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PRESSEKONFERENZ/1772: Regierungspressekonferenz vom 19. Oktober 2018 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 19. Oktober 2018
Regierungspressekonferenz vom 19. Oktober 2018

Themen:Termine der Bundeskanzlerin in der kommenden Woche (Treffen mit engagierten Personen bei der Aufnahme und Integration von Flüchtlingen, Gespräch mit dem polnischen Staatspräsidenten, Treffen mit Mitgliedern des gemeinsamen Präsidiums von BDA und BDI, Syrien-Gipfeltreffen in Istanbul), Rücktritt von Staffan de Mistura vom Amt des Uno-Sondergesandten für Syrien, Fall des vermissten saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi, Äußerungen des russischen Präsidenten auf der Tagung des Internationalen Diskussionsklubs "Waldai"

Sprecher: SRS'in Fietz, Burger (AA)


Vorsitzender Feldhoff eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS'in Fietz sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS'in Fietz: Guten Morgen auch von meiner Seite her! Wie immer die Termine der Kanzlerin in der nächsten Woche:

Die Bundeskanzlerin wird sich in der kommenden Woche erneut mit Vertreterinnen und Vertretern gesellschaftlicher Gruppen treffen, die sich bei der Aufnahme und Integration von Flüchtlingen engagieren. Das Treffen findet am kommenden Dienstag von 11.30 Uhr bis 14.30 Uhr im Bundeskanzleramt statt. Die Bundeskanzlerin hat Vertreterinnen und Vertreter von Wohlfahrts- und Wirtschaftsverbänden, Migrantenorganisationen, Gewerkschaften, Kirchen und Stiftungen sowie die Ansprechpartner der Länder und Kommunen eingeladen.

An dem Treffen nehmen von Seiten des Bundes teil: Bundesinnenminister Seehofer, Kulturstaatsministerin Grütters, die Integrationsbeauftragte Widmann-Mauz sowie Vertreter der Bundesministerien für Arbeit und Soziales, für Wirtschaft, für Familie, für Bildung und für Gesundheit sowie BAMF-Präsident Sommer und der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Scheele.

Themen des Treffens sind: die gesellschaftliche Integration und der gesellschaftliche Zusammenhalt, die Herausforderungen im Bildungsbereich, die Integration von anerkannten Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt.

Es gab bereits mehrfach Treffen in diesem Kreis. Für die Bundeskanzlerin ist dieser Informationsaustausch wichtig. Sie möchte wissen, welche Erfahrungen die Teilnehmer bei der Integration von Flüchtlingen gemacht haben, und möchte ihnen für ihr Engagement danken. Der Austausch wird künftig im Rahmen der Integrationsgipfel fortgeführt.

Dann - ebenfalls am Dienstag - wird die Bundeskanzlerin um 16.10 Uhr den Staatspräsidenten der Republik Polen, Duda, im Bundeskanzleramt empfangen. Bei dem gemeinsamen Termin werden sie die deutsch-polnischen Beziehungen sowie außen- und europapolitische Themen erörtern.

Dann geht es weiter am kommenden Donnerstag. Am 25. Oktober trifft die Bundeskanzlerin im Kanzleramt zu einem Gespräch mit Mitgliedern des gemeinsamen Präsidiums von BDA und BDI zusammen. Im Rahmen eines gemeinsamen Abendessens werden sie sich zu aktuellen wirtschaftspolitischen Themen austauschen.

Und dann ein Termin am kommenden Samstag, den 27. Oktober: Da wird Bundeskanzlerin Merkel zu einem Syrien-Gipfeltreffen mit den Staatspräsidenten Frankreichs, Russlands und der Türkei nach Istanbul reisen. Auf der Agenda wird unter anderem die Lage in Idlib und die Unterstützung für die Umsetzung des russisch-türkischen Abkommens von Sotschi zur Stabilisierung Syriens stehen. Darüber hinaus wird auch der weitere Fortgang des politischen Prozesses unter UN-Führung, insbesondere die Arbeitsaufnahme der Verfassungskommission, diskutiert. Die Idee eines solchen Treffens wurde bereits seit längerem diskutiert. Die Bundeskanzlerin hatte ja schon, wie Sie sich erinnern, beim Besuch des türkischen Präsidenten in Berlin Ende September das ausstehende Gipfeltreffen in Istanbul erwähnt.

Ich darf in diesem Zusammenhang hinzufügen, dass Bundeskanzlerin Merkel mit großem Bedauern die Ankündigung des UN-Sondergesandten für Syrien, Herrn Staffan de Mistura, zur Kenntnis genommen hat, seine Vermittlungsrolle in diesem Jahr noch aufzugeben. Die Bundeskanzlerin wünscht Herrn de Mistura in seinen letzten Wochen in dem verantwortungsvollen Amt viel Erfolg, damit das Verfassungskomitee so bald wie möglich seine Arbeit aufnehmen kann. Dieser Schritt wäre ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einer dauerhaften politischen Transition. Die syrische Bevölkerung als Leidtragende des Bürgerkrieges hat in Staffan de Mistura einen energischen, unermüdlichen und trotz der äußerst schwierigen Umstände seine Mission nie aufgebenden Fürsprecher gefunden.

Frage: Frau Fietz, mich würde interessieren: Was will denn die Kanzlerin bei diesem Treffen erreichen? Wie bewertet die Bundesregierung die aktuelle Syrien-Politik des russischen Präsidenten?

SRS'in Fietz: Ich sagte Ihnen ja schon, was auf der Tagesordnung stehen wird. Die Kanzlerin möchte natürlich den Prozess zur Stabilisierung Syriens, soweit es geht, fortsetzen. Sie sieht in Russland als Verbündeten des Assad-Regimes einen Partner, der in besonderer Verantwortung steht, gleichzeitig auch die Türkei, die sich in dem Abkommen mit Russland zu einer besonderen Verantwortung verpflichtet hat. Man setzt darauf, dass man allmählich Fortschritte machen kann, um zu einer Stabilisierung in Syrien zu kommen - wohlwissend, dass das noch ein sehr schwieriger und langwieriger Prozess sein wird.

Zusatzfrage: Heißt das, dass die Bundesregierung die Rolle Russlands als eine gewisse stabilisierende Kraft in diesem Konflikt sieht?

SRS'in Fietz: Es wurde schon öfter betont, dass die Übereinkunft von Sotschi zwischen Russland und der Türkei grundsätzlich als positives Signal zu werten ist. Die Umsetzung scheint voranzukommen, wenngleich der Prozess noch nicht abgeschlossen ist. Deshalb ist alles dafür zu tun, dass dieser Prozess weitergeführt werden kann.

Frage: Herr Burger und vielleicht auch Frau Fietz, noch einmal zum Fall Khashoggi und dazu, wie die internationale Gemeinschaft darauf reagiert. Es gab das gemeinsame Schreiben der G7. Jetzt gibt es zum Beispiel aus der FDP die Forderung, man müsse weitergehen und beispielsweise die Botschafter Saudi-Arabiens in all diesen Ländern einberufen, um deutlich zu machen, dass das nicht geht.

Was halten Sie von dieser FDP-Initiative von Herrn Lambsdorff? Was sagen Sie dazu?

Burger: Der Außenminister hat sich sehr früh zu diesem Fall positioniert und auch sehr früh der saudischen Seite unsere Erwartungen verdeutlicht, dass unverzüglich und lückenlos aufgeklärt und dass Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen werden. Insofern kann ich nur noch einmal wiederholen, was der Außenminister am Mittwoch bei seiner Begegnung mit dem tunesischen Außenminister gesagt hat: Wir wollen wissen, was dort geschehen ist. Darum wird es gehen. Wenn wir das wissen, werden wir auch die notwendigen Schlussfolgerungen daraus ziehen.

Frage: Wird der Fall Khashoggi irgendwelche Auswirkungen auf deutsche Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien haben?

Burger: Dazu gibt es im Koalitionsvertrag klare Vereinbarungen, und der Koalitionsvertrag gilt.

Zusatzfrage: Heißt das, dass der Fall Khashoggi keine Auswirkungen haben wird? Er steht ja nicht darin.

Burger: Es gilt das, was im Koalitionsvertrag steht. Im Übrigen kann ich nur wiederholen, was ich gerade gesagt habe. Es geht jetzt zunächst einmal darum, zu wissen, was tatsächlich geschehen ist. Wenn wir das wissen, werden wir auch die notwendigen Schlussfolgerungen daraus ziehen.

Frage: Ich verstehe ja nicht so viel von Außenpolitik, aber ich verstehe, dass es einen Koalitionsvertrag gibt und ein Ereignis eingetreten ist, das im Koalitionsvertrag nicht vorhersehbar war. Das Ereignis scheint auch aus Ihrer Perspektive recht gravierend zu sein, sonst hätte sich der Außenminister nicht so deutlich geäußert.

Jetzt sagen Sie: Es gilt, was im Koalitionsvertrag steht. - Das heißt, dass dieses Ereignis nicht relevant für die Rüstungsexporte ist. Das wäre ja die Schlussfolgerung daraus. Ist das so richtig?

Burger: Ich verstehe überhaupt nicht, wie Sie zu dieser Schlussfolgerung kommen. Aber ich habe gerade auch gesagt, dass wir die Schlussfolgerungen, die zu ziehen sind, dann ziehen werden, wenn wir wissen, was tatsächlich geschehen ist.

Zusatzfrage: Heißt das, es könnte möglicherweise doch Folgen haben, weil Sie ja dann erst zu einem Ergebnis kommen?

Burger: Ich kann es nur noch einmal sagen: Wenn wir wissen, was geschehen ist, dann werden wir die notwendigen Schlussfolgerungen daraus ziehen.

Zusatz: Dann heißt das aber doch, dass der Koalitionsvertrag nicht zwingend gilt. Das ist das, was Sie davor gesagt haben. Insofern kann ich beides nicht konsistent zusammenbringen.

SRS'in Fietz: Vielleicht kann ich das einmal grundsätzlich entwirren. Ich denke, dass man hierbei verschiedene Ebenen betrachten muss.

Grundsätzlich gilt für diese Koalition zum Thema der Rüstungsexporte das, was im Koalitionsvertrag steht. Das ist überhaupt gar keine Frage.

Im aktuellen Fall steht ein ungeheuerlicher Verdacht im Raume, und die Bundesregierung erwartet, dass Saudi-Arabien den Fall gründlich aufklärt und glaubhaft und transparent erklärt, und zwar möglichst zeitnah und in enger Kooperation mit den türkischen Behörden. Danach wird es eine Bewertung geben.

Grundsätzlich gilt darüber hinaus auch der Grundsatz, dass die Bundesregierung eine restriktive und verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik verfolgt. Über die Erteilung von Genehmigungen für Rüstungsexporte entscheidet die Bundesregierung im Einzelfall und im Lichte der jeweiligen Situation nach sorgfältiger Prüfung unter Einbeziehung außen- und sicherheitspolitsicher Erwägungen. Der Beachtung der Menschenrechte im Empfängerland wird dabei besonderes Gewicht beigemessen.

Frage: Frau Fietz oder Herr Burger, gestern hat der russische Präsident auf einer renommierten Veranstaltung, dem Waldai-Klub in Sotschi, gesagt, dass im Falle eines Atomkrieges die Russen ins Paradies kämen und alle anderen sterben würden. Dabei hat er ein ziemlich heftiges Wort für den Ausdruck "sterben" gebracht. Es ist genauer mit "krepieren" oder "verrecken" zu übersetzen.

Wie bewertet die Bundesregierung solch eine Aussage?

SRS'in Fietz: Mir ist die Aussage im Moment nicht bekannt. Deshalb kann ich dazu keine Stellung nehmen.

Zusatzfrage: Ist diese Aussage, die im Moment ja durch die Agenturen läuft, dem Auswärtigen Amt bekannt?

Burger: Ich habe die Aussage aus den Medien zur Kenntnis genommen. Ich habe dazu aber keinen Kommentar für Sie.

Zusatzfrage: Der russische Präsident hat das wohl als Witz gemeint. Hält die Bundesregierung solche Witze im Zusammenhang mit einem Atomkrieg generell für angebracht?

SRS'in Fietz: Ich sähe es nicht als angemessen an, wenn ich als Sprecherin der Bundesregierung von dieser Stelle aus derartige Äußerungen des russischen Präsidenten kommentierte.

Freitag, 19. Oktober 2018

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 19. Oktober 2018
https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/regierungspressekonferenz-vom-19-oktober-2018-1540622
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Oktober 2018

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