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PRESSEKONFERENZ/1888: Regierungspressekonferenz vom 10. Juli 2019 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 10. Juli 2019
Regierungspressekonferenz vom 10. Juli 2019

Themen: Kabinettssitzung (Entwurf eines Gesetzes für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation, Maßnahmen der Bundesregierung zur Umsetzung der Ergebnisse der Kommission "Gleichwertige Lebensverhältnisse, Errichtung einer Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt, 22. Bericht zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik für das Jahr 2018), Pressebericht über britische Juden, die nach dem Brexit-Entscheid die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt haben; griechische und polnische Reparationsforderungen gegen Deutschland, Gesundheitszustand der Bundeskanzlerin, möglicher Militärpakt für die Straße von Hormus, Zwischenbericht zum Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte, Afghanistan-Konferenz in Doha, Nachfolge für die scheidende geschäftsführende Direktorin des IWF, Pkw-Maut, Nominierung von Bundesministerin von der Leyen für den Posten der Präsidentin der Europäischen Kommission, Seenotrettung im Mittelmeer, Anzahl der Millionärinnen und Millionäre in Deutschland, Kommission "Gleichwertige Lebensverhältnisse"

Sprecher: SRS'in Demmer, Grünewälder (BMI), Breul (AA), Fähnrich (BMVg), Blázquez (BMZ), Strater (BMVI), Kalwey (BMF), Schneider (BMAS), Baron (BMWi)


Vorsitzender Feldhoff eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS'in Demmer sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS'in Demmer: Auch ein herzliches Willkommen von mir!

Im Kabinett gab es heute den Entwurf eines Gesetzes für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation. Digitalisierung und innovative Versorgungsstrukturen im Gesundheitswesen können dazu beitragen, eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung zu sichern. Hierzu hat das Kabinett einen entsprechenden Gesetzentwurf beschlossen. Dieser enthält eine Reihe von Regelungen, die die Bedingungen für digitale Anwendungen erweitern und verbessern sollen.

So sollen gesetzlich Krankenversicherte künftig einen Anspruch auf digitale Gesundheitsanwendungen erhalten. Voraussetzung ist, dass die Hersteller nachweisen können, dass ihre Gesundheits-Apps positive Versorgungseffekte haben. Dann können Videosprechstunden durchgeführt werden beziehungsweise die Durchführung soll erleichtert werden. Apotheken und Krankenhäuser müssen sich an die Telematikinfrastruktur anschließen, damit Patienten künftig auch weitere digitale Angebote nutzen können. Hebammen und Entbindungspfleger, Physiotherapeutinnen und -therapeuten sowie Pflege- und Rehabilitationseinrichtungen können sich dem freiwillig anschließen. Die Kosten dafür werden dann erstattet.

Der Innovationsfonds, der Mittel für die Erprobung innovativer Versorgungsstrukturen bereitstellt, wird verlängert. Bis Ende 2024 stehen diesem Fonds jährlich 200 Millionen Euro zur Verfügung. Ein neues Verfahren wird dafür sorgen, dass erfolgreiche Ansätze aus den erprobten Projekten schneller in die Regelversorgung überführt werden können.

Ich glaube, es gab hier im Raum darüber einen Austausch. Es gab zahlreiche Kollegen, die in der Pressekonferenz, die unserer hier vorangegangen ist, mitbekommen haben, dass die Bundesregierung für eine gerechte Verteilung von Ressourcen und Möglichkeiten für alle in Deutschland lebenden Menschen sorgen möchte, unabhängig von ihrem Wohnort. Deshalb hat die Bundesregierung, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, im Juli letzten Jahres die Kommission "Gleichwertige Lebensverhältnisse" eingesetzt, in der neben der Bundesregierung auch die Länder und die kommunalen Spitzenverbände vertreten sind.

Heute hat das Kabinett die Vorschläge der Bundesregierung zur Umsetzung der Ergebnisse der Kommission "Gleichwertige Lebensverhältnisse" beschlossen. Die zuständigen Minister haben hier jetzt sehr ausführlich darüber berichtet. Ich würde mir beziehungsweise Ihnen deshalb ersparen, daraus noch weitere Details zu nennen.

Das Kabinett hat heute zudem die Errichtung einer Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt beschlossen. Dies ist die erste Maßnahme aus genau den Ergebnissen der Kommission "Gleichwertige Lebensverhältnisse".

Die Stiftung, die noch im diesem Jahr errichtet werden soll, wird sich den Themen "Service-Angebote für die Organisation von bürgerschaftlichem Engagement und Ehrenamt" und dem Thema "Digitalisierung" widmen. Die Stiftung soll gerade in strukturschwachen und ländlichen Räumen Engagement- und Ehrenamtsstrukturen stärken. Weiterhin wurde vereinbart, dass die Stiftung in einem ostdeutschen Flächenland angesiedelt wird.

Mit der Vorbereitung der Errichtung werden das BMFSFJ, das BMI und das BMEL beauftragt. Die Bundesregierung kommt damit ihrem Auftrag aus dem Koalitionsvertrag nach, die Kultur des zivilgesellschaftlichen Engagements und des Ehrenamts weiter zu fördern und zu stärken.

Dann hat die Bundesregierung heute ihren 22. Bericht zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik für das Jahr 2018 beschlossen. Im Koalitionsvertrag sind die Bedeutung und Aufgaben der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik verstärkt und mit neuen Schwerpunkten versehen worden. Dazu gehört unter anderem Europa zu stärken, Freiräume zu schützen und Innovationen zu fördern. Angesichts weltweit schrumpfender Spielräume der Zivilgesellschaft, angesichts von Nationalismus und Abschottung leistet die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik einen ganz wichtigen Beitrag zu Frieden und Stabilität.

Damit bin ich durch.

Frage: Eine Frage an das Innenministerium. Heute steht im "Guardian" eine große Geschichte über britische Juden, die während der vergangenen drei Jahre nach dem Brexit-Entscheid die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt haben. Darunter ist eine größere Gruppe, die die deutsche Staatsbürgerschaft nicht bekommt: Juden, die nach 1945 geboren sind, die zum Teil Anfang der 50er-Jahre geboren sind. Sehen Sie eine Perspektive, dass es im Rahmen von Härtefallregelungen oder durch eine Gesetzesänderung doch noch Möglichkeiten geben kann?

Grünewälder: Dazu kann ich im Moment nichts sagen. Ich würde die Antwort nachreichen.

Zusatz: Ich hatte die Frage vor vier Stunden Ihrem Haus gemailt.

Grünewälder: Ich werde die Antwort nachreichen.

Frage: Dpa berichtet heute über eine Antwort des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zu einer Anfrage der stellvertretenden Vorsitzenden der Linken, Heike Hänsel, bei der es um polnische und griechische Reparationsansprüche geht. Der entscheidende Satz in diesem Gutachten hinsichtlich der griechischen Reparationszahlungen lautet, dass die Position rechtlich vertretbar, aber keineswegs zwingend ist.

SRS'in Demmer: Wir haben das zur Kenntnis genommen. Unsere Haltung, wonach die Frage der deutschen Reparationen juristisch und politisch abschließend geregelt ist, haben wir hier ja bereits vielfach vorgetragen. Daran hat sich nichts geändert. Die Kanzlerin selbst hat sich ja auch in Athen Anfang dieses Jahres dazu geäußert und hat gesagt - ich zitiere wörtlich -:

"Alles in allem dürfen Sie davon ausgehen, dass wir uns unserer historischen Verantwortung bewusst sind. Wir wissen auch, wie viel Leid wir als Deutschland in der Zeit des Nationalsozialismus über Griechenland gebracht haben. Deswegen ist die Lehre für uns, alles daran zu setzen, gute Beziehungen mit Griechenland zu haben und sich gegenseitig zu unterstützen, zum Wohle beider, von Griechenland und Deutschland."

Die Bundesregierung nimmt ihre Verantwortung für die Vergangenheit äußerst ernst. Deutschland hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg klar zu seiner Verantwortung für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft bekannt. Wie Sie wissen, ist es so, dass erlittenes Unrecht nicht ungeschehen gemacht werden kann. Gerade deswegen wollen wir unsere Versöhnungsanstrengungen auch fortsetzen und gemeinsam in die Zukunft blicken. Aber an unserer grundsätzlichen juristischen Haltung hat sich nichts geändert.

Zusatzfrage: Noch einmal zu der juristischen Haltung: Der Wissenschaftliche Dienst äußert sich, dass es keine Rechtsklarheit gibt, was das Völkerrecht betrifft. Deshalb schlägt er vor - ich lese die kurze Passage vor -: Rechtsklarheit ließe sich dadurch erreichen, dass der Internationale Gerichtshof in Den Haag über eine entsprechende Klage entscheidet. Zu einem solchen Verfahren könnte es aber nur dann kommen, wenn sich die Bundesregierung der IGH-Gerichtsbarkeit ad hoc freiwillig unterwerfen würde. Er meint in dieser Frage, weil das ein Fall von vor 2008 ist. Meine Frage: Warum macht das die Bundesregierung nicht, um endlich einmal Rechtsklarheit zu schaffen? Griechenland kommt ja immer wieder auf diese Frage zu sprechen.

SRS'in Demmer: Ich kann nur ganz grundsätzlich wiederholen, dass sich an unserer Haltung und unserer Rechtsauffassung nichts geändert hat. Wir werden diesen Weg weitergehen und uns natürlich auch im Dialog mit der griechischen Regierung für eine Fortsetzung der Aussöhnungsarbeit einsetzen.

Breul: Ich kann nur ergänzen: Eine Befassung des Internationalen Gerichtshofs mit dieser Frage ist von keiner Seite derzeit beabsichtigt. Ich kann noch einmal das unterstreichen, was Frau Demmer gesagt hat. Aus unserer Sicht ist die Reparationsfrage rechtlich und politisch abgeschlossen. Das ist rechtlich ziemlich klar.

Zusatzfrage: Das heißt also, wenn Griechenland dazu auffordern würde, dass man diese Frage vor dem IGH klären würde, würden Sie sich dem anschließen?

Breul: Das habe ich nicht gesagt. Ich habe gesagt: Derzeit ist von keiner Seite beabsichtigt, dies zu tun. Aus unserer Sicht ist die Frage rechtlich abgeschlossen, und damit besteht für uns auch keine Unklarheit.

Frage : Dann müssen Sie ja keine Angst haben, vor ein Gericht zu gehen, oder?

Breul: Angst haben wir sowieso nicht.

Frage : Frau Demmer, es gab heute Berichte - ich habe das bei Reuters TV gesehen -, dass es der Kanzlerin offenbar nicht gut geht. Gibt es schon Ursachen, Erkenntnisse, wie sich dieses Zittern in letzter Zeit so häufen kann?

SRS'in Demmer: Ich kann Ihnen sagen: Der Bundeskanzlerin geht es gut. Das Gespräch mit dem finnischen Ministerpräsidenten ist wie geplant gelaufen. Ich glaube, in diesen Minuten müsste es im Anschluss an das Gespräch wie geplant eine Pressekonferenz geben.

Zusatzfrage : Ich frage ja, weil es ihr offenbar nicht gut geht. Gibt es eine Ursache für die Häufigkeit des Auftretens des Zitterns in den letzten Wochen?

SRS'in Demmer: Ich Ihnen sagen: Der Bundeskanzlerin geht es gut. Sie hat ihre Termine wie geplant wahrgenommen, auch eben dieses Gespräch. Ich verweise auf die Pressekonferenz, die jetzt in diesen Minuten läuft.

Frage: Noch einmal die Nachfrage: Der Kanzlerin geht es ja offensichtlich nicht besonders gut. Es war das dritte Mal in der Öffentlichkeit, dass sie eine solche Zitterattacke hatte. Ist die Kanzlerin jetzt in Behandlung? Muss man demnächst auf solche Termine verzichten? Es kann ja auch einen psychologischen Druck geben, dass sich solche Attacken aus psychologischen Gründen wiederholen und man solche Termine vielleicht weniger wahrnimmt, damit die Kanzlerin ein bisschen aus dem Druck herauskommt. Wie geht es ihr? Was macht man momentan? Ist sie in Behandlung - ja oder nein?

SRS'in Demmer: Ich teile Ihre Analyse ausdrücklich nicht und kann nur noch einmal wiederholen: Der Kanzlerin geht es gut. Sie hat diesen Termin mit dem finnischen Ministerpräsidenten wie geplant umgesetzt. Das Ergebnis dieses Gesprächs werden die Bundeskanzlerin und auch der finnische Ministerpräsident in diesen Minuten in einer Pressekonferenz mitteilen.

Zusatz: Aber dass das nicht der Normalzustand ist, darin sind wir uns doch einig, wenn die Kanzlerin zum zweiten Mal bei der Nationalhymne und zum dritten Mal öffentlich derartige Zitterattacken bekommt.

SRS'in Demmer: Wie gesagt, ich teile Ihre Analyse so ausdrücklich nicht.

Frage: Frau Demmer, wird sich die Kanzlerin trotzdem einmal einer ärztlichen Untersuchung unterziehen, um sicherzustellen, dass es ihr wirklich gut geht?

SRS'in Demmer: Ich habe Sie jetzt hier über den Gesundheitszustand der Kanzlerin so weit informiert, wie ich das tun kann und möchte. Darüber hinaus habe ich dem nichts hinzuzufügen.

Zusatzfrage : Was wir doch alle sehen, ist, dass jetzt immer wieder geschaut wird - das ist ja auch international ein Thema -, ob die Kanzlerin bei solchen öffentlichen Anlässen zittert oder nicht. Wie will die Bundesregierung auf Dauer mit dieser Situation umgehen? Das ist ja auch wahrscheinlich nicht im Sinne der Bundesregierung, dass das jetzt das alles beherrschende Thema ist. Mit einer Klärung könnte man dieses Problem vielleicht mit etwas mehr Transparenz möglicherweise lösen.

SRS'in Demmer: Wie gesagt, ich kann meinen Ausführungen hier jetzt gar nichts hinzufügen. Ich würde sagen: Alle diese Pressekonferenzen sind ein Beleg dafür, dass die Bundesregierung wunderbar konstruktiv und sehr eifrig arbeitet.

Frage : Frau Demmer, hat es in den vergangenen drei Wochen konkrete medizinische Maßnahmen gegeben, die seit dem ersten Zitteranfall für sinnvoll erachtet wurden?

SRS'in Demmer: Sie können mich hier jetzt löchern. Ich kann nur noch einmal wiederholen: Der Bundeskanzlerin geht es gut. Sie hat auch in den vergangenen drei Wochen alle Termine bester Dinge absolviert.

Frage: Frau Demmer, gibt es eine medizinische Erklärung dafür, dass es innerhalb kurzer Zeit in sehr unterschiedlichen Situationen ähnlich erscheinende Zitteranfälle gegeben hat? Beim ersten Mal wurde Dehydrierung als Ursache genannt. Diese Voraussetzungen waren bei den weiteren nicht gegeben. Die Öffentlichkeit hat doch ein berechtigtes Interesse daran, zu erfahren, ob es eine hinreichende medizinische Erklärung über die Ursachen dieser Phänomene gibt oder wann werden wir sie erwarten können? Ich erwarte jetzt kein ärztliches Bulletin von Ihnen; das ist schon klar. Aber die Frage ist: Gibt es eine medizinische Erklärung, die für alle Vorfälle gilt? Wann werden wir sie gegebenenfalls erfahren?

SRS'in Demmer: Ich verstehe Ihr Interesse. Ich kann Ihnen aber über das bereits Gesagte hinaus hier jetzt nichts sagen.

Zusatzfrage: Das heißt, die Bundesregierung ist nicht in der Lage, eine öffentliche Erklärung darüber abzugeben, worin die Ursache für diese wiederholt auftretenden Zitteranfälle liegt?

SRS'in Demmer: Diese Analyse teile ich ausdrücklich nicht. Wie gesagt, ich habe Ihnen ja gesagt: Der Bundeskanzlerin geht es gut.

Zuruf: Ne, ne, ne, ne. Sie haben - - -

SRS'in Demmer: Ich verweise jetzt noch einmal auf die Pressekonferenz, die ja in diesen Minuten beginnt.

Zusatzfrage: Da sollen doch die Ergebnisse des Treffens mitgeteilt werden. Danach fragen wir doch gar nicht. Wir fragen auch nicht, ob es ihr gut geht, sondern die Frage ist sehr konkret: Gibt es eine medizinische Ursache dafür, die Sie uns mitteilen? Wenn ja, wann? Da ist die Antwort "Es geht ihr gut" gar keine Antwort.

SRS'in Demmer: Aber meine Antwort ist: Ich habe Ihnen zu diesem Zeitpunkt alles mitgeteilt, was ich Ihnen mitteilen werde.

Frage: Trotzdem noch eine Nachfrage. Wir kennen drei Attacken, die es öffentlich gab. Gab es weitere? Das ist eine einfache Frage. Ja oder nein?

SRS'in Demmer: Ich habe zu diesem Thema hier jetzt alles gesagt.

Zusatzfrage: Das ist eine ganz einfache Ja-Nein-Frage. Gab es weitere?

SRS'in Demmer: Sie haben meine Antwort vernommen.

Zuruf: Das war keine Antwort!

SRS'in Demmer: Ich habe zu diesem Thema jetzt hier alles gesagt.

Zuruf: Sie sagen nichts! Das ist aber keine Antwort. "Ich antworte nicht" ist keine Antwort. Ja oder nein?

SRS'in Demmer: Ich verweise jetzt auf das, was ich hier gesagt habe und kann dem nichts hinzufügen.

Zusatz: Mann, da hält ja ein Pudding besser!

Frage: An das Auswärtige Amt und vielleicht auch an das Verteidigungsministerium: Die USA möchten offenbar einen Militärpakt für die Straße von Hormus bilden. Gibt es da eine konkrete Anforderung oder Anfrage an die Bundesregierung? Wird sich die Bundesregierung gegebenenfalls daran beteiligen?

Breul: Ich kann gerne beginnen. Das Ansinnen der USA ist, glaube ich, nicht so ganz neu; der US-Außenminister hat sich vor zwei Wochen schon in ähnlicher Form geäußert. Für uns ist klar: Wir sind angesichts der anhaltenden Spannungen in der Golfregion besorgt und halten es für vordringlich jetzt alles zu unternehmen, um zur Deeskalation der Spannungen beizutragen. Entsprechend sind jeder Vorschlag und jede Bemühung zu begrüßen, die einen Beitrag zur Deeskalation leisten können.

Des Weiteren haben wir auch deutlich gemacht, dass die Angriffe auf Tanker im Golf von Oman jede Bedrohung für die Sicherheit des Seeverkehrs sowie für Frieden und Sicherheit in der Region von uns verurteilt werden. Die Sicherheit der Schifffahrt ist ein hohes Gut, gerade für eine Handelsnation wie uns, und sie kann nur durch Verantwortung und Kooperation aller Akteure in der Region sichergestellt werden. Wir sind der Auffassung, dass wir einen breiten regionalen Ansatz brauchen, um die Spannungen in der Region zu beruhigen und dieses Ergebnis zu erreichen.

Zu Ihrer Anfrage zu konkreten Bitten kann ich Ihnen mitteilen, dass die USA bislang nicht mit konkreten Überlegungen zu einem Engagement zum Schutz der maritimen Sicherheit in der Region beziehungsweise mit einer Bitte an uns herangetreten sind.

Fähnrich: Für unser Haus kann ich sagen, dass eine Bitte oder eine Anfrage in dieser Form auch im BMVg nicht vorliegt.

Frage : Herr Breul, es gab Berichte, dass das Auswärtige Amt heute den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte veröffentlichen würde. Ich habe bisher online noch nichts gefunden. Wo bleibt der?

Breul: Das ist nicht der Nationale Aktionsplan - - -

Zusatz : Der Zwischenbericht dazu.

Breul: Genau. Der Zwischenbericht wird heute veröffentlicht. Als ich vorhin das Büro verließ, waren die Kolleginnen dabei, das einzustellen und hochzuladen. Es würde mich wundern, wenn er jetzt noch nicht online ist. Falls er noch online ist, dann wird das in den nächsten Minuten der Fall sein.

Zusatzfrage : Der Zwischenbericht sollte im Mai veröffentlicht werden. Warum ist er erst jetzt im Juli veröffentlicht worden?

Breul: In dem Zwischenbericht werden Sie sehen, dass wir dort ausführlich die Methodik für die nun folgende groß angelegte quantitative Befragung ausarbeiten, und in wenigen Wochen werden dann die 1800 Unternehmen ein Anschreiben per E-Mail erhalten und um Teilnahme an der Erhebung gebeten. Wie Sie sich vorstellen können, ist das ein ziemlich großes Unterfangen - wir würden sogar sagen, in Umfang und Tiefe bisher weltweit einmalig. Wir mussten dafür eine neue Methodik erarbeiten, und diese Erarbeitung der Methodik geschah auf Grundlage einer vielschichtigen, komplexen Debatte, in der sich neben den Ressorts auch Sozialpartner, Verbände und Nichtregierungsorganisationen mit unterschiedlichen, teilweise auch divergierenden Vorschlägen eingebracht haben. Wir leben Wert darauf, dass das Monitoring, das jetzt stattfindet, auf einer breiten Basis aufgestellt ist und ein transparenter, methodisch fundierter und nach wissenschaftlichen Standards gestalteter Prozess ist.

Sie sehen, wir haben uns das nicht leicht gemacht, wir haben viel Arbeit darin investiert - aber nicht, um das irgendwie hinauszuzögern, sondern um eine fundierte, solide Basis zu haben. Jetzt laufen die Umfragen für 2019, dann folgt die Studie für 2020 und dann wird, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, geprüft, welche weiteren Maßnahmen gegebenenfalls notwendig sind, um bei der Einhaltung zu einem guten Ergebnis zu kommen.

Zusatzfrage : Wie zufrieden sind Sie im Entwicklungsministerium mit der Umfragemethode, auf die man sich jetzt geeinigt hat? Ist das hilfreich?

Blázquez: Ja, wir sind zufrieden mit dem Ergebnis, das jetzt vorliegt, und freuen uns vor allem, dass es jetzt mit der Befragung der Unternehmen losgehen kann.

Frage: Noch einmal an das Auswärtige Amt gerichtet: Herr Breul, die Afghanistan-Friedenskonferenz in Doha ist in der Nacht zum Dienstag mit einer Erklärung zu Ende gegangen. Wie bewertet Deutschland als einer der Ausrichter der Konferenz dieses Ergebnis? Wie glaubhaft halten Sie vor allen Dingen die Ankündigung der Taliban, zukünftig auf Gewalt und Einsätze gegen zivile Ziele zu verzichten?

Breul: Wir sind mit dem Verlauf der Veranstaltung sehr zufrieden und danken unseren katarischen Mitgastgebern für die gute Zusammenarbeit. Wir sind deshalb zufrieden, weil die teilnehmenden Afghaninnen und Afghanen zufrieden sind. Sie haben ein positives Fazit der Veranstaltung gezogen und insbesondere gelobt, dass es einen sehr konstruktiven und offenen Austausch gegeben hat. Dass es nach intensiven Diskussionen sogar gelungen ist, einen gemeinsamen Text für eine Abschlusserklärung zu bekommen, ist ein so nicht erwarteter Erfolg dieser Veranstaltung.

Die Abschlusserklärung ist kein bindendes Dokument, das ist klar. Wir haben hier letzte Woche ja etwas länger über dieses Thema diskutiert und noch einmal klargemacht, dass das jetzt nicht der Beginn von Verhandlungen ist, sondern ein erster Dialog. Dementsprechend ist das kein bindendes Dokument, sondern eine gemeinsame Erklärung. Diese Erklärung kann aber wichtige Referenzpunkte für mögliche innerafghanische Verhandlungen bieten. Sie haben es gerade schon angesprochen: Auch die Forderung nach der Reduzierung von Gewalt, um Minimierung von zivilen Opfern und insbesondere nach dem Schutz von Schulen, Krankenhäusern und religiösen Einrichtungen sind natürlich ganz wichtige Elemente. Wir können nur alle Seiten dazu auffordern, dieser Forderung jetzt auch Folge zu leisten.

Zusatzfrage: Arbeiten Deutschland und gegebenenfalls Katar daran, dass es Folgetreffen geben kann - möglicherweise wiederum von Ihnen organisiert, wenn sich das bewährt hat -, mit denen ein solcher Austausch verstetigt werden kann - vielleicht sogar unter Einbeziehung der afghanischen Regierung, wozu die Taliban derzeit ja noch nicht bereit sind?

Breul: Es gibt noch keine konkrete Planung, was die nächsten Schritte sind. Wir sind da ganz in den Händen der afghanischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die entscheiden müssen, ob sie eine Fortsetzung der Veranstaltung für nützlich erachten oder nicht. Ich möchte da noch einmal den dienstleistenden Charakter der Unterstützung, die wir leisten, betonen. Das werden wir jetzt in den Gesprächen mit den Teilnehmern zusammen mit den Katarern weiter aufnehmen und dann schauen, was der Weg vorwärts ist.

Frage : An Frau Demmer und an Frau Kalwey: Es gab Medienberichte, dass sich Deutschland und Frankreich auf Herrn Carney als neuen IWF-Chef verständigt hätten. Können Sie das bestätigen?

SRS'in Demmer: Wie Sie wissen, haben sich nach dem Europäischen Rat auch die europäischen Finanzminister darauf verständigt, die derzeitige IWF-Chefin Christine Lagarde für die Nachfolge von Mario Draghi als künftige EZB-Präsidentin zu nominieren. Die Finanzminister haben das gestern auch formell vorgeschlagen. Mit der Ernennung wird nach der Konsultation des Europäischen Parlaments und des EZB-Rates im Oktober gerechnet. Im Fall der Wahl von Christine Lagarde wird sich zu diesem Zeitpunkt dann natürlich auch die Frage stellen, wer ihr an der Spitze des IWF nachfolgt. Wir wünschen uns dabei einen qualifizierten europäischen Kandidaten, den wir dann unterstützen. Dazu werden wir uns eng mit den europäischen Partnern abstimmen. Spekulationen darüber, dass sich Deutschland und Frankreich schon auf den scheidenden britischen Notenbankpräsidenten geeinigt hätten, kann ich hier klar dementieren. Es gibt noch keine Vorfestlegung auf einen Kandidaten oder auf dessen Nationalität, aber natürlich sind wir auf der Suche, um einen europäischen Konsens zu finden.

Vorsitzender Feldhoff: Gibt es eine Ergänzung des BMF?

Kalwey: Nein, es ist alles gesagt.

Frage: An das Verkehrsministerium zur Pkw-Maut: Das BMVI hat ja heute einen Fragenkatalog der Grünen beantwortet. Kann man inzwischen beziffern, wie hoch der Schaden aus dem Stopp der Maut ist?

Zweite Frage: Erwartet das Ministerium, dass die gekündigten Mautbetreiber auf die gesamte bei dem Geschäft entgangene Summe von 2 Milliarden Euro klagen werden?

Strater: Vielen Dank für die Frage. - Zunächst einmal: Der Minister hat heute fristgerecht und umfassend die mehr als 60 Fragen der Grünen-Abgeordneten zur Pkw-Maut beantwortet. Das ist vor Kurzem versandt worden. Das heißt, wir stehen in dieser Frage für maximale Transparenz und Klarheit. Alle Fragen, die im Zusammenhang mit der Pkw-Maut auftreten, werden umfassend und fristgerecht beantwortet. Wie Sie wissen, haben wir die Verträge auch in die Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages übersandt, sodass die Abgeordneten dort Einsicht nehmen können. Wir wollten auch noch mehr, wir wollten sie auch auf der Homepage veröffentlichen. Dem haben die Betreiber auf Berufung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse explizit nicht zugestimmt. Wir haben auch noch diverse andere Maßnahmen getroffen, um das zu veröffentlichen, was wir veröffentlichen können; heute haben wir zum Beispiel die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen zur Vergabe ins Internet gestellt.

Zu Ihrer ganz konkreten Frage: Dem BMVI liegen zum jetzigen Zeitpunkt keine Forderungen der Vertragspartner beziehungsweise der Auftragnehmer vor, sodass ich Ihnen auf Fragen zu etwaigen Summen keine Antwort geben kann.

Frage : An Herrn Fähnrich und gegebenenfalls Frau Demmer zu der Personalie von der Leyen: Wird sie, bis sie gewählt wird oder nicht gewählt wird, noch im Amt der Verteidigungsministerin bleiben, oder wird sie das solange bleiben, bis sie Kommissionspräsidentin wird? Kann sie das im Amt der Verteidigungsministerin werden oder muss sie sogar schon vorher zurücktreten?

Fähnrich: Dazu habe ich eigentlich schon etwas gesagt - ich glaube, Sie waren auch da am Freitag.

Zusatzfrage : Ja, das habe ich ja nicht verstanden.

Fähnrich: Okay. - Fakt ist: Die Ministerin ist und bleibt zum jetzigen Zeitpunkt Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt. Sollte es eine Entscheidung geben beziehungsweise sofern die Ministerin diese Entscheidung trifft - in welche Richtung auch immer -, werden wir Sie darüber informieren.

Zusatzfrage : Die Lernfrage war: Kann sie als amtierende Verteidigungsministerin Deutschlands zur Kommissionspräsidentin gewählt werden?

Fähnrich: Diese Frage kann ich Ihnen aus dem Stegreif nicht beantworten. Ich kann Ihnen nur sagen, dass sie es zurzeit ist. Ich werde prüfen, ob ich eine Antwort auf die Frage bekomme, ob das rechtlich machbar ist. Sie hat zurzeit einen Status als Kandidatin, in dem sie eben unterstützt wird durch die Europäische Kommission. Ob das machbar ist, können wir rechtlich einmal überprüfen. Inwiefern das notwendig ist, werden wir dann jedenfalls bekanntgeben.

Zusatzfrage : Ich verstehe es aber richtig, dass die Ministerin selbst so lange im Amt bleiben möchte, bis sie das neue Amt bekommen hat, richtig?

Fähnrich: Nein, da gilt das, was ich eben gesagt habe: Wenn es eine Entscheidung darüber gibt, dann werden wir Sie darüber informieren.

Breul: Ich weiß nicht, ob es Ihnen weiterhilft, Herr Kollege - ich glaube eher nicht, weil Sie das schon wissen -: Die Wahl wurde vom Europäischen Parlament ja für nächste Woche angesetzt. In den von mir vor zwei Wochen schon einmal zitierten Bestimmungen der EU-Verträge gibt es keine speziellen Anforderungen an die Kandidatinnen und Kandidaten, welches Amt sie zu diesem Zeitpunkt innehaben oder auch nicht. Das Entscheidende ist der Vorschlag des Europäischen Rats. Die amtierende Kommission ist ja auch noch bis Ende Oktober im Amt, und dann übernimmt die neue Kommission das Amt. Europarechtlich ist das zum Zeitpunkt der Wahl insofern unerheblich, aber mit Beginn der Amtszeit Anfang November ist es eine neue Situation.

Zusatzfrage : Angenommen, sie wird es nicht: Dann bleibt sie einfach weiter Verteidigungsministerin, oder was?

Fähnrich: Da gilt das, was ich gerade gesagt habe.

Frage: Zum Thema Migranten und Seenotrettung: Was unternimmt die Bundesregierung, um zu erreichen, dass die anderen Mitgliedstaaten im Mittelmeer ihre Verantwortung übernehmen?

Zweite Frage: Wie schätzt die Bundesregierung ein, dass die französische Regierung ihre Häfen geschlossen hält?

Grünewälder: Ich kann für das Bundesinnenministerium gerne etwas dazu sagen. Der Bundesinnenminister hat die finnische Ratspräsidentschaft gebeten, das Thema aktuelle Herausforderungen der Migration über das Mittelmeer auf die Tagesordnung der informellen Sitzung des JI-Rates nächste Woche in Helsinki zu setzen. Dort wird das also thematisiert werden. Außerdem ist auf Anregung des Bundesinnenministers ein Prozess in Gang gesetzt worden, in dem sich die Bundesregierung zu einer Haltung verständigt, die dann beim JI-Rat eine Rolle spielen wird.

Grundsätzlich ist das zu sagen, was wir auch die letzten Wochen gesagt haben: Es ist grundsätzlich Aufgabe der EU-Kommission, dafür zu sorgen, dass wir unter Beteiligung Deutschlands eine Lösung finden für Gerettete, für Migranten, die sich auf Schiffen befinden. Wir sind aber der Auffassung, dass wir sowohl einen Ad-hoc-Mechanismus als auch eine langfristige Lösung brauchen.

Zusatzfrage: Frau Demmer?

SRS'in Demmer: Ich kann jetzt nur wiederholen, was auch Herr Seibert hier schon vielfach gesagt hat: Das ist für uns ein zentrales Thema, und natürlich ist es dringend notwendig, schnell eine verlässliche europäische Lösung in der Migrationspolitik zu finden; denn die Not von Menschen im Mittelmeer geht ja nicht nur drei oder vier europäische Mitgliedstaaten etwas an.

Hier gab es ja wirklich lange Auseinandersetzungen und Beschäftigung mit diesem Thema, und dem kann ich jetzt nichts hinzufügen.

Zusatzfrage: Und was sagen Sie dazu, dass Frankreich seine Häfen geschlossen hält?

Breul: Wir haben hier, glaube ich, an verschiedenen Stellen deutlich gemacht, dass wir für eine Lösung die Solidarität aller EU-Mitgliedstaaten brauchen und dass wir uns durchaus vorstellen können, dass sich EU-Mitgliedstaaten auf unterschiedliche Art und Weise solidarisch zeigen. In Ergänzung der Ausführungen des Kollegen möchte ich noch einmal betonen, dass nicht nur wir dabei initiativ sind, sondern dass die Europäische Kommission natürlich ebenfalls ein sehr starkes Interesse an dem Thema hat und dieses Thema mit uns sozusagen nach vorn trägt.

Wir führen Gespräche, aber aus diesen Gesprächen mit einzelnen Mitgliedsstaaten gibt es hier jetzt nichts zu berichten. Das haben wir in der Vergangenheit so gehandhabt, und das ist auch zielführend.

Frage : Meine Frage richtet sich an das BMF, gegebenenfalls an das BMAS. Es geht um eine Studie über Vermögende weltweit. Das Beratungsunternehmen Capgemini hat festgestellt, dass die Zahl der Dollarmillionäre in Deutschland zurückgegangen sei. Es gebe jetzt nur noch 1,3 Millionen Dollarmillionäre in Deutschland.

Hat Ihr Ministerium, Frau Kalwey, Zahlen über Euromillionäre? Wie viele Euromillionäre gibt es in Deutschland?

Kalwey: Ich habe die Berichterstattung zur Kenntnis genommen. Ich kann Ihnen nicht aus dem Stehgreif sagen, ob uns Zahlen dazu vorliegen. Nachdem zumindest in dem Bericht, den ich gelesen habe, auch die Bundesbank beziehungsweise zumindest eine Bundesbankstatistik erwähnt wird, würde ich vermuten, dass, wenn es so etwas gibt, die Bundesbank über entsprechende Statistiken verfügt und raten, einmal bei der Bundesbank nachzufragen. Mir ist nicht bekannt, ob bei uns im BMF solch eine Statistik geführt wird.

Zusatzfrage : Irgendjemand bei der Bundesregierung wird doch wissen oder wissen wollen, wie viele Superreiche es in unserem Land gibt.

Macht Ihnen der Rückgang Sorgen? Angeblich sind es fünf Prozent weniger Dollarmillionäre in Deutschland.

Frau Schneider, wissen Sie vielleicht, wie viele Millionäre es gibt?

Schneider: Auch mir liegen dazu keine Zahlen oder Erkenntnisse vor. Ich kann vielleicht noch einmal darauf hinweisen, dass wir im Rahmen der Armuts- und Reichtumsberichterstattung vorhaben, dem Thema Reichtum etwas mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Aber Zahlen zu den von Ihnen erfragten Millionären kann ich jetzt nicht vorlegen.

Kalwey: Ich kann Ihnen dazu sagen, dass wir uns bei uns im Ministerium natürlich mit den Fragen der Einkommensverteilung und auch mit Ungleichheitsfragen im Grundsatz beschäftigen und dafür auf Analysen und Statistiken der Bundesbank und des Statistischen Bundesamtes zurückgreifen. Ich kann, wie gesagt, gern nachfragen, ob wir selbst über eine Statistik verfügen. Ich würde davon ausgehen, dass die Antwort Nein lauten wird, einfach deshalb, weil wir keine Statistikbehörde sind. Ansonsten kann ich, wie gesagt, gern an die Bundesbank verweisen.

Zusatzfrage : Frau Schneider, Sie sagten, Sie wollten etwas mehr über die Reichen wissen. Warum nur "etwas mehr", warum nicht "alles"?

Schneider: In der vergangenen Legislaturperiode hat die Ministerin bereits klargemacht, dass die Armuts- und Reichtumsberichterstattung beide Aspekte betrifft. Sie hat angekündigt, dass dem Thema der Armut tatsächlich mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden soll. Das streben wir an. Insoweit ist der nächste Bericht abzuwarten.

Zusatzfrage : Sie zitieren gerade die Ministerin. Jetzt haben Sie ja einen Minister. Sieht er das auch so?

Schneider: Er führt die Arbeit der Ministerin fort.

Frage: Ich möchte doch noch an die heute vorangegangene Pressekonferenz anknüpfen. Herr Seehofer als Vorsitzender der Kommission "Gleichwertige Lebensverhältnisse" hat die Einschätzung abgegeben, dass die Umsetzung dieses Strukturprogramms den Bund über die Dekade etwa einen zweistelligen Milliardenbetrag kosten würde und dass dies nach seiner Einschätzung zu stemmen sei.

Entspricht das der Einschätzung des Bundesfinanzministers? Möglicherweise war das ja doch Gegenstand von Diskussionen im Kabinett. Ist das eine realistische Einschätzung, oder sind das Wolkenkuckucksheime?

Kalwey: Ich möchte das, was in der vorangegangenen Pressekonferenz gesagt wurde, jetzt nicht noch einmal einordnen oder kommentieren. Es wird auch Aufgabe der Bundesministerien sein - so ist es in der Pressekonferenz, wenn ich es richtig gehört habe, ja auch angeklungen; ich konnte sie nur in Teilen verfolgen -, die ihnen im Rahmen ihrer Zuständigkeit zur Verfügung stehenden Mittel effektiv zu nutzen und, soweit erforderlich, neu zu priorisieren. Über weitere, zusätzliche Haushaltsmittel für Bedarfe, die noch darüber hinaus angemeldet werden oder bestehen, wird einfach unter Berücksichtigung der Haushaltslage in den nächsten Haushaltsaufstellungen zu reden sein.

Es geht jetzt, wie gesagt, in erster Linie erst einmal darum, bestehende Programme zielgerichteter zu bündeln. Über Mittel beziehungsweise zusätzliche Mittel kann ich Ihnen keine Auskunft geben.

Zusatzfrage: Einer der Ansätze Herrn Seehofers und der beiden Ministerinnen war auch der, dass stärkere Wirtschaftsförderung betrieben werden müsse. Das klingt ein wenig wie Programme, die es früher unter dem Stichwort der Zonenrandförderung gab. Das wird kaum durch Umschichtung in einzelnen Ressorttiteln erreicht werden können. Ist darüber schon gesprochen worden, sei es im Finanzministerium oder im Wirtschaftsministerium, das dafür ja eventuell zuständig wäre?

Kalwey: Ich möchte dazu an die Kollegin verweisen.

Baron: Dazu kann ich gern etwas sagen. Teil der Schlussfolgerungen der Kommission "Gleichwertige Lebensverhältnisse", die heute im Kabinett vorgestellt wurden, ist ja gerade die Neuausrichtung des gesamtdeutschen Fördersystems. Das basiert natürlich ganz wesentlich auf der Strukturförderung, die wir schon haben, der sogenannten GRW-Förderung bei uns im Haus. Kern dessen ist, dass man jetzt sagt: Die Programme, die bislang auf ostdeutsche Länder ausgerichtet sind, werden jetzt nicht mehr nach Himmelsrichtung ausgerichtet, sondern nach Strukturschwäche und nach neuen Kriterien. - Wir bündeln damit Programme, die wir haben, und zwar nicht nur bei uns im Haus, sondern auch in anderen Häusern, und erweitern die Systeme, die bislang auf Ostdeutschland beschränkt waren, auf alle strukturschwachen Regionen.

Es werden neue Kriterien definiert. Im Wesentlichen sind es vier Parameter, die dann für dieses neue gesamtdeutsche Fördersystem relevant sind, nämlich die Parameter Arbeitslosenquote, Erwerbstätigenquote, Infrastrukturausstattung und Arbeitsproduktivität. Danach definiert sich die Strukturschwäche einer Region, die dann in der gesamtdeutschen Förderung relevant ist. Dann werden weitere Kriterien definiert. Ein Ziel, das verfolgt werden soll, ist stärkere Innovationsförderung.

Neu in diesem System ist auch, dass Fördermittel, die nicht abgerufen werden, überjährig gebündelt werden sollen und dass man auch Wettbewerbe über die Förderung ausführt, also auch neue Förderinstrumente etabliert, die in ihrer Summe dieses neue gesamtdeutsche Fördersystem darstellen sollen.

Zusatzfrage: Ich verstehe Ihre Ausführungen so, dass sich das Wirtschaftsministerium neben den drei Ministerien, die sozusagen die Kommissionsarbeit geleistet haben, ab sofort als einen eigenständigen Player in der Umsetzung der Kommissionskonsequenzen sieht. Ist das richtig?

Baron: Das war auch schon immer so angedacht. Sie wissen ja, dass es in der Kommissionsarbeit verschiedene Facharbeitsgruppen gab. Es gab die Facharbeitsgruppe 2 "Wirtschaft und Innovation". Diese wurde während der gesamten Arbeit vom Parlamentarischen Staatssekretär Wittke geleitet, der bei uns im Haus zuständig ist. Mit den weiteren Ressorts wird diese Arbeit jetzt fortgesetzt, die aber auf der bisherigen Strukturförderung aufsetzt, die bei uns im Haus liegt.

Kalwey: Ich kann zum Thema der Einkommensmillionäre, falls Sie das so nennen wollen, noch ergänzen, dass es bei uns in der Datensammlung Statistiken gibt, und zwar bezieht sich die infrage kommende auf den Beitrag der Steuerpflichtigen zum Einkommenssteueraufkommen. Das ist gestaffelt nach "obere ... % der Steuerpflichtigen" beziehungsweise "untere ... % der Steuerpflichtigen". Sie finden das bei uns auf der Internetseite, wenn es Sie interessiert.

Mittwoch, 10. Juli 2019

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 10. Juli 2019
https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/regierungspressekonferenz-vom-10-juli-2019-1646934
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juli 2019

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