thema wird ganz sicherlich auch dort eine Rolle spielen. Minister Gabriel hat sich ja am Sonntag im ZDF dazu geäußert und darauf hingewiesen, dass es ihm sinnvoll erscheint, vor der Reise nicht allzu intensiv darüber zu räsonieren, was man bei der Reise machen kann.

Frage: Herr Jäger, ist die schwarze Null überhaupt noch relevant? Wir hatten im vergangenen Jahr überall große Überschüsse. Sie haben jetzt gerade noch einmal im Zusammenhang mit den Rüstungsankündigungen darauf rekurriert. Wir haben ein schwarzes Plus; ein Plus ist ja immer schwarz. Müsste man sich aber nicht langsam einmal von dem Begriff verabschieden?

Jäger: Nein. Das ist, glaube ich, ein sehr tief greifendes Missverständnis, weil Sie jetzt suggerieren, wir würden im Geld schwimmen. Das tun wir leider nicht. Das, auf das Sie anspielen, ist die letzte Zahl, die im Rahmen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung nochmals durch die Öffentlichkeit ging. Ich kann nur noch einmal wiederholen: Das ist eine methodische Geschichte, die nicht mit dem Kassenabschluss identisch ist. Insofern ist es leider, leider nicht so, dass wir unbegrenzte Mittel zur Verfügung hätten. Im Gegenteil: Wir haben durch die Ankündigung, ab dem Jahr 2016 bis zum Jahr 2018 10 Milliarden Euro zusätzlich zu investieren, mögliche Spielräume ja schon vorweggenommen.

Sollten sich zusätzliche Spielräume ergeben, so steht ganz klar die Aussage, dass wir dieses Geld in Zukunftsinvestitionen fließen lassen werden. Wie ich vorher ausgeführt habe: Falls erforderlich, werden wir auch Mittel finden, um die innere und äußere Sicherheit dieses Landes zu gewährleisten.

Zusatzfrage: Ist eine Tilgung von Schulden nicht vorgesehen - selbst wenn es jetzt sozusagen noch besser als gedacht laufen sollte?

Jäger: Doch, zu einer Tilgung ist es im Jahr 2014 exakt gekommen. Ein Bundeshaushalt kann am Ende einen Überschuss haben, aber er erwirtschaftet keinen Gewinn. Das heißt, all die Einnahmen, die über die Ausgaben hinausgehen, werden dann in die Schuldentilgung fließen oder sind für das 2014 in die Schuldentilgung geflossen.

Frage: Wie steht es denn eigentlich mit der Koalitionsvereinbarung, dass ein gewisser Teil, der mir jetzt konkret entfallen ist - ein Drittel, zwei Drittel -, zur Stärkung der Länderfinanzen ausgegeben wird? Ist das auch in den Planungen berücksichtigt?

Jäger: Wir haben den Koalitionsvertrag bei allem, was wir tun, stets im Auge.

Zusatzfrage: Wie setzt sich das, was Sie im Auge haben, dann in harten Zahlen um?

Jäger: Das kann ich Ihnen für dieses Jahr noch nicht sagen, weil das Haushaltsjahr noch läuft. Insofern würde ich mir auch nicht allzu große Hoffnungen machen. Wir gehen davon aus, dass auch 2015 sicher kein einfaches Jahr für den Haushalt sein wird. Das heißt, die Ziele, die wir erreichen werden und wollen, sind keine Selbstläufer. Das gilt umso mehr für die kommenden Jahre.

Frage: Herr Seibert, hat die Kanzlerin Vertrauen in Wladimir Putin, zur Aufklärung des Falles Boris Nemzow beizutragen?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin hat ja in ihrer Reaktion auf diesen entsetzlichen und hinterhältigen Mord sehr klar gesagt, dass sie Präsident Putin auffordert, zu gewährleisten, dass der Mord aufgeklärt und die Täter zur Rechenschaft gezogen werden. Es versteht sich von selbst, dass wir damit eine objektive, eine rechtsstaatliche Aufklärung dieser Tat meinen und an diese auch immer wieder erinnern werden.

Zusatzfrage: Herr Seibert, ist dieser Vorfall eine zusätzliche Belastung für das Verhältnis zu Russland? Die Kanzlerin ist ja regelmäßig wegen der Ostukraine mit Präsident Putin im Kontakt. Macht es das jetzt noch leichter, oder muss sie jetzt noch einmal mehr mit ihm telefonieren als ohnehin schon? Wie wirkt sich das praktisch aus?

StS Seibert: Zunächst einmal ist es ja mehr als ein Vorfall; es ist ein Mord. Deswegen die ganz klare Forderung, dass dieser Mord aufgeklärt und juristisch entsprechend bearbeitet wird.

Ich will mich hier überhaupt nicht an Spekulationen beteiligen, was mögliche Hintergründe dieses Mordes betrifft. Das alles sollen ja rechtsstaatliche Ermittlungen zu Tage fördern, und deswegen will ich es jetzt auch nicht mit den monatelangen Bemühungen, die wir unternommen haben, um eine Lösung für die Ukraine zu befördern, vermengen. Das sind zunächst einmal zwei Themen, die ich hier zumindest nicht zusammenbringe. Ich will auch nicht weiter über Hintergründe spekulieren.

Klar ist: Da ist etwas Fürchterliches geschehen. Wir beobachten schon seit geraumer Zeit mit Sorge ein Klima der Einschüchterung der kritischen russischen Zivilgesellschaft. Dieses Klima, diese Atmosphäre wird natürlich durch diesen Mord nun noch verstärkt. Russland hat Verpflichtungen, beispielsweise aus der Europäischen Menschenrechtskonvention, und wir können Russland nur auffordern, diesen Verpflichtungen nachzukommen.

Frage: Eine Frage zur Ukraine. Herr Schäfer, wie ist aus Sicht des Außenministeriums die Lage in der Ukraine aktuell zu beurteilen? Sind nach dem Treffen in Paris neue Gespräche im Rahmen des Vierer-Formats geplant?

Schäfer: Vielleicht grenzen Sie Ihre Frage ein bisschen ein. Sie meinen die militärische Lage in der Ostukraine oder die Umsetzung von Minsk?

Zusatz: Ich meine beide Themen.

Schäfer: Auch über das Wochenende hat sich das fortgesetzt, was wir bereits in der vergangenen Woche erlebt haben, nämlich eine relative Waffenruhe. Es gibt ein oder zwei Hotspots, an denen es noch Artilleriefeuer und auch Gefechte gibt. Es bleibt aber bei der Tendenz hin zu einer überwiegenden Einhaltung des Waffenstillstands. Über das Wochenende ist es, soweit wir das beurteilen können, von beiden Seiten zu einem weiteren Abzug schwerer Waffen gekommen, die ja, wenn das Fortsetzung findet, mehr und mehr eine Gewähr dafür bieten würde und könnte, dass die kämpferischen Auseinandersetzungen jedenfalls mit Hilfe dieser schweren Waffen mindestens nur mit einer zeitlichen Verzögerung wieder aufgenommen werden könnten.

Wir sind deshalb weit davon entfernt, ob der Umsetzung von Minsk schon Entwarnung geben zu können oder gar in Jubelgeheul auszubrechen. Die Erklärung der Kontaktgruppe von Minsk vom 12. Februar enthält 13 Punkte. Die Punkte, über die wir beide jetzt hier gesprochen haben, sind die Punkte 1 und 2, also der Waffenstillstand und die daraus folgende Notwendigkeit für beide Seiten, die Waffen zurückzuziehen. Mit anderen Worten: Da gibt es noch ganz, ganz viel zu tun. Wir sind froh und dankbar, dass die OSZE ihre Aufgabe sehr ernst nimmt, dass sie mit den begrenzten Ressourcen, die sie zur Verfügung hat, wirklich alles tun, was in ihrer Möglichkeit steht, um den Waffenstillstand und den Rückzug schwerer Waffen zu überwachen. Die OSZE hat noch Petita, die noch nicht erfüllt worden sind, insbesondere bei der Frage der Verifikation eines tatsächlichen Rückzugs schwerer Waffen.

Wir haben immerhin - das war ja ein wichtiges Ergebnis der Beratungen im Kreise der vier Außenminister letzte Woche in Paris - ein Bekenntnis aller Vier - und damit auch Russlands - dazu, dass diese zivile Beobachtermission, die diese schwierige und auch politisch wichtige Aufgabe übernimmt, in diesem Monat in der OSZE weiter verlängert werden soll. Die Mission läuft am 21. März förmlich aus. Es geht jetzt darum, dass diese Mission verlängert werden kann, damit die OSZE weiter ihren Aufgaben gerecht wird. Wir, genauso wie andere Partner in der OSZE, arbeiten mit Hochdruck daran, die personelle, aber auch die technisch-logistische Ausstattung der OSZE zu verbessern, damit sie ihre Aufgaben in den nächsten Wochen und in Zukunft noch besser wahrnehmen kann als bisher.

Frage: Herr Schäfer, gibt es denn vonseiten der OSZE genaue Anforderungen, welche Art von Unterstützung sie sich von den Mitgliedstaaten wünscht?

Schäfer: Ja. Sie wissen vielleicht, dass die zivile Beobachtermission vom OSZE-Rat einen Personalhöchststand von 500 Mitarbeitern genehmigt bekommen hat. Man mag darüber diskutieren können, ob diese Zahl angesichts der großen Aufgaben und Herausforderungen, vor denen die OSZE bei der Überwachung aller möglichen Punkte der Minsker Vereinbarungen steht, wirklich ausreicht. Das ist aber eine politische Frage, die im OSZE-Rat geklärt werden muss. Im Rahmen dieses zahlenmäßigen Kontingents wird sich die OSZE darauf konzentrieren - und hat auch schon den Mitgliedstaaten entsprechende Vorschläge unterbreitet -, welche technischen Hilfsmittel genutzt werden könnten, um der Aufgabe der Überwachung und Verifikation möglichst optimal gerecht werden zu können.

Was die Unterstützung durch Deutschland angeht, gibt es bereits Gespräche zwischen dem Verteidigungsministerium, dem Auswärtigen und der OSZE darüber, was Deutschland wie und in welcher Geschwindigkeit zuliefern kann, damit die OSZE ihre Aufgaben wahrnimmt. Das tun andere Mitgliedstaaten auch. Im Übrigen konzentrieren wir uns jetzt auch politisch darauf, die OSZE in ihren vielen Facetten - in der Kontaktgruppe, mit Botschafterin Tagliavini, in der zivilen Beobachtermission und in anderen Funktionen, die sie gegenüber der Ukraine einnimmt - so zu unterstützen, wie das nur irgend geht.

Frage: Es war vor einigen Wochen einmal von Überwachungsdrohnen die Rede, die möglicherweise stationiert werden könnten. Spielt das aktuell in den Gesprächen mit der OSZE eine Rolle?

Schäfer: Die OSZE hat seit einigen Monaten österreichische Drohnen zur Hand, die auf der Grundlage einer privaten Ausschreibung der OSZE zur Verfügung gestellt werden sollten. Diese Drohnen sind, soweit ich das beurteilen kann, im Einsatz. Sie erinnern sich sicher, dass Herr Flosdorff und ich bereits letztes Jahr hier an dieser Stelle - ich meine, das war im Oktober - von einem deutsch-französischen Angebot und unserer Bereitschaft berichtet haben, gemeinsam Drohnenverbände bereitzustellen, mit denen die OSZE ihrer Überwachungs- und Verifikationsmission - damals noch einer anderen; das war ja noch vor den Minsker Vereinbarungen vom 12. Februar - oder einer leicht modifizierten nachkommen können. Dieses Angebot, jedenfalls, was die Bundesregierung angeht, steht weiter. Es hat im Rahmen der OSZE zu dieser Frage teils schwierige, teils kleinteilige, teils politisch heikle Beratungen gegeben, die nach viele Monaten leider zu keiner Beschlussfassung durch die OSZE geführt haben.

Das Angebot von deutscher Seite ist weiter im Raum. Es gibt eine Reihe von technisch heiklen und politisch relevanten Fragen, die im Laufe der letzten Monate zwischen den unterschiedlichen Beteiligten, insbesondere den Konfliktparteien, leider nicht zur Zufriedenheit aller gelöst werden konnten.

Frage: Ich knüpfe daran direkt an. Diese Schwierigkeiten, die es dort gab, bezogen sich nicht zuletzt auf den Schutz dort vor Ort eingesetzter Soldaten und deren mögliche Rückholbarkeit. Hat sich aus Sicht der Bundesregierung substanziell irgendetwas an der Problematik als solche durch diese Annäherung an einen Waffenstillstand geändert?

Herr Flosdorff, ist es für Drohnen aus Deutschland wieder warm genug? Ich glaube, das war ein bisschen das Problem, wenn ich mich recht erinnere.

Schäfer: Der Punkt Eigensicherung hat in der Tat in den Beratungen eine Rolle gespielt, Herr Steiner - das ist richtig -, war aber letztlich nicht der entscheidende Punkt. Da hätte es ganz bestimmt in deutsch-französischer Abstimmung, auch in Absprache mit der OSZE eine vernünftige Lösung gegeben. Ein schwierigeres Problem war eigentlich immer der Umgang mit den Informationen, die solche Drohnen liefern können. Wer hat wie wann und in welcher Weise Zugang zu Informationen, die diese Drohnen liefern? Da gab es sehr unterschiedliche Vorstellungen vonseiten der russischen Regierung und der ukrainische Regierung. Es gab auch immer wieder Fragen der Komptabilität bestimmter Regelungen mit den Grundprinzipien der OSZE, die zu Recht von der Organisation und ihrer Mitgliedstaaten hochgehalten werden. In dieser Gemengelange ist es bedauerlicherweise nicht dazu gekommen, dass das deutsch-französische Angebot in einer Weise konfiguriert werden konnte, die es möglich machte, das dann auch politisch durchzuwirken und in die Tat umzusetzen. Die Frage der Eigensicherung ist aus meiner Sicht eher eine Frage, die sich hätte lösen lassen.

Flosdorff: An der Frage zur Temperatur ist heute so viel dran wie damals, nämlich wenig. Jede Fliegerei, egal ob bemannt oder unbemannt, ist immer Witterungsverhältnissen unterworfen; das betrifft die Drohnen, die die OSZE selber im Einsatz hat, und das betrifft auch die Drohnen, die die Bundeswehr gegebenenfalls einsetzen könnte. Insofern: Ob geflogen werden kann, richtet sich nach der Tageslage. Das hat nicht nur mit Temperaturen etwas zu tun, sondern auch etwas mit Luftfeuchtigkeit, mit Wind und sonstigen Gegebenheiten. Das wäre im Sommer so, das wäre im Frühling so, das wäre im Herbst so und das ist im Winter so.

Frage: Herr Schäfer, Sie sprachen von schwierigen, heiklen Beratungen. Hängt das damit zusammen, dass es in den OSZE-Teams sowohl russische als auch ukrainische Gruppenmitglieder gibt, und dass die sich nicht gerne selbst kontrollieren wollen?

Schäfer: Das hat ganz viele Facetten. Ich gebe Ihnen einfach nur ein paar Beispiele.

Das Mandat der OSZE, so wie es die zivile Beobachtermission bereits Anfang letzten Jahres bekommen hat, aber auch die verschiedenen Minsker Vereinbarungen, die es gegeben hat - vom September vergangenen Jahres und vom Februar dieses Jahres -, sehen ein breites Spektrum von Aufgaben für die OSZE vor. Dabei geht es aktuell - das war ja auch die Frage des Kollegen gerade eben - um die Überwachung des Waffenstillstandes und die Verifikation des Rückzugs schwerer Waffen.

Aber die Aufgabe der OSZE geht ja darüber hinaus: Es geht zum Beispiel auch um die Überwachung der russisch-ukrainischen Grenze, es geht um andere Fragen und um Informationen, die für die Aufgaben der OSZE von großer Bedeutung sind. Da ist es eben so: Wenn da modernes technisches Gerät in Einsatz gebracht wird, dann fallen dabei Informationen an, die nicht nur für die OSZE von Bedeutung sind. Ich mache kein Geheimnis daraus: Die russische Regierung hatte zum Beispiel ein Problem damit, dass womöglich Informationen über einen Bereich anfallen könnten, der über die ukrainische Grenze nach Russland hineinragt. Das war für die russische Regierung inakzeptabel.

Dann gab es andere Bedenken im Hinblick auf die Frage: Wer darf denn diese Informationen nutzen, darf das ausschließlich die OSZE oder dürfen auch andere - etwa ukrainische Regierungsstellen, russische Regierungsstellen oder das JCCC, also das gemeinsame Koordinationszentrum, in dem russische und ukrainische Offiziere zusammensitzen - auf diese Informationen zugreifen, wann dürfen sie das - dürfen sie das vor oder nach der OSZE -, und in welcher Weise geht man mit den Informationen um?

Ich gebe Ihnen hier sozusagen nur einen kleinen Ausschnitt aus den technischen und politischen Fragen, die da in Rede standen und die unter dem Strich dazu geführt haben, dass es letztlich zwischen den Konfliktparteien und damit auch im großen Rahmen der über 50 Mitgliedstaaten der OSZE bedauerlicherweise zu keiner Einigung gekommen ist.

Frage: Nur noch einmal zur Klarstellung nachgefragt: Ist ein Einsatz von deutschen und französischen Soldaten zur Überwachung dadurch, dass er sich jetzt nicht mehr auf die Überwachung der ukrainisch-russischen Grenze bezöge, sondern auf die Überwachung des Waffenstillstands - das heißt, den Rückzug schwerer Waffen entlang der Waffenstillstandslinie oder anderes kontrollieren würde -, wieder wahrscheinlicher geworden?

Schäfer: Da das deutsch-französische Angebot von jemand anderem angenommen werden müsste, und zwar - wie das in der OSZE so üblich ist - nach dem Prinzip der Einstimmigkeit, fällt es mir ganz schwer auf Ihre Frage mit Ja oder mit Nein zu antworten. Ich glaube, das muss man einfach abwarten. Letztlich hängt es davon ab, ob und inwieweit der politische Wille aller Konfliktparteien darauf gerichtet ist, bei der Umsetzung der verschiedenen Vereinbarungen von Minsk jetzt wirklich schnell, zügig und überprüfbar vorzugehen, und das in einer Weise zu tun, die beginnt, wieder neues Vertrauen aufzubauen.

Zusatzfrage: Darf ich leicht verändert noch einmal fragen: Hält die Bundesregierung einen Einsatz für leichter durchführbar, wenn er sich auf die Überwachung des Waffenstillstands und nicht auf die Überwachung der russisch-ukrainischen Grenze bezieht?

Schäfer: Womöglich ist es denkbar, so etwas bei den Nutzungsvereinbarungen dessen, was wir da angeboten haben, irgendwie einzugrenzen; das weiß ich nicht so ganz genau. Aber letztlich ist das Gebiet, um das es geht, natürlich nicht so groß, dass dann nicht doch Informationen anfallen könnten, die für die eine oder andere Seite politisch inakzeptabel wären.

Frage: Herr Schäfer, ist es so, dass man in den Gesprächen jetzt sozusagen an einen Punkt gelangt ist, an dem man gesagt hat: "Wir kommen hier einfach nicht weiter, wir lassen dieses Thema jetzt", oder ist das ein Thema, das sozusagen immer wieder aufgeworfen wird, über das man dann redet und das dann wieder zurückgestellt wird? Ist das also noch im Gespräch oder ist das Thema der deutschen und französischen Drohnen sozusagen abgehakt?

Schäfer: Es gab zu dem Zeitpunkt, als diese deutsch-französische Initiative politisch in Berlin und in Paris beschlossen wurde, natürlich eine Menge Momentum und auch eine Menge Bereitschaft, einschließlich der Bereitschaft, das angesichts der bereits damals außerordentlich brenzligen und gefährlichen Lage in der Ostukraine so schnell, wie es nur irgend geht, umzusetzen. Soweit ich da informiert bin, ist dieses Thema regelmäßig Gegenstand der Beratungen in der Hofburg in Wien, also da, wo die OSZE ja tagtäglich in den verschiedensten Verhandlungs- und Gesprächsrunden zusammenkommt. Aber, wie ich hier einfach nur feststellen muss: ohne ein Ergebnis, das alle Beteiligten zufriedenstellt - uns eingeschlossen.

Frage: Herr Jäger, Herr Schäuble hat gestern ich glaube, in einem ARD-Interview gesagt, dass man, wenn Griechenland seine nächsten Zahlungen nicht pünktlich leiste, einen sogenannten Default habe. Ist Berlin bereit für einen griechischen Default? Das kann ja theoretisch schon in zehn Tagen der Fall sein.

Jäger: Ich habe die Äußerung des Ministers von gestern nicht weiter zu kommentieren. Sie steht, und sie steht so, wie sie steht, uneingeschränkt. Das ist die Beschreibung eines Sachverhaltes, und dem ist nichts hinzuzufügen.

Frage: Ich würde die Frage gerne einmal andersherum stellen: Hat der Minister Informationen darüber, ob Griechenland bereit ist für einen Default? Vielleicht hat sich ja der griechische Finanzminister dazu geäußert; denn das ist ja ein Problem, das am ehesten erst einmal Griechenland träfe.

Jäger: Der griechische Finanzminister äußert sich zu zahlreichen Dingen - so zahlreich, dass es inzwischen schon fast schwierig ist, den Überblick zu bewahren. Aber das ist eine Frage, die Sie definitiv an Herrn Varoufakis selber richten müssten. Dazu wird es keine Einschätzung seitens der Bundesregierung geben. Wir sollten uns nicht in die Angelegenheiten unserer Partnerregierungen einmischen.

Wenn ich in dem Kontext noch einmal auf etwas hinweisen darf: Ebendies ist am Wochenende in Athen passiert, als es Äußerungen bezüglich Spaniens und Portugals gab. Da kann ich nur sagen: Nach europäischen Maßstäben war das ein sehr ungewöhnliches Foulspiel. Das tun wir nicht in der Eurogruppe, das gehört sich nicht. Ich will hier deswegen noch einmal darauf hinweisen, dass sowohl Portugal wie auch Spanien Partner sind, mit denen wir sehr eng zusammenarbeiten. Wir haben eine sehr hohe Anerkennung für das, was beide Länder in den vergangenen Jahren auf ihrem Reformpfad erreicht haben.

Frage: Wie verfährt man denn mit einem Partner, der sozusagen eine Zusage gibt, dann abwartet, bis alle Gremien angesichts dieser Zusage ihr Votum abgeben, und kaum dass das Votum abgegeben ist, dann wieder das erklärt, was nicht Gegenstand dieser Vereinbarungen ist? Wie schauen Sie jetzt also bei Verhandlungen mit diesem Partner - der jedenfalls mir nicht als besonders zuverlässig erscheint - in die Zukunft?

Jäger: Das ist eine gute Frage, weil das in der Tat nicht dem üblichen Muster entspricht, auf dessen Basis wir üblicherweise in der Eurogruppe operieren. Es ist tatsächlich so, dass in den vergangenen Wochen sehr viel an Vertrauen verlorengegangen ist. Das heißt, wir haben im Augenblick keine andere Möglichkeit, als uns sehr strikt auf das zu beziehen, was schriftlich niedergelegt worden ist. Insbesondere die Erklärung der Eurogruppe zum Fall Griechenland ist sehr, sehr eindeutig; es gibt nach unserer Lesart keine Ambiguitäten, die in dieser Erklärung zu finden wären. Wir werden einfach in jedem Verfahrensschritt sehr sorgfältig darauf achten, dass das, was wir gemeinsam schriftlich niedergelegt haben, umgesetzt wird.

Zusatzfrage: Das ändert aber, was den Teil der Verlässlichkeit betrifft, nichts an der Haltung der Bundesregierung, Sie bleiben also weiter verlässlich, was die Vereinbarungen betrifft? Sie könnten ja auch auf die Idee kommen, das Geld schon jetzt zurückzufordern, auch wenn das nicht im Vertrag steht. Das wäre ja so etwas Ähnliches.

Jäger: Nein, das tun wir nicht, denn wir sind dezidiert der Auffassung, dass man die Spielregeln beachten muss. Wir werden die Spielregeln einhalten. Wir haben eine Grundlage, die schriftlich fixiert ist; wir haben einen Beschluss des Bundestages. Das sind für uns die Dokumente, an denen wir uns orientieren. Wir werden das umsetzen und uns strikt an diese Vorgaben halten.

Frage: Herr Jäger, Herr Varoufakis sagt: Wir werden alles tun, um diese Tranche zurückzuzahlen, aber wir haben einfach nicht dieses Geld. Daher bittet er um eine Verlängerung - er hat gesagt, um einen Monat. Er hat nicht gesagt: Wir zahlen nicht. Er sagt nur: Wir haben vielleicht einfach nicht das Geld.

Jäger: Ich kann nur daran erinnern, was die internationalen Gepflogenheiten sind. Der Fall ist nach allem, was wir kennen, ein sehr klarer, und darauf hat der Minister gestern hingewiesen.

Frage: An das Kanzleramt oder das Auswärtige Amt: Stimmen Meldungen, wonach Herr Meyer-Landrut neuer Botschafter in Paris wird?

StS Seibert: Eine solche Entscheidung gibt es nicht, und über personelle Entscheidungen spekuliere ich hier nicht.

Frage: Ist dieses Jahr oder in den nächsten Monaten überhaupt ein Wechsel auf dem Botschafter-Sessel in Paris angedacht?

StS Seibert: Das wäre eine Frage an das Auswärtige Amt; ich kenne die Rhythmen nicht.

Schäfer: Ich habe dem, was Herr Seibert gesagt hat, nichts hinzuzufügen. Die Rhythmen des Auswechselns von Posten im Auswärtigen Amt - auf welcher hierarchischen Ebene auch immer - sind mal so und mal so.

Montag, 2. März 2015

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 2. März 2015
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/03/2015-03-02-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. März 2015

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