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PRESSEKONFERENZ/981: Regierungspressekonferenz vom 4. Mai 2015 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 4. Mai 2015
Regierungspressekonferenz vom 4. Mai 2015

Themen: Deutsche Beteiligung an der Seenotrettung im Mittelmeer, Situation der Flüchtlinge in Bulgarien, Flüchtlingsgipfel, Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichtendienstes, Transplantationsgesetz, geplanter Motorradkorso der russischen Bikergruppe "Nachtwölfe", Griechenland, Vorratsdatenspeicherung

Sprecher: StS Seibert, Roth (BMVg), Fischer (AA), Plate (BMI), Angeli (BMG), von Tiesenhausen-Cave (BMF), Zimmermann (BMJV)


Vorsitzender Leifert eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Frage: Ich habe eine Frage an das Verteidigungsministerium, gegebenenfalls an das Auswärtige Amt und das Innenministerium. Was ist eigentlich der Stand der deutschen Beteiligung an der Seenotrettung im Mittelmeer?

Roth: Vielleicht darf ich anfangen - Die beiden Schiffe, die für die Flüchtlingshilfe im Mittelmeer vorgesehen sind, sind der Einsatzgruppenversorger "Berlin" und die Fregatte "Hessen". Sie liegen zurzeit im Hafen von Souda auf Kreta und machen dort logistische Versorgung. Das heißt, sie bekommen Material, um ihren Einsatz dort entsprechend ausführen zu können. Das sind beispielsweise zehn Rettungsinseln, die sie zusätzlich aufnehmen, 450 Rettungswesten und 1.000 Decken. Dort wird zusätzliches Personal eingeschifft. Dabei handelt es sich um medizinisches Personal, insgesamt acht Ärzte, Bekleidung und Medikamente.

Es gibt noch einigen Abstimmungsbedarf zwischen den Ressorts, dem Auswärtigen Amt, dem BMI und uns, aber auch mit der EU für den weiteren Einsatz. Wir haben ja noch ein paar Tage Zeit. Wir haben gesagt, dass wir zwischen dem 6. und 8. Mai dort im Einsatzgebiet sein wollen. Insofern sind wir da voll im Plan.

Zusatzfrage: Kann vielleicht eines der anderen Ressorts noch erläutern, worin der Abstimmungsbedarf besteht und welche Fragen noch offen sind?

Fischer: Beim Europäischen Rat sind zunächst einmal die vier zentralen Themen geklärt worden, um die es bei der Problematik der Flüchtlingsbekämpfung geht. Eines davon ist die Seenotrettung. Dafür stehen zwei Fregatten bereit, wie es der Kollege gerade ausgeführt hat, um sich daran zu beteiligen. Wir klären derzeit die Einsatzmodalitäten. Das geschieht im Gespräch der Ressorts, das geschieht im Gespräch mit den zuständigen EU-Stellen, das geschieht im Gespräch mit Frontex, und das geschieht im Gespräch mit unseren Partnern in der EU.

Zusatzfrage : Entschuldigung! Meine Frage war: Welche Einsatzmodalitäten und was muss noch geklärt werden?

Fischer: Es geht zum Beispiel darum, wie sich diese Schiffe gegebenenfalls in die Frontex-Operation eingliedern und um solcherlei Dinge.

Plate: Ich kann dazu noch zwei, drei Sätze sagen. Aber die führen eher zu einer Einordnung als zu einer inhaltlichen Ergänzung.

Sie kennen den Beschluss vom 23. April, dass die Seenotrettung verstärkt werden soll. Die Bundesregierung will sich daran sehr aktiv und in erheblichem Umfang beteiligen. Wenn man einen solchen Beschluss fällt und das ernst meint - das tut die Bundesregierung -, dann muss man natürlich schauen, wie man dieses Ziel am besten erreichen kann. Dazu gehören nicht nur Fragen: "Welche Leute, wie viele Leute, welche Einsatzmittel, zum Beispiel Schiffe?", sondern natürlich auch Rechtsfragen. Je nachdem, wie man einen solchen Einsatz rechtlich konstruiert, kann man möglicherweise zielgerichtet oder weniger zielgerichtet das Ergebnis, das wir uns alle wünschen, nämlich eine verbesserte Seenotrettung, erreichen. Auf solche Fragen bezieht sich die Prüfung.

Zusatzfrage: Ich möchte es nur klar bekommen: Ich glaube, die Ankündigung ist etwa zehn Tage her. Es ist nach wie vor unklar, was die rechtlichen Rahmenbedingungen sind, wie sich der deutsche Einsatz rechtlich einsortiert, ob dies Frontex unterstellt wird usw. Habe ich das richtig verstanden?

Plate: Ich kann beginnen. Die Kollegen können natürlich gerne ergänzen, soweit das ihre Bereiche betrifft.

Ganz richtig haben Sie das, wenn ich das so sagen darf, wohl nicht verstanden. Denn die Entscheidung vom 23. April, auf die Sie anspielen, wenn Sie sagen, das sei ungefähr zehn Tage her, bezieht sich ja nicht dezidiert auf den Einsatz zweier Marineschiffe, sondern allgemein darauf, dass Deutschland das Erforderliche und Mögliche unternehmen möchte, um sich daran zu beteiligen, dass sich die Seenotrettung verbessert.

Ein Teil dieser Entscheidung ist die Entsendung zweier Marineschiffe, über die die Kollegen zu meiner Rechten vertieft Auskunft geben könnten. Für diesen konkreten Teil besteht noch Prüfbedarf, wie genau der rechtliche Rahmen am günstigsten genutzt werden kann, um das Ziel zu erreichen. Das gilt aber mitnichten für die Entscheidung vom 23. April insgesamt, die aus weiteren Ihnen bereits bekannten Bestandteilen besteht.

Vorsitzender Leifert: Jetzt liegt der Ball bei den Kollegen zur Rechten von Herrn Plate gespielt, Herr Fischer, Herr Roth.

Fischer: Ich glaube, darüber hinaus gibt es wenig zu sagen. Es geht genau darum, den richtigen, den guten, den dem Einsatz angemessenen Rahmen festzulegen. Dass es dabei Detailfragen zu klären gibt, finde ich jetzt nicht weiter überraschend. Ich glaube, bis die Schiffe dann tatsächlich im Einsatzgebiet angekommen sind, wird dies auch gelöst sein.

Frage: Ich habe eine Frage zu der Situation der Flüchtlinge in Bulgarien. Wir selbst haben uns von der Situation dort überzeugt. Auch gibt es zahlreiche Berichte über menschenunwürdige Zustände in Bulgarien. Was konkret plant die Bundesregierung, um die Zustände dort zu verbessern? Wird weiterhin nach Bulgarien abgeschoben, oder soll das gestoppt werden?

Vorsitzender Leifert: An wen richtet sich diese Frage im Speziellen?

Zusatz: Herr Plate, wenn er möchte.

Plate: Ich kann auch hierzu gerne beginnen. - Sie wissen sicherlich, dass es Staaten gibt, deren Umgang mit Flüchtlingen vom EGMR, dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg, und zum Teil auch vom EuGH, dem Europäischen Gerichtshof, sowie mitunter auch vom Bundesverfassungsgericht überprüft worden ist. Übereinstimmender Maßstab aller drei Gerichte und ihrer Rechtsprechung für die Frage, ob dorthin Personen im Grundsatz zurückgeführt werden können oder nicht, ist die Frage, ob es strukturelle und systemische Mängel gibt. Wie Sie bestimmt auch wissen, ist das zum Beispiel für Griechenland festgestellt worden, weshalb die Bundesregierung - in diesem Fall unter der Federführung des Bundesinnenministeriums - inzwischen zum wiederholten Mal die Aussetzung von Rückführungen nach Griechenland im Rahmen von Dublin-Überstellungen verlängert hat.

Eine solche Aussetzung gibt es im Falle von Bulgarien nicht. Auch nach obergerichtlicher Rechtsprechung - den EGMR und den EuGH hat dieses Thema meines Wissens noch nicht erreicht - bestehen dort mitunter Mängel, aber eben gerade nicht solche systemischen und strukturellen Mängel, die per se ausschließen, dass eine Überstellung nach Bulgarien erfolgen kann.

Selbstverständlich beobachtet die Bundesregierung genau, wie sich die Lage in Bulgarien weiterentwickelt. Sie beobachtet aber nicht nur - das klingt ja sehr passiv -, sondern sie ist auch aktiv gemeinsam mit der EU daran beteiligt, die Lage dort zu verbessern. Die EU hat erhebliche Mittel in die Hand genommen und dort schon zu erheblichen Verbesserungen beigetragen. Wir sind mit der Lage noch nicht hundertprozentig zufrieden. Aber es bestehen keine systemisch-strukturellen Mängel einer solchen Intensität, dass dort im Moment eine Aussetzung vorläge oder ganz konkret geplant wäre. Selbstverständlich beobachten wir das tagesaktuell. Sie wissen sicherlich, dass man in jedem Einzelfall im Wege einer Einzelfallprüfung ohnehin trotzdem zu dem Ergebnis kommen kann, dass keine Überstellung stattfindet.

Zusatzfrage: Die Mittel, die die EU und die Bundesrepublik Deutschland dafür zur Verfügung stellen, sind das Mittel, die zur Erfassung von Flüchtlingen, zum Beispiel EURODAC, dienen, oder sind das Mittel zur Verbesserung der humanitären Lage in den Lagern?

Plate: Hinsichtlich der konkreten Details, in welchen Titelgruppen - so nennt man das im Haushaltsrecht - die Mittel ganz genau geflossen sind und weiter fließen, müsste ich Ihnen eine Nachlieferung zusagen. Das kann ich sehr gerne machen.

Sicher ist aber, dass die Mittel - das kann ich sagen - auch der Verbesserung der humanitären Lage zugutekommen sollen und aus unserer Sicht zugutegekommen sind.

Selbst wenn Sie diese Maßnahmen ansprechen, die Sie als Alternative zur Verbesserung der humanitären Lage genannt haben, können Sie auch dort nicht davon ausgehen, dass das ganz ohne Einfluss auf die Besserung der humanitären Lage bleibt. Nichtsdestotrotz will ich damit nicht sagen, dass es sich auf diese Bereiche beschränkt; denn das wird Gegenstand der Nachlieferung sein, die ich Ihnen gerne verspreche.

Vorsitzender Leifert: Dann bitte über unseren Verteiler.

Plate: Ja.

Frage: Herr Seibert, Ende der Woche steht der Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt an. Können Sie kurz erläutern, wer dazu eingeladen ist und wer nicht?

StS Seibert: Wir haben gesagt, dass das eine Veranstaltung sein wird, zu der die Bundeskanzlerin einlädt. Es werden der Bundesinnenminister, der Bundeswirtschaftsminister, der Chef des Bundeskanzleramts, Staatsministerin Özoguz als Zuständige für Migrationsfragen und Vertreter verschiedener Bundesländer dabei sein.

Zusatzfrage: Warum sind keine Kommunen eingeladen, dort, wo die Flüchtlinge aufgenommen werden?

StS Seibert: Auch diese Frage haben wir hier schon mehrfach sehr klar beantwortet. Erstens vertreten die Länder die Kommunen bei einer solchen Veranstaltung. Zweitens hat es natürlich schon in der Vergangenheit Gespräche mit Kommunen gegeben. Auch weiterhin wird es Kontakte mit Kommunen geben. Bei dem Gespräch am Freitag sind die Kommunen durch die Länder vertreten.

Zusatz: Aber die Kommunen fühlen sich eben nicht von den Ländern vertreten, wird vom Städtetag verlautbart.

StS Seibert: Erstens ist es der staatspolitische Aufbau der Bundesrepublik, dass die Kommunen in solchen Fällen von den Ländern vertreten werden. Zweitens hat es natürlich in der Vergangenheit intensive Kontakte mit Kommunen zu diesem Thema gegeben, und diese wird es auch in Zukunft geben.

Zusatzfrage: Ich habe noch nicht ganz verstanden, warum man die Kommunen nicht direkt einlädt. Das sind doch genau die, die die Flüchtlinge aufnehmen. Warum lässt man die dieses Mal weg?

StS Seibert: Das ist ein Gespräch der Vertreter der Bundesregierung mit den Vertretern der Bundesländer, die die Kommunen dort vertreten.

Zusatz: Das beantwortet nicht die Frage.

StS Seibert: Aus meiner Sicht schon.

Frage: Herr Seibert, Thema BND. Offenbar gibt es jetzt eine Stellungnahme des BND, das sogenannte Testat. Darin steht wohl, es gebe Organisationsmängel im BND, aber es sei ja kein Schaden entstanden. Ich gehe davon aus, dass Sie inhaltlich zu dem Testat nichts sagen werden. Aber vielleicht könnten Sie es schon bewerten: Ist die Regierung damit zufrieden? Ist jetzt alles wieder gut?

Die zweite Frage: Herr Gysi hat jetzt gefordert, dass Frau Merkel im Untersuchungsausschuss unter Eid aussagen muss. Hat sich die Kanzlerin schon geäußert, ob sie sich, wenn der Untersuchungsausschuss sie vorlädt, dazu äußern mag?

StS Seibert: Ich beginne mit dem Zweiten: Wenn das Parlament, wenn der Untersuchungsausschuss, der ja ein Teil des Parlaments ist, die Bundeskanzlerin lädt, dann geht sie selbstverständlich gerne dorthin.

Zu Ihrer ersten Frage: Sie wissen, ich möchte und muss hier antworten, wie ich es schon in den letzten Tagen getan habe. Jegliche Informationen, die die Bundesregierung zu nachrichtendienstlichen Vorgängen geben kann, zu Erkenntnissen, zu einzelnen Operationen, zu Dokumenten, zu Defiziten, wird sie dort geben, wo diese Informationen hingehören, nämlich vor den zuständigen parlamentarischen Gremien. Dafür bitte ich weiterhin um Ihr Verständnis.

Zusatzfrage: Das verstehe ich. - Eine Nachfrage: Fürchten Sie nicht, dass, je länger diese Geschichte dauert und wenn jetzt der BND mit Entlastungsgeschichten kommt, die Sie aus verständlichen Gründen nicht kommentieren können, das Vertrauen der Bevölkerung in die Zusammenarbeit der Geheimdienste noch weiter Schaden nimmt?

StS Seibert: Es ist zunächst einmal eine Behauptung, die Sie aufstellen, dass es da einen Schaden, einen Vertrauensschaden gäbe. Aus unserer Sicht ist es genau so, wie ich es in der Presseerklärung vor einiger Zeit dargestellt habe, und zwar dass klare Defizite erkannt wurden, technische wie organisatorische, und dass die klare, unverzügliche Anweisung ergangen ist, diese Defizite zu beheben.

Darüber hinaus sind es die parlamentarischen Gremien, in denen darüber berichtet werden kann, was man unter dem Begriff "Defizite" versteht, wie man damit umgeht, welche Konsequenzen zu ziehen sind oder schon gezogen worden sind. Das alles gehört dorthin.

Ich will vielleicht, da Sie auf das Vertrauen ansprechen, noch hinzufügen: Wir brauchen die Arbeit der Nachrichtendienste. Sie arbeiten auf der Basis ihres gesetzlichen Auftrags und unter parlamentarischer Kontrolle. Das muss auch so sein. Dass sie geheim arbeiten, ist allerdings die Natur ihrer Arbeit. Nur so können sie ihre Aufgabe zu unserem Schutz erfüllen. Es ist auch die Aufgabe der Bundesregierung, die Arbeitsfähigkeit der Nachrichtendienste zu erhalten. Wir leben sicherer durch die Arbeit dieser Nachrichtendienste.

Auch durch die notwendige Zusammenarbeit, die unsere Dienste mit internationalen Diensten haben, gerade auch mit der NSA, in einer Welt, in der Begriffe wie ISIS, Al-Shabaab und Al-Qaida Synonym für Mord, Terror und Gräueltaten in einer Realität sind, in der Dschihadisten oder rückkehrende Kämpfer aus dem Mittleren und Nahen Osten für uns hier in Deutschland eine reale Bedrohung darstellen - in einer solchen Welt brauchen wir demokratisch kontrollierte, an das Gesetz gebundene Nachrichtendienste, die uns mit ihren Informationen schützen und die Gefahren von uns abwehren.

Frage: Herr Seibert, im Bundestag gibt es Rufe nach einem Umbau der Geheimdienstkontrolle. Sieht auch die Bundesregierung die entsprechende Notwendigkeit?

StS Seibert: Es ist ein Vorrecht des Bundestages, zu entscheiden, wie er sich in diesem Bereich aufstellen will, ob er seine Kontrollfunktionen ausweiten will, ob er sich verstärken will. Das sind parlamentarische Vorrechte, über die ich als Regierungssprecher hier nicht zu sprechen habe.

Frage: Herr Seibert, ich habe zwei Fragen. Erstens. Gab es in den letzten Tagen Gespräche zwischen der Bundeskanzlerin und dem französischen Präsidenten zum Thema BND? Es gibt Presseberichte, wonach Leute aus dem Élysée-Palast oder vom französischen Außenministerium ausspioniert wurden.

Die zweite Frage bezieht sich auf die Pressekonferenz vom Mittwoch letzter Woche. Sie hatten gesagt, dass man die parlamentarische Antwort hinsichtlich der Wirtschaftsspionage überprüfen würde. Mich würde interessieren: Wie oft überprüft man parlamentarische Antworten?

StS Seibert: Meine grundsätzliche Antwort darauf muss sein: Man muss in der Vergangenheit abgegebene Antworten immer dann überprüfen, wenn es Grund zur Annahme gibt, dass möglicherweise ein Teil der Antwort nicht mehr vollkommen Bestand hat. Das ist das, was wir auch in der Presseerklärung ausgedrückt haben. Wir wollen nun zu diesem Sachverhalt bereits abgegebene Antworten auf parlamentarische Anfragen daraufhin überprüfen, ob sie noch vollkommen Bestand haben. Diese Überprüfung läuft.

Zu Ihrer ersten Frage: Ich kann Ihnen von keinem Gespräch der Bundeskanzlerin mit dem französischen Präsidenten berichten, außer davon, dass der französische Präsident, die Bundeskanzlern, der ukrainische Präsident und Präsident Putin Ende vergangener Woche ein sogenanntes Normandie-Telefonat geführt haben; aber das, wie Sie sich vorstellen können, zum Thema Ukraine.

Frage: Herr Seibert, ich verstehe Sie also richtig, dass Sie überprüfen, ob die Aussagen von 2014 und 2015 noch zutreffen, dass es keine Erkenntnisse über Wirtschaftsspionage durch US-Dienste gibt?

StS Seibert: Sie verstehen mich richtig, wenn Sie sich die Sprache der Pressemitteilung vom 23. April anschauen, in der steht:

"Das Bundeskanzleramt prüft außerdem, ob die Antworten auf die zu diesem Sachverhalt gestellten parlamentarischen Fragen weiter uneingeschränkt Bestand haben."

Das ist der Sinn der Aussage.

Zusatzfrage: Der BND hat Herrn Heiß im Juni 2010 geschrieben, dass er davon ausgehen muss, dass, auch wenn der BND mit der NSA künftig im Ausland Daten abschöpft, nicht ausgeschlossen werden kann, dass die USA weiterhin deutsche Ziele ausspähen. Das ist ja eigentlich eine sehr klare Auskunft, dass deutsche Ziele ausgespäht worden sind und dass das Kanzleramt das 2010 wusste.

StS Seibert: Sie werden mich jetzt durch diese oder ähnliche Fragen nicht dazu bringen, meine Position zu verlassen, die so sein muss, wie ich sie hier vorgetragen habe. Zu allen diesen Themen ist die Bundesregierung selbstverständlich bereit, den parlamentarischen Kontrollgremien, auch dem Untersuchungsausschuss Auskunft zu geben. Ich als Regierungssprecher kann dies hier in der Öffentlichkeit nicht tun.

Frage: Herr Seibert, ich möchte mich der Frage des Kollegen Madelin anschließen. Er hat eben nach der Häufigkeit eines solchen Prüfvorgangs, eines solchen öffentlichen Misstrauensvotums mehr oder weniger an die eigenen Mitarbeiter gefragt. Können Sie sich an einen Vorgang erinnern, der jemals stattgefunden hat, dass man systematisch noch einmal rückwirkend geprüft hat, ob die Beantwortung parlamentarischer Anfragen korrekt stattgefunden hat?

StS Seibert: Meine persönliche Erinnerung ist da wirklich nicht das Entscheidende. Ich kenne keine Statistik, ob das häufig oder gelegentlich der Fall war. Es ist in diesem Fall der Fall.

Frage: Herr Seibert, Sie haben gerade in Sachen parlamentarische Kontrolle abgewiegelt. Was ist mit der eigenen internen Kontrolle? Sieht man da einen Reformbedarf?

StS Seibert: Ich weiß nicht, in welcher Weise ich abgewiegelt haben sollte.

Zusatz: Sie wollten das dem Parlament überlassen.

StS Seibert: Ich glaube, da müssen wir grundsätzlich werden. Der Bundesnachrichtendienst und die deutschen Dienste unterliegen der parlamentarischen Kontrolle. Das ersetzt nicht, dass die Dienst- und Fachaufsicht im Bundeskanzleramt geleistet wird. Genau das geschieht auch. Im Rahmen dieser Aufsicht ist es ja zu den Anweisungen an den BND gekommen, wie sie sich in der Presseerklärung auch niederschlagen, also zu der Anweisung, konkrete Defizite abzustellen und Sachverhalte vollkommen aufzuklären. Das heißt, beides steht nebeneinander: Es gibt die Aufsicht durch das Bundeskanzleramt. Es gibt die parlamentarische Kontrolle.

Zusatz: Aber mit der Aufsicht kann doch nicht alles stimmen, wenn der BND selbst einräumt, dass den Amerikanern 2002 freie Hand gelassen wurde.

StS Seibert: Ich verweise noch einmal auf die Presseerklärung, in der auch ganz klar steht, dass wir nur vor den zuständigen Gremien und nicht in der Öffentlichkeit dazu Stellung nehmen, ob Sachverhalte, die jetzt berichtet werden, zutreffen.

Frage: Herr Seibert, bisher haben Mitglieder der Bundesregierung vor allem ihr eigenes Verhalten im BND/NSA-Fall verteidigt. Ich würde gerne wissen, ob die Bundesregierung plant, ihren Bündnispartner, die USA, in dieser Sache in Schutz zu nehmen oder ob man diese Anschuldigung der Spionage gegen Freunde einfach so im Raum stehen lässt.

StS Seibert: Ich habe das doch sehr deutlich gesagt, und ich wiederhole das gerne: Es wird nichts im Raum stehen gelassen. Aber es wird auch nicht alles, was nachrichtendienstliche Tätigkeiten betrifft, in der Öffentlichkeit debattiert. Das ist Usus, das ist bewährt, das ist auch notwendig - ich habe versucht, es zu erklären -, weil die Tätigkeit der Nachrichtendienste der Natur nach geheim sein muss. Das heißt, es wird natürlich Aufklärung geben. Es wird den dafür zuständigen Gremien im Deutschen Bundestag Information gegeben, aber nicht hier vor Journalisten. Das ist der Stand, den ich Ihnen nun seit anderthalb Wochen vortrage. Ich werde nicht müde, Sie dafür um Verständnis zu bitten.

Zusatzfrage: Natürlich erwartet niemand von Ihnen, dass Sie detailliert Anschuldigungen widersprechen. Aber es hat ja grundsätzlichen Einspruch zum Beispiel vom Innenminister zu der Darstellung in den Presseberichten gegeben. Gibt es von der Bundesregierung irgendwelche Bedenken, wie das Verhalten der USA in der Presse dargestellt wird, nach Ihrem Wissen möglicherweise als falsch?

StS Seibert: Ich bin ja nicht für Ihre Pressedarstellungen zuständig - in Klammern: Gott sei Dank -, sondern ich bin zuständig, für die Bundesregierung hier zu sprechen. Der Bundesinnenminister, den Sie gerade angesprochen haben, wird sich, wenn ich richtig informiert bin, noch in dieser Woche vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium äußern, wo solche Aussagen auch hingehören. Dem kann ich hier nicht vorgreifen.

Zusatzfrage: Ein letzter Versuch: Herr Seibert, Sie wissen aber, was da lief oder was nicht lief, oder ist das nicht der Fall?

StS Seibert: Ich weiß, was ich als Regierungssprecher hier für die Bundesregierung zu sagen habe, wie weit ich gehen kann und was - das ist ein großer Teil dessen, was Sie interessiert - in die entsprechenden demokratischen Gremien gehört.

Frage: Ich habe nur eine kurze Nachfrage an Herrn Plate, nämlich ob der Besuch des Innenministers im Kontrollgremium für diesen Mittwoch feststeht oder ob das noch offen ist.

Plate: Danke für die Nachfrage. - Der Besuch steht fest. Anders als bei den anderen Gremien ist es im Parlamentarischen Kontrollgremium so, dass die Bundesregierung selbst Einfluss darauf hat, wann und in welcher Besetzung sie dort erscheint. Insofern hat die Bundesregierung, hier der Bundesinnenminister, von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, um einen ersten Schritt möglichst schnell gehen zu können. Er erscheint in der Tat am bevorstehenden Mittwoch im Parlamentarischen Kontrollgremium.

Frage: Auch ich habe eine Frage an Herrn Plate. Herr de Maizière hat sich heute Vormittag zu der Sache geäußert und sinngemäß gesagt, dass er 2008 vom BND keine belastbaren konkreten Hinweise auf irgendwelche Spähaktivitäten der NSA gehabt habe, aber dass es darum gegangen sei, einen bestimmten Missbrauch zu verhindern. Meine Frage ist: Gab es da irgendeine Form der Nachkontrolle, um dann zu klären, dass dieser Missbrauch nicht stattfindet? Denn es scheint ja so zu sein, dass auch nach 2008 durchaus noch Missbrauch stattgefunden hat. Wenn man ihn vermeiden will, würde man ja noch einmal nachprüfen, ob die Gegenmaßnahmen gefruchtet haben.

An Herrn Seibert eine Frage zur Kanzlerin: Herr Seibert, können Sie ganz konkret sagen, ab wann die Kanzlerin im Grunde genommen von dem Missbrauch der NSA beziehungsweise von Grenzverletzungen der NSA in Deutschland gewusst hat? Denn man hatte letztes Jahr noch den Eindruck, als sie sich äußerte, dass es auch für sie ganz neu war, was die NSA hier in Deutschland treibt. Jetzt hat man ein bisschen den Eindruck, dass sie es möglicherweise schon früher gewusst hat. Das ist ja die Frage, um die es eigentlich geht.

Plate: Ich beginne einmal, weil ich glaube, dass sich die Anschlussfragen dann möglicherweise schon nicht mehr stellen.

Ich bin ganz dankbar für die Frage, weil sie mir die Gelegenheit gibt, mit etwas aufzuräumen, was offenbar ein kleines Missverständnis sein könnte. Der Minister hat heute in seiner Rede in der Tat das Wort "Missbrauch" benutzt. Ich lese Ihnen die Passage vielleicht einmal vor, weil dann wohl etwas klarer wird, dass es eher nicht so ist, wie Sie es gesagt haben:

"Es ging 2008 nicht um einen Bericht an mich zu konkreten belastbaren Erkenntnissen über Missbräuche der NSA, sondern darum, eine bestimmte Form der Zusammenarbeit mit der NSA nicht zu vertiefen, um Missbräuchen vorzubeugen."

Das ist das, was der Minister gesagt hat. Deswegen glaube ich, die Frage nach dem Nachgehen nach diesem Missbrauch erübrigt sich an dieser Stelle beziehungsweise stellt sich nicht.

Soweit Sie Anschlussfragen inhaltlicher Art an die bestimmte Form der Zusammenarbeit haben, kann ich sie in öffentlicher Sitzung nicht beantworten. Dafür bitte ich um Verständnis.

StS Seibert: Ich verweise Sie gerne und mit der Bitte um Verständnis noch einmal auf die Presseerklärung; denn darin steht die Antwort auf Ihre Frage:

"Das Bundeskanzleramt steht zu dem heute"

- das war der 23. April -

"in Presseveröffentlichungen thematisierten Vorgang mit dem Bundesnachrichtendienst seit mehreren Wochen in intensivem Kontakt und hat diesen angewiesen, den komplexen Sachverhalt vollständig aufzuklären."

Vom 23. April, zurückgerechnet seit mehreren Wochen, steht das Bundeskanzleramt im Kontakt.

Frage: Herr Seibert, Sie haben ausgeführt, dass sich die Kanzlerin selbstverständlich den Fragen des Untersuchungsausschusses stellen würde, sollte sie geladen werden. Nun gibt es ja aus der Opposition, teilweise auch aus der Koalition, Forderungen, die Kanzlerin möge sich überhaupt einmal erklären, sei es in Form einer Regierungserklärung, sei es in einer anderen öffentlichen Form. Deswegen meine Frage an Sie: Denkt die Kanzlerin darüber nach, oder gilt da auch das, was Sie gesagt haben, nämlich Auskunft gebe es nur in den zuständigen parlamentarischen Gremien und sonst nicht?

StS Seibert: Auskunft über die Sachfragen, die vermeintlichen Operationen, Erkenntnisse und all das kann es natürlich auch im Falle der Bundeskanzlerin nicht in der Öffentlichkeit geben; denn sie ist ja an die gleichen Grundregeln gebunden. Sie hat sich im Übrigen bereits einmal dazu geäußert.

Ansonsten sitze ich hier als Sprecher der Bundesregierung. In vielen anderen vergleichbaren Fällen fällt es Ihnen ja auch nicht schwer, das, was ich hier sage, für die Auskunft der Bundeskanzlerin zu nehmen. Ich spreche hier für die Bundesregierung. Ich spreche für die Bundeskanzlerin.

Zusatzfrage: Ich frage noch einmal konkret nach der Forderung einer Regierungserklärung.

StS Seibert: Dazu kann ich Ihnen heute nichts sagen.

Frage: Da es immer um geheime Dinge geht, die man hier nicht verhandeln kann, will ich einmal nur über öffentliche Dinge reden. BND-Mitarbeiter haben in öffentlicher Sitzung im NSA-Untersuchungsausschuss gesagt, dass der BND keine Daten in großen Mengen an die NSA weitergegeben habe. Können Sie verstehen, dass sich die Parlamentarier und auch Kommissionen wie die G10-Kommission belogen fühlen?

StS Seibert: Ich habe hier nicht Gefühle der Parlamentarier nach Zeugenaussagen zu kommentieren. Die Parlamentarier haben die Möglichkeit - das ist ein wichtiges parlamentarisches Recht -, Zeuge um Zeuge zu laden. Die Aussagen werden in dieser Woche weitergehen. So wird man sich in diesem Untersuchungsausschuss sicherlich Stück für Stück noch weiter an die Sachverhalte heranarbeiten, selbstverständlich mit der Unterstützung der Bundesregierung.

Zusatzfrage: Wir können also nicht von einer Lüge der Bundesregierung gegenüber dem Parlament ausgehen?

StS Seibert: Dazu haben wir hier neulich eine Stunde miteinander verbracht. Die Bundesregierung informiert das Parlament grundsätzlich nach bestem Wissen und Gewissen. Das gilt heute, und das galt auch für die Vergangenheit.

Frage: Herr Plate, erlauben Sie mir die Nebenbemerkung: Es ist schon spannend, dass wir über das Geheime nichts erfahren dürfen und Sie mit dem PKGr-Gesetz, 10, Sitzungen des PKGr sind geheim, hier relativ frei umgehen. Das finde ich spannend.

An Herrn Seibert die eigentliche Frage, nämlich: Wie schaut es denn aus, gibt es im Kanzleramt eigene Überlegungen für eine Umstrukturierung der Abteilung 6? Das ist ja unabhängig von der Frage, was das Parlament tut.

StS Seibert: Ich habe keinen Anlass, Ihnen hier über Strukturüberlegungen im Bundeskanzleramt zu berichten, und ich kenne auch keine solchen.

Frage: Haben Sie bei den Amerikanern die Erlaubnis eingeholt, die Liste den Parlamentariern vorzulegen?

StS Seibert: Ich glaube, da bringen Sie etwas durcheinander. Zu der Frage, welche Unterlagen dem Untersuchungsausschuss übermittelt werden: Wenn nicht Deutschland allein, sondern auch ein anderes Land oder andere Länder betroffen sind, dann gibt es grundsätzliche bewährte Konsultationsverfahren. Die werden dann durchgeführt, die müssen dann durchgeführt werden. Danach erst kann und wird - und zwar ausschließlich - die deutsche Seite entscheiden, welche Unterlagen dem Ausschuss übermittelt werden.

Zusatzfrage: Das heißt, es kann auch sein, dass die Amerikaner sagen "Nein, macht das lieber nicht", Sie aber trotzdem sagen "Wir machen es, weil es zur Aufklärung beiträgt"?

StS Seibert: Es gibt bewährte Konsultationsverfahren, und danach ist von deutscher Seite eine Entscheidung zu treffen.

Zusatzfrage: Fragen die Amerikaner auch immer um Erlaubnis bei diesen Konsultationen, also passiert das auch einmal andersherum?

StS Seibert: Solche Konsultationsverfahren sind in der internationalen Zusammenarbeit von Nachrichtendiensten bewährt und üblich.

Frage: Eine Frage an das Gesundheitsministerium: Nach den Organspendeskandalen unter anderem in Göttingen ist das Transplantationsgesetz geändert worden. Können Sie mir bitte noch einmal kurz erklären, was die wichtigsten Änderungen sind? Welche Erfahrungen gibt es denn mit diesem neuen Gesetz, das ja mehr Überwachung bringen soll?

Angeli: Sie spielen ja auf ein laufendes Gerichtsverfahren an. Ich bitte um Verständnis, dass ich zu dem laufenden Verfahren nichts sagen kann. Ich kann Ihnen aber gerne noch einmal die allgemeine Gesetzeslage erklären und erläutern.

Dass solche Fälle jetzt ans Licht kommen, ist Konsequenz der 2012 verschärften gesetzlichen Kontrollen. Seit 2012 werden alle Transplantationszentren engmaschig und regelmäßig vor Ort überprüft. Unregelmäßigkeiten müssen an eine Überprüfungs- und Überwachungskommission gemeldet werden und werden dort nachverfolgt. Es wurden Transplantationskonferenzen eingerichtet; das bedeutet, dass drei Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen jetzt darüber entscheiden, ob ein Patient auf die Warteliste aufgenommen wird. Darüber hinaus müssen alle Abläufe im Transplantationsprozess dokumentiert werden. Zudem wurde ein neuer Straftatbestand für die Manipulation an Patientenakten geschaffen: Das ist strafbar und kann mit Freiheitsstrafen geahndet werden. Die Regelungen für die Organspende und die Organentnahme beziehungsweise Organtransplantation sind im Transplantationsgesetz geregelt und werden über Richtlinien ausdifferenziert. Diese Richtlinien erlauben, dass das Transplantationswesen jeweils dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entspricht. Sie werden auch in regelmäßigen Abständen aktualisiert, wenn der neue Kenntnisstand das erforderlich macht. Alle Kliniken, bei denen Organtransplantationen erfolgen, müssen Transplantationsbeauftragte haben, die auch dafür da sind, sich um Angehörige zu kümmern, Angehörige zu begleiten und sie kompetent zu beraten.

Das Transplantationswesen auf einem aktuellen Stand zu halten, die Qualität zu sichern und auch die Transparenz weiter zu verbessern, ist natürlich nichts, was in einem Moment endet, sondern das ist ein kontinuierlicher Prozess, der auch weitergehen wird. Deswegen hat man sich auch entschieden, noch in dieser Legislaturperiode ein Transplantationsregister einzurichten, das noch einmal die Transparenz erhöhen sollte.

All das ist wichtig und richtig, weil es sehr lange dauert, Vertrauen wieder aufzubauen - gerade, wenn es durch einzelne schwere Verfehlungen so geschädigt wurde. Ganz wichtig ist, dass die Menschen, die auf den Wartelisten dringend auf ein Spenderorgan warten, nicht auch noch Opfer solcher einzelner schwerer Verfehlungen werden. Deswegen ist das ein kontinuierlicher Prozess, in dem Aufklärung, Information und Qualitätssicherung Hand in Hand gehen müssen.

Frage: Herr Seibert, ich habe eine Frage zu den russischen Bikern von den "Nachtwölfen": Die sind ja gestern, glaube ich, doch nach Deutschland eingereist, und planen, heute in Dachau zu sein und Ende der Woche hier in Berlin. Wie bewertet die Bundesregierung diese Aktion der russischen Biker? Gibt es Pläne, diese Aktion irgendwie zu verhindern? Werden die überhaupt observiert oder im Auge behalten?

StS Seibert: Grundsätzlich wird die Bundesregierung es nicht verhindern, wenn Menschen 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs dieses Anlasses gedenken wollen. Ob nun Form und Teilnehmer dieses Konvois für dieses Gedenken einen würdigen Rahmen geben, überlasse ich Ihrer Interpretation. Wir haben von dem geplanten Konvoi Kenntnis. Soweit sich die Beteiligten an Recht und Gesetz, wie es hier in Deutschland gilt, halten, sehe ich kein Hindernis.

Zusatzfrage: An das Innenministerium oder das Verkehrsministerium - je nachdem, wer sich zuständig fühlt -: Muss so ein Korso angemeldet werden? Wenn ja: Ab wie vielen Fahrzeugen? Generell: Wenn mehrere Motorräder hintereinander fahren, ist das dann irgendeine Aktion, die besondere Vorsichtsmaßnahmen nach sich ziehen muss oder von der Polizei begleitet werden muss?

Plate: Ich kann dazu vielleicht ein paar Sätze sagen - ich weiß gar nicht, ob der Kollege vom Verkehrsministerium dazu unbedingt etwas zu ergänzen haben wird, aber wenn ja, dann natürlich gerne. Ich möchte aber, bevor ich das tue, vielleicht noch einmal einen Schritt zurückgehen.

Sie sind jetzt ja davon ausgegangen, dass in erheblichem Umfang Mitglieder dieser Nachtwölfe eingereist sind. Ich möchte zumindest bitten, ein bisschen Vorsicht hinsichtlich dieser Annahme walten zu lassen. Ob wirklich Personen dieser "Nachtwölfe" eingereist sind, und wenn ja, wie viele - alle oder nicht alle -, dürfte doch - bei allem Respekt - noch nicht so ganz feststehen. Es ist jedenfalls so, dass einige gerade explizit nicht einreisen konnten, wie Sie der Presse sicherlich entnommen haben. Vertiefen möchte ich diesen Punkt an dieser Stelle nicht.

Ansonsten ist die Frage, die Sie stellen, nach meiner Einschätzung im Wesentlichen eine des Versammlungsrechts. Das Versammlungsrecht liegt in der Zuständigkeit der Länder, sieht aber im Prinzip in allen deutschen Bundesländern vor, dass Versammlungen - wenn es sich um eine solche handelt - angemeldet werden müssen. Ob das in den deutschen Bundesländern, die von den "Nachtwölfen" durchfahren würden, wenn die Einreise gelingen sollte, geschehen ist, ist mir allerdings nicht bekannt.

Zusatzfrage: Ich sehe ab und zu auf den Autobahnen sehr viele Motorradfahrer hintereinander fahren. Ist das dann ein Korso, der angemeldet wurde, oder sind das nur Biker, die sich einfach zusammengetan haben, um von A nach B zu kommen?

Plate: Das dürfte in aller Regel - ohne alle Korsos zu kennen, die Sie in eigener Wahrnehmung gesehen haben; ich glaube, so unvorsichtig kann ich sein - keine Versammlung gewesen sein und deswegen keine versammlungsrechtliche Frage aufgeworfen haben. Ob diese Frage, wenn man so will, möglicherweise noch einen straßenverkehrsrechtlichen Überhang hat, ist mir in meiner Zuständigkeit nicht bekannt.

Zusatzfrage: Warum gehen Sie davon aus, dass die russischen Biker jetzt eine Versammlung abhalten wollen? Die fahren hier doch einfach durch bis zum Treptower Park und legen dort Blumen nieder.

Plate: Ich möchte vielleicht noch einmal ein bisschen zurückgehen. Sie sagen, ich ginge davon aus, dass die eine Versammlung abhalten wollen. Das habe ich nicht gesagt. Ich habe gesagt: Soweit sie eine Versammlung abhalten wollen, ist das etwas, das nach dem Versammlungsrecht der Länder anzumelden wäre. Mir sind die Planungen im Einzelnen nicht bekannt genug, um abschließend dazu Stellung zu nehmen, ob das nun eine Versammlung sein wird oder nicht. Aber nach dem deutschen Verfassungsrecht, das sehr versammlungsfreundlich ist, kann ich Ihnen jedenfalls sagen, dass keine überspannten Anforderungen an den Versammlungsbegriff zu stellen sind. Wenn also Personen - ganz egal, ob sie den "Nachtwölfen" oder jeglichen anderen Gruppierungen aus dem In- oder Ausland angehören - an einer Stelle zusammentreten und dort ihre Meinung austauschen und/oder äußern, dann wird das sicherlich eine Versammlung sein - egal, ob die Versammlung sozusagen in Bewegung ist, auf einem Motorrad oder zu Fuß, oder ob sie irgendwo steht.

Zusatzfrage: Eine Lernfrage an das BMI oder an das Auswärtige Amt: Es gab ja Meldungen, dass einzelnen Personen in diesem Zusammenhang die Einreise verweigert wurde und die Visa annulliert wurden. Trifft das zu? Falls ja: Was war der Grund dafür?

Wenn Sie zum Einzelfall bedauerlicherweise nichts sagen können: Was ist generell der Grund für eine Annullierung von Visa bei der Einreise?

Fischer: Wir haben es ja zurecht dargestellt: Russische Staatsangehörige benötigen für die Einreise nach Deutschland ein Schengen-Visum. Diese können sowohl bei unseren Auslandsvertretungen als aber auch bei den Auslandsvertretungen anderer Schengen-Partner beantragt werden. Wenn das Hauptreiseziel Deutschland ist, dann werden sie es bei unseren Vertretungen tun.

Bei den deutschen Visa-Stellen in Russland - das will ich vielleicht sagen - sind die "Nachtwölfe" als Gruppe nicht in Erscheinung getreten. Das heißt, diejenigen, die hier als "Nachtwölfe" auftreten, oder der genaue Personenkreis, der an einem solchen Konvoi teilnehmen will, ist uns nicht bekannt. Was ich aber bestätigen kann, und das war ja auch schon Gegenstand einer früheren Sitzung der Bundespressekonferenz, bei der sich dann mein Kollege Martin Schäfer geäußert hat, ist, dass Deutschland führenden Mitgliedern der "Nachtwölfe" Visa verweigert hat oder bereits erteilte Visa annulliert hat und dass diese dementsprechend nicht einreisen konnten. Bei diesen gab es sozusagen die Vermutung, dass ihre Einreise nach Auffassung der Bundesregierung nicht dem Ziel des Gedenkens und der Erinnerung im Geiste der Versöhnung entsprechen könnte. Im Übrigen waren diese dementsprechend ja auch auf der Krim aktiv und haben sozusagen die völkerrechtswidrige Annexion der Krim unterstützt. Insofern gab es die Annullierung der Visa.

Diejenigen, die hier jetzt möglicherweise in den nächsten Tagen in Treptow Blumen niederlegen werden, sind jedenfalls keine dieser führenden Mitglieder der "Nachtwölfe", und wir gehen davon aus, dass diese dem würdevollen Erinnern an die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs in angemessener Weise gerecht werden und die Idee der Aussöhnung zwischen den ehemaligen Kriegsgegnern in den Mittelpunkt stellen werden.

Plate: Ich ergänze das gerne noch: Der Kollege hatte - ich glaube, so würde ich das interpretieren - im Prinzip nach der Rechtsgrundlage gefragt, in der steht, dass man Personen, die ein Visum haben, gegebenenfalls trotzdem nicht hereinlassen muss, wenn ich das einmal in etwas allgemeinerer Sprache zusammenfassen darf. In der Tat gibt es natürlich eine solche Rechtsgrundlage. Die ist in 15 in Verbindung mit 55 des Aufenthaltsgesetzes niedergelegt. Ich möchte Sie sozusagen nicht mit diesem Paragrafen alleine lassen, sondern auch kurz sagen, was darin steht: Im Prinzip ist es so wie bei vielen polizeilichen oder ansonsten sicherheitsbehördlichen Eingriffsgrundlagen, nämlich dass der Eingriff, den Sie geschildert haben, dann möglich ist, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung vorliegt. In Anwendung dieser Ermächtigungsgrundlagen ist in der Tat am Flughafen Schönefeld, an der Grenze, die Zurückweisung von drei Personen erfolgt. Das sind im Übrigen drei Personen, die auch schon von den Polen und von den Litauern an der Grenze in Anwendung vermutlich entsprechender nationaler Rechtsgrundlagen zurückgewiesen worden sind.

Zusatzfrage: Nun gab es auch Meldungen darüber, dass einzelne Personen in diesem Zusammenhang über Österreich eingereist seien. Wie ist eigentlich die Lage, wenn ein Schengen-Visum in einem anderen Schengen-Land erteilt worden ist? Können Sie dann eingreifen? Greift dann auch die aufenthaltsbeendende Maßnahme der beiden genannten Paragrafen?

Plate: Das ist eine hypothetische Frage, weil es sich bei den Personen, die zurückgewiesen worden sind, nicht um solche gehandelt hat, die über Österreich eingereist sind. Es gibt in der Tat eine weitere Gruppe von Personen, die über Österreich eingereist sind, und in diesem Zusammenhang hat die Bundespolizei am gestrigen 3. Mai zehn Personen, die über Österreich eingereist waren, kontrolliert, also eine Identitätsfeststellung vorgenommen. Da bei diesen Personen aber gar keine konkreten, belastbaren Bezüge zu den sogenannten "Nachtwölfen" festgestellt werden konnten, ist die Weiterreise diesen Personen gestattet worden.

Frage: Ich habe eine Frage zur Ukraine. Das hängt ja auch mit den "Nachtwölfen" zusammen. Ich weiß es nicht, oder wollen wir jetzt erst einmal die "Nachtwölfe" - - -

Vorsitzender Leifert: Machen Sie! Mir liegt keine weitere Wortmeldung zu den "Nachtwölfen" vor. Dann passt das.

Zusatzfrage : Ich wollte von Herrn Seibert wissen, wie die Bundeskanzlerin oder die Bundesregierung die Tatsache bewerten, dass offenbar Herr Tsipras an den Feierlichkeiten in Moskau teilnehmen wird, an der Siegesparade am 9. Mai, wogegen sich die Bundeskanzlerin ja ausdrücklich entschieden hat und einen Tag später dorthin fahren wird.

Wie groß ist die Befürchtung, dass Griechenland auch bei der Verlängerung der Sanktionen im Juni so eine Sonderrolle in den Beziehungen zu Russland einnehmen könnte?

Vorsitzender Leifert: Das war ja jetzt von den "Nachtwölfen" eine scharfe Kurve.

Zusatz: Ja, aber das hängt ja irgendwie alles miteinander zusammen.

StS Seibert: Es ist nicht an der Bundesregierung, Reisepläne eines anderen europäischen Regierungschefs zu kommentieren. Die Bundeskanzlerin hat, als sie in der Vergangenheit nach Moskau-Reisen von Herrn Tsipras gefragt wurde, gesagt: Wir waren alle schon einmal in Moskau und sind trotzdem Mitglieder der Europäischen Union. - Das ist ja auch so.

Die Bundeskanzlerin hat für sich die Entscheidung getroffen, das Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs am 10. Mai gemeinsam mit Präsident Putin abzuhalten, indem beide dort einen Kranz am Grabmal des unbekannten Soldaten niederlegen werden. Wie andere europäische Regierungschefs das halten - ich weiß wirklich nicht, wer am 9. Mai alles in Moskau sein wird oder nicht -, ist in diesen Hauptstädten zu entscheiden.

Zu der Frage der Sanktionen: Es ist bisher jeder Schritt zum Thema Sanktionen auf europäischer Ebene einmütig gegangen worden. Wir arbeiten dafür, dass das auch weiterhin so bleibt.

Frage: Eine Frage an Herrn Seibert. Die Bundeskanzlerin hat in ihrer Videobotschaft am Samstag gesagt: "Es ist wichtig, nicht nur die Diskussion mit Griechenland über Reparationszahlungen zu haben, sondern auch mit vielen anderen Ländern." Wie hat sie das gemeint? Beteiligt sie sich an dieser Diskussion, beobachtet sie diese Diskussion, nimmt sie aktiv an dieser Diskussion teil? Was hat sie genau gemeint?

StS Seibert: Ich kann Ihnen zu der Diskussion um Reparationszahlungen, die in den letzten Wochen im Zusammenhang mit Griechenland aufgekommen ist, hier nichts Neues sagen. Die deutsche Haltung dazu ist klar und hier auch mehrfach dargelegt worden. Deswegen kann Ihnen dazu nichts sagen. Natürlich beobachtet die Bundeskanzlerin alle wichtigen Diskussionen, die im öffentlichen Raum stattfinden, intensiv.

Zusatzfrage: Die Bundeskanzlerin ist in diesem Fall keine neutrale Beobachterin. Das ist eine Frage, die Deutschland betrifft. Die Bundeskanzlerin kann nicht nur beobachten, sondern muss, wenn es so eine Diskussion gibt, etwas Substanzielles dazu sagen.

StS Seibert: Deswegen haben wir hier ja auch mehrfach auf Ihre Anfrage hin den deutschen Rechtsstandpunkt, die deutschen sowohl juristischen wie politischen Überzeugungen zu diesem Thema "Reparationszahlungen und Griechenland" dargelegt. Das ist alles hier, glaube ich, schon ziemlich detailliert miteinander besprochen worden. Einen neuen Stand gibt es da nicht.

Zusatzfrage: Bundespräsident Gauck hat in einem Interview am Samstag gesagt, es sei richtig, wenn ein geschichtsbewusstes Land auslote, welche Möglichkeiten der Wiedergutmachung es bezüglich Griechenland geben könnte. Sieht die Bundeskanzlerin den Bedarf, solche Möglichkeiten auszuloten?

StS Seibert: Die Äußerungen des Bundespräsidenten in dem Interview stehen natürlich für sich. Es ist dem Interview klar zu entnehmen, dass der Bundespräsident die Rechtsauffassung, die wir hier auch für die Bundesregierung mehrfach vorgetragen haben, teilt. Die ist so, wie ich sie Ihnen hier schon erklärt habe.

Zugleich hat sich Deutschland - das ist ein wichtiger Teil unserer Nachkriegsgeschichte - hier wie in vielen anderen europäischen Ländern immer wieder klar zu seiner Verantwortung für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft bekannt. Wir nehmen - ich denke, das ist in diesen Tagen kurz vor dem 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges auch deutlich zu spüren - unsere historische Verantwortung für die Vergangenheit äußerst ernst.

In diesem Geist wollen wir natürlich auch die bilateralen Beziehungen mit Griechenland weiterentwickeln. Die Bundeskanzlerin hat das vor Kurzem erst in der Pressekonferenz anlässlich des Besuchs von Ministerpräsident Tsipras hervorgehoben. Wir wissen, dass man erlittenes Unrecht nicht ungeschehen machen kann. Aber heute, 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges und fast 35 Jahre nach Beitritt Griechenlands zur Europäischen Union, wollen wir eben gemeinsam in die Zukunft blicken.

Da sind in den letzten Jahren wichtige Schritte gemeinsam beschlossen worden. Wir haben im vergangenen Jahr einen deutsch-griechischen Zukunftsfonds ins Leben gerufen; wir haben das Deutsch-Griechische Jugendwerk gegründet; die Deutsch-Griechische Versammlung bringt sehr gute Beispiele von kommunaler Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern hervor; Deutschland hat sich im Rahmen der europäischen Taskforce intensiv für Griechenland engagiert; wir haben vor einigen Jahren die Arbeit der politischen Stiftungen in Athen wieder aufgenommen. Ich glaube, das zusammen sind doch Projekte, mit denen wir gemeinsam in die Zukunft gehen können und dabei die Vergangenheit nicht vergessen wollen. Deutschland ist mit Sicherheit bereit, selbstverständlich in diesem Geiste die bilateralen Beziehungen auch noch weiter zu entwickeln.

Frage: Herr Seibert, ich bin ein bisschen verwirrt. Die deutsche Haltung ist doch gar nicht klar. Sie sagen, sie sei klar. Der Bundespräsident spricht selbst von Möglichkeiten der Wiedergutmachung. Sie sehen keine und verweisen einfach nur darauf, dass er und die Bundesregierung dieselben juristischen Ansichten haben. Beim Bundespräsidenten müssen doch moralische oder ethische Fragen aufkommen oder aufgekommen sein. Kommen die bei der Bundesregierung nicht auf?

StS Seibert: Zu dem, was den Bundespräsidenten in seinem Interview bewegt, bitte ich, das Interview zu lesen oder das Bundespräsidialamt zu fragen.

Klar ist, dass die Rechtsauffassung im Bundespräsidialamt die gleiche ist wie in der Bundesregierung; das kommt ja in dem Interview sehr klar zum Ausdruck.

Was das andere, das Sie ansprechen, angeht: Die moralische Verantwortung für das, was in deutschem Namen geschehen ist, und für die Opfer, die die nationalsozialistische Gewaltherrschaft hervorgebracht hat, ist ein Grundpfeiler unserer Nachkriegspolitik und zieht sich durch unsere Politik und durch unsere Beziehungen mit anderen europäischen Staaten bis heute wie ein roter Faden hindurch. Ich habe versucht, Ihnen Beispiele zu nennen, wo solche Verantwortung auch heute, 2015, und in die Zukunft gewandt noch praktisch werden kann.

Zusatzfrage: Haben diese Aussagen des Bundespräsidenten bei der Bundesregierung irgendwelche Effekte ausgelöst, dass man noch einmal über Reparationen usw. nachdenkt?

StS Seibert: Ich habe Ihnen das, was ich für die Bundesregierung dazu zu sagen habe, hier zum wiederholten Male gesagt.

Frage: Herr Seibert, Sie haben eine Reihe von praktischen Beispielen genannt. Heißt das eigentlich, dass der Bundespräsident diese Beispiele nicht kennt, um weitere Möglichkeiten anzuregen?

StS Seibert: Fragen, die Sie an den Bundespräsidenten haben, müssten Sie bitte wirklich an ihn richten. Ich bin ganz überzeugt, dass er diese Beispiele kennt, weil er sich gerade auf seiner Reise nach Griechenland mit den deutsch-griechischen Beziehungen sehr intensiv befasst hat, und dass das exakt die Art von Initiativen und Projekten ist, die er natürlich auch unterstützt.

Frage: Ich habe eine Frage an das Bundesfinanzministerium zu den Verhandlungen. Dabei kommt immer wieder die Option zur Sprache, dass Griechenland zunächst einen Teil dieses Reformpakets verabschiedet beziehungsweise durchführt und dementsprechend auch ein Teil der Zahlungen erfolgt. Wäre das eine Option für die Bundesregierung und müsste in einem solchen Fall der Bundestag befasst werden?

von Tiesenhausen-Cave: Ich glaube, das ist eine hypothetische Debatte. Wir haben an der Stelle schon so oft über die notwendigen Schritte geredet, die erfüllt sein müssen, bevor es zu einem Abschluss des Programms und zu einer Auszahlung noch ausstehender Mittel kommt. Das ist hier schon so oft dargelegt worden und der Fahrplan ist also klar. Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

Zusatzfrage: Eine Wissensfrage: Müsste das durch den Bundestag, wenn es eine Teilzahlung gäbe?

von Tiesenhausen-Cave: Sie wissen, dass jede Auszahlung durch den Bundestag gehen müsste, weil der deutsche Vertreter im ESM mit der Zustimmung ermächtigt werden müsste. Insofern wäre vor einer Auszahlung sowieso der Bundestag zu befassen.

Frage: Frau Tiesenhausen, in Athen kursiert die Nachricht, dass die griechische Delegation nicht mehr über den Abschluss des laufenden Programms verhandeln wird, sondern über ein neues Gesamtpaket. Können Sie uns erklären, worüber jetzt verhandelt wird?

von Tiesenhausen-Cave: Das ist mir neu. Ich höre, wie Sie wahrscheinlich auch, die Presseberichterstattung vom Wochenende, die sich auf die an den Verhandlungen beteiligten drei Institutionen stützt, nachdem, die Verhandlungen - so wurde das ja beschrieben - Fortschritte ergeben haben, aber auch gleichzeitig noch viele offene Fragen zu klären sind. Worauf Sie rekurrieren, ist mir nicht bekannt.

Frage (zur Vorratsdatenspeicherung): An das Bundesjustizministerium. Frau Zimmermann, letzte Woche haben Sie uns ein Rätsel aufgegeben. Sie haben uns gesagt, Sie wissen nichts davon. Dann hat am Mittwoch der Kollege aus dem Innenministerium eingeräumt, dass diese ganze Nebenabrede, von der wir gesprochen haben, nicht geheim, sondern nur nicht öffentlich war. Erst einmal die Frage: Waren Sie die Autorin dieser Nebenabrede, von der Sie nichts gewusst haben?

Zimmermann: Erst einmal vielen Dank für die Frage.

Ich habe eigentlich dem, was wir hier letzte und vorletzte Woche schon mehrfach "durchgekaspert" haben, nichts hinzuzufügen. Ich kann Ihnen bestätigen, dass ich nicht die Verfasserin dieses Dokuments gewesen bin. Das interessiert Sie ja scheinbar brennend. Ansonsten ist hier letzte Woche alles gesagt worden.

Zusatzfrage: Das war ja relevant. Das schien auf Sie ja hinauszulaufen. Wenn Sie am Montag sagen, dass Sie nichts von diesem Dokument wissen - -

Zimmermann: Um das hier einmal klarzustellen: Ich habe nie gesagt, dass ich nichts von irgendeinem Dokument weiß. Sie haben mich gefragt, ob es eine geheime Nebenabspreche gibt. Von daher habe ich wahrheitsgemäß geantwortet - -

Zuruf: Von geheim hat niemand geredet! Das haben Sie so verstanden. Von geheim hat niemand geredet. Wir haben immer - -

Zimmermann: Dann lesen Sie das Protokoll vom Montag vergangener Woche - Mittwoch war ich nicht hier - noch einmal nach. Da haben Sie mich gefragt, ob es eine geheime Nebenabsprache gibt. Daraufhin habe ich geantwortet: "Es gibt keine geheime Nebenabsprache." Das ist wahrheitsgemäß und dazu stehe ich auch heute noch.

Ansonsten ist, glaube ich, am Mittwoch alles gesagt worden. Ich bin auch nicht Verfasserin dieses Dokuments. Ansonsten, denke ich, können wir dabei bleiben.

Vorsitzender Leifert: Das Thema ist am Mittwoch - ich war dabei - tatsächlich erschöpfend beantwortet worden. Die Kernfrage war ja, ob Frau Zimmermann die Autorin war. Das ist hier noch einmal zusätzlich beantwortet worden.

Zusatzfrage: Es geht bei der Bundesregierung anscheinend grundsätzlich darum, dass man fragen muss. Wenn man fragt, ob es eine geheime Nebenabrede gibt und Sie sagen "Nein, es gibt keine geheime Nebenabrede" und Sie räumen nicht ein, dass es eine nicht öffentliche gibt, dann haben Sie das ja verschwiegen.

Zimmermann: Sie haben mich ja nicht danach gefragt.

Zusatzfrage: Was ist das denn für eine Auskunftspflicht? Dann können Sie ja einen darauf hinweisen, dass es eine nicht öffentliche Nebenabrede gibt.

Zimmermann: Was heißt darauf hinweisen? Ich habe immer gesagt: Maßgeblich im Hinblick darauf, was wir jetzt für die Einführung von Höchstspeicherfristen von Verkehrsdaten regeln, ist das, was in den Leitlinien steht. Diese Leitlinien haben wir am 15. April online gestellt, als wir sie vorgestellt haben. Dann haben Sie mich danach gefragt, ob es geheime Nebenabsprachen gibt. Ich habe wahrheitsgemäß geantwortet: Es gibt keine geheimen Nebenabsprachen.

Zusatz: Sie hätten sagen können: Nein, es gibt aber nicht öffentliche. - Das haben Sie nicht getan.

Zimmermann: Ja, das stimmt. Das habe ich nicht getan, weil es auch nicht relevant ist.

Montag, 4. Mai 2015

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 4. Mai 2015
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/05/2015-05-04-regpk.html;jsessionid=3CCF533338A81CA34727B0C376658C67.s3t2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Mai 2015

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