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PRESSEKONFERENZ/1942: Regierungspressekonferenz vom 30. Oktober 2019 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 30. Oktober 2019
Regierungspressekonferenz vom 30. Oktober 2019

Themen: 5. deutsch-indische Regierungskonsultationen, Kabinettssitzung (Entwurf eines Gesetzes zur beschleunigten Beschaffung im Bereich der Verteidigung und Sicherheit und zur Optimierung der Vergabestatistik, Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität, Eckpunkte zur Mobilfunkstrategie der Bundesregierung, Bericht der Bundesregierung über die Fortschritte der Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung 2016 bis 2026), Kritik von Friedrich Merz an der Bundeskanzlerin, Landtagswahl in Thüringen, Kritik des Bundesrechnungshofes an Beraterverträgen des Bundesumweltministeriums, geplantes Treffen im Normandie-Format, Nord Stream 2, Vorschlag der Bundesverteidigungsministerin zur Einrichtung einer Schutzzone in Nordsyrien, avisierte Unterhauswahlen in Großbritannien, geplante Inbetriebnahme des Kohlekraftwerks Datteln IV, Forderungen des BVMW-Präsidenten nach einem Wachstumspaket für den Mittelstand, Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig zu Biodiversitätsauflagen

Sprecher: StS Seibert, Einhorn (BMWi), Routsi (BMVg), Grünewälder (BMI), Thomas (BMVI), Fichtner (BMU), Kuhn (BMF), Breul (AA)


Vors. Welty eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag auch von mir! Ich möchte Ihnen ein paar mehr Informationen zu den kommenden deutsch-indischen Regierungskonsultationen geben. Wir hatten ja letzte Woche planungsbedingt nur sehr knapp darüber informiert. Jetzt möchte ich Sie ein bisschen weiter ins Bild setzen, was da geplant ist.

Die Bundeskanzlerin und eine erheblich große deutsche Regierungsdelegation reist, wie gesagt, von Donnerstag bis Samstag nach Neu-Delhi zu den 5. deutsch-indischen Regierungskonsultationen. Stand heute werden dies neben der Bundeskanzlerin insgesamt elf Ressortvertreter, Ministerinnen und Minister sowie Staatssekretäre, sein. Minister Altmaier muss seine Mitreise leider aufgrund seines gestrigen Unfalls absagen. Er wird durch seinen Parlamentarischen Staatssekretär Hirte aus dem BMWi vertreten.

Grundsätzlich kann man sagen: Themenkomplexe, die im Mittelpunkt stehen, sind die Vertiefung unserer strategischen Partnerschaft mit Indien sowie die bilaterale Zusammenarbeit in den Bereichen Digitalisierung, Wirtschaft, Handel, Entwicklung und Nachhaltigkeit.

Der Freitag, der 1. November, wird ganz im Zeichen der Regierungskonsultationen stehen. Darüber hinaus wird es einen sogenannten Wirtschafts-Round-Table unter Vorsitz der Bundeskanzlerin und des indischen Premierministers Modi mit Wirtschaftsvertretern aus beiden Ländern geben. Außerdem werden die beiden Regierungschefs gemeinsam das letzte Wohnhaus von Mahatma Gandhi besuchen. Sie wissen vielleicht: In diesem Jahr jährt sich zum 150. Mal der Geburtstag Gandhis. Am Abend lädt der indische Premierminister zu einem Abendessen im Kleinen Kreis ein.

Am Samstag, den 2. November, stehen dann Wirtschafts- und Nachhaltigkeitsthemen im Vordergrund. Die Kanzlerin wird an der Jahreskonferenz der Deutsch-Indischen Handelskammer teilnehmen. Sie wird ein Unternehmen besuchen. Außerdem wird sie sich eine solarbetriebene Metrostation in Delhi anschauen; denn einer der zentralen Aspekte wird das Thema der klimaneutralen Mobilität sein. Das ist natürlich ein Thema, das sich nicht nur bei uns stellt, sondern auch in den vielfachen Millionenstädten des indischen Subkontinents.

Ich habe die wesentlichen Themen genannt. Ich könnte noch das Thema der Zukunftstechnologien hinzufügen. Indien ist ein Land mit einem sehr hohen wissenschaftlichen Leistungsstand. Die künstliche Intelligenz wird ein Thema sein und natürlich der gemeinsame Einsatz zum Schutz des Klimas sowie eine enge außenpolitische Zusammenarbeit insgesamt.

Es muss vielleicht nicht daran erinnert werden, aber ich tue es trotzdem: Indien ist die größte Demokratie der Welt. Es ist eine aufstrebende Wirtschaftsmacht. Es ist ein zentraler Akteur im asiatischen Raum. Aber es ist für uns in Deutschland und in Europa auch ein gleichgesinnter Mitstreiter für die Stärkung der regelbasierten internationalen Ordnung und aus all diesen Gründen ein selbstverständlich wichtiger Partner. Wir schätzen sehr die Möglichkeit, die solche Regierungskonsultationen zu einem wirklich intensiven und sehr konkreten bilateralen Austausch geben.

Es wird eine Reihe von Abkommen geben, die in der finalen Abstimmung sind. Details dazu werde ich aber erst zu gegebener Zeit bekannt geben können.

Das ist das, was ich zunächst einmal zu diesen deutsch-indischen Regierungskonsultationen vorgebe.

Frage: Welche Ministerinnen oder Minister werden mitreisen? Können Sie das schon sagen?

StS Seibert: Ja. Nach aktuellem Stand sind es - nach der Absage von Minister Altmaier - neben der Bundeskanzlerin noch drei weitere Ministerinnen und Minister, nämlich der Außenminister, die Landwirtschaftsministerin und die Forschungsministerin, dazu Staatsministerin Grütters, für Kultur zuständig, und acht parlamentarische beziehungsweise beamtete Staatssekretäre: BMF, BMI, BMZ, BMVI, BMVg, BMU, BMAS und BMWi.

Frage: Können Sie etwas zu den Wirtschaftsvertretern sagen, die da mitreisen? Wie viele sind das, aus welchen Bereichen? Fliegen die im gleichen Flieger?

StS Seibert: Über Flugarrangements kann ich Ihnen hier nichts sagen. Wir geben die Namen der Mitreisenden, wie Sie wissen, immer erst dann bekannt, wenn die Reise auch tatsächlich begonnen hat und man weiß, wer auch tatsächlich an Bord ist. Ich kann Ihnen im Moment nicht sagen, welche Unternehmenssektoren da vertreten sind. Aber der deutsch-indische Handel und auch das Engagement deutscher Unternehmen in Indien als Investoren und als Arbeitgeber sind ja sehr erheblich. Das wird sich sicherlich auch in der Besetzung der Wirtschaftsdelegation niederschlagen. Wenn es etwas gibt, was ich Ihnen vor Beginn der Reise dazu sagen kann, dann werde ich das noch nachreichen.

Zusatzfrage: An das Auswärtige Amt: Es geht um die Menschenrechtslage in Indien. Dies hat Herr Seibert gerade nicht angesprochen. Das wird offenbar kein Thema sein; zumindest habe ich es nicht herausgehört. Sind Treffen mit Menschenrechtsorganisationen, mit regierungskritischen Organisationen in Indien geplant, die ja in den letzten Jahren durch Repressionen der Regierung Opfer geworden sind?

StS Seibert: Ich habe hier keine abschließende Auflistung aller Themen gegeben, die zur Sprache kommen können. Sie können, wie immer, davon ausgehen, dass bei den Gesprächen mit der Bundeskanzlerin und auch der Bundesminister unsere Unterstützung für Demokratie, für Rechtsstaat und für Menschenrechte auch deutlich zum Ausdruck gebracht wird. Das gilt in jedem Land, in dem wir sind, selbstverständlich auch in Indien.

Ich kann Ihnen mittlerweile nachreichen, weil ich gerade von den Kollegen informiert worden bin, dass die Wirtschaftsdelegation aus Platzgründen nicht im Flugzeug der Bundeskanzlerin mitfliegt.

Frage: Herr Seibert, Sie haben schon ein paar Themen der Reise von Bundeskanzlerin Merkel nach Indien erwähnt. Auch meine Frage bezieht sich auf die Menschenrechtslage, vor allem in Kaschmir. Seit August eskaliert die Lage dort. Wird Kanzlerin Merkel mit dem indischen Premierminister über dieses Thema sprechen?

StS Seibert: Ich nehme grundsätzlich nicht die Gespräche der Bundeskanzlerin vorweg. Wir haben hier über das Thema, das Sie ansprechen, nämlich Kaschmir, schon mehrfach gesprochen. Die Bundesregierung sieht natürlich die angespannten Beziehungen zwischen Pakistan und Indien sowie die Lage in Kaschmir durchaus mit Sorge. Unsere Haltung ist klar: Wir werben für Deeskalation. Wir werben für Entspannung. Wir wünschen uns, dass Indien und Pakistan eine friedliche Lösung für diesen Konflikt auf diplomatischem Wege finden.

Zusatzfrage: Momentan gibt es mehr als 20 MEPs in Kaschmir, darunter zwei deutsche MEPs von der AfD. Was sagt die Bundesregierung dazu?

StS Seibert: Das kann ich nicht kommentieren.

Frage: Herr Seibert, ich habe eine Nachfrage zu den Abschlüssen: Können Sie uns sagen, ob darunter auch Wirtschaftsabschlüsse sind, oder sind das vor allem Regierungsabkommen, also Abkommen zwischen Ministerien?

Die zweite Frage: In der deutschen Wirtschaft und auch in anderen Ländern gibt es eine Bewegung, dass man Alternativen zu China sucht. Würden Sie auch die Reise, die jetzt nach Indien stattfindet, in diesen Kontext einordnen, dass auch die deutsche Politik angesichts der Entwicklungen in China verstärkt nach alternativen Partnern sucht?

StS Seibert: Ich denke, man muss eine Reise und einen möglichst engen Austausch mit Indien in keiner Weise besonders rechtfertigen. Indien ist ein Land mit über 1,3 Milliarden Menschen. Ich habe gesagt: Es ist für uns ein wichtiger Partner. Es ist eine Demokratie. Es ist ein wichtiger Akteur in der Region. Unabhängig von allen anderen Entwicklungen haben wir jedes Interesse, mit Indien eng und auch vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. Das schlägt sich in der Tatsache nieder, dass wir jetzt schon die 5. deutsch-indischen Regierungskonsultationen machen.

Zu den Abkommen möchte ich Ihnen hier nicht mehr sagen, außer dass Abkommen in Vorbereitung sind. Sofern sie zum Abschluss kommen, werden wir die Mitreisenden und natürlich auch die Presse insgesamt rechtzeitig darüber informieren.

Zusatzfrage: Mir ging es gar nicht um eine Rechtfertigung der Reise, sondern die Frage war, ob Sie diese auch in dem Kontext sehen, dass es angesichts eines als schwierig wahrgenommenen Partners China Bemühungen gibt, die Kontakte auch zu anderen Ländern - wie Indien - zu verstärken.

StS Seibert: Wir haben ja intensive Beziehungen und Kontakte mit Indien, was sich darin ausdrückt, dass es eines der Länder ist, mit denen wir Regierungskonsultationen durchführen. Wenn Sie auf Asien blicken, werden Sie nie zu dem Schluss kommen, dass man dort nur mit einem Land Kontakte pflegen sollte.

Ich weiß nicht, wie derzeit die Zählung ist, ob Indien mehr Einwohner hat als China, ob es umgekehrt ist oder ob sie Kopf an Kopf liegen. Indien ist nicht nur ein Bevölkerungsriese, sondern auch ein wichtiges Land und für uns ein Partner.

Das Kabinett hat sich zunächst mit dem Thema der Beschaffungen im Bereich von Verteidigung und Sicherheit befasst. Diese Beschaffungen sollen nämlich beschleunigt werden. Deswegen gibt es einen Gesetzentwurf, der vergaberechtliche Regelungen anpasst und den die Bundesregierung heute beschlossen hat. Das ist im Übrigen auch die Umsetzung eines Auftrags aus dem Koalitionsvertrag.

Wir wollen es den Beschaffungsstellen erleichtern, schneller und flexibler zu reagieren, vor allem wenn sich ein kurzfristig eintretender Bedarf bei der Bundeswehr oder bei den Sicherheitsbehörden ergibt. Außerdem wird es noch Änderungen der Vorgaben für die nationale Vergabestatistik in Deutschland geben.

Zu dem nächsten Thema, mit dem sich das Kabinett befasst hat, ist Ihnen, glaube ich, heute schon von drei Ministerinnen beziehungsweise Ministern vorgetragen worden. Es geht um das Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität. Lassen Sie es mich deswegen jetzt sehr kurz machen; denn das alles haben Sie ja gerade sehr ausführlich gehört.

Diese Maßnahmen werden von der Bundesregierung aus unserer Betroffenheit über den furchtbaren Anschlag in Halle heraus getroffen, aber natürlich auch weil es eine ganze Reihe anderer offensichtlich rechtsextremistischer Gewalttaten in der jüngeren Vergangenheit gegeben hat. Die Bundesregierung ist fest entschlossen, unsere freiheitliche Demokratie gegen Hass, gegen Rechtsextremismus, gegen Antisemitismus und gegen jede andere Form von Menschenfeindlichkeit, die sich gegen eine einzelne Gruppe oder eine einzelne Religionsgruppe richtet, zu verteidigen. Vor diesem Hintergrund gibt es dieses Maßnahmenpaket.

Ich denke, dass die Ministerin und die Minister hier ausführlich dazu vorgetragen haben. Deswegen würde ich es an dieser Stelle dabei bewenden lassen.

Damit komme ich zum nächsten Punkt: den Eckpunkten zur Mobilfunkstrategie der Bundesregierung. Ziel dieser Mobilfunkstrategie ist, dass Mobilfunk in Deutschland flächendeckend verfügbar ist. In dieser Strategie werden Maßnahmen festgelegt, mit denen wir wirklich eine rasche und spürbare Verbesserung für die Bürgerinnen und Bürger in der Mobilfunkversorgung erreichen wollen. Unser Ziel ist außerdem, mit diesen Eckpunkten die Bedingungen dafür zu verbessern, dass die 5G-Netze in Deutschland schnell und erfolgreich aufgebaut werden können. Auf dieser Basis wird dann eine umfassende Mobilfunkstrategie erarbeitet. Die Absicht ist, dass sie bei der Digitalklausur der Bundesregierung, die am 17. und 18. November in Meseberg stattfinden wird, beraten und dann verabschiedet wird.

Zum Schluss der Bericht der Bundesregierung über die Fortschritte der Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung. Diese Dekade reicht von 2016 bis 2026. Die Bundesregierung gibt nun in gewisser Weise einen Zwischenbericht. Wir wollen mit dieser Dekade die Lese- und Schreibfähigkeit von Erwachsenen in ganz Deutschland deutlich verbessern. Wir wollen das Grundbildungsniveau erhöhen; denn klar ist: Alphabetisiert zu sein und Grundbildung zu besitzen - das sind elementare Voraussetzungen, um in Deutschland ein selbstbestimmtes Leben führen zu können und Teilhabe an der Gesellschaft und am Berufsleben zu haben.

In Deutschland können etwa 6,2 Millionen Menschen nur auf einem niedrigen Kompetenzniveau lesen und schreiben. Erfreulich ist, dass diese Zahl seit 2010 um über 1 Million Menschen zurückgegangen ist. 62 Prozent dieser 6,2 Millionen Menschen sind erwerbstätig.

Was sind nun die Schwerpunkte der Arbeit der Bundesregierung auf diesem Gebiet? - Erstens machen wir eine Informationskampagne unter dem Titel "Lesen und Schreiben - Mein Schlüssel zur Welt", um die breite Öffentlichkeit und auch das Umfeld der Betroffenen für das Thema Analphabetismus zu sensibilisieren, um das Tabu, das dahintersteckt, aufzubrechen, um Vorurteile abzubauen und vor allem um den Betroffenen zu helfen. Ich habe gesagt, 62 Prozent von ihnen sind erwerbstätig, meist in einfacheren Helfertätigkeiten. Im Fokus stehen deshalb Angebote, die die Betroffenen direkt am Arbeitsplatz unterstützen sollen, um ihre Leistungsfähigkeit auch in ihrer Arbeit zu stärken.

Der zweite Schwerpunkt der Maßnahmen ist die Förderung von Forschungs- und Entwicklungsprojekten. Mithilfe von neuen Entwicklungen und neuen Technologien sollen die betroffenen Erwachsenen, die Lese- und Schreibschwierigkeiten haben, in Zukunft besser unterstützt werden.

Der dritte Punkt ist die Weiterbildungsförderung nach SGB II und III mit Fokus auf der Förderung von Grundkompetenzen, damit ein Berufsabschluss erreicht werden kann, und einem Rechtsanspruch auf Förderung des Nachholens eines Hauptschulabschlusses.

So weit mein Bericht aus dem Bundeskabinett.

Frage (zu dem Entwurf eines Gesetzes zur beschleunigten Beschaffung im Bereich der Verteidigung und Sicherheit und zur Optimierung der Vergabestatistik): Ich habe dazu eine Frage an das Wirtschaftsministerium: Stellt dieser Gesetzentwurf jetzt sicher, dass der militärische Marineschiffbau zur Schlüsseltechnologie erklärt wird und nicht mehr europaweit ausgeschrieben wird, sondern im Wesentlichen von deutschen Werften umgesetzt werden kann?

Die Anschlussfrage an das Verteidigungsministerium: Die Bundesmarine hat ja einen erheblichen Beschaffungsbedarf beziehungsweise Ersatzbedarf. Sind Sie mit diesem Gesetzentwurf jetzt zufrieden?

Einhorn: Vielen Dank für die Frage. - Wie Herr Seibert eben schon ausgeführt hat, geht es bei dem Gesetzentwurf, der heute im Kabinett verabschiedet wurde, darum, den Beschaffungsstellen die Anwendung der vergaberechtlichen Regelungen, die laut EU-Recht existieren, zu erleichtern und zu vereinfachen, damit sie schneller und flexibler vor allem auf kurzfristige Anforderungen und Bedarfe reagieren können. Das gilt insbesondere im Hinblick auf Ausnahmen, die das Vergaberecht vorgibt, bei denen das Vergaberecht nicht immer angewendet werden muss. Das gilt insbesondere dann, wenn wesentliche Sicherheitsinteressen eines Staates betroffen sind. Der Gesetzentwurf definiert jetzt, dass solche wesentlichen Sicherheitsinteressen dann vorliegen können, wenn die Beschaffung im Einzelfall sogenannte verteidigungs- und sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft.

Der nächste Schritt ist jetzt, zu definieren, was diese Schlüsseltechnologien sind. Darauf zielt Ihre Frage ab. Der nächste Schritt, den das Bundeskabinett dann gemeinsam angehen muss, ist, wie gesagt, gemeinsam Schlüsseltechnologien zu definieren. Aktuell sind das zum Beispiel gepanzerte Fahrzeuge oder U-Boote. Über die Aufnahme weiterer Schlüsseltechnologien, auch im maritimen Bereich, wird dann das Bundeskabinett gemeinsam entscheiden.

Zusatzfrage: Gibt es schon einen Zeitrahmen, bis wann darüber entschieden werden kann, oder ist das jeweils auf Anfrage im Falle einer notwendigen Beschaffung der Fall?

Einhorn: Da müsste ich an die Kollegen vom BMI oder BMVg verweisen, die das in ihrer Federführung haben.

Routsi: Ich würde einfach einmal beginnen. - Sie haben gefragt, ob wir damit zufrieden sind. Wir sind erst einmal insofern damit zufrieden, als dass anerkannt wurde - das ist ja auch im Koalitionsvertrag so beschrieben - , dass man etwas am Beschaffungswesen verändern muss. Insbesondere was das Thema Mandate und einsatzgleiche Verpflichtungen angeht, ist die Bundeswehr häufig darauf angewiesen, zügig vernünftiges Material zu bekommen. Also: Ja, wir sind zufrieden.

Im Einzelfall schaut man dann, was für ein Beschaffungsvorgang initiiert wird. Dann prüft man für sich, ob das eine Schlüsseltechnologie ist oder nicht. Ich kann Ihnen da als Beispiel den Marineschiffbau nennen. Wenn man da übereinkommen ist und auch mit den beteiligten Ressorts gesprochen hat, geht man über, das dem Kabinett vorzustellen. Dort wird das dann behandelt.

Dieses Gesetz ist ein wichtiger Rahmen und wird mit Sicherheit auch für die Bundeswehr viele Vorteile bringen.

Grünewälder: Ich habe im Wesentlichen keine Ergänzungen. Zu dem Zeitpunkt kann ich nichts sagen. Das soll so schnell wie möglich erfolgen.

Ich kann Ihnen Beispiele für sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien aus BMI-Sicht nennen: Das sind zum Beispiel sicherheitsrelevante IT- und Kommunikationstechnologien. Das sind Technologien im Bereich der Sensorik. Das sind aber auch Technologien der künstlichen Intelligenz mit Sicherheitsbezug.

Frage: Wie wird sichergestellt, dass das EU-wettbewerbskonform ist und dass in Zukunft nicht industriepolitisch möglicherweise Teilnehmer bei Ausschreibungen ausgeschlossen werden?

Einhorn: Darauf kann ich gerne antworten. - Ich habe gerade schon gesagt, dass die Ausnahmen, um die es jetzt geht, genau nach dem EU-Vergaberecht möglich sind. Es geht jetzt darum, in dem Gesetzentwurf diese Ausnahmen für Deutschland konkreter zu definieren. Da sagen wir jetzt: Wenn es sich um verteidigungs- oder sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien handelt, ist eine Ausnahme vom Vergaberecht zukünftig möglich - nicht zwingend, aber möglich.

Zusatzfrage: Gibt es in der EU eine einheitliche Definition, was diese Schlüsseltechnologien betrifft, oder ist das wirklich immer nur pro Mitgliedsland individuell definiert?

Einhorn: Das EU-Vergaberecht spricht davon, dass es sich um wesentliche Sicherheitsinteressen eines Staates handeln muss. Wir haben jetzt definiert, was diese wesentlichen Sicherheitsinteressen sind, und beschlossen, dass es sich um wesentliche Sicherheitsinteressen handeln kann, wenn verteidigungs- und sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betroffen sind.

Frage: Herr Seibert, konterkariert das nicht die Bemühungen, die es auf EU-Ebene gibt, die Verteidigungsanstrengungen zu verstärken, ausdrücklich auch mit einer engeren Zusammenarbeit der EU-Verteidigungsindustrien? Wenn künftig in immer mehr Bereichen nur noch national ausgeschrieben wird, fördert das doch eher den Trend, Unternehmen wieder national aufstellen zu lassen.

StS Seibert: Ich denke, dass die Notwendigkeit, Beschaffungsvorgänge zu beschleunigen, und die gleichzeitige Notwendigkeit und auch der Wille, in Europa, was Rüstungsindustrie und überhaupt Verteidigungs- und Sicherheitspolitik betrifft, enger zusammenzuarbeiten, einander nicht automatisch widersprechen.

Zusatzfrage: Vielleicht nicht automatisch. Aber befürchten Sie nicht, dass, wenn man jetzt weitere Bereiche definiert - das Innenministerium hat ja eben klargemacht, dass das weit über Panzer und, ich nenne es jetzt einmal, Hardware hinausgeht -, selbst im KI-Bereich dann eine europäische Zusammenarbeit eher erschwert wird?

StS Seibert: Ich denke, dass wir bei den Entscheidungen, die jetzt noch anstehen, und bei der Definition von weiteren Schlüsselbereichen die europäische Perspektive immer im Kopf haben werden.

Frage (zu den Eckpunkten zur Mobilfunkstrategie der Bundesregierung): Herr Seibert, ich kann mich verhört haben, aber in Ihren Ausführungen zur Mobilfunkstrategie sagten Sie, es seien Maßnahmen beschlossen worden. Sie haben aber nicht gesagt, was für Maßnahmen.

StS Seibert: Ich weiß nicht, ob Sie sich verhört haben. Ich habe gesagt, dass das Eckpunkte sind und dass aus diesen Eckpunkten nun eine umfassende Mobilfunkstrategie erarbeitet wird mit dem Ziel, diese bei der Digitalklausur der Bundesregierung am 17. und 18. November in Meseberg konkret im Detail zu beraten und zu beschließen. Dann wird man sicherlich sehr viel genauer darüber reden können. Es wird immer um einen Maßnahmenmix gehen. Wie die konkreten Maßnahmen ausgestaltet und wie sie miteinander verzahnt sind, ist genau der noch zu beratende Teil.

Ich kann Ihnen jetzt sagen: Es geht natürlich zentral um die Versorgung von Orten gerade im ländlichen Raum, die derzeit ohne staatliche Maßnahmen absehbar auf längere Sicht keine Perspektive für ein Mobilfunknetz haben. Um da eine Versorgung zu erreichen, wird der Bund insbesondere Mittel für geeignete Fördermaßnahmen bereitstellen.

Zusatzfrage: Können Sie uns Beispiele nennen, was für Maßnahmen jetzt in diese Strategie einfließen und wie Sie die Mobilfunksituation verbessern wollen?

StS Seibert: Wenn eine Strategie erarbeitet wird und ich Ihnen sage, dass die in der Bundesregierung erarbeitet wird, dann wissen Sie doch, dass ich in dem laufenden Erarbeitungsprozess nicht bereits jetzt hier Details verrate, weil wir sie eben noch erarbeiten. Aber der 17. und 18. November sind ja nah.

In den Eckpunkten heute ist zum Beispiel enthalten, dass für die Förderung der Erschließung von bis zu 5000 Standorten - das sind Standorte, wie ich sie Ihnen gerade beschrieben habe, die aufgrund ihrer geografischen Lage ohne staatliche Maßnahmen auf absehbare Zeit keine Perspektive für ein Mobilfunknetz haben - Mittel aus dem Sondervermögen "Digitale Infrastruktur" bereitgestellt werden. Gleiches gilt für die Finanzierung der angestrebten Gründung einer Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft.

Frage: Ich habe dazu eine Frage an Herrn Seibert und den Sprecher des Innenministeriums. Der BND-Chef hat gestern noch einmal ausdrücklich vor der Beteiligung von Huawei am Aufbau eines Mobilfunknetzes gewarnt.

Könnten Sie uns sagen, inwiefern diese Einschätzung in die Erarbeitung der Mobilfunkstrategie Einzug hält? Wird diese Einschätzung die Haltung der Bundeskanzlerin beziehungsweise der Bundesregierung zur Beteiligung von Huawei möglicherweise ändern?

StS Seibert: Ganz grundsätzlich kann ich Ihnen sagen, dass sich der Ansatz der Bundesregierung nicht geändert hat, was die Beteiligung von Unternehmen am Ausbau der 5G-Infrastruktur in Deutschland angeht. Darüber haben wir an dieser Stelle vielfach gesprochen. Daran gibt es keine Veränderungen.

Wie vom Präsidenten des BND gestern angesprochen, ist eine wichtige Sicherheitsanforderung, dass die Netzbetreiber, die in Deutschland auch das Telekommunikationsnetz ausbauen, sicherheitsrelevante Netz- und Systemkomponenten nur von vertrauenswürdigen Herstellern und Lieferanten beziehen. Diese Sicherheitsanforderung, die, wie gesagt, nicht neu ist, konkretisiert die Bundesnetzagentur jetzt im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und mit dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz in ihrem Entwurf für den Katalog an Sicherheitsanforderungen. Netzbetreiber müssen sich die Vertrauenswürdigkeit der Bezugsquelle nachweisen lassen.

Neben dem Punkt der Vertrauenswürdigkeit der Bezugsquelle enthält der Entwurf für den Katalog an Sicherheitsanforderungen noch weitere Vorgaben. Zum Beispiel steht darin, dass Netzbetreiber sogenannte Monokulturen vermeiden müssen, dass sie also unterschiedliche Hersteller und Lieferanten von Hard- und Software in ihrem Netz einsetzen müssen, sodass die Gefahr einer gezielten Ausnutzung von Schwachstellen in der Hard- und der Software eines bestimmten Herstellers minimiert werden soll. Sie wissen auch, dass wir planen, im Rahmen der anstehenden Novellierung des Telekommunikationsgesetzes noch zusätzliche Sicherheitsanforderungen gesetzlich festzulegen. Aber all das ist nicht neu.

Grünewälder: Ich darf vielleicht kurz aus Sicht des Bundesinnenministeriums ergänzen. - Wie der Regierungssprecher richtig gesagt hat, gibt es in dieser Sache keinen neuen Stand, und zwar seit März 2019 nicht. Ich verweise auf eine gemeinsame Pressemitteilung des Bundesinnenministeriums und des Bundeswirtschaftsministeriums von diesem Tag. Sie finden sie auf der Homepage des BMI. Darin wird die Strategie der Bundesregierung zur Sicherstellung der Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit von Telekommunikationsnetzen beschrieben. In der Pressemitteilung ging es um den Entwurf des Sicherheitskatalogs, der jetzt weiterbearbeitet und in einem Entwurf fertiggestellt worden ist. Dieser wurde aktualisiert. Sicherheitsbestimmungen wurden festgelegt.

Es geht aber auch darum - das findet sich in dieser Pressemitteilung ebenfalls -, dass das Gesetz angepasst wird, zum einen das Telekommunikationsgesetz im Rahmen der anstehenden Novelle, aber auch das BSI-Gesetz, das in 9 schon jetzt vorsieht, dass Zertifikate dann nicht erteilt werden, wenn überwiegende öffentliche Interessen oder insbesondere sicherheitspolitische Belange der Bundesrepublik Deutschland der Erteilung entgegenstehen. Schon jetzt wird ein Zertifikat dann nicht erteilt, wenn die Vertrauenswürdigkeit in Zweifel steht. Das ist eine politische Entscheidung, die nach dem BSI-Gesetz das BMI zu treffen hat. Das ändert sich nicht, sondern die Pläne sehen vor neben der Anpassung des Sicherheitskataloges die gesetzlichen Regelungen weiter zu schärfen.

Zusatz: Herr Seibert, das heißt aber doch faktisch, dass die Kanzlerin an dieser Stelle dem Rat ihres Auslandsgeheimdienstes nicht folgt.

StS Seibert: Nein, da gebe ich Ihnen nicht recht. Informationen und Erkenntnisse der Dienste sowie anderer Sicherheitsbehörden sind natürlich für das Handeln der Bundesregierung immer von großer Bedeutung und fließen immer in geeigneter Form in die Entscheidungsfindung der Bundesregierung ein.

Die Bundesregierung ist hier nach sorgfältiger Abwägung und Berücksichtigung aller relevanter Aspekte zu der Entscheidung gekommen, die Sicherheitsanforderungen an die Bewerber für die 5G-Technologie zu erhöhen, aber nicht bestimmte Akteure von vornherein auszuschließen. Sie hat also entschieden, einen horizontalen Ansatz zu wählen. Die Sicherheitsanforderungen werden an die aktuellen sicherheitspolitischen Umstände und Herausforderungen angepasst, und sie gelten für alle.

Frage: An das BMI: Es gab einen Bericht darüber, dass es ein Treffen zwischen Ihrem Minister und dem Außenminister gegeben habe, das zur Folge gehabt habe, dass Regelungen doch verschärft worden seien. Können Sie das Treffen und auch den beschriebenen Ausgang des Treffens bestätigen?

Können Sie uns sagen, wann eine Entscheidung darüber fallen wird, ob Firmen diesem Sicherheitskatalog entsprechen? Wird das noch in diesem Jahr sein oder erst im nächsten Jahr?

Wann ist eigentlich mit der Zertifizierung von Produkten zu rechnen? So, wie ich es verstehe, können Telekommunikationsunternehmen 5G-Bestandteile erst einsetzen, nachdem ein Zertifikat für die Produkte erteilt wurde. Deshalb ist der Zeitpunkt der Zertifizierung wichtig.

Grünewälder: Zum letzten Punkt kann ich Ihnen sagen, dass die Kommentierungsfrist des Sicherheitskataloges noch bis zum 13. November läuft. Bis dahin gibt es für die Telekommunikationsunternehmen die Möglichkeit, bei der Bundesnetzagentur, unter deren Federführung das läuft, Anmerkungen einzubringen. Danach wird der Sicherheitskatalog zügig vollendet.

Nach meinen Informationen muss er dann aber bei der EU notifiziert werden. Es wird also noch einige Zeit dauern.

Zu der Frage der Gespräche: Der Bundesinnenminister führt mit seinen Kabinettskollegen regelmäßig Gespräche, zu deren Inhalt wir wie üblich keine Stellung nehmen. Ich verweise auf das, was ich gerade gesagt habe. Es gibt in der Sache keinen neuen Stand.

Zusatzfrage: Die Zertifizierung würde wahrscheinlich erst danach kommen. Ist das überhaupt noch im kommenden Jahr realisierbar, oder müssen sich die Unternehmen darauf einstellen, dass 5G-Produkte eigentlich erst danach eingesetzt werden können?

Grünewälder: Die Zertifizierung wird dann einsetzen, wenn der Sicherheitskatalog fertig ist. Die Zertifizierungsanforderungen werden parallel erarbeitet. Das wird sich in dem Zeitraum ereignen, den ich gerade genannt habe.

Die TK-Unternehmen sind aber jetzt schon in die Erstellung des Sicherheitskataloges mit einbezogen. Sie sind in dem Prozess und der Diskussion mit dabei. Daher ist dort bekannt, welche Anforderungen im Wesentlichen erhoben werden. Das heißt, sie können jetzt schon abschätzen, wie Komponenten ausgestaltet werden müssen und wie die TK-Netze aussehen müssen. Das heißt, es ist kein völliger Blindflug, sondern die TK-Wirtschaft wird hierbei mit einbezogen.

Frage: Herr Seibert, sollen bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit aus Sicht des Kanzleramts auch politische Faktoren berücksichtigt werden? Soll also nicht nur die Vertrauenswürdigkeitserklärung der Lieferanten angenommen werden und ein Zertifikat mit einer technischen Prüfung mit einfließen, sondern sollen nach Ansicht des Kanzleramts auch politische Faktoren eine Rolle in der Bewertung spielen?

Das Innenministerium hat ja deutlich gesagt, dass politische Aspekte im weiteren Verfahren eben doch noch betont werden sollen.

StS Seibert: Ich kann nur wiederholen, dass sich am Ansatz der Bundesregierung nichts mehr geändert hat. Der Katalog an Sicherheitsanforderungen sieht eine Vertrauenswürdigkeitsprüfung vor. Diese wollen wir gesetzlich verankern, und zwar im Rahmen der anstehenden Novelle des Telekommunikationsgesetzes wie auch im Gesetz über das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik.

Darüber hinaus kann ich Ihnen sagen, dass, da es sich um anstehende Novellen handelt, die Meinungsbildung in der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen ist. Aber der Ansatz der Bundesregierung hat sich nicht geändert. Ich habe ihn vorhin beschrieben. Es ist ein horizontaler Ansatz mit erweiterten, verstärkten, verschärften Sicherheitsanforderungen, die zunächst einmal für jeden gelten.

Zusatz: Sie haben jetzt nicht gesagt, ob auch politische Faktoren mitberücksichtigt werden sollen.

StS Seibert: Ich habe Ihnen gesagt, dass sich am Ansatz der Bundesregierung nichts geändert hat und dass wir eine Vertrauenswürdigkeitsprüfung gesetzlich doppelt verankern wollen.

Ansonsten gilt, dass wir noch bei der Erarbeitung dieser Gesetzentwürfe sind.

Grünewälder: Ich empfehle noch einmal, sich 9 des BSI-Gesetzes anzuschauen, in dem dies jetzt schon steht. Das habe ich eben vorgetragen.

Frage: An das BMVI: Können Sie schon sagen, wann der geplante zweite Mobilfunkgipfel mit den Netzbetreibern stattfinden soll und welche Erwartungen der Minister jetzt an die Netzbetreiber hat?

Thomas: Vielen Dank für Ihre Frage. - Der Minister hat sich heute Morgen schon zu dem Beschluss im Kabinett geäußert. Am besten zitiere ich ihn:

"Heute sind wir einen wichtigen Schritt weitergekommen, um Deutschland beim Thema Mobilfunk auf eine internationale Spitzenposition zu bringen. Mit der Umsetzung der Mobilfunkstrategie wird mobiles Surfen und Telefonieren in der Stadt und auf dem Land endlich selbstverständlich. Gleichzeitig schaffen wir die Grundlage für einen dynamischen 5G-Ausbau. Denn nur so gelingt uns der Wandel hin zur digitalen Gesellschaft. Mit 5G können Landmaschinen endlich autonom auf den Feldern fahren und Produktionsstrecken mit Echtzeitvernetzung arbeiten. Dies wird nicht nur den Arbeitsalltag revolutionieren, sondern auch viele neue Möglichkeiten in den ländlichen Regionen schaffen."

Bezüglich des zweiten Mobilfunkgipfels kann ich Ihnen aktuell nur sagen, dass die Maßnahmen dort weiter abgestimmt werden. Wann genau diese Veranstaltung stattfinden wird, entzieht sich aktuell meiner Kenntnis.

StS Seibert: Ich habe noch eine Ergänzung zum gesamten Themenbereich 5G, weil die Bundeskanzlerin gestern in ihrer Rede beim Digital-Gipfel in Dortmund auch darauf eingegangen ist. Ich denke, das ist eine wichtige Information.

Die Bundesregierung hat die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Unternehmen in Deutschland ihre eigenen und auf ihren eigenen, speziellen Bedarf hin ausgerichteten 5G-Netze für ihr Betriebsgelände aufbauen können. Große Industriebetriebe genauso wie Kleinere Unternehmen, mittlere Unternehmen und landwirtschaftliche Betriebe sollen von den Möglichkeiten, von den Vorteilen, die die 5G-Technologie absehbar bieten wird, profitieren können. Die Unternehmen sollen innovative Anwendungen im 5G-Bereich entwickeln und in ihrem eigenen Netz erproben können. Damit diese Frequenznutzung nun gerade auch für Kleine Unternehmen und für Start-ups erschwinglich ist, hat sich die Bundesregierung auf Gebühren in angemessener Höhe verständigt. Die Bundesnetzagentur wird die Gebührenordnung jetzt fertigstellen, damit sie auch schnellstmöglich in Kraft treten kann. Die Bundeskanzlerin hat gestern von mittelstandsfreundlichen Kosten gesprochen. Interessenten können dann noch in diesem Jahr bei der Bundesnetzagentur 5G-Frequenzzen für diese lokalen, auf ihren Bedarf bezogenen Anwendungen beantragen. Das wollte ich noch nachreichen, denn ich glaube, das gehört ins Bild.

Frage: Anderes Thema: Gestern hat sich ja mit maßgeblichem medialen Echo ein wohl immer noch einflussreiches CDU-Mitglied - Friedrich Merz - zum Leistungsvermögen der Kanzlerin - so kann man es wohl sehen - und auch zur politischen Stärke der Kanzlerin geäußert. Wie sieht da die Reaktion oder die Interpretation der Regierungschefin aus? Sie ist ja als Kanzlerin angesprochen und dargestellt worden, nicht in erster Linie als anderes CDU-Mitglied oder frühere Vorsitzende. Sieht die Kanzlerin darin das Aufbegehren eines selbstbewussten Parteifreundes oder doch mehr, wie der schleswig-holsteinische Ministerpräsident, die Konsequenzen eines Leidtragenden eines Karriereknicks?

StS Seibert: Lange Frage, kurze Antwort: Das kommentiert die Bundesregierung nicht.

Frag : Die Kanzlerin hat sich, wenn ich das richtig sehe, bislang auch noch nicht zum Ausgang der Thüringen-Wahl geäußert. Die war ja schon insofern bemerkenswert, als eben die etablierten Parteien aufgrund des Ergebnisses gar nicht mehr in der Lage wären, eine eigene Mehrheit zusammenzustellen. Wie bewertet die Bundeskanzlerin diesen Sachverhalt?

StS Seibert: Ich weiß nicht, ob Sie am Montag, am Tag nach der Wahl, hier waren. Hier ist nie der Ort, an dem Wahlnachlese betrieben wird. Das ist in den Parteien - ich habe den Eindruck, auch ausführlich - getan worden, die Parteivorsitzenden und sonstige Sprecher von Parteien haben sich dazu geäußert. Für die Bundesregierung kommentiere ich das hier ja nie.

Vors. Welty: Auch in diesem Raum ist Wahlnachlese betrieben worden - allerdings nicht in der Regierungspressekonferenz, das ist natürlich richtig.

Frage: An das Umweltministerium: Der "Spiegel" berichtet, dass der Bundesrechnungshof dem Umweltministerium vorwerfe, etwa 600 Millionen Euro für Beraterverträge ausgegeben zu haben und vor allem falsch oder unzureichend über diese Beraterverträge informiert zu haben - auch das Parlament. Teilen Sie diese Einschätzung oder halten Sie die Aussagen des Bundesrechnungshofes zumindest teilweise für falsch?

Zweite Frage: Der Bundesrechnungshof sagt, es bestehe die Gefahr, dass das BMU in politisch sensiblen Kernbereichen vom externen Sachverstand abhängig sei. Trifft es also im Umkehrschluss zu, dass im BMU wichtige Kompetenzen nicht oder nicht mehr vorhanden sind?

Fichtner: Vielen Dank für die Gelegenheit zur Stellungnahme dazu. Erst einmal zur Einordnung, was die Vorwürfe eigentlich sind: Der Bundesrechnungshof hat in seinem Bericht keinen konkreten Verstoß des BMU gegen die Grundsätze der Haushalts- und Wirtschaftsführung oder sonstige Rechtsvorschriften festgestellt. Er hat weder einen Vergaberechtsverstoß noch einen Schaden für den Bundeshaushalt festgestellt. Uns wird auch nicht vorgeworfen, in den vergangenen Jahren 600 Millionen Euro für Beratungsleistungen ausgegeben zu haben. Insofern stimmt die Grundannahme, die Sie gerade genannt haben, nicht.

Worum geht es bei der vom Bundesrechnungshof addierten Summe von 600 Millionen Euro? Diese Summe bezieht sich allgemein auf Aufträge im Umweltministerium und im Geschäftsbereich von 2014 bis 2018. Die Rede ist da von Unterstützungs¬leistungen. Was sind Unterstützungsleistungen? Jetzt wird es etwas technisch: Unterstützungsleistungen sind zum Beispiel IT-Unterstützung, Kopiererwartung, was auch immer, Projektträgerleistungen oder auch Forschungsvorhaben. Diese Unterstützungsleistungen dürfen nicht mit Beratungsleistungen gleichgesetzt werden. So viel zu den 600 Millionen Euro.

Was die Beratungsleistungen angeht, spielt das Wort Definition eine wichtige Rolle. Wir halten uns hier an die Definition des Haushaltausschusses des Bundestags von 2006. Wir haben uns auch immer transparent auf diese Definition bezogen. Sie ist auch die Grundlage für die jährliche Meldung entsprechender Verträge aller Ressorts an den Haushaltsausschuss. In Anwendung dieser Definition sind wir auch regelmäßig zu dem Ergebnis gekommen, dass keine externen Beratungsleistungen im Sinne der Definition vom BMU vergeben wurden. Wenn dem Bundesrechnungshof unsere Auslegung dieser Definition unzutreffend erscheint, dann wären wir dankbar dafür, wenn für die gesamte Bundesverwaltung einheitlich geltende Auslegungskriterien geschaffen würden. Jedenfalls kann man es jetzt nicht dem BMU zum Vorwurf machen, wenn es eine Definition des Haushaltsausschusses anwendet.

Unabhängig davon ist völlig unstreitig, dass das BMU selbstverständlich - wie auch die gesamte Bundesverwaltung - im erforderlichen Maße auch externe Expertise in Anspruch nimmt. Hierüber haben wir immer transparent im Rahmen parlamentarischer Anfragen berichtet. Wir veröffentlichen den Forschungsplan. Diese externe Expertise wird benötigt, um in einem sich stetig wandelnden Umfeld Antworten auf neue und komplexe Fragestellungen zu finden.

Sie haben auch das Thema ministerielle Kernaufgaben angesprochen. Diese Kernaufgaben werden durch Beschäftigte des BMU wahrgenommen, für die durch den Bundesrechnungshof vorgetragene "deutliche Gefahr einer Abhängigkeit des BMU von externem Sachverstand" sehen wir keinerlei Anhaltspunkte.

Frage: Wenn sich diese berichteten 600 Millionen Euro nicht auf externe Beratung beziehen, sondern auf allgemeine Unterstützungsleistungen: Können Sie uns dann sagen, wie die Summe für externe Beratungen in diesem Zeitraum ist?

Fichtner: Ja, kann ich: Die Summe der Beratungsleistungen, so wie sie vom Haushaltsausschuss definiert wurden und so wie wir diese Definition anwenden, ist null.

Zusatzfrage: Sie geben kein Geld für externe Berater aus?

Fichtner: Wir könnten jetzt noch einmal ausführlich mit dem BMF zusammen diese Definition erläutern, dann wird es aber noch technischer.

Zusatz: Die Ministerin hat doch auch mit Experten vom DIW usw. zusammengesessen; die haben Sie beauftragt usw.

Fichtner: Genau. Deswegen habe ich gerade ja auch gesagt: Wir nehmen natürlich externe Expertise in Anspruch. Das Problem mit dem Bundesrechnungshof ist einfach die Frage: Wie definiert man Beratungsleistung? Wir verwenden die Definition des Haushaltsausschusses und antworten entsprechend. Wenn das dem Bundesrechnungshof unzutreffend erscheint, dann brauchen wir da andere Kriterien vom Haushaltsausschuss. Da kommt aber die ganze Verwirrung her.

Ansonsten kann das BMF vielleicht noch einmal erläutern, wie diese Definition aussieht. Da gibt es eine Positiv- und eine Negativdefinition. Werkverträge zum Beispiel gehören in der Regel nicht dazu.

Kuhn: Das BMF übermittelt bekanntlich jedes Jahr einen Bericht über die Zahlungen der Ressorts an externe Berater im jeweiligen Haushaltsjahr, und das geht dann immer an den Haushaltsauschuss. Das geht zurück auf einen Beschluss des Haushaltausschusses im Jahr 2006. Damals hatte das Bundesfinanzministerium aufgefordert, von allen Ressorts im Rahmen der Haushaltaufstellung diese Daten abzufragen, und die werden dann in diesem jährlichen Bericht jeweils gemeldet. In dem Beschluss aus dem Juni 2006 hatte der Haushaltsausschuss dann auch festgelegt, was er unter externen Beratungen versteht, und das ist die Grundlage für unseren jährlichen Bericht.

Vielleicht erläutere ich einmal, was der Haushaltsausschuss nicht darunter versteht: Das sind insbesondere auch Gutachten oder Beratung im Zusammenhang mit der wissenschaftlichen Konzeption, Begleitung und Evaluierung von Fördermaßnahmen für Forschungs- und Bildungsprojekte, wissenschaftliche Gutachten zu spezifischen Fachfragen und Verträge zur Beantwortung von Fragen durch Kommissionen - um hier einmal drei, vier Beispiele zu nennen. Das erklärt dann vielleicht manches.

Zusatzfrage: Ich habe jetzt verstanden, dass man wünscht, dass man diese Definition ändert. Sind Sie auch dafür, dass diese Definition geändert beziehungsweise spezifiziert werden muss?

Kuhn: Als BMF kommen wir hier einem Berichtsauftrag des
Haushaltsausschusses nach. Das ist unsere Aufgabe.

Frage: Meine Frage ist kurz: Der Außenminister der Ukraine, Herr Prystaiko, hat gestern gesagt, dass schon ein Datum für das nächste Normandie-Treffen vorliege. Können Sie das bestätigen, Herr Seibert?

StS Seibert: Nein, ich kann Ihnen dieses Datum noch nicht nennen. Wir arbeiten insbesondere auf Beraterebene daran, ein solches Treffen vorzubereiten, aber ich kann Ihnen heute kein Datum nennen.

Ich kann Ihnen für die Bundesregierung sagen - weil das vielleicht noch wichtiger ist -, dass wir die gestern eingeleitete Truppenentflechtung in der zweiten Pilotzone Solote begrüßen. Das ist ja ein weiterer Schritt zur Umsetzung des Minsker Maßnahmenpakets. Dem war eine Verständigung in der trilateralen Kontaktgruppe schon Anfang Oktober vorausgegangen. Die Verständigung betrifft Solote und einen weiteren Pilotbereich, Petriwske. Das ist Ergebnis intensiver Verhandlungen auf der Beraterebene zwischen der Ukraine, Russland, Frankreich und Deutschland. Insofern zeigt sich, dass man Fortschritte erreichen kann. Jetzt begrüßen wir, wie gesagt, den Beginn der Truppenentflechtung bei Solote und setzen auf einen ebensolchen Prozess auch in der dritten vereinbarten Pilotzone bei Petriwske.

Zusatzfrage: Heißt das, dass alle vier Seiten jetzt noch auf einen weiteren Schritt warten?

StS Seibert: Ich will keine Bedingungen nennen. Ich kann nur sagen: Ich kann noch keinen Termin nennen. Es gibt weiterhin Gespräche, um ein solches Gipfeltreffen für die nahe Zukunft vorzubereiten.

Frage: Eine kurze ergänzende Frage an das Auswärtige Amt: Ist vorstellbar, dass als nächstes noch einmal ein Außenministertreffen im Normandie-Format geplant wird? Falls ja: Haben Sie da schon ein Datum?

Breul: Nein, das ist derzeit nicht geplant. Das nächste anstehende Treffen auf politischer Ebene ist der schon angesprochene Gipfel. Das ist das Ziel, an dem wir gemeinsam mit Frankreich arbeiten.

Lassen Sie mich vielleicht noch kurz zwei Takte in Ergänzung zu den Ausführungen von Herrn Seibert sagen: Es gibt neben der Entflechtung in Solote weitere positive Signale, die wir an dieser Stelle auch gerne würdigen und die erwähnenswert sind. Vertreter der ukrainischen Armee haben nämlich öffentlich mitgeteilt, dass sie nach erfolgreichem Abschluss der Entflechtung in Solote und Petriwske die Möglichkeit für vier weitere Entflechtungszonen sehen. Des Weiteren sind die Reparaturarbeiten an der Brücke in Stanytsja Luhanska vorangeschritten. Außerdem gibt es Berichte über ukrainische Pläne, bei Solote einen neuen Übergang zu schaffen.

Das sind also weitere positive Impulse. Die müssen jetzt abgesichert werden, damit wir in Bezug auf Minsk weiterkommen. All das trägt sicherlich auch dazu bei, dass der Gipfel noch besser vorbereitet sein wird, aber das sind, wie Herr Seibert schon sagte, keine Bedingungen, die jetzt von unserer Seite formuliert worden wären.

Frage: Herr Seibert, die dänische Energieagentur hat jetzt die Baugenehmigung für Nord Stream 2 erteilt. Damit besteht also kein internationales Hemmnis mehr für den Aufbau dieser Pipeline. Es bleibt noch das politische, von dem die Bundesregierung mehrfach gesprochen hat.

StS Seibert: Und die Frage?

Zusatzfrage: Gibt es noch politische Hindernisse?

StS Seibert: Entschuldigung, das hatte ich nicht verstanden. - Wir haben immer gesagt: Es gibt eine politische Dimension von Nord Stream 2. Wir haben auch immer gesagt: Der Gastransit durch die Ukraine muss eine Zukunft haben. Darüber hat sich im Übrigen die Bundeskanzlerin auch gerade vor zwei Tagen wieder mit dem russischen Präsidenten am Telefon ausgetauscht. Das war eines der Themen ihrer Unterredung. Deswegen unterstützen wir weiterhin die Europäische Kommission in diesen trilateralen Gesprächen mit Russland und der Ukraine über die Fortführung des Gastransits. Sie wissen, dass das Kabinett bereits im September einen Sonderbeauftragten der Bundesregierung für den Ukraine-Gastransit ernannt hat.

Frage: Herr Seibert, zur Meinungsbildung innerhalb der Bundesregierung zum Vorschlag der Verteidigungsministerin zu Syrien und der Einrichtung einer Sicherheitszone: Ist die Meinungsbildung denn inzwischen abgeschlossen?

StS Seibert: Ich habe Ihnen dazu keinen neuen Stand zu melden.

Frage: Mich würde noch einmal interessieren, wie die Bundesregierung die Entscheidung des britischen Parlaments, im Dezember Neuwahlen anzustreben, bewertet.

StS Seibert: Das ist ja eine innenpolitische Entscheidung, die zu bewerten oder zu kommentieren uns gar nicht ansteht. Wir verfolgen die Entwicklung in Großbritannien mit großer Aufmerksamkeit, wie Sie sich vorstellen können, aber wir kommentieren sie nicht.

Was aus unserer Sicht gut ist, haben wir am Montag bereits gesagt, nämlich dass der Europäische Rat im schriftlichen Verfahren den Beschluss gefasst hat, die Verlängerung flexibel bis zum 31. Januar zu beschließen. Das ist eine gute Lösung. Das zeigt die Einigkeit der EU-27. Jetzt müssen wir die Unterhauswahlen in Großbritannien abwarten.

Frage: An das BMWi zur Kohlekraft: Können Sie jetzt offiziell bestätigen, dass das Kohlekraftwerk Datteln IV nächstes Jahr ans Netz gehen wird? Gerade angesichts der Klimaschutzbemühungen der Bundesregierung kommt es für viele als ein Schock, dass Sie es nicht geschafft haben, dass das nicht ans Netz gehen wird. Können Sie erläutern, was Sie in den letzten Monaten konkret getan haben, damit dieses Kraftwerk nicht ans Netz gehen wird, und woran das gescheitert ist?

Herr Fichtner, könnte das BMU sagen, wie es dieses neue Kohlekraftwerk für Deutschland bewertet?

Einhorn: Ich kann hinsichtlich Ihrer Frage nicht viel beitragen. Ich müsste Sie bitten, sich dafür an den Betreiber des Kraftwerks, an Uniper, zu wenden.

Dass unsere Bemühungen im Zuge des Kohleausstiegs gescheitert sind, sehe ich natürlich ganz anders. Wir sind jetzt dabei, das Kohleausstiegsgesetz zu erarbeiten. Wir haben das Strukturstärkungsgesetz schon durchgebracht und sind jetzt dabei, das Kohleausstiegsgesetz zu erarbeiten. Da laufen unsere Bemühungen, und sie werden auch zum Erfolg führen.

Zusatzfrage: Sie haben doch mit dem Betreiber mit der Absicht verhandelt, dass dieses Kraftwerk nicht ans Netz geht, und diese Verhandlungen sind gescheitert. Können Sie wenigstens sagen, warum die gescheitert sind?

Einhorn: Ich möchte Sie bitten, sich bezüglich der heutigen Meldungen an den Betreiber zu wenden.

Fichtner: Ja, uns ist das auch zu spekulativ. Entscheidend ist ganz allgemein, dass der Energiebereich seinen Anteil an den deutschen Klimazielen erreicht. Das wird die Messlatte dafür sein.

Zusatzfrage: Herr Seibert, wie bewertet die Kanzlerin, die ja Klimaschutz möchte, dass nächstes Jahr ein neues Kohlekraftwerk ans Netz gehen wird. Wie passt das zu ihrer Klimaschutzbilanz?

StS Seibert: Wir haben ja sehr ausführlich über das Klimaschutzprogramm 2030 berichtet. Es hat dazu in den letzten Wochen nahezu an jedem Mittwoch Kabinettsbeschlüsse gegeben. An der Absicht der Bundesregierung, den Kohleausstieg bis spätestens 2038 zu organisieren, hat sich überhaupt nichts geändert. Es sind bereits Beschlüsse im Kabinett gefasst worden, was die Finanzierung für die betroffenen Regionen betrifft, und dabei sind wir auf Kurs.

Frage: Es gibt ja Berichte darüber, dass ein Motiv dafür, dass diese Genehmigung für Datteln IV jetzt doch erteilt wurde, sein könnte, dass man Entschädigungszahlungen seitens der Bundesregierung vermeiden will. Können Sie dazu bitte etwas sagen?

Herr Seibert, zu dem Erscheinungsbild der Bundesregierung im Zusammenhang mit dieser Entscheidung: Es wurde ja kritisiert, dass die Bundesregierung oft Dinge beschließt, aber dann andere Dinge in den Vordergrund gerückt werden. Haben Sie keine Sorge, dass genau das hier auch passiert, also dadurch, einerseits den Kohleausstieg zu beschließen und dann ein neues Kohlekraftwerk in Betrieb zu nehmen?

Einhorn: Ich kann dem, was ich hinsichtlich Datteln IV schon gesagt habe, nämlich dass ich Sie bitte, sich an den Betreiber selbst zu wenden, nichts weiter hinzufügen. Alles andere - das hat eben auch der Kollege vom BMU gesagt - sind jetzt spekulative Fragen.

Dass wir mit dem Kohleausstiegsgesetz auf Zielkurs sind und dass sich an dem Beschluss, bis 2038 aus der Kohle auszusteigen, nichts geändert hat, hat Herr Seibert eben auch noch einmal bestätigt. Es gibt hier also von unserer Seite aus nichts Neues zu berichten.

StS Seibert: Ich kann das, was die Kollegin gerade gesagt hat, nur bekräftigen.

Zusatz: Die Frage, die an Sie ging, bezog sich aber auf das Image!

StS Seibert: Für die Beurteilung des Images ist ja eher der Journalismus zuständig. Insofern überlasse ich das Ihnen.

Ich kann nur noch einmal bekräftigen und bestätigen, dass die Kohleausstiegspolitik der Bundesregierung steht und mit Nachdruck verfolgt wird.

Frage: Frau Einhorn, wann können Sie denn zu Datteln IV etwas sagen?

Einhorn: Auch das kann ich Ihnen nicht sagen. Wir äußern uns jetzt zu diesen Medienmeldungen einfach nicht.

Es wäre sinnvoll, wenn Sie einmal beim Betreiber nachfragen würden, der Ihnen darüber bestimmt Auskunft geben könnte.

Frage: Zur Mittelstandsförderung: Herr Ohoven hat gesagt, die Bundesregierung müsse ein Wachstumspaket auflegen, dass die Rahmenbedingungen für den Mittelstand verbessert, also mit Steuerentlastungen, günstigeren Strompreisen oder günstigen 5G-Gebühren. Was hat denn das Wirtschaftsministerium, an das sich die Frage richtet, in dieser Richtung geplant? Innerhalb welches Zeitrahmens ist mit strukturellen Veränderungen zu rechnen?

Einhorn: Vielen Dank für die Frage. - Minister Altmaier hat ja schon bei der Vorstellung seiner Mittelstandsstrategie - das war Anfang Oktober - und auch noch einmal bei der Vorstellung der Herbstprojektion ganz klargemacht, dass wir jetzt angesichts der schwächeren Konjunktur eine Wachstumspolitik für einen starken Mittelstand in Deutschland brauchen und dass wir eben keine Konjunkturprogramme alten Stils brauchen, sondern eine kluge Wirtschaftspolitik, die für Wachstum sorgt, indem sie den Mittelstand entlastet und Bürokratie abgebaut.

Er hat in seiner Mittelstandsstrategie auch konkrete Vorschläge dazu unterbreitet, wie Deutschland vor allem auch im internationalen Wettbewerb stärker werden kann und seinen Mittelstand stärken kann. Er fordert hier konkret eine umfassende Unternehmenssteuerreform, Entlastungen bei den Sozialabgaben, eine rechtsverbindliche Vereinbarung, dass diese Sozialabgaben bei 40 Prozent gedeckelt werden sollen, sowie weitere Maßnahmen zum Abbau unnötiger Bürokratie in Deutschland, die vor allem den Mittelstand belastet.

StS Seibert: Über mittelstandsfreundliche Gebühren für die Nutzung firmeneigener 5G-Netze habe ich ja gerade vorhin gesprochen.

Frage: Es geht um die Urteile des Verwaltungsgerichts Braunschweig. Ich habe eine Frage an das BMU und das BMEL zu Naturschutzauflagen bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln. Herr Fichtner, warum halten Sie es für notwendig, dass eine höhere Instanz diese Urteile überprüft, wie Herr Flasbarth ja fordert?

Frau Brandt, steht die Entscheidung fest? Sie können glaube ich, heute noch Rechtsmittel einlegen, damit das nicht passieren wird.

Fichtner: Ja, es geht um ein Urteil von Anfang September, das Sie da ansprechen. Für die, die es noch nicht kennen: Dabei geht es um das Thema der Pflanzenschutzmittelzulassung und die Frage, ob Deutschland bei der Pflanzenschutzmittelzulassung auch die Biodiversität und die Folgen für die Natur berücksichtigen darf. Das Verwaltungsgericht Braunschweig hat so geurteilt, dass es künftig nicht mehr möglich wäre, Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln zum Beispiel auf die Insektenwelt und anderer Aspekt der biologischen Vielfalt zu berücksichtigen. Das hätte also potenziell gravierende Folgen für die Insektenwelt in Deutschland.

Darüber hinaus geht es um die grundsätzliche Frage, wie man eigentlich Europarecht in Fällen anwenden kann, in denen untergesetzliche Detailregelungen noch fehlen. Wenn uns das Europarecht grundsätzlich den Auftrag gibt, auch auf die biologische Vielfalt zu achten, dann kann es aus unserer Sicht nicht im Sinne des Europarechts sein, wenn man das nicht tun kann, nur weil Detailregelungen noch fehlen.

Jedenfalls sind das für uns Fragen, die so bedeutend sind, dass sie nicht abschließend durch ein erstinstanzliches Urteil geklärt werden sollten. Darum werben wir dafür, hier Rechtsmittel einzulegen. Das kann allerdings nur das BVL entscheiden, weil es der Beklagte ist, der im Geschäftsbereich des Bundeslandwirtschaftsministeriums liegt. Heute wäre, wie Sie gesagt haben, die letzte Chance dafür, noch in Berufung zu gehen und damit Schäden von der Insektenwelt abzuwenden.

Brandt: Ja, die Rechtslage ist klar. Das Verwaltungsgericht Braunschweig hat am 4. September dieses Jahres die Biodiversitätsauflage als rechtswidrig bezeichnet. Das Gericht hat auch gesagt, dass es dafür, die Anwender von Pflanzenschutzmitteln, also die deutschen Landwirte, zur Aufgabe von mindestens 10 Prozent ihrer Ackerflächen zu verpflichten, keine gesetzliche Grundlage gibt. Das entspricht unserer Rechtsauffassung. Die Ministerin hat sich dazu ja auch gestern geäußert und gesagt, dass sie keinen Widerspruch gegen das Urteil einlegen wird.

Mittwoch, 30. Oktober 2019

*

Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 30. Oktober 2019
https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/regierungspressekonferenz-vom-30-oktober-2019-1686874
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. November 2019

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