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PRESSEKONFERENZ/1255: Regierungspressekonferenz vom 1. Juli 2016 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - 1. Juli 2016
Regierungspressekonferenz vom 1. Juli 2016

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (Konferenz zum Westlichen Balkan in Paris, 7. Petersberger Klimadialog, Empfang des argentinischen Staatspräsidenten, Sommerempfang des BMFSFJ, Kabinettssitzung, Deutscher LandFrauentag, Gespräch mit dem BDA-Präsidium, Regierungserklärung im Deutschen Bundestag, Nato-Gipfel in Warschau), Medienberichte über Äußerungen des Bundeswirtschaftsministers zu einer Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts sowie zu einer Investitionsinitiative für die EU, Besuche von Regierungsmitgliedern bei EM-Spielen der deutschen Fußballnationalmannschaft, Entschädigung von nach § 175 StGB verurteilten Homosexuellen, Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada, Reise der Verteidigungsministerin in die Türkei, Referendum über den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union, Bundesteilhabegesetz, Evakuierung eines ICE in Nordrhein-Westfalen wegen Terrorverdachts, Unfall mit Todesfolge während autonomen Fahrens, Mittelaufstockung für das Bundesförderprogramm für den Breitbandausbau, Präsident des BAMF, Gerichtsentscheidung über die Wiederholung der Bundespräsidentenwahl in Österreich, EU-Beitrittsperspektive für die Ukraine, Visafreiheit für Bürger der Ukraine, Reise des Bundesaußenministers nach Georgien

Sprecher: StS Seibert, von Tiesenhausen-Cave (BMF), Dimroth (BMI), Scholz (BMJV), Flosdorff (BMVg), Schneider (BMAS), Strater (BMVI), Chebli (AA)


Vorsitzender Feldhoff eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Die öffentlichen Termine der Bundeskanzlerin in der nächsten Woche beginnen am Montag, den 4. Juli, mit der Westbalkankonferenz in Paris. Es ist die 3. Konferenz zum Westbalkan. Sie wissen, dass das auf eine Initiative der Bundeskanzlerin zurückgeht, die 2014 hier in Berlin die erste solche Konferenz ausgerichtet hat. Es wird übrigens um 17 Uhr in Paris losgehen. Teilnehmer werden natürlich der Gastgeber Frankreich, dann die Westbalkanstaaten, daneben aber auch Kroatien, Slowenien, Österreich, Italien, Deutschland und die Europäische Kommission sein.

Das Ziel dieser Konferenz ist es auch in der dritten Auflage, die Verhältnisse und die Beziehungen unter den Westbalkanstaaten zu verbessern, ihre EU-Perspektive zu bekräftigen und die Reformprozesse, die in der Region zu spüren sind, auch zu unterstützen. Hauptthemen werden konkret die Infrastrukturentwicklung, der Ausbau des Verkehrsnetzes, die Schaffung eines regionalen Elektrizitätsmarktes sowie das Thema der Migration sein. Die Staaten des Westbalkans planen, in Paris ein regionales Jugendwerk zu begründen. Das ist einer der Beschlüsse von 2015, und der wird jetzt umgesetzt.

Neben der Bundeskanzlerin werden im Übrigen auch der Außenminister und Staatsekretärin Zypries für das Bundeswirtschaftsministerium in Paris dabei sein.

Am Dienstag, 5. Juli, wird hier in Berlin der 7. Petersberger Klimadialog im Axica Kongress- und Tagungszentrum stattfinden. Die Bundeskanzlerin wird gegen 10.30 Uhr eine Rede halten. Sie kennen diese informelle Konferenz. Sie findet immer statt, um die dann am Jahresende stattfindende UN-Klimakonferenz mit vorzubereiten. Auch das geht auf eine Initiative der Bundeskanzlerin aus dem Jahr 2009 nach der Klimakonferenz in Kopenhagen zurück. Es werden etwa 35 Vertreter der für die Klimaverhandlungen wesentlichen Staaten erwartet.

Es gibt das historische Paris-Abkommen vom Dezember des vergangenen Jahres, die historische Selbstverpflichtung der Weltgemeinschaft zu ambitionierten Klimaschutzmaßnahmen, um die Erderwärmung langfristig auf deutlich unter 2 Grad - wenn möglich sogar auf 1,5 Grad - zu begrenzen. Bei diesem Petersberger Klimadialog werden die Teilnehmer nun beraten, welche Maßnahmen erforderlich sind, um dieses Abkommen wirksam und schnell umzusetzen. Gastgeber sind Deutschland und jeweils das Land, in dem die nächste UN-Klimakonferenz stattfinden wird. Das ist in diesem Jahr Marokko. Deswegen wird auch der marokkanische Außenminister Mezouar eine Rede halten, und deswegen wird die ganze Konferenz von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks und ihrer marokkanischen Kollegin Hakima El Haite eröffnet werden.

Am Dienstag wird der argentinische Staatspräsident Mauricio Macri zu Gast im Kanzleramt sein. Es wird ein Arbeitsmittagessen geben, an das sich dann gegen 13.30 Uhr eine Begegnung mit der Presse anschließen wird.

Am Dienstag um 19 Uhr folgt der Sommerempfang des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Anlass ist dieses Mal das dreißigjährige Bestehen des Bundesfrauenministeriums. Die Bundeskanzlerin und ehemalige Bundesfrauenministerin wird dort ein Grußwort sprechen. Es werden also nicht nur die derzeitige Amtsinhaberin, Frau Schwesig, sondern auch die meisten ehemaligen Bundesfrauenministerinnen dort anwesend sein.

Am Mittwoch wird wie üblich um 9.30 Uhr die Sitzung des Bundeskabinetts unter Leitung der Bundeskanzlerin stattfinden.

Dann wird sie nach Erfurt aufbrechen. In der Messe Erfurt tagt der Deutsche LandFrauentag. Die Bundeskanzlerin wird dort um 14 Uhr eine Rede halten. Es ist ja eine für die Landfrauen nicht leichte Zeit. Die Agrarmarktkrise und Einschnitte bei den Familieneinkommen vieler Bauern sind sicherlich wichtige Themen. Die Bundeskanzlerin wird noch einmal deutlich machen, dass es Ziel dieser Bundesregierung ist, die bäuerliche Landwirtschaft zu erhalten. Sie wird sicherlich auch die wichtige Rolle der Landfrauen betonen, attraktive ländliche Räume zu entwickeln und zu sichern.

Am Mittwochnachmittag wird die Kanzlerin dann an einem Gespräch mit dem BDA-Präsidium, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, hier in Berlin im Haus der Deutschen Wirtschaft teilnehmen. Sie wird gegen 16.30 Uhr eine Rede halten. Dieser Teil der Veranstaltung ist nicht presseöffentlich. Im Anschluss an die Veranstaltung wird es dann gegen 17.20 Uhr ein gemeinsames Statement der Kanzlerin und des BDA-Präsidenten Ingo Kramer geben.

Am Donnerstagvormittag wird es im Deutschen Bundestag eine Regierungserklärung der Bundeskanzlerin zum Nato-Gipfel geben, der dann Freitag und Samstag in Warschau stattfinden wird.

Am Freitag wird die Bundeskanzlerin dann auch zu diesem Nato-Gipfel in die polnische Hauptstadt reisen, mit ihr auch Ministerin von der Leyen und Minister Steinmeier. Am Freitagnachmittag wird gleich die erste Arbeitssitzung des Nordatlantikrats stattfinden, an der die Bundeskanzlerin teilnehmen wird. Es folgt ein gemeinsames Abendessen, bei dem die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsländer und Montenegros über die Sicherheitsherausforderungen im Osten und das Verhältnis zu Russland sprechen wollen.

Am Tag darauf folgt dann in Warschau eine weitere Arbeitssitzung zum Thema Afghanistan. Am Samstagmittag werden dann Sicherheitsherausforderungen im Süden des Bündnisgebietes als Thema einer weiteren Arbeitssitzung diskutiert werden. Dem schließt sich das Treffen der Nato-Ukraine-Kommission auf Ebene der Staats- und Regierungschefs an.

Wir bieten Ihnen ein Briefing zum Nato-Gipfel am Donnerstag kommender Woche um 14.15 Uhr mit dem außen- und sicherheitspolitischen Berater Christoph Heusgen und mir an. - Das sind die öffentlichen Termine.

Frage: Ich würde gerne von Ihnen, Herr Seibert, und auch vom Bundesfinanzministerium wissen, ob die Forderung, dass man den europäischen Stabilitätspakt reformieren sollte, wie sie der Bundeswirtschaftsminister nun geäußert hat, inzwischen zum Reservoir der Bundesregierung gehört. Wie stellen sich die Bundesregierung und insbesondere das Bundesfinanzministerium zu dieser Positionierung?

Ich würde auch gerne wissen, inwiefern sich die Bundesregierung als Ganzes die Forderung des Vizekanzlers zu eigen macht, in der EU eine Investitionsoffensive über das hinaus, was schon gestartet wurde, aufzulegen, um Arbeitslosigkeit und soziale Ungleichheit zu korrigieren.

StS Seibert: Vielleicht fange ich einmal mit der Investitionsoffensive an, und zuständigkeitshalber wird dann das Finanzministerium übernehmen.

Herr Kollege, Investitionen in Europa zu stärken und Investitionen zu mobilisieren, ist ja schon seit einiger Zeit ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung, aber eben auch der europäischen Partner, weil wir wissen, dass wir Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung stärken müssen. Unter anderem darum hat die Kommission Ende 2014 als eines der ersten Projekte der neuen Amtszeit eine ganz umfangreiche Investitionsinitiative ins Leben gerufen. Damit will man einerseits durch Strukturreformen in den Mitgliedstaaten und durch ein verbessertes regulatorisches Umfeld die Rahmenbedingungen für Investitionen stärken und zum anderen über einen neuen europäischen Fonds - Sie kennen das alles -, den Europäischen Fonds für strategische Investitionen, EFSI, Investitionen absichern und private Investoren gewinnen. Das Ganze wurde letztes Jahr mit Unterstützung der Bundesregierung aufgesetzt und arbeitet laut der Europäischen Investitionsbank erfolgreich.

Die Kommission gibt die bisher im Rahmen von EFSI-Projekten mobilisierten Gesamtinvestitionen mit 100 Milliarden Euro von insgesamt angestrebten 315 Milliarden Euro an. Diese Anstrengungen gehen weiter. Der Europäische Rat hat sich am 28. Juni, also gerade erst, erneut hinter diesen Investitionsplan und hinter die Rolle des EFSI gestellt.

Dies wollte ich gerne dazu sagen. Jetzt das Finanzministerium!

von Tiesenhausen-Cave: Zu Ihrer Frage nach dem Stabilitätspakt: Wenn ich die Meldungen richtig gedeutet habe, bezieht sich das ja auf einen Brief, den Herr Gabriel an die Mitarbeiter seines Hauses geschrieben hat. Da ich nicht Mitarbeiterin dieses Hauses bin, kenne ich den ganz genauen Wortlaut nicht.

Aber grundsätzlich kann man zur Rechtslage des Stabilitäts- und Wachstumspaktes sagen, dass sie ganz glasklar und auch seit einiger Zeit unverändert ist. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt enthält schon heute Flexibilitäten. Er wird in seiner Umsetzung von der Kommission überwacht. Wenn sich jetzt aus diesem hausinternen Diskussionsprozess Anregungen ergeben, dann wird sich der Wirtschaftsminister sicherlich auch noch einmal dazu zu Wort melden.

Zusatzfrage: Zwei Fragen bleiben mir da doch: Ich hatte den Wirtschaftsminister so verstanden, dass er bei Investitionen etwas über das hinaus fordert, was bisher im EFSI in die Wege geleitet worden ist. Von daher die Frage: Ist die Bundesregierung offen, noch einmal zusätzlich zu dem, was bereits besteht, Anstrengungen zu unternehmen und auch Mittel bereitzustellen?

Noch einmal ganz klar zum Stabilitätspakt gefragt: Ich hatte den Brief nicht so aufgefasst, als sei das ein Diskussionsprozess mit offenem Ausgang, in dem das Wirtschaftsministerium beziehungsweise der Wirtschaftsminister als einer von vielen Diskutanten auftritt, sondern als Positionierung, dass man am Stabilitätspakt etwas ändern muss, dass man ihn reformieren muss. Der Begriff der "Reform des Stabilitätspakts" taucht darin auf. Da würde ich dann doch noch einmal wissen wollen: Gibt es für Sie, das Finanzministerium, irgendeine Form der Offenheit gegenüber einer Reform dessen, was im Moment an Stabilitätspakt besteht?

von Tiesenhausen-Cave: Ich kann jetzt, glaube ich, nur noch einmal wiederholen, was ich gerade gesagt habe: Die Rechtslage hinsichtlich des Stabilitäts- und Wachstumspaktes ist glasklar.

Zusatzfrage: Und soll nicht verändert werden?

von Tiesenhausen-Cave: Punkt. Was ich gesagt habe, gilt. Ihre eigenen Anmerkungen waren ja nicht meine Worte.

StS Seibert: Der EFSI liegt jetzt bei 100 Milliarden Euro von angestrebten 315 Milliarden Euro. Das ist schon ein ziemlich guter Zwischenstand, aber da ist natürlich auch noch Luft. Das, was da noch an zu mobilisierenden Investitionen aussteht, hat ja eine wirklich erhebliche Höhe.

Zweitens wissen Sie, dass sich der Europäische Rat jetzt gerade auch als Reaktion auf das britische Referendum noch einmal mit seiner Schwerpunktsetzung befasst hat und in eine gemeinsame Reflexion über Schwerpunkte eintreten will. Darüber wird auch in Bratislava im September noch einmal geredet werden. Die Punkte, die benannt worden sind, sind ja Arbeitsplätze, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit. In genau diesen Prozess werden sicherlich auch alle Vorschläge und Ideen einfließen.

Frage: Herr Staatssekretär, plant die Bundeskanzlerin einen Besuch beim Viertelfinale der deutschen Fußballnationalmannschaft oder wartet sie noch auf das Halbfinale oder das Finale?

StS Seibert: Ich kann Ihnen zunächst einmal nur für diesen Samstag sagen, dass die Bundeskanzlerin das Spiel am Samstag in Bordeaux nicht besuchen wird. Aber sie können sich vorstellen, dass sie der Mannschaft die Daumen dafür drückt, dass sie das gute Spiel, das sie jetzt zuletzt gezeigt hat, auch in Bordeaux wieder zeigen kann und dafür den entsprechenden Erfolg erntet.

Zusatzfrage: Gibt es Planungen für die möglicherweise weiteren Spiele noch nicht?

StS Seibert: Ich glaube, in einem Turnier mit K.-o.-Modus sollte man einfach immer nur bis zum nächsten Spiel schauen. Die Bundeskanzlerin drückt zusammen mit ein paar Millionen anderen Deutschen alle Daumen. Dann kann das auch gut gehen, und dann werden wir weitersehen.

Dimroth: Auch wenn ich nicht gefragt worden bin, kann ich kurz ergänzen: Der für Sport zuständige Innenminister wird morgen nach Bordeaux reisen, um vor Ort der Mannschaft die Daumen zu drücken.

Frage: Ich habe eine Frage an das Justizministerium. Herr Scholz, es kursiert ein Eckpunktepapier aus Ihrem Haus zur Entschädigung von nach 1945 verurteilten Homosexuellen. Ohne auf die Details einzugehen - das ist hier ja auch besprochen worden -: Können Sie noch einmal sagen, was den Minister dabei leitet? Ist zu lange darauf gewartet worden, wird es nun endlich Zeit?

Zweite Frage: Was ist der weitere Weg dieses Papieres? Geht das jetzt in die Beratungen und soll das dieses Jahr noch endgültig beschlossen werden, oder was ist Ihr Zeitplan?

Scholz: Zunächst einmal: Der Justizminister hatte schon vor einigen Wochen angekündigt, dass das Ministerium den Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung von Verurteilungen wegen § 175 StGB sowie einen daraus entstehenden Entschädigungsanspruch erarbeiten wird. Die Strafbarkeit einvernehmlicher homosexueller Handlungen und die darauf beruhenden Verurteilungen erwachsener und jugendlicher Menschen sind in höchstem Maße diskriminierend. Sie sind Ausdruck größter Intoleranz und verletzen jeden Verurteilten tief in seiner Menschenwürde. Mit dem geplanten Aufhebungsgesetz wollen wir die Opfer rehabilitieren.

Es ist richtig, was Sie sagen: Es gibt jetzt ein internes Eckpunktepapier, das bei uns im Hause erarbeitet worden ist. Dieses Papier wird jetzt innerhalb der Regierung abgestimmt, und auf der Basis dieser Eckpunkte soll dann zügig ein Gesetzentwurf erarbeitet werden, in dem dann auch konkrete Fragen zum Entschädigungsanspruch und weiteren Dingen geregelt werden sollen.

Zusatzfrage: Streben Sie an, das noch dieses Jahr zu verabschieden?

Scholz: Das kann ich nicht sagen; das hängt sicherlich vom weiteren Verlauf der Gespräche ab.

Frage: Herr Scholz, ist auch eine Entschädigung geplant, oder geht es nur um eine Aufhebung - eine pauschale oder eine individuelle Aufhebung? Auch bei der Entschädigungsfrage sind ja mehrere Lösungen denkbar.

Scholz: Das ist richtig, es geht zunächst einmal sowohl um eine Aufhebung der entsprechenden Urteile als auch um eine Lösung im Hinblick auf die Entschädigung. Da werden mehrere Fragen und mehrere Lösungswege diskutiert. Ich bitte um Verständnis, dass ich dazu noch keine Details nennen kann. Wie gesagt, das ist ein internes Papier, das jetzt im Ressortkreis besprochen wird.

Zusatzfrage: Nun ist es ja so, dass sich bei Vorstellungen über Moral oder sittliches Verhalten die Auffassungen innerhalb von Jahrzehnten ändern. Es gab ja einmal den Kuppeleiparagraphen und den Ehebruchsparagraphen. Theoretisch wäre ja denkbar, dass man sagt: Nach heutigen Maßstäben ist die Bestrafung im Grunde nicht zeitgemäß und möglicherweise diskriminierend. So könnte sich ja, wenn man beim ehemaligen § 175 StGB anfängt, ein Rattenschwanz von Forderungen ergeben, auch weitere Strafurteile bezüglich anderer Delikte aufzuheben?

Scholz: Ich weiß nicht, ob solche Forderungen kommen - mir sind keine bekannt. Uns geht es jetzt erst einmal um diese konkrete Frage, und da sind wir jetzt ein Stück weitergekommen.

Frage: An das Wirtschaftsministerium zu CETA: Herr Juncker hat ja gesagt, dass er jetzt ein "EU only"-Abkommen machen wolle, das nur durch das Europaparlament soll. Am 13. Juni haben Sie uns hier gesagt, die Bundesregierung sei sich einig, dass es ohne Zustimmung von Bundestag und Bundesrat kein Ja aus Deutschland zu CETA geben werde. Gilt diese Aussage noch?

Braams: Vielen Dank für die Frage. - Diese Auffassung gilt weiterhin. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass CETA ein gemischtes Abkommen ist. Das ist auch nicht nur die Rechtsauffassung der Bundesregierung, sondern sie wird auch so vom Juristischen Dienst des Rates und von anderen Mitgliedstaaten geteilt. Damit ist für uns klar, dass es ohne Zustimmung des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente kein CETA geben kann.

Zusatzfrage: Das heißt, Herr Junckers Weg ist ein Irrweg?

Braams: Herr Juncker hat seine Auffassung geäußert; die kann ich hier nicht kommentieren. Ich habe aber die Auffassung der Bundesregierung dargestellt, und die ist sehr klar: Nach unserer Auffassung ist es ein gemischtes Abkommen.

Frage: Dazu noch einmal ganz klar gefragt, weil Sie sagten "ohne Zustimmung der nationalen Parlamente": Ist für das Bundeswirtschaftsministerium vorstellbar, dass man es allein dabei belässt, den Bundestag zu fragen, den Bundesrat damit außen vor zu lassen und mit diesem Votum des Bundestages dann seine Auffassungen im EU-Rat zu vertreten?

Braams: Vielen Dank für die Frage; dann kann ich das gern noch einmal erläutern. - Es gibt ja verschiedene Stufen und zeitliche Prozesse, in denen jetzt über CETA abgestimmt werden muss. In einem nächsten Schritt muss erst einmal die Kommission einen Beschlussvorschlag vorlegen, dann würde das Kabinett befasst werden, und über ein Vertragsgesetz am Ende des Prozesses müssten nach unserer Auffassung Bundestag und Bundesrat abstimmen. Da würde Artikel 59 Absatz 2 des Grundgesetzes greifen. Das ist jetzt etwas vorgegriffen, denn bei diesem Schritt sind wir noch nicht. Es wäre aber unsere Auffassung, dass beide zu beteiligen sind.

Frage: Frau Braams, eine Verständnisfrage: Warum ist Ihnen die Frage, wer da abstimmt, so wichtig, wenn es am Ende nur darum geht, wer ja sagt?

Braams: Es ist ein sehr umfassendes Abkommen, das sehr viele Bereiche regelt. Dazu gehören nach unseren Rechtsauffassungen eben auch Bereiche, die die Kompetenz der Mitgliedstaaten betreffen, beispielsweise der Bereich Investitionen und Investitionsregelungen in diesem Abkommen. Es ist eben so, dass ein sehr umfassendes Abkommen ist, das über Zölle hinausgeht und sehr weitgehende Bereiche betrifft, natürlich der Legitimation und Zustimmung der nationalen Parlamente bedarf.

Frage: Ich habe zwei Fragen an das Verteidigungsministerium - pardon, falls das schon am Mittwoch besprochen worden ist; das weiß ich nicht so genau -: Herr Flosdorff, Frau von der Leyen ist ja heute in Incirlik. Es gibt Kritik, dass deutsche Parlamentarier nicht dabei sein können, und die Forderung, dass Frau von der Leyen doch bitte Druck machen solle, dass das nicht so bleibt und demnächst auch wieder deutsche Abgeordnete dorthin fahren können. Wird sie diesen Druck machen, wird sie das Thema ansprechen? Wie ist aus deutscher Sicht oder aus Ihrer Sicht zu bewerten, dass deutsche Parlamentarier dort nicht hin können?

Flosdorff: Das haben wir in der Tat schon vielfach besprochen. Vor einer Woche hat die Ministerin hier angekündigt, dass es auch der Zweck der Reise nach Incirlik ist, die Möglichkeit für deutsche Parlamentarier wiederzueröffnen, die Truppe dort im Einsatzland zu besuchen. Selbstverständlich wird das heute in den politischen Gesprächen, die im Anschluss an den Truppenbesuch in Incirlik in Ankara stattfinden sollen, auch ein Thema sein, so wie es auch schon am Mittwoch anlässlich eines Telefonates, das die Verteidigungsministerin mit ihrem türkischen Amtskollegen geführt hat - aus dem traurigen Anlass, dass sie zu dem schrecklichen Anschlag, der in Istanbul passiert ist, kondoliert hat -, Thema war. Dabei hat die Ministerin auch darauf hingewiesen, dass die Tatsache, dass die Bundeswehr eine Parlamentsarmee ist, hier eine hohe Bedeutung hat und dass auch die Türkei davon profitiert, dass es hier einen großen Rückhalt für die Einsätze der Bundeswehr gibt - die ja auch schon in der Türkei stattgefunden haben und weiter stattfinden sollen. Diese Gesprächsreihe über dieses Thema - heute wird dieses Gespräch fortgeführt - wird sicherlich auch bei einem Treffen nächste Woche auf dem Nato-Gipfel, das schon vereinbart ist, weiter Thema sein, wenn dies notwendig sein sollte.

Frage: Herr Flosdorff, gibt es im Zusammenhang mit dem "Brexit" Überlegungen in Ihrem Hause? Was würde es denn bedeuten, wenn die Briten sozusagen die europäische Verteidigungspolitik verlassen würden? Zum Beispiel haben sie ja die Führung bei der Mission Atalanta. Kommen da aus Ihrer Sicht stärkere Belastungen auf die Bundeswehr zu? Sind solche Szenarien besprochen worden?

Flosdorff: Besprochen worden in welchem Rahmen?

Zusatzfrage: In Ihrem Hause.

Flosdorff: Die Ministerin hat noch am vergangenen Freitag mit ihrem britischen Amtskollegen Michael Fallon telefoniert. Der britische Verteidigungsminister hat sich an die Ministerin gewandt, um ihr zu versichern, dass es weiterhin eine sehr enge, gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit geben wird. Es sind ja ohnehin keine kurzfristigen Auswirkungen zu erwarten. Es ist sicherlich richtig: Auch die britische Armee stellt in einigen Einsätzen Ressourcen zur Verfügung. Das hat aber keine kurzfristigen Auswirkungen. Innerhalb des wichtigen Nato-Bündnisses ändert sich diesbezüglich ohnehin nichts.

Frage: Herr Flosdorff, nur zum Verständnis: Besteht die Verteidigungsministerin darauf, dass Abgeordnete so bald wie möglich nach Incirlik kommen können?

Frau Chebli, haben sich die Reisehinweise und Reisewarnungen bezüglich der Türkei seit dem Anschlag vor ein paar Tagen geändert?

Flosdorff: Wie das schon vielfach klar gemacht wurde - auch von der Ministerin in ihren Äußerungen -, ist das für die Ministerin ein sehr wichtiger Punkt. Sie wird diesen Punkt, solange es notwendig ist, immer wieder thematisieren. Wie immer im Umgang mit befreundeten und souveränen Staaten ist es so, dass man auf die Punkte dringt, sie immer wieder anspricht, auf Verständnis hofft und deutlich macht, was für eine Verwunderung, aber auch was für Erwartungen auf deutscher Seite bestehen. Wir hoffen sehr, dass wir mit der Türkei, mit der wir auf der taktisch-militärischen Ebene weiterhin eine ganz hervorragende, professionelle Zusammenarbeit haben, auch in dieser Frage so bald wie möglich wieder auf einen gemeinsamen Nenner kommen.

Chebli: Zu Ihrer Frage nach der Aktualisierung der Reise- und Sicherheitshinweise: Ja, das ist der Fall. Wesentlich ist die dringende Aufforderung an Reisende, in Großstädten in der Türkei Menschenansammlungen auf öffentlichen Plätzen, vor touristischen Attraktionen und im öffentlichen Personennahverkehr zu meiden. Wir haben ja auch schon in der Vergangenheit, als es in der Türkei, in Istanbul, Anschläge gab, darauf hingewiesen, dass wir in unseren Reise- und Sicherheitshinweisen dazu raten, dass man bei Menschenmengen und Menschenansammlungen eher Vorsicht walten lassen soll.

Zusatzfrage: Was muss passieren, damit Sie von Reisen abraten?

Herr Flosdorff, ich habe jetzt nicht herausgehört, dass Sie darauf bestehen. Habe ich das richtig verstanden?

Flosdorff: Ihre Sprache wird von uns sicherlich nicht eins zu eins übernommen. Sie dürfen sich darauf verlassen und darauf vertrauen, dass die Bundesregierung selbst eine gute Vorstellung davon hat, in welcher Weise und auch mit welcher Wortwahl sie das gegenüber dem Nato-Partner Türkei thematisiert. Das ist ein sehr wichtiger Punkt; er wird mit Nachdruck verfolgt. Wir werben für Verständnis und hoffen darauf, dass die Türkei baldmöglichst zu der Haltung zurückfindet, die ja schon einmal bestand - und auf taktischer Ebne auch weiter besteht -, dass wir einen engen, vertrauensvollen Austausch haben, der sich auch auf die Parlamentsebene bezieht.

Chebli: Sie können sich sicher sein, dass wir in engstem Kontakt mit den verschiedenen Sicherheitsbehörden und anderen relevanten Stellen die Lagebeurteilung immer aktuell anpassen; das tun wir nicht nur in der Türkei, sondern das tun wir in jedem anderen Land. Pauschale Aussagen nach dem Motto "Reisen Sie nicht in dieses Land" wird es von uns so nicht geben. Es gibt Reisehinweise, es gibt Reisewarnungen; das können Sie alles auf unserer Webseite nachlesen. Wenn es eine Aktualisierung der Reise- und Sicherheitshinweise gibt, so wie es sie in diesem Fall nach dem Anschlag gegeben hat, dann können Sie auch das im Prinzip auf der Webseite sehen.

Frage: Frau von Tiesenhausen, man liest in den letzten Tagen sehr viel von Papieren aus Ihrem Hause über die "Brexit"-Folgen und Ähnliches. Aktuell berichtet der "Spiegel" wieder von einem Konzept des Finanzministers, in dem eine Reihe von konkreten Projekten angeführt ist, die in Europa angegangen werden sollten. Da ist von einem gemeinsamen Insolvenzrecht und Ähnlichem die Rede - auch davon, dass diese Projekte im Zweifelsfalle auch von kleineren Gruppen - Koalition der Willigen - angegangen werden sollen.

Erste Frage: Gibt es so etwas wie den einzig aktuell gültigen Plan, das einzig gültige Konzept des Finanzministers nach dem "Brexit", wie er Europa nun vorgehen sehen möchte?

Zweitens: Beinhaltet ein solches Konzept, so es das gibt, quasi die Hauptlinien: keine Vertiefungen, konkrete Projekte angehen und das im Zweifel innerhalb einer Koalition der Willigen zu machen?

von Tiesenhausen-Cave: Danke, für die Frage. Das gibt mir auch die Gelegenheit, noch einmal auf die Berichterstattung der letzten Tage einzugehen, die zum Teil irreführend war.

Es wurde viel aus einem inzwischen veralteten Sachstand aus der Zeit vor dem Referendum gemacht, den sich der Minister nicht zu eigen gemacht hat. In der gegenwärtigen Diskussion haben Positionen über die Vertiefung der Eurozone keine Relevanz. Das hat der Minister schon auf öffentlichen Veranstaltungen deutlich gemacht, die er seit dem Referendum am vergangenen Donnerstag abgehalten hat, an dem er mehrere Diskussionsveranstaltungen bestritten hat. Wenn Sie hingehört haben, werden Sie vernommen haben, dass der Minister betont hat, dass nicht die Vertiefung der Eurozone im Schwerpunkt steht, sondern dass es jetzt um die Stärkung der EU27 geht. Das kann man auch mit den Worten der Kanzlerin zusammenfassen, dass es jetzt nicht um mehr oder weniger Europa, sondern um ein besseres Europa geht. An dieser Debatte wird sich der Minister auch beteiligen.

Zusatzfrage: Gibt es so etwas wie ein Konzept, einen Plan, den der Minister vorstellen will?

von Tiesenhausen-Cave: Ich habe gesagt, dass der Minister sich an dieser Debatte beteiligen wird.

Frage: Ich habe eine Frage an das Arbeitsministerium. Es gibt eine Stellungnahme des Paritätischen Wohlfahrtsverbands zum Teilhabepaket. In Bezug auf viele Leistungsbeantragungen wird der bürokratische Aufwand kritisiert, wie er jetzt im Gesetzentwurf vorgesehen ist. Wie stehen Sie zu dieser Kritik? Es gab eine ähnliche Kritik im Abschlussbericht der Expertengruppe. Wie gehen Sie damit um? Wird man noch einmal stärker auf diese Gesetzgebung Einfluss nehmen?

Schneider: Vielen Dank! - Sie wissen, dass das Bundesteilhabegesetz am Mittwoch im Kabinett beschlossen worden ist und jetzt in das parlamentarische Verfahren geht. Ich möchte in dem Zusammenhang noch einmal darauf hinweisen, dass bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfs ein sehr breiter Dialog geführt worden ist und entsprechend eine sehr starke, lange und intensive Beteiligung möglich war. Einige Kritikpunkte sind bereits in den Gesetzentwurf eingeflossen. Ich möchte auch noch einmal sagen, dass natürlich das parlamentarische Verfahren immer abzuwarten bleibt.

Ansonsten hat sich die Ministerin hier am Mittwoch noch einmal geäußert und hat deutlich gemacht, dass sie das Bundesteilhabegesetz als solches als einen Meilenstein betrachtet, weil es eben einen Systemwechsel herbeiführt. Mir ist gerade nicht präsent, auf welchen Punkt die höhere Bürokratie hier abzielt. Aber die Ministerin hat noch einmal deutlich gemacht, dass es wirklich sehr viele Verbesserungen für Millionen von Menschen geben wird. Insofern betrachten wir das Gesetz als ein sehr gutes Gesetz und, wie gesagt, als einen wesentlichen Fortschritt für viele Behinderte in unserem Land.

Zusatzfrage: Es geht vor allem um die Antragsverfahren für Leistungen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband sagt, das sei sehr umständlich und für die Betroffenen sehr anstrengend und sehr umfangreich, diese Anträge zu erstellen. Es sei ihnen kaum zuzumuten.

Schneider: Das sehen wir eigentlich anders. Es ist ja so, dass wir eine Vereinfachung für die Beteiligten durch das Bundesteilhabegesetz vorsehen, weil die Beteiligten jetzt nämlich nur noch einen Antrag bei einem Reha-Träger stellen müssen und diese dann ein Teilhabeverfahren in Gang setzen. Das heißt, die Träger untereinander erstellen mit den Betroffenen einen Plan, wer welche Leistungen wie zu erbringen hat. Die Beteiligten müssen also nicht mehr bei jedem einzelnen Träger einen Antrag stellen. Das ist eine wesentliche Verbesserung.

Dazu möchte ich noch anmerken, dass wir eine unabhängige Beratung eingeführt haben. Das heißt, die Betroffenen können sich beraten lassen, welchen Anspruch sie haben und wie sie ihren Anspruch auch geltend machen können. Das sehen wir also ganz anders und sehen eine deutliche Vereinfachung.

Frage: Eine Frage an das BMI zum sogenannten Terrorverdacht in Minden. Ich würde gerne wissen, warum die Bundespolizei einen ICE stoppt und evakuiert, in dem jemand Koranverse zitiert. Warum wird dieser Mann in Gewahrsam genommen?

Dimroth: Vielen Dank für die Frage, die leider zum wiederholten Male - jedenfalls in Teilen - unzutreffende Sachverhaltsunterstellungen enthält. Der Zug wurde auf entsprechende Anordnung des Zugführers gestoppt. Die Motivation müssten Sie also bitte bei der Deutsche Bahn AG erfragen und nicht bei mir. Die Festnahme ist durch Kräfte der Landespolizei Niedersachsen erfolgt. Insofern müsste ich Sie für diesen Sachverhaltsteil dorthin verweisen.

Frage: Ich habe eine Frage an den Vertreter des Verkehrsministeriums. In den USA ist ein Fahrer in einem autonom fahrenden Fahrzeug ums Leben gekommen. Wir wissen - zumindest habe ich diesen Eindruck -, dass unser Verkehrsminister ein großer Fan dieses autonomen Fahrens ist. Was unternimmt denn die Bundesregierung, damit so etwas künftig bei uns nicht passieren kann?

Strater: Sie spielen auf einen Unfall in den USA mit einem Fahrzeug des Herstellers Tesla, Modell S, an, das ein bestimmtes automatisiertes System verwendet. Wir haben keine direkten Erkenntnisse über die Ursache dieses Unfalls. Diese muss zunächst detailliert aufgeklärt werden. Die US-Behörde, so ist es nachzulesen, untersucht den Fall bereits. Wir werden mit der US-Behörde in Kontakt treten.

Für eine Bewertung, nach der Sie mich fragen, bleibt das Ergebnis der Untersuchungen abzuwarten. Auch für Schlussfolgerungen muss man erst den Sachverhalt sehr genau überprüfen.

Frage: Ich möchte gern beim Verkehrsministerium bleiben. Ich las von zusätzlichen 1,3 Milliarden Euro, die Ihr Minister für das Breitbandausbauprogramm verwenden will. Ich möchte gern wissen, woher das Geld kommt. Hat er so gut gewirtschaftet, dass er das übrig hat und dafür aufwenden kann? Hat er vom Finanzministerium einen Scheck bekommen, zusätzlich, abseits der Routine, oder war das schon vorher eingeplant? Wird das erst in Zukunft wirksam?

Strater: Sie haben richtig gelesen. Der Minister steigert die Investition in den Breitbandausbau auf nun insgesamt 4 Milliarden Euro. Das heißt: 1,3 Milliarden Euro werden zusätzlich zur Verfügung gestellt. Damit wird das Bundesprogramm für den Breitbandausbau aufgestockt. Hierbei handelt es sich um zusätzliche, neue Haushaltsmittel, die im Zuge der Haushaltsaufstellung zur Verfügung stehen werden.

Zusatzfrage: Heißt das 2017 - also Haushaltsmittel aus dem nächsten Haushalt?

Strater: 2017 und Finanzplanung. Das steht ja jetzt auf der Agenda. Also: für die kommenden Jahre.

Frage: An das BMI oder das BMAS: Mich würde interessieren, wer aktuell Präsident des BAMF ist.

Dimroth: Dazu würde ich zunächst gern auf die weitreichenden Äußerungen verweisen, die zu diesem Thema hier im Zusammenhang mit der Entscheidung, die Ihnen bekannt ist, Herrn Weise zu bitten, die Leitung des BAMF in Zugleichfunktion mit der Leitung der Bundesagentur für Arbeit zu übernehmen, gemacht wurden. In diesem Zusammenhang ist auch weitreichend dazu ausgeführt worden, wie vor allem beamtenrechtlich die Situation beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist. Unterhalb von Herrn Weise als dem Leiter des BAMF - ein untechnischer Begriff - verrichten derzeit zwei Vizepräsidenten ihren Job.

Zusatzfrage: Gibt es einen Präsidenten?

Dimroth: Dementsprechend gibt es im technischen Sinne derzeit keinen Präsidenten.

Frage: Das Verfassungsgericht in Österreich hat soeben verkündet, dass die Bundespräsidentenwahl in Österreich aufgrund von Unregelmäßigkeiten wiederholt werden muss. Hat das irgendwelche Auswirkungen und, wenn ja, welche auf die Politik Deutschlands in Verbindung mit Österreich?

StS Seibert: Nein.

Frage: An Frau Chebli zur EU-Erweiterung: Der ukrainische Ministerpräsident Hroisman hat gestern gesagt, er ist davon überzeugt - Zitat -, "dass die Ukraine in zehn Jahren in der EU sein wird". Teilt die Bundesregierung diese Überzeugung?

Chebli: Wenn Sie die Ausführungen von Martin Schäfer vom Mittwoch nachverfolgt hätten, wüssten Sie, dass er unsere Position zum Thema Erweiterung und auch Ukraine klar dargelegt hat.

Zusatz: Die Fakten haben sich ja geändert. Die ukrainischen Freunde haben eine Ansage gemacht.

Chebli: Okay. Dann lassen Sie mich zwei Sätze dazu sagen. Wir haben mit der Ukraine gerade ein Assoziierungsabkommen geschlossen, das noch nicht in Kraft getreten ist. Wir haben ein Interesse an der Heranführung der Ukraine an die Europäische Union. Wir konzentrieren uns jetzt darauf, dass dieses Assoziierungsabkommen in Kraft gesetzt wird. Auch die Visaliberalisierung, die ansteht, ist natürlich ein Schritt der Heranführung der Ukraine an die EU.

Aber die Frage einer EU-Beitrittsperspektive stellt sich für uns im Moment nicht. Es gibt viele offene Fragen. Dazu gehört zum Beispiel das Thema der Korruptionsbekämpfung. Die Ukraine ist dabei noch nicht so weit.

Deshalb bleibt es dabei: Ja, Assoziationsabkommen; Visaliberalisierung dann, wenn die notwendigen Schritte vollzogen worden sind; EU-Beitrittsperspektive - nicht auf der Tagesordnung.

Zusatzfrage: Sie haben es gerade angesprochen. Herr Dimroth, gibt es schon ein Update, ob die Bundesregierung für die Visafreiheit für Ukrainer sein wird?

Dimroth: Wie Sie wissen, gibt es dazu auf verschiedenen Ebenen Gespräche und insbesondere auch Diskussionen zu verschiedenen Herkunftsstaaten. Ganz grundsätzlich: Wir stehen zu den gemachten Zusagen. Das ist völlig klar. Ich kann Ihnen jetzt keinen Zeitpunkt nennen, zu dem entsprechende Verfahren abgeschlossen werden.

Ich kann Sie nur noch einmal darauf verweisen, dass es aus unserer Sicht ebenso wichtig ist wie das klare Bekenntnis zu den gemachten Zusagen, auch Mechanismen auf europäischer Ebene zu etablieren, um möglicherweise entstehende Fehlentwicklungen einhegen zu können. Das ist der sogenannte Notfallmechanismus, den wir derzeit auf europäischer Ebene diskutieren, der also einen Automatismus im europäischen Recht etablieren soll, dass automatisch auf den Status quo ante zurückgegangen werden kann, wenn im Zuge einer umgesetzten und dann praktizierten Visabefreiung Fehlentwicklungen eintreten. Auch hierzu kann ich Ihnen keinen abschließenden Zeitplan nennen, sondern nur deutlich machen, dass wir parallel zu den laufenden Gesprächen darauf drängen, dass dieser Notfallmechanismus ins europäische Recht kommt.

Zusatzfrage: Welche wären diese Fehlentwicklungen?

Dimroth: Beispielsweise die signifikante Zunahme unberechtigter Asylanträge aus dem jeweiligen Herkunftsland.

Zusatzfrage: Frau Chebli, ganz kurz zur Georgienreise des Außenministers. Welche Menschenrechtsverletzungen wird er ansprechen?

Chebli: Ich werde jetzt nicht im Detail auf die einzelnen Menschenrechtsverletzungen eingehen. Sie können sich aber sicher sein, dass der Minister in all den Gesprächen auch diese Fragen thematisiert.

Zusatzfrage: Irgendwelche Details?

Chebli: Nein. Ich kann Ihnen jetzt keine Details dazu nennen.

Freitag, 1. Juli 2016

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 1. Juli 2016
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2016/07/2016-07-01-regpk.html;jsessionid=D6E08EB8B1AD8B89356578B163D6A574.s7t1
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Juli 2016

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