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PRESSEKONFERENZ/1605: Regierungspressekonferenz vom 7. Februar 2018 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 7. Februar 2018
Regierungspressekonferenz vom 7. Februar 2018

Themen: Gedenkfeier anlässlich des 75. Jahrestages des Endes der Schlacht um Stalingrad, Lage in Nordsyrien, Nachbesetzung des Postens des EZB-Vizepräsidenten, Atomwaffenstrategie der USA, Berechnung der Armutsgefährdungsquote, Kampf gegen die Taliban in Afghanistan, möglicher Ressortzuschnitt in der nächsten Bundesregierung

Sprecher: SRS Streiter, Breul (AA), Henjes (BMVg), Blankenheim (BMF), Jäger (BMAS), Kock (BMI), Urban (BMEL)


Vorsitzende Maier eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS Streiter sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Frage: Am 2. Februar fand die Gedenkfeier anlässlich des 75. Jahrestages des Endes der Schlacht um Stalingrad statt. Die Bundestagsfraktion Die Linke war anwesend, aber, soweit ich weiß, sonst niemand aus dem Bundestag. Meine Frage wäre, warum ein Vertreter der Bundesrepublik Deutschland nicht zugegen war. Vielleicht wurde sie auch nicht eingeladen?

Vorsitzende Maier: An wen richtet sich die Frage?

Zusatz: An Herrn Streiter, aber auch an Herrn Breul.

SRS Streiter: Was die Beteiligung des Bundestags betrifft, können wir dazu gar nichts sagen. Das regelt ja der Bundestag für sich.

Die Bundesrepublik Deutschland war durch den Botschafter der Bundesrepublik Deutschland vertreten.

Zusatzfrage: Die Schlacht von Stalingrad ist so ziemlich eine der wichtigsten Schlachten des Zweiten Weltkriegs gewesen, wenn nicht die entscheidende Schlacht, was den Sieg über den Hitler-Faschismus betrifft. Soweit ich weiß, sind im Schnitt 10 000 Menschen pro Tag gestorben, insgesamt über zwei Millionen Menschen. Das würde ich gerne anmerken; das ist sehr wichtig. Deswegen würde ich nachfragen wollen, warum die Bundesregierung es als richtig empfindet, lediglich den Botschafter aus Moskau anreisen zu lassen.

SRS Streiter: Zur Einladungspraxis der russischen Regierung kann ich Ihnen nichts sagen. Es ist die Aufgabe des Botschafters, die Bundesrepublik Deutschland dort zu vertreten.

Alles, was Sie über die Schlacht von Stalingrad gesagt hat, ist uns auch bekannt.

Frage: Mich würde vom Außenministerium, vielleicht auch vom Verteidigungsministerium nach dem Abschuss eines russischen Jets die Einschätzung der Lage in Nordsyrien interessieren.

Zweitens. Weiß die Bundesregierung mittlerweile, wie es um die völkerrechtliche Prüfung steht, Herr Breul?

Breul: Was die Frage zur Lage dort angeht, kann ich gerne beginnen. Wir sind sehr besorgt über die Fortsetzung und Intensivierung der Luftangriffe des Regimes und seiner Unterstützer auf die syrische Provinz Idlib und Ost-Ghouta. Obwohl beide in diesen sogenannten Deeskalationszonen liegen, kann von Deeskalation oder auch nur einer Lageberuhigung überhaupt keine Rede sein. Im Gegenteil. Täglich sterben dort Zivilisten, darunter Frauen und Kinder. In den letzten Tagen kam es auch immer wieder zu Angriffen auf zivile Einrichtungen wie beispielsweise Krankenhäuser, die dabei schwer beschädigt wurden - ein Muster, das uns leider mittlerweile allzu vertraut ist.

Die humanitäre Lage in der vom Regime belagerten Gegend Ost-Ghouta ist unverändert katastrophal. Nahrungsmittel sind knapp. Wir arbeiten in der Region mit mehreren Partnern zusammen, um da, wo es möglich ist, Hilfe zu leisten und ein Mindestmaß an Versorgung, gerade jetzt auch im Winter, zu ermöglichen. Die Luftangriffe auf Zivilisten müssen unverzüglich aufhören und humanitärer Zugang muss umfassend und bedingungslos gewährleistet werden.

Wir sind zudem äußerst besorgt über sich häufende Meldungen von anhaltenden Chemiewaffenangriffen in Syrien und verurteilen jeden Chemiewaffeneinsatz auf das Schärfste.

Ein letzter Punkt - auch das wird Ihnen vertraut sein -: Wir sind der festen Überzeugung: Eine politische Lösung kann nur im Rahmen des von den Vereinten Nationen unter dem Sondergesandten Staffan de Mistura geführten politischen Prozesses dauerhaft Frieden bringen. Russland als Unterstützer des Regimes und Initiator von Astana und Sotschi hat eine Pflicht, dafür zu sorgen, dass Damaskus seinen rücksichtslosen Kampf gegen die eigene Bevölkerung endlich beendet und sich ernsthaft auf echte Verhandlungen einlässt.

Zusatzfrage: Die Frage bezog sich explizit auf das türkische Vorgehen in Nordsyrien. Dazu haben Sie jetzt gar nichts gesagt.

Auch die Frage nach dem Völkerrecht in Sachen türkischer Angriff auf Afrin usw. haben Sie nicht beantwortet. Wollen Sie vielleicht die Völkerrechtsfrage in Sachen syrisches Regime beantworten? Wird das, was das syrische Regime macht, was Sie gerade ausgeführt haben, diesbezüglich geprüft? Müssen Sie immer noch warten, bis alle Infos vorliegen?

Breul: Entschuldigung. Dann habe ich Sie tatsächlich falsch verstanden. Das sollte hier kein wortreiches Ablenkungsmanöver sein. Ich hatte verstanden, dass sich der erste Teil Ihrer Frage auf die aktuellen Geschehnisse in der Region Idlib bezog, wo derzeit die schwersten Angriffe in Nordsyrien stattfinden.

Zu der Situation in der Region Afrin habe ich keine neuen Mitteilungen zu machen und habe ich auch keine neuen Erkenntnisse. Das gilt ebenso für die völkerrechtliche Bewertung. Frau Adebahr hat hier ja länglich ausgeführt, warum das schwierig ist.

Im Übrigen möchte ich auch darauf verweisen, dass diese Prüfungen natürlich gemeinsam mit unseren internationalen Partnern stattfinden. Sie werden feststellen, dass die Linie, die die Bundesregierung vertritt, in enger Abstimmung mit unseren europäischen Partnern, insbesondere Frankreich, erfolgt.

Zusatzfrage: Warum muss eine Völkerrechtsprüfung mit anderen Partnern ablaufen?

Die Frage bezog sich auf das syrische Regime und auf das, was Sie gerade ausgeführt haben. Wollen Sie sich dazu auch nicht in Sachen Völkerrecht äußern, weil Sie das nicht prüfen können?

Breul: Ich weiß nicht, ob Ihre Frage von echtem Erkenntnisinteresse geleitet ist oder ob Sie meinen, hier sagen zu müssen, dass die Bundesregierung eine Prüfung verschleppe. Das ist mitnichten der Fall. Frau Adebahr hat hier vor Ihnen allen länglich ausgeführt, wie der völkerrechtliche Stand ist, nämlich dass die Republik der Türkei eine Eingabe vor dem VN-Sicherheitsrat gemacht hat, dass sie sich auf die Charta der Vereinten Nationen und das darin verankerte Selbstverteidigungsrecht bezieht. Frau Adebahr hat dann noch einmal aufgeführt, was die Kriterien sind, nach denen das Selbstverteidigungsrecht völkerrechtlich bewertet werden kann. Dazu gibt es selbstverständlich einen Austausch der internationalen Staatengemeinschaft, weil das Völkerrecht natürlich ein Recht der internationalen Staatengemeinschaft ist.

Frage: Meine Frage geht auch in diese Richtung. Wie bewerten Sie die Angriffe der PYD-Seite auf den türkischen Boden, wo viele Zivilisten gestorben sind? Wie bewerten Sie diese Angriffe als ein Nato-Partner?

Breul: Ich glaube, auch dazu haben wir uns hier schon geäußert. Wir haben das hier unter die Überschrift "die legitimen Sicherheitsinteressen der Türkei in der Region" gepackt. Wenn von einem Gebiet aus Angriffe auf das Territorium eines anderen Staates erfolgen, dann ist das selbstverständlich zu verurteilen und besorgniserregend. Mehr habe ich dazu im Moment nicht zu sagen.

Frage: Herr Breul, die politische Lebenserfahrung besagt ja, dass es immer schwierig ist, solche Bewertungen vorzunehmen, wenn Bündnispartner davon betroffen sind. Deswegen versteht man auch ein Stück weit die, sage ich einmal, Zurückhaltung. Auf der anderen Seite: Können wir davon ausgehen, dass es zu irgendeinem Zeitpunkt einmal eine völkerrechtliche Bewertung gerade des Vorgehens der Türkei in der Region um Afrin geben wird, oder spielen wir hier die lange Bank?

Breul: Ich vermag von hier aus nicht zu beurteilen, über welchen Zeitrahmen wir hier reden. Wir haben hier ja schon unterstrichen: Die Türkei hat eine Eingabe an den VN-Sicherheitsrat gemacht und darin dargelegt, warum sie so vorgeht, wie sie vorgeht. Nun ist es am VN-Sicherheitsrat, darüber zu beraten. Eine Beratung hat schon stattgefunden. Aber es ergibt jetzt, wie gesagt, glaube ich, keinen Sinn, da wirklich in die Tiefe zu tauchen, wenn es um die unterschiedlichen völkerrechtlichen Begriffe und Sachverhalte geht, die es jetzt aufzuklären und zu bewerten gilt. Aber dass das in irgendeiner Form und in geeigneter Weise geschehen wird, davon können Sie ausgehen.

Zusatzfrage: Das war Kern der Frage. Hat die Bundesregierung also vor, zu einer völkerrechtlich eindeutigen Position zu kommen, die sie dann auch mitteilen würde?

Breul: Dazu würde ich gerne das wiederholen, was ich vorhin gesagt habe: Das Völkerrecht ist ein Recht der internationalen Staatengemeinschaft. Entscheidend für die Bewertung und die Weiterentwicklung des Völkerrechts ist nicht nur die Haltung der Bundesregierung, sondern vor allem die der internationalen Staatengemeinschaft. Genau in diesem Dialog befinden wir uns natürlich.

Zusatz: In anderen Fällen war die Bundesregierung aber sehr wohl und auch als Einzelakteur in der Lage, völkerrechtliche Stellungnahmen oder Einschätzungen für sich abzugeben. Das heißt, man kann nicht nur sagen, das sei nur Sache der internationalen Staatengemeinschaft, sondern das ist auch schon eine Möglichkeit der Bundesregierung. Ich gehe davon aus und verstehe Ihre Antwort so, dass Sie vorhaben, das auch zu machen.

Breul: Wir sind natürlich Teil der internationalen Staatengemeinschaft.

Frage: Von welchen Partnern sprechen wir denn dabei - der Nato, der EU? Wer gibt da also den Input in Sachen Völkerrecht?

Herr Henjes, hat die Bundeswehr Erkenntnisse darüber, dass auf kurdischer Seite zum Beispiel mit deutschen Panzerabwehrraketen, an denen die Kurden ja ausgebildet wurden, auf deutsche Panzer, die die Türken benutzen, geschossen wird?

Breul: Grundsätzlich kommt der Beurteilung der Lage, von internationalem Frieden und Sicherheit durch den VN-Sicherheitsrat natürlich besondere Bedeutung zu. Das ist der erste Teil meiner Antwort.

Der zweite Teil, und dazu hatte ich, glaube ich, gerade schon Stellung genommen, ist: Natürlich tauschen wir uns mit unseren europäischen Partnern aus und suchen in dieser Frage natürlich auch den intensiven Austausch mit Frankreich.

Henjes: Lassen Sie es mich hier so deutlich sagen: Das ist ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen. Sie wissen, dass sowohl unser Ausbildungsprogramm im Nordirak als auch die Lieferung der letalen und nicht letalen Materialien an die autonome kurdische Region des Nordirak und insofern auch die Ausbildung der Peschmerga dieser autonomen Region in Zusammenarbeit mit der irakischen Regierung erfolgten. Worüber wir hier sprachen, waren Operationen im Rahmen Nordsyriens. Sehen Sie es mir insofern nach, dass ich diese Frage gar nicht beantworten kann, weil das eine Vermischung ist, die in dem Sachverhalt so nicht vorliegt.

Zusatzfrage: Sie halten es für abwegig, dass irakische Kurden den syrischen Kurden helfen. Verstehe ich das richtig?

Henjes: Nein, lassen Sie die Antwort so stehen, wie ich sie Ihnen gegeben habe.

Frage: Haben Sie Erkenntnisse darüber, dass irgendwelche deutschen Waffen an die YPG gegangen und vielleicht an die Peschmerga geliefert worden sind?

Henjes: Wenn wir hier über die Peschmerga sprechen, dann meine ich - so habe ich auch eben die Antwort dargelegt -, dass es sich hierbei um die Streitkräfte der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak handelt. Wir haben hier mehrmals diskutiert, welche Lieferungen wir dorthin vorgenommen haben und welche Ausbildung wir auch gemacht haben, sowohl dort in der Region als auch hier in Deutschland.

Frage: Ich weiß nicht, an wen die Frage geht, vielleicht an Herrn Streiter oder an das Finanzministerium. Die spanische Regierung hat heute die Kandidatur von Luis de Guindos für den Posten des Vizepräsidenten der Europäischen Zentralbank bekannt gegeben. Hat die Bundesregierung eine Position dazu?

SRS Streiter: Ich kann Ihnen dazu gar nichts sagen.

Blankenheim: Ich kann Ihnen sagen, dass vergangene Woche in der Eurogruppe das Verfahren für die Nachbesetzung des Postens von EZB-Vizepräsident Vítor Constâncio begonnen hat. Die Ernennung wird dann letztlich durch den Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit der Euro-Staaten nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des EZB-Rats erfolgen. Die Nominierungsfrist läuft in der Tat heute aus. Alle weiteren Fragen sind dann von der neuen Bundesregierung zu entscheiden.

Frage: Ich habe noch eine technische Frage zur Afrin-Offensive an Herrn Henjes. Mehrere Leopard-Panzer wurden in der Afrin-Offensive zerstört. Die türkische Berichterstattung spricht davon, dass die Abwehrwaffen der YPG, die benutzt worden sind, noch aus den 1970er-Jahren stammen. Dann wäre meine Frage, die, wie gesagt, technischer Natur ist: Was für Schlüsse zieht die Bundesregierung daraus für die künftige Sicherheit der Bundeswehrsoldaten, die in solchen Panzern in Zukunft Einsätze durchführen würden?

Henjes: Vielen Dank für die Frage. - Erst einmal zu Anfang ganz deutlich gesagt: Wir haben keine Erkenntnisse darüber, welche Waffensysteme dort in der Operation vonseiten der türkischen Streitkräfte genutzt werden. Das ist auch nicht unsere Aufgabe.

Dann lassen Sie mich zweitens noch einmal ganz deutlich machen: Das ist hier die Regierungsbank, und wir erläutern hier Regierungshandeln. Ich denke einmal, die Frage, welche Waffensysteme welcher Panzer wie wirken und wie wir das dann zurückführen, ist wirklich eine Ebene, die - sehen Sie es mir nach - ich hier nicht Ihnen gegenüber erläutern möchte und auch nicht kann.

Aber vielleicht noch eine Anmerkung: Das System, das Sie angesprochen haben, das von deutscher Seite an die Türkei geliefert wurde - der Leopard 2A4 -, befindet sich nicht mehr bei der Truppe.

Zusatzfrage: Deswegen ist es ja eine technische Nachfrage, die meiner Meinung nach durchaus auch für die Bundesregierung Relevanz hat, und ein Teil der Bundesregierung sind die deutschen Streitkräfte. Dank der Negoziationen mit der Bundesregierung hat die Türkei ja dieses deutsche Kriegsgerät bekommen, deswegen ist es ja schon bezeichnend, dass moderndes deutsches Kriegsgerät von verhältnismäßig alter Technologie aufgehalten werden kann. Deswegen die technische Frage: Wägt vor allem das Ressort Verteidigung innerhalb der Bundesregierung das ab oder analysiert es das? Deswegen habe ich im Vorhinein gesagt: Es ist eine technische Frage.

Henjes: Dann lassen Sie mich das zusammengefasst noch einmal so darlegen: Das ist in erster Linie eine Behauptung von Ihnen, mir liegen dazu keine eigenen Erkenntnisse vor. Deswegen werde ich diese Behauptung hier nicht in irgendeiner Weise mit Ihnen im Konjunktiv erörtern.

Frage: Herr Breul, wie schätzt die Bundesregierung die neue Atombombenstrategie der USA ein?

Breul: Dazu hat sich der Außenminister am Sonntag in einem langen Statement geäußert. Wenn Ihnen das noch nicht bekannt ist, schicke ich es Ihnen gerne zu.

Zusatzfrage : Haben Sie Forderungen an die USA?

Breul: Wenn Ihnen das Statement von Außenminister Gabriel nicht bekannt ist - -

Zusatz: Dazu stand da nichts drin.

Breul: Dann hat sich Ihre Frage, glaube ich, beantwortet.

Zusatzfrage: Sie haben keine Forderungen?

Breul: Lesen Sie das Statement von Minister Gabriel.

Frage: Wie beurteilt die Bundesregierung eine von der Bertelsmann Stiftung in Auftrag gegebene Studie, der zufolge bei der Armuts- beziehungsweise Reichtumsverteilung angeblich arme Familien reicher gerechnet wurden, als sie tatsächlich sind?

Jäger: Vielen Dank für die Frage. - Aus unserer Sicht ist an der bisherigen Art der Berechnung nichts auszusetzen. Bei dieser Studie ist nur die Art und Weise neu, wie die Einkommen unterschiedlicher Haushaltsgrößen berücksichtigt werden. Insgesamt sieht es aber so aus, dass sich die Art der Berechnung, die innerhalb der Bundesregierung bisher vorgenommen wurde, an den Konventionen orientiert, die in der Wissenschaft verbreitet sind und die in der amtlichen Statistik verwendet werden. Deswegen sehen wir keinen Grund, daran etwas zu ändern.

Zusatzfrage: Nun sind die Autoren der Studie ja selbst Empiriker und Sozialwissenschaftler, und die kommen zu dem Ergebnis, dass sozusagen - wenn ich das richtig verstehe - die Parameter zum Teil falsch angelegt wurden und dass zum Beispiel der tatsächliche Finanzaufwand armer Familien zu gering eingeschätzt wurde, sodass im Ergebnis tatsächlich ein, ich glaube, um ein bis drei Prozent höheres Armutsrisiko anzulegen wäre. Sie sehen aber keine Veranlassung, die Methoden, mit denen die Berichte der Bundesregierung erstellt werden, daraufhin zu überprüfen?

Jäger: Unsere Methoden werden immer wieder analysiert und daraufhin geprüft, ob sie sich als sinnvoll erweisen. Es gibt anhand dieser Studie jetzt keinen Anlass, daran etwas zu ändern.

Frage: Noch einmal zu Afghanistan: Das amerikanische Militär hat bekanntgegeben, dass über einen 96-stündigen Zeitraum, also innerhalb von vier Tagen, so viele gelenkte Bomben in Nordafghanistan abgeworfen wurden wie nie zuvor, um gegen die Taliban zu kämpfen. Die Bundeswehr ist im Norden Afghanistans aktiv. Hat die Bundeswehr an dieser Bombardierungskampagne in irgendeiner Weise mitgewirkt?

Henjes: Die Kräfte der Bundeswehr in der Operation "Resolute Support" sind fester Bestandteil im Rahmen der Ausbildung und des Trainings der afghanischen Sicherheitskräfte vor Ort. Dies ist das Ihnen bekannte Mandat, und insofern sind Kräfte nicht in irgendeiner Weise an Operationen im Rahmen des Kampfes gegen die Taliban oder so etwas beteiligt.

Zusatzfrage: Das wundert mich - ich war ja auch vor Ort. Die Bundeswehr setzt dort Aufklärungsdrohnen ein, und wenn die Piloten der Aufklärungsdrohnen dort Taliban entdecken, dann wird das an die Amerikaner weitergereicht. Die Afghanen werden ja nicht an der Drohne ausgebildet oder trainiert, die sind ja genau für solche Sachen da. Darum diese Frage.

Henjes: Das ist insofern richtig, als natürlich der Bereich der Ausbildung der Kräfte dort vor Ort auch die Möglichkeit der Informationserlangung beinhaltet, und insofern sind wir im Informationsverbund beteiligt.

Zusatzfrage: Haben diese Informationen dazu geführt, dass in den letzten Tagen viele, viele amerikanische Bomben gefallen sind?

Henjes: Das kann man so nicht beantworten, und zwar aus ganz einfachen Gründen heraus. Sie setzen eine Kausalität voraus, die so nicht vorliegen kann. Noch einmal ganz deutlich: Sie kennen das Mandat der deutschen Kräfte vor Ort, und dieses Mandat bedeutet eindeutig: Wir geben in dem Bereich keine Informationen, die dann zum unmittelbaren Targeting möglicher Operationen anderer Kräfte vorliegen.

Frage: Eine Lernfrage an das BMI: Hat Ihr Haus bisher eigentlich schon eine irgendwie geartete Zuständigkeit unter dem Titel "Heimat" gehabt, und wenn ja, in welcher Weise?

Kock: Die Agenturmeldungen sind das, was wir bis jetzt haben, und das kommentiere ich im Moment nicht weiter.

Zusatzfrage: Ich frage ja explizit nicht danach - -

Kock: Ich müsste erheben, ob in den Jahren seit Gründung der Bundesrepublik das Bundesinnenministerium irgendwann im Entferntesten einmal eine Zuständigkeit im Bereich Heimat hatte.

Zusatzfrage: Das heißt also, aus dem laufenden Betrieb wäre Ihnen eine solche Zuständigkeit aktuell nicht direkt gegenwärtig?

Kock: Da nicht geklärt ist, was diese Zuständigkeit jetzt genau umfassen soll, kann ich Ihnen dazu zum jetzigen Zeitpunkt nichts Näheres sagen.

Frage: Herr Streiter, wer ist aktuell für Heimatthemen in der Bundesregierung zuständig?

SRS Streiter: Das kann ich Ihnen nicht sagen, damit habe ich mich noch nicht beschäftigt.

Zusatzfrage: Wer kann das sagen?

SRS Streiter: Ich weiß es nicht. Ich kann versuchen, das herauszufinden, dann würde ich Ihnen das schicken.

Zusatzfrage: Weiß das irgendein Ministerium?

Urban: Wenn Sie den Begriff Heimat so auslegen, dann ist das Thema ländliche Räume aktuell im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft mit angesiedelt. Durch die Umstrukturierungen im vorvergangenen Jahr wurde dort eine eigens für ländliche Räume im Querschnittsbereich zuständige Abteilung eingerichtet.

SRS Streiter: Das hätte ich wissen müssen, brauche ich jetzt aber auch nicht mehr nachzureichen.

Mittwoch, 7. Februar 2018

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 7. Februar 2018
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2018/02/2018-02-07-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Februar 2018

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