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PRESSEKONFERENZ/1155: Kanzlerin Merkel und der portugiesische Premierminister Costa, 05.02.2016 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz in Berlin - Freitag, 5. Februar 2016
Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und dem portugiesischen Premierminister, Costa

(Die Ausschrift des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultanübersetzung)


BK'in Merkel: Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass heute der portugiesische Premierminister António Costa seinen Antrittsbesuch bei uns in Berlin gemacht hat. Wir freuen uns auch, dass es sein erster bilateraler Besuch innerhalb der Europäischen Union ist, und heißen ihn ganz herzlich willkommen.

Wir haben festgestellt, dass die Beziehungen zwischen Deutschland und Portugal nicht nur gut sind, sondern dass sie vertrauensvoll sind, dass sie sehr eng sind, dass sie freundschaftlich sind - und dies wollen wir auch weiter entwickeln.

Portugal hat kürzlich den 30. Jahrestag seiner Zugehörigkeit zur Europäischen Union gefeiert. Ich glaube, insgesamt - auch wenn es schwierige Zeiten gab; gerade die letzten Jahre waren ja nicht einfach für die Menschen in Portugal - waren es doch erfolgreiche Jahre, die Portugal in der Europäischen Union verlebt hat. Wir freuen uns auch, dass gerade die Menschen in Portugal auch sehr positiv auf die Europäische Union blicken, und das soll so bleiben.

Der Vorgänger von António Costa hat Portugal durch eine schwierigere Zeit geführt, und der Reformprozess war nicht leicht. Es ist bis heute aber Beachtliches erreicht worden, und wir haben darüber gesprochen, dass natürlich alles darangesetzt werden muss, diesen erfolgreichen Weg fortzusetzen, der dann bei soliden Finanzen auch zu mehr Arbeitsplätzen, zu mehr Investitionen führt, sodass sich daraus der Wohlstand dann wieder gut entwickeln kann. Wenn man die Wachstumszahlen von Portugal jetzt sieht, kann man feststellen, dass das eigentlich auch auf einem guten Wege ist.

Wir haben uns auch intensiv über die Flüchtlingsfrage ausgetauscht. Ich bin sehr dankbar, dass sich Portugal zu dem System der Verteilung der Flüchtlinge bekannt hat, seinen Anteil übernehmen wird und darüber hinaus auch noch andere Angebote gemacht hat, hier also eine gemeinsame Verantwortung sieht. Wir haben festgestellt, dass der Erhalt des Schengen-Raums eine der Grundvoraussetzungen für eine positive wirtschaftliche Entwicklung ist und alles darangesetzt werden muss, den Schutz der Außengrenzen zu verbessern - daran müssen wir arbeiten -, dass es aber auch wichtig ist, die humanitäre Verantwortung zu sehen und die Lage in den Herkunftsländern der Flüchtlinge zu verbessern. Auch das war ja gerade gestern in London auf der Konferenz ein Thema.

Insgesamt also, glaube ich, haben wir eine gute Agenda. Deutschland wird sich auch weiter bilateral dafür einsetzen - so zum Beispiel auf einer Investorenkonferenz im April -, den weiteren wirtschaftlichen Weg Portugals mitzubestimmen und zu ermöglichen. Es soll erfolgreich sein, und ich denke, wir sind nicht nur Nachbarn im Europäischen Rat, was unsere Plätze anbelangt, sondern wir werden auch gut miteinander zusammenarbeiten.

Noch einmal herzlich willkommen!

PM Costa: Guten Tag! Zunächst möchte ich Bundeskanzlerin Angela Merkel herzlich danken für diese Möglichkeit, für diese Chance zu dieser bilateralen Begegnung - es ist meine erste mit einem Staatschef der EU.

An erster Stelle möchte ich unterstreichen, dass sich Deutschland über die ganzen letzten Jahre für die Konsolidierung unserer Situation in Portugal angestrengt hat und dass Deutschland ein wichtiger Investor in Portugal ist. Es hat uns während dieser Krisenjahre geholfen, und wir haben großes Vertrauen in die deutsche Wirtschaft; denn einige der größten Unternehmen Deutschlands haben in Portugal investiert. Das war ein Zeichen des Vertrauens in die Zukunft unseres Landes.

Wir haben auch gute bilaterale Beziehungen, denn viele Portugiesen leben hier in Deutschland, und Deutsche besuchen uns als Touristen, Deutsche investieren in Portugal, arbeiten in Portugal - aber nicht nur deshalb, sondern auch, weil wir ein gemeinsames Projekt verteidigen, nämlich die Europäische Union.

Bundeskanzlerin Angela Merkel, ich habe Ihnen gesagt, dass die Flüchtlingskrise nicht das Problem eines jeden Mitgliedstaates für sich ist, sondern ein gemeinsames Problem aller, der gesamten EU. Portugal möchte einen Beitrag zur Überwindung dieser Krise leisten - sei es durch den Schutz unserer Außengrenzen, sei es durch Unterstützung der Maßnahmen von Frontex an dieser Außengrenze. Wir möchten aber natürlich auch hinsichtlich der Flüchtlinge einen Beitrag leisten - und zwar nicht nur im Rahmen des Kompromisses, der Verantwortung, die wir bereits im europäischen Rahmen übernommen haben, sondern auch bilateral. Wir sind bereit, mit den Ländern zusammenzuarbeiten, die derzeit unter dem größten Druck stehen. Wir haben das vor einigen Jahren mit unseren Nachbarn, den Spaniern, getan, und nun sind wir auch bereit, das Gleiche in Bezug auf unsere etwas weiter entfernten Nachbarn in der EU zu tun.

Es ist sehr wichtig, dass wir im Rahmen all dieser Krisen um uns herum eine gemeinsame Vision hinsichtlich der Zukunft Europas haben. Wir dürfen Europa nicht aufteilen, sondern wir müssen es stärken. Es gibt Länder, die sehr unterschiedliche soziale, wirtschaftliche, finanzielle Situationen aufweisen, aber wir können uns dennoch gegenseitig verstehen, wir können miteinander reden und wir können gemeinsam Lösungen finden für Probleme, die de facto gemeinsame Probleme sind.

Herzlichen Dank!

Frage: Eine Frage an die Bundeskanzlerin: Wie sehen Sie die Konsolidierung des Staatshaushaltes in Portugal, der gestern genehmigt wurde, und wie sehen Sie die Tatsache, dass die portugiesische Regierung einige der Maßnahmen, die Deutschland in der Vergangenheit unterstützt hat, nun wieder auflöst?

An den Premierminister: Ist es wichtig, die Unterstützung Deutschlands hinsichtlich dieses Haushalts zu haben? Haben Sie darum gebeten und rechnen Sie damit?

BK'in Merkel: Es ist ja so, dass die Europäische Kommission die Haushalte aller Länder bewertet, so jetzt auch den Haushalt Portugals. Wir haben heute auch darüber gesprochen. Wichtig ist, dass die Rahmendaten - die Leitplanken sozusagen - weiter eingehalten werden. Die Europäische Kommission wird dazu - ich glaube, fast zeitgleich - auch ihre Meinung sagen, und sie ist die entscheidende Instanz.

Ich glaube, es ist jetzt ganz wichtig, dass Portugal den Weg von mehr Wachstum, mehr Arbeitsplätzen und soliden Haushalten einfach fortsetzen kann. Dass das gelingt, wünschen wir Portugal, und wir werden unseren Teil dazu beitragen, dass das Gesamtumfeld im Eurobereich ein positives ist und eines ist, das auf Optimismus ausgerichtet ist. Wir haben im Augenblick von geldpolitischer Seite durch die Europäische Zentralbank sehr gute Bedingungen, und wir haben einen sehr niedrigen Ölpreis. Das heißt also, es sind sehr gute Außen- und Rahmenbedingungen für Wachstum gegeben. Ich hoffe, dass es Portugal gelingt, einen solchen Wachstumspfad auch fortzusetzen.

PM Costa: Der Haushalt, den wir vorgelegt haben, ist verantwortungsbewusst; wir wollen damit Bedingungen für Wachstum, für Arbeitsplätze usw. schaffen. Was unser Defizit, unsere öffentliche Verschuldung betrifft: Ja, dieser Haushalt ist heute beim portugiesischen Parlament eingereicht worden. Er wird debattiert, auch auf der Ebene der Kommission; wir konnten bereits in den vergangenen Wochen sehr viele technische oder fachliche Gesichtspunkte debattieren und lösen. Nun liegt das Ganze in den Händen der Kommission.

Ich will natürlich nicht Bundeskanzlerin Merkel damit belasten, denn Sie haben sicherlich mit Ihrem eigenen Haushalt hier in Deutschland zu tun. Ich will aber sagen: Portugal hat eine Anpassungsphase hinter sich; es war ein sehr anspruchsvoller Prozess. Nun müssen wir uns auf das konzentrieren, was wichtig ist. Wir müssen vor allem die eingeschränkte Wettbewerbsfähigkeit überwinden und Arbeitsplätze schaffen, wir müssen das Defizit und die Verschuldung nachhaltig überwinden.

Unsere Wirtschaft fußt auf zwei Hauptmerkmalen: Das ist zum einen die Verbesserung der Einkommenslage der Familie und das ist zum anderen die Verbesserung der Lage der Unternehmen, sodass diese eine höhere Kapitalisierung erreichen können - auch über Direktinvestitionen aus dem Ausland. Wir haben diesbezüglich in den letzten Jahrzehnten ja sehr positive Erfahrungen gemacht, deutsche Firmen haben dort investiert, und das wird sicherlich auch noch weitergehen.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, es kam eine Umfrage heraus, die sagt, dass vier von fünf Deutschen mit der Flüchtlingspolitik nicht mehr einverstanden seien. Was ist Ihre Reaktion darauf? Sorgt es Sie, dass so ein großer Teil der deutschen Bevölkerung mit Ihrer Politik der offenen Tür offenbar nicht mehr mitgeht?

BK'in Merkel: Na ja, es gibt eine sehr große Zahl von Menschen in Deutschland, die der Meinung sind, dass wir Menschen in Not helfen müssen und dass wir unsere humanitäre Verantwortung haben. Gleichzeitig haben wir einen klaren Fahrplan, was wir erreichen wollen. Wir wollen die Fluchtursachen bekämpfen, und dafür war gestern in London ein wichtiger Tag, weil sich die internationale Staatengemeinschaft entschieden hat, doch in erheblichem Umfang die Lebensbedingungen der Menschen in Jordanien, im Libanon und auch in der Türkei zu verbessern. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit ist darüber hinaus gerade auch im Nordirak tätig.

Zweitens geht es jetzt darum, den EU-Türkei-Aktionsplan in die Tat umzusetzen. Ich bin sehr froh, dass die 3 Milliarden Euro, die wir versprochen haben, damit sich die Lebenssituation der Flüchtlinge in der Türkei verbessert, jetzt genehmigt wurden und dass wir die bereithalten.

Darüber hinaus geht es jetzt natürlich auch darum, den Schutz der Außengrenzen zu verbessern. Hierüber haben wir bereits Gespräche geführt; die werde ich am Montag mit der Türkei auch noch einmal fortsetzen. Wir wollen vor allen Dingen sicherstellen, dass die Menschen nicht illegal kommen müssen. Wir haben allein im Januar in der Ägäis deutlich über 200 Todesopfer, Menschen, die dort unter schrecklichen Bedingungen ertrunken sind - gerade auch Frauen und Kinder. Das muss in eine Legalität überführt werden. Dazu gibt es ja das Konzept der Kontingente. Darüber sprechen wir in diesen Tagen, und dann wird sich auch erweisen, dass wir die EU-Türkei-Agenda - so hoffe ich - gut umsetzen können. All das sind Schritte, um die Zahl der bei uns ankommenden Flüchtlinge deutlich zu reduzieren - wobei wir aber eben da ansetzen wollen, wo die Fluchtursachen liegen, nämlich bei den Bedingungen, aus denen heraus Menschen sich überhaupt auf den Weg machen, um ihre Heimat zu verlassen.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, sind Sie damit einverstanden, dass die EU Ziele nicht nur für Portugal flexibilisiert, sondern auch für andere Länder? Machen Sie sich Sorgen hinsichtlich des portugiesischen Haushaltes, oder sind sie zufrieden mit dem, was Sie gehört haben?

Herr Premierminister, brauchen Sie die Unterstützung Deutschlands für die neue Haushaltspolitik? Wenn es eine gelbe Karte - ich will nicht sagen: eine rote Karte - gibt, was gedenken Sie dann zu tun?

BK'in Merkel: Wir haben einen Stabilitätspakt, der von uns allen akzeptiert worden ist. Er enthält bestimmte Flexibilitätskriterien, aber er enthält auch klare Vorgaben. Jetzt prüft die Kommission - ich habe es eben schon gesagt -, ob der Haushalt, den Portugal eingereicht hat, diesen Vorgaben entspricht. Die Kommission wird dann ihre Bewertung vorlegen. Jetzt warten wir ab, was die Kommission vorlegt.

Ich finde sehr wichtig, was Premierminister António Costa gesagt hat, nämlich den Gedanken, wie wir die Wettbewerbsfähigkeit verbessern können. Darüber wollen Deutschland und Portugal - das haben wir miteinander verabredet - noch intensiver reden. Denn das ist der Maßstab, an dem sich entscheidet, ob auch wirklich neue Arbeitsplätze entstehen. Es ist ja auch deutlich geworden: Hier haben wir in Deutschland Hausaufgaben zu machen, aber hier hat sicherlich auch Portugal noch einiges zu erledigen. Wenn wir auf diesem Weg gemeinsam vorangehen, dann ist das, meine ich, ein guter Weg, auch im Blick auf stärkere wirtschaftliche Kohäsion der Eurostaaten, die wir brauchen, aber nicht auf Kosten der Wettbewerbsfähigkeit, sondern unter Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Darüber werden wir im Gespräch bleiben.

PM Costa: Wir haben eine Wirtschaftspolitik, die sich an die Regeln der EU hält. Ich bin davon überzeugt, dass sich die Kommission in Kürze äußern wird. Wir müssen uns in diesem Moment schon keine Sorgen mehr machen. Heute Nachmittag wird sich die Kommission äußern und uns kundtun, ob der portugiesische Haushalt so tragfähig ist.

Es ist wichtig, dass Asymmetrien aufgelöst werden. Von daher gibt es verschiedene Säulen: zum einen die Kohäsionspolitik und zum anderen die Wettbewerbsfähigkeit. Wir hatten 15 Jahre Portugal in der EU, in denen die Basis der Kohäsion dazu geführt hat, dass wir ein großes Wachstum verzeichneten und eine große Kohäsion erforderlich und auch ausreichend erreicht wurde. Dann hatten wir 15 Jahre mit einem Wettbewerbsschock. Es waren die Einführung des Euros und die verschiedenen Krisen, die einander abgelöst haben. Wir hatten in diesen 15 Jahren eine große Stagnationsphase.

Wir müssen jetzt Instrumente finden, die es uns ermöglichen, diese Herausforderung zu bewältigen und zu überwinden. Wir brauchen nicht nur die EU dazu. Aber ich denke, dass wir - sowohl Portugal als auch Deutschland -, auch wenn wir unterschiedliche Sichtweisen der Dinge haben, doch in der Lage sind, uns zusammenzusetzen und zu überlegen, wie man bessere Bedingungen schaffen und wie man diese Asymmetrien im Rahmen der Eurozone lösen kann. Das ist ein Bereich, in dem wir wie auch bei den Flüchtlingen zusammenarbeiten müssen.

Europa hat die Verpflichtung, seine humanitären Werte durchzusetzen und denjenigen, die vor Terror und Krieg flüchten, Aufnahme zu gewähren. Dies ist eine Verantwortung sämtlicher Länder der EU und sämtlicher Regierungschefs der EU. Von daher möchte ich Frau Merkel noch einmal meine Solidarität versichern. Wir, Portugal, haben diese Verpflichtung. Wir möchten helfen, diesen Schutz zu gewähren, zur Aufrechterhaltung der Freiheit und der Prosperität, indem wir vor allem die Ursachen dieser Flucht bekämpfen. Wir werden an den Außengrenzen zusammenarbeiten. Ich denke, diese Verantwortung gebührt uns wirklich allen, auch wenn Deutschland dabei im Rahmen der EU wahrscheinlich eine sehr viel größere Last trägt.

Frage: Herr Ministerpräsident, die EU verschafft Großbritannien Sonderkonditionen, damit das Land in der EU bleibt. Entspricht das Ihrer Ansicht nach einer gleichberechtigten Behandlung anderer Länder, die auch Probleme haben? Würden Sie sich eventuell spezielle Zugeständnisse für Ihr Land wünschen?

Frau Bundeskanzlerin, die sinkenden Umfragewerte und die nicht endende Kritik in der Union sind das eine. Das andere, da können Sie das Asylrecht noch so sehr verschärfen: Wird es unterhalb einer Obergrenze eine Verständigung mit Ihren Kritikern in der Union geben, oder wird es diese Obergrenze für Flüchtling in Deutschland am Ende doch geben müssen?

PM Costa: Portugal hat eine ganz besondere Situation hinsichtlich des Vereinigten Königreichs. Denn wir haben die am längsten währende diplomatische Allianz mit diesem Land weltweit, nämlich seit mehr als 600 Jahren. Nach so vielen Jahren als Alliierte des Vereinigten Königreichs können wir uns gar nicht vorstellen, wie wir in einer EU ohne das Vereinigte Königreich leben könnten. Von daher sind wir überzeugt, dass das Vereinigte Königreich und die EU gute Wege finden werden, um in diesem gemeinsamen europäischen Raum unter Beachtung der gemeinsamen Regeln zu leben - hinsichtlich der Haushalte, hinsichtlich der Freizügigkeit. Das ist es, wie man in einer solchen Union zu leben hat. Es ist wie in einer Familie. Es ist nicht immer leicht, sich an die Regeln zu halten. Aber wie in einer Familie müssen wir diesen Willen haben, die Schwierigkeiten zu überwinden und gute Lösungen zu finden, damit wir in dieser Familie weiterhin zusammenleben können.

BK'in Merkel: Ich arbeite zusammen mit anderen - zum Beispiel der niederländischen Präsidentschaft - jetzt daran, die EU-Türkei-Agenda, also diese Migrationsagenda, umzusetzen. Gestern haben am Rande der Konferenz von London natürlich auch wieder die Ereignisse in Syrien eine Rolle gespielt. Gerade in der Türkei gibt es jetzt die Sorge, dass vielleicht noch mehr Menschen aus Syrien als Flüchtlinge kommen könnten. Deshalb ist die Aufgabe sozusagen zweiteilig: Erstens gilt es, dafür zu sorgen, dass es eine politische Lösung in Syrien gibt. Hier gibt es die Gespräche, an denen der Bundesaußenminister teilnimmt. Diese sind jetzt in eine sogenannte Reflektionsphase gegangen. Ich glaube, alle müssen verstehen - das gilt vor allen Dingen für das Assad-Regime und auch für Russland -, dass die Verschlechterung der humanitären Situation natürlich noch einmal die Möglichkeit verringert, politische Gespräche zum Erfolg zu führen. Wir müssen genau in die andere Richtung arbeiten, nämlich alles dafür tun, damit politische Gespräche über die Zukunft Syriens jetzt wirklich beginnen können.

Zweitens haben wir sehr klare Aufgaben, was die EU und die Türkei anbelangt: Das ist der Schutz der Außengrenze - das ist heute gesagt worden - und eben, wie auch von türkischer Seite immer wieder gesagt wird, Absprachen über die Teilung der Aufgabe und die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Beherbergung von Flüchtlingen. Das muss mit der Türkei verhandelt werden, und das richtet sich auch nach der jeweiligen Situation dort. Wenn wir morgen einen Waffenstillstand hätten, wäre die Situation eine andere, als wenn es noch einmal 100 000 oder 200 000 Flüchtlinge mehr gibt. Insofern werden wir genau darüber sprechen. Das ist das Vorgehen, das mich leitet. Das muss jetzt auch weiter verfolgt werden.

Freitag, 5. Februar 2016

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Quelle:
Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und dem portugiesischen
Premierminister, Costa, am 5. Februar 2016 in Berlin
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2016/02/2016-02-05-bkin-portugal-costa.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Februar 2016

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