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PRESSEKONFERENZ/971: Regierungspressekonferenz vom 13. April 2015 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 13. April 2015
Regierungspressekonferenz vom 13. April 2015

Themen: Reise des Bundesfinanzministers in die USA, Tod von Günter Grass, Treffen im Normandie-Format auf Außenministerebene, Treffen der G7-Außenminister und der Hohen Beauftragten der Europäischen Union in Lübeck, Lage in der Ukraine, Verhandlungen über das iranische Atomprogramm, Äußerungen des Papstes zur Tötung und Vertreibung von Armeniern im Osmanischen Reich, Klage der Stadt Hamburg gegen das Betreuungsgeld, Forderungen nach Einberufung eines Flüchtlingsgipfels, Todesstrafe in Ägypten und in Bangladesch, Lage im Jemen, Stärkung der Investitionen in Deutschland

Sprecher: SRS'in Wirtz, Jäger (BMF), Schäfer (AA), Guillaume (BMFSFJ), Plate (BMI), Toschev (BMWi)


Vors. Detjen eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRSin Wirtz sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Jäger: Ich darf Ihnen ankündigen, dass der Bundesminister der Finanzen in dieser Woche in die USA reisen wird, und zwar vom 14. bis zum 19. April. Er wird am Dienstag aufbrechen und dann am Mittwoch, dem 15. April, in New York sein. Er wird dort eine Rede an der Columbia-Universität halten, und er wird mit Vertretern der Wall Street zu einem Meinungsaustausch zusammentreffen, um aus erster Hand zu erfahren, wie dort die wirtschaftlichen Entwicklungen und die Lage auf den Märkten eingeschätzt werden. Er wird außerdem in New York die Nachrichtenagentur Bloomberg besuchen und dort auch zu einem Gespräch mit Michael Bloomberg zusammentreffen.

Danach geht es in Washington weiter. Dort finden das Treffen der G20-Finanzminister und -Notenbankgouverneure sowie die IWF-Frühjahrstagung statt. Im Mittelpunkt dieser Veranstaltungen wird die Lage der Weltwirtschaft stehen. Es wird aber sicherlich auch eine Diskussion über die ausstehende Quotenreform im IWF geben. Ich gehe davon aus, dass auch die geplante Gründung der Asian Infrastructure Investment Bank ein Thema sein wird.

Wir werden zu Einzelheiten dieser Reise und der Tagungen heute Nachmittag im BMF um 17 Uhr ein Pressehintergrundgespräch anbieten.

Schäfer: Lassen Sie mich vielleicht einfach mit der Nachricht von vor einer Viertelstunde beginnen: Herr Steinmeier hat mich gebeten, auch Ihnen zu sagen, dass er über die Nachricht über den Tod von Günter Grass tief bestürzt ist, einem der großen Bürger und Söhne der Stadt Lübeck. Es ist ja geradezu tragisch, dass ausgerechnet am Vortag eines Zeitpunkts, zu dem die Welt sozusagen auf Lübeck blicken wird, nämlich morgen, wenn dort die Außenminister der G7 zu ihren Beratungen am Dienstag und Mittwoch zusammentreffen werden, einer der großen Söhne der Stadt verstirbt.

Dennoch erlauben Sie mir, Ihnen nur in ein paar Worten über die Tagesordnung des Außenministers der nächsten drei Tage zu berichten. Sie haben es vielleicht auch schon am Wochenende gelesen oder wissen es anderweitig: Deutschland wird heute, morgen und übermorgen Schauplatz und Gastgeber wichtiger außenpolitischer Veranstaltungen und Konferenzen sein.

Das beginnt heute Abend mit einem Außenministertreffen in der Villa Borsig in Tegel. Herr Steinmeier hat seine Kollegen aus Kiew, aus Moskau und aus Paris jetzt zum insgesamt fünften Mal nach Berlin eingeladen, um gemeinsam mit ihnen im sogenannten Normandie-Format über die Ukraine zu beraten. Es ist das vierte Mal, dass eine solche Konferenz in der Villa Borsig stattfindet. Das Ziel des heutigen Treffens ist es, weiter aktiv und engagiert an der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen zu arbeiten. Die Minsker Vereinbarungen sind viel mehr als nur der Waffenstillstand, der einigermaßen hält. Dieser Waffenstillstand ist eine notwendige Vorbedingung dafür, dass Deeskalation und alles Weitere, nämlich ein Weg in Richtung einer politischen Lösung in der Ukraine, gelingen können. Für eine nachhaltige Entspannung braucht es weit mehr als den Rückzug schwerer Waffen: einen Waffenstillstand und eine OSZE, die diese beiden Maßnahmen überprüft.

Deshalb müssen wir jetzt, und das wird heute Abend auch geschehen, die zentralen Fragen der nächsten Umsetzungsfrage von Minsk angehen. Dabei geht es um ganz viel: die Vorbereitung von Lokalwahlen in den von den Separatisten besetzten Gebieten, humanitären Zugang und die Regelungen über einen Sonderstatus des Donbass. Das sind alles Dinge, die bereits in den Minsker Vereinbarungen von September 2014 und von Februar 2015 angelegt und expressis verbis beschrieben worden sind. Es gibt - das ist Ihnen nicht entgangen - Probleme bei der Umsetzung und auch Probleme bei der Einhaltung eines ehrgeizigen Zeitplans, der durch die Minsker Vereinbarungen vom 12. Februar vorgegeben ist. Deshalb ist es aus Sicht des Außenministers gut und richtig, dass sich die Regierungen im Normandie-Format zusammensetzen, um den Prozess weiter am Laufen zu halten und im besten Falle sogar zu beschleunigen.

Dann wird es morgen, eigentlich ohne Pause, für den Außenminister weiter nach Lübeck gehen, die Stadt von Günter Grass. Auch dort gibt es natürlich Überschneidungen zwischen dem, was heute Abend in der Villa Borsig besprochen werden wird, und dem, was die G7-Außenminister zu besprechen haben. Auch dort steht - das können Sie sich denken - das Thema "Ukraine und Russland" auf der Tagesordnung, und dort wird es darum gehen, im Kreise der G7 für eine einheitliche, geschlossene, aber auch entschlossene Haltung in der Krise der Ukraine und gegenüber Russland zu arbeiten.

Es geht in Lübeck aber auch um mehr, nämlich um internationale Krisendiplomatie - am richtigen Ort zum richtigen Zeitpunkt, wie wir glauben. Herr Steinmeier wird eben seine sechs Amtskollegen aus den Staaten der G7 sowie die Hohe Beauftragte der Europäischen Union, Frau Mogherini, empfangen. Das Treffen wird morgen am späten Nachmittag beginnen und wird dann am Mittwochnachmittag zu Ende gehen. Lassen Sie mich vorweg nur den einen Satz sagen, dass sich Herr Steinmeier durchaus gewünscht hätte, eine politische Situation vorzufinden, in der es möglich gewesen wäre, Herrn Lawrow aus der Villa Borsig gewissermaßen gleich nach Lübeck mitzunehmen. Sie sehen aber auch: Die Lage ist eine andere. Deshalb wird es beim Thema Russland sicherlich zu einer gemeinsamen Haltung der G7-Außenminister kommen, die überhaupt nicht ausschließt, dass irgendwann, wenn dafür die politischen Rahmenbedingungen gegeben sein werden, auch Russland wieder Teil des dann G8-Prozesses werden wird.

Es gibt andere Themen, die die Außenminister auf der Tagesordnung haben. Dazu gehören insbesondere die vielen Krisen im Nahen und Mittleren Osten. Der Außenminister der Vereinigten Staaten von Amerika John Kerry wird insbesondere zu den Ergebnissen von Lausanne und zum Stand des iranischen Atomprogramms vortragen und die Diskussion einleiten. Aber es wird auch um andere wichtige Themen gehen: den Kampf gegen ISIS, die Lage im Irak und in Syrien, insbesondere den aktuellen, heißen Konflikt im Jemen sowie die bürgerkriegsähnlichen Zustände in Libyen. All das sind zentrale Themen für die sieben Außenminister und die Hohe Beauftragte der Europäischen Union.

Zum Abschluss nur noch zwei Sätze: Zwei besondere deutsche Initiativen im Rahmen der deutschen G7-Präsidentschaft möchte ich hier jedenfalls erwähnen und stehe selbstverständlich auch für Rückfragen zur Verfügung. Das erste ist ein klassisches Thema der G7, nämlich das Thema Afrika. Da wird insbesondere mit Blick auf die Lehren, die die Weltgemeinschaft aus dem Umgang mit der Ebola-Krise gezogen hat, eine gemeinsame Erklärung der G7 zum Thema "Afrika und Sicherheit aus der Perspektive von Epidemien wie Ebola" geben.

Zum ersten Mal überhaupt hat die deutsche G7-Präsidentschaft außerdem das Thema der maritimen Sicherheit auf die Tagesordnung der G7 gesetzt. Um Ihnen dafür vielleicht nur ein anschauliches Beispiel zu geben: 90 Prozent des Welthandels, von dem Deutschland ja vielleicht wie keine andere Nation abhängt, erfolgen auf dem Seeweg, und drei Viertel davon erfolgen auf Routen und in Regionen, deren Lage man im Grunde als kritisch oder heikel einschätzen kann. Maritime Sicherheit, die Achtung des Völkerrechts, friedliche Konfliktbeilegung und vieles andere mehr sind für uns alle sehr wichtig, und deshalb plant Herr Steinmeier, morgen im Kreise der G7 eine sogenannte Erklärung von Lübeck über maritime Sicherheit zu verabschieden.

Jetzt habe ich länger geredet, als ich wollte. Ich bitte um Entschuldigung. Vielen Dank!

Frage: Ich habe eine Frage an das Außenministerium: Wie bewerten Sie die bisherige Einhaltung der Waffenruhe (in der Ukraine) von beiden Seiten?

Schäfer: Im Vergleich zu der Situation, wie sie noch Mitte Februar vorherrschte, ist die Lage ungleich besser. Es gibt einen deutlichen, dramatischen Rückgang der Zahl der verschiedenen militärischen Scharmützel. Es gibt ausweislich der Berichte der OSZE derzeit zwei Orte, an denen die Kampfhandlungen dennoch einfach nicht eingestellt werden: in der Gegend von Mariupol bei Schyrokyne und immer noch am Flughafen von Donezk, der, wie Sie wissen, seit vielen, vielen Monaten ein Hotspot der militärischen Auseinandersetzungen zwischen den ukrainischen Sicherheitskräften einerseits und den Separatisten andererseits geworden ist. Der Flughafen Donezk ist ja geradezu so etwas wie ein politisches Symbol für diese militärische Auseinandersetzung geworden.

Wir arbeiten, und das wird auch heute Abend Gegenstand der Gespräche sein, natürlich mit all unseren Mitteln darauf hin, dass es auch hier endlich zu einem Schweigen der Waffen kommt. Wir müssen davon ausgehen, und das zeigen auch die Berichte der OSZE, dass die Verstöße gegen den Waffenstillstand nicht nur von einer Seite erfolgen, sondern von beiden Seiten dieses militärischen Konflikts immer wieder begangen werden. Das bedauern wir, und das soll nicht so sein. Aber ich kann nur noch einmal wiederholen: Der Waffenstillstand ist sehr wichtig - er ist geradezu entscheidend für eine Lösung der Krise -, aber eben nicht genug. Wir brauchen jetzt nicht nur einen Waffenstillstand, sondern auf der Grundlage eines Ruhens der Waffen echte Schritte in Richtung einer politischen Lösung. Dafür gibt es einen Fahrplan. Das ist der Fahrplan von Minsk. Es wird heute Abend darum gehen, den umzusetzen.

Zusatzfrage: Was erhofft man sich denn konkret vom heutigen Treffen? Wird es eine gemeinsame Erklärung der vier Minister geben?

Schäfer: Es wird so sein, wie es auch bei den letzten Treffen in der Villa Borsig der Fall gewesen ist: Herr Steinmeier wird sich vor Beginn des Treffens, das wohl in Form eines Abendessens stattfinden wird, an die Medien wenden. Das wird etwa gegen 19.45 Uhr vor der Villa Borsig in Tegel stattfinden. Es ist schwer abschätzbar, ob es dann wirklich zu einer gemeinsamen Erklärung kommen wird. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass sich Herr Steinmeier nach dem Ende des Abends dann noch einmal an diejenigen Journalisten wenden wird, die noch da sein werden.

Da Sie nach konkreten Ergebnissen des Treffens gefragt haben, und zwar über das hinaus, was ich gerade politisch einzuordnen versucht habe: Es wäre gut, wenn wir heute Abend einen wichtigen Schritt in Richtung der Verbesserung und Intensivierung der Kommunikation innerhalb der Kontaktgruppe gehen könnten, die ja unter dem Vorsitz der OSZE meistens mühevoll, manchmal konstruktiv und häufig auch unter sehr schwierigen Umständen versucht, die notwendigen Entscheidungen im Austausch zwischen Separatisten einerseits und der Regierung in Kiew andererseits hinzubekommen. Es wäre gut, wenn es uns gelingen könnte, auf der Grundlage von Vorschlägen, die die OSZE und Botschafterin Tagliavini gemacht haben, tatsächlich in der Kontaktgruppe Arbeitsgruppen ans Laufen zu bekommen, in denen dann Themen behandelt werden können, die alle unter den Nägeln brennen. Dazu gehört das Thema Humanitäres. Dazu gehört das Thema des wirtschaftlichen Austausches. Dazu gehören auch das Thema Politik, der politische Prozess und manches mehr.

Frage: Herr Schäfer, würden Sie denn sagen, dass die Kämpfe in den letzten Wochen wieder zugenommen haben, oder köchelt das seit Februar so vor sich hin, im Grunde immer auf dem gleichen Level?

Schäfer: Auf dem niedrigen Niveau, auf dem sich das abspielt, ist es, glaube ich, nicht wirklich belastbar, jetzt sozusagen tägliche Fieberkurven zu erstellen. Deshalb würde ich eher Ihrer These zuneigen, dass das so vor sich hin köchelt, wobei das Vor-sich-hin-Köcheln immer noch bedeutet, dass Soldaten und Uniformierte auf beiden Seiten verletzt oder sogar getötet werden. Das ist ja kein Spaß, was da passiert. Aber, wie gesagt, es muss jetzt weitergehen. Ich glaube, ein Stillstand im Sinne einer Blockade eines politischen Prozesses von welcher Seite auch immer würde die unmittelbare Gefahr mit sich bringen, dass gerade nach Ende des Winters - also dann, wenn der Frühling dort einkehrt und damit auch die Bedingungen für mögliches militärisches Operieren dort wieder besser werden - eine neue Eskalationsspirale eintreten kann, einfach deshalb, weil es in Bezug auf die Vereinbarungen von Minsk nicht vorangeht. Deshalb ist es so wichtig, dass der in Minsk vereinbarte Aufsichtsmechanismus der vier Regierungen dabei weiterhin eng am Ball bleibt und wirklich sicherstellt, dass es zu keinen Verzögerungen, Verspätungen, Blockaden und Verhärtungen kommt, die uns die Chancen, die wir mit Minsk haben, nicht nutzen lassen.

Frage: Herr Schäfer, Sie haben im Bezug auf dieses Treffen auch das Thema Iran angesprochen, also die Nuklearverhandlungen thematisiert. Können Sie sagen, was da genau thematisiert werden wird? Wird auch über das Thema der Sanktionen gesprochen werden?

Schäfer: Vielleicht muss ich noch einmal Lübeck ansprechen. Erlauben Sie mir, nur in einem Satz zu sagen, dass das Medieninteresse an dieser Veranstaltung in Lübeck wirklich riesig ist. Es haben sich, glaube ich, inzwischen weit mehr als 700 Journalisten aus der ganzen Welt für diese Veranstaltung akkreditiert. Ich nehme an, dass das Interesse der Journalisten auch ganz stark auf das Thema fokussiert sein wird, zu dem Sie die Frage gestellt haben, nämlich das Thema Iran.

Ich verbinde das dann auch gleich mit der Bemerkung, dass das Thema Iran für den amerikanischen Außenminister auch am Vorabend seiner Ankunft in Lübeck eine große Rolle spielen wird. Herr Steinmeier und Herr Kerry haben in den letzten Tagen intensiv miteinander Kontakt gehabt. Dabei ging es darum, dass der amerikanische Außenminister vom amerikanischen Präsidenten gebeten worden ist, morgen Abend Washingtoner Zeit in Washington zu sein, um an einer, denke ich, weltpolitisch, aber sicherlich auch innenpolitisch wichtigen Anhörung des US-Kongresses in Sachen "iranisches Atomprogramm" und "Gesetzesvorschläge des amerikanischen Kongresses" teilzunehmen. Herr Kerry wird deshalb in Absprache mit dem deutschen Außenminister morgen Abend noch nicht in Lübeck sein, sondern verschiebt seine Anreise auf den nächsten Morgen. Er wird dann zur ersten förmlichen Sitzung der G7-Außenminister am Mittwochmorgen in Lübeck ankommen. Ich möchte Ihnen dazu sagen, dass Herr Steinmeier großes Verständnis für diese Bitte von Herrn Kerry hat, etwas später zu dem G7-Treffen nach Lübeck kommen zu können, einfach deshalb - das liegt ja auf der Hand -, weil das Thema des iranischen Atomprogramms und des Umgangs damit ein echtes globalpolitisches Anliegen ist, dessen Bedeutung für die amerikanische Innenpolitik allen Beteiligten bekannt ist.

Jetzt zum Thema Iran: Der amerikanische Außenminister - das hatte ich gesagt - wird dann nach seiner Ankunft gleich in der ersten förmlichen Sitzung zum Thema Iran vortragen. Wir werden dann nicht nur einen unmittelbaren Eindruck und ein Feedback von den Beratungen am Vorabend in Washington bekommen, sondern der amerikanische Präsident - so nehme ich an - wird dann seine Haltung zu den Ergebnissen von Lausanne präsentieren und seinen Amtskollegen die Gelegenheit geben, auch dazu Stellung zu beziehen.

Die Haltung der Bundesregierung kennen Sie; die ist hier an dieser Stelle und anderswo in den letzten Tagen ja schon sehr ausführlich besprochen und ausgeführt worden. Wir sind mit den Ergebnissen von Lausanne und der Eckpunktevereinbarung, die uns da gelungen ist, sehr zufrieden, weil sie die Basis dafür bieten, bis Ende Juni wirklich zu einem abschließenden Ergebnis zu kommen, das hoffentlich ein für alle Mal den Streit um das iranische Atomprogramm zu einem guten Ende führen wird.

Zuruf : Das Thema Sanktionen?

Schäfer: Das Thema Sanktionen kann, glaube ich, durchaus eine Rolle spielen. Nun kann ich nicht in die Glaskugel schauen und nicht wissen, worum es geht. Ich denke, das Thema Sanktionen, gehört in die Verhandlungen der E3+3 mit dem Iran. Das ist Teil des Gebens und Nehmens, um das es geht und das dem Grunde nach so aussieht: Die internationale Gemeinschaft ist bereit, stufenweise die Sanktionen zu lockern und auch zügig zu suspendieren beziehungsweise aufzuheben - es kommt immer darauf an, von welchen Sanktionen wir sprechen -, und zwar als Gegenleistung dafür, dass der Iran das tut, was er in einer abschließenden Vereinbarung tatsächlich zusagt, nämlich eine massive Einschränkung und intensive Verifikation seines Anreicherungsprogramms.

Die Details müssen jetzt noch ausgehandelt werden. Es gibt schon eine Menge Eckpunkte, die in Lausanne vereinbart worden sind, die jetzt noch ausbuchstabiert werden müssen. Das wird ganz sicher nicht in Lübeck und auch nicht im Kreise der G7 passieren, sondern da, wo es hingehört, nämlich bei den Verhandlungen der E3+3 mit dem Iran.

Frage: Frau Wirtz, der Papst hat sich gestern zum Völkermord in Armenien geäußert. Der türkische Regierungschef hat dieses Wort als "unangemessen" betitelt. Wie ist die Einschätzung der Bundesregierung dazu? Teilen Sie Einschätzung des Papstes oder der türkischen Regierung?

SRSin Wirtz: Zunächst einmal ist es so, dass die Bundesregierung die Äußerungen des Papstes nicht kommentiert und auch nicht zu kommentieren hat.

Ansonsten wissen Sie, dass die Haltung der Bundesregierung hier immer wieder dargelegt worden ist. Es gibt einen Entschließungsantrag des Deutschen Bundestages aus dem Jahr 2005, der sehr dezidiert zu den Fragen, die es rund um Armenien gibt, Stellung nimmt. Das sind die Ausführungen, an denen sich auch die Bundesregierung in ihrer Einschätzung orientiert, was Armenien anbelangt.

Zusatzfrage: Warum vermeidet denn die Bundesregierung das Wort "Völkermord"?

SRSin Wirtz: Es ist so, dass die Bundesregierung beziehungsweise der Bundestag in seinem Entschließungsantrag - das kann man sehr ausführlich nachlesen - ganz klar von "Massaker" und "Vertreibung" im Zusammenhang mit den Ereignissen spricht, die es gegeben hat. Das ist die Haltung, der sich auch die Bundesregierung in diesem Fall anschließt.

Frage: Frau Wirtz, es ist eher ungewöhnlich, dass die Bundesregierung sich auf einen Entschließungsantrag des Bundestages beruft. Das kommt ja eher selten vor. Die Frage ist doch: Gibt es eine eigene Beurteilung des Sachverhaltes durch die Bundesregierung oder schließt sich die Bundesregierung der Bewertung dieses Entschließungsantrags an?

SRSin Wirtz: Dieser Entschließungsantrag, der im Jahr 2005 gefasst worden ist, hat eine durchaus kontroverse oder eine politische Debatte mit sich gebracht. Insofern ist es so, dass man sich im Rahmen dieser politischen Debatte darauf verständigt hat, dass es zum einen sehr wichtig ist, dass es weiterhin ganz klar eine Aussöhnung zwischen Türken und Armeniern in dieser Frage gibt, dass es, was die Ereignisse 1915/16 anbelangt, auch klare Worte dafür gegeben hat, dass es dort um Vertreibung gegangen ist und dass diese Fragen auch aufzuarbeiten sind. Gleichzeitig ist es aber so, dass man eine solche Vergangenheitsbewältigung in dem Fall nicht von außen aufoktroyieren kann, sondern dass das eine innerstaatliche Angelegenheit ist. Das ist an der Stelle die Haltung der Bundesregierung.

Frage: Frau Wirtz, Sie hatten meine Frage nicht beantwortet, warum die Bundesregierung es vermeidet, den Begriff "Völkermord" zu benutzen. Vielleicht kann uns Herr Schäfer als Diplomat helfen.

Schäfer: Ich kann mich dem, was Frau Wirtz gesagt hat, nur anschließen. Ich glaube, eine Beurteilung dessen, was da oder anderswo passiert ist, wo von Völkermord gesprochen wird, obliegt jetzt nicht der Bundesregierung. Sondern die Fragen, die sich dabei stellen, die für die beteiligten Völker ganz offensichtlich auch heute noch höchst schmerzhaft sind, sind Fragen, die erstens von diesen Völkern am besten gemeinsam beantwortet werden müssen - zurzeit gibt es noch eine viel zu große Kluft zwischen Armeniern und Türken bei der Beurteilung dieser Frage -, die aber in zweiter Linie von Fachleuten und nicht von Regierungen beantwortet werden muss. Es sind Historiker, die sich dieser Frage stellen und zuwenden sollten, was ja auch in Deutschland, in der Türkei, in Armenien und anderswo geschieht. Die Qualifikation historischer Sachverhalte als was auch immer ist jetzt keine Kernkompetenz der Bundesregierung.

Frage: Es wundert mich etwas, dass Sie sagen, dass das keine Kernkompetenz der Bundesregierung sei, da Deutschland doch einiges an Erfahrung hat, was den Völkermord angeht.

SRSin Wirtz: Das ist aber jetzt eine steile These!

Zusatzfrage: Das ist, glaube ich, keine steile These.

Vielleicht können Sie erklären, wie es kam, dass die Bundeskanzlerin in Japan doch relativ deutliche Worte fand, wie man mit dem Thema Vergangenheit umgehen könnte und man jetzt gegenüber der Türkei so vorsichtig ist und dem Bundestag den Vortritt lässt.

SRSin Wirtz: Dazu kann ich Ihnen sagen, dass die Bundeskanzlerin auch bei ihrem Besuch in Japan deutlich gemacht beziehungsweise darauf verwiesen hat, wie Deutschland mit seiner Vergangenheit und seiner Vergangenheitsbewältigung umgegangen ist, aber auch durchaus darauf verwiesen hat, dass die Vergangenheitsbewältigung die Sache eines jeden Staates ist und ein jeder Staat sich eben diesen Fragen stellen und diese bearbeiten muss und es insofern keine Einmischung von anderen Regierungen in solchen Fragen geben kann. Sie hat darüber berichtet - so möchte ich auch Ihre Frage verstanden wissen -, wie Deutschland sich in der Tat sehr intensiv mit der Aufarbeitung des Zweiten Weltkrieges befasst hat. Das kann ein Beispiel für andere Staaten sein, das muss aber kein Bespiel für andere Staaten sein. Das kann man schlecht von der deutschen Bundesregierung verordnen.

Wir können sagen - auch Herr Schäfer hat es gerade gesagt -, dass man sich für die Aufarbeitung dessen einsetzt. Verordnen kann man das aber keinem anderen Staat.

Schäfer: Ich ergänze vielleicht noch, wenn ich darf, dass offizielle Vertreter Deutschlands, auch der Bundesregierung, bei der offiziellen Gedenkveranstaltung in Eriwan in Armenien vertreten sein werden und dass Herr Steinmeier, genau wie seine Vorgänger, bei jedem seiner Besuche in Eriwan - zuletzt im Oktober 2014 - an der zentrale Gedenkstätte für die Opfer der Massaker und Vertreibungen einen Kranz im Namen Deutschlands niedergelegt hat. Ich glaube, niemand kann ernsthaft den Umgang, den Deutschland, den die Bundesregierung mit den Ereignissen von vor 100 Jahren pflegt, kritisieren.

Frage: Herr Schäfer, Frau Wirtz, auf welche Regierungseinschätzung kommt es denn an? Auf die armenische oder auf die türkische?

SRSin Wirtz: Wir haben gerade beide gesagt, dass das eine Frage ist, in die sich erstens die Bundesregierung nicht einmischt und dass es zweitens eine Frage ist, die von Fachleuten - Historikern aufgearbeitet werden muss und auch aufgearbeitet wird sowie von den betreffenden Staaten aufgearbeitet wird. Insofern werde ich mich jetzt hier jedenfalls nicht zum Schiedsrichter machen, welche historische Einschätzung die richtige ist.

Frage: Sie haben gerade noch einmal so lobend die deutsche Vergangenheitsbewältigung erwähnt haben. Das Osmanische Reich war im Ersten Weltkrieg mit Deutschland verbündet. Es gibt ja durchaus Historiker, die sagen, dass es auch eine deutsche Mitverantwortung gibt. Sehen Sie diese und wird sie in dieser Bundestagserklärung, die ja nun schon etwas länger zurückliegt und hier wahrscheinlich nicht allen präsent sein dürfte, auch eingeräumt oder hat Deutschland aus Sicht der Bundesregierung damit nichts zu tun?

SRSin Wirtz: Ich habe ja eben schon auf diesen Entschließungsantrag hingewiesen, was ich tatsächlich auch noch einmal tun möchte. Jeder, der sich dafür interessiert, kann das noch einmal nachlesen.

Ja, es wird dort auch die unrühmliche Rolle des deutschen Kaiserreiches eingeräumt.

Frage : Eine Frage an das Familienministerium zur Klage Hamburgs gegen das Betreuungsgeld. Hamburg ist ja der Ansicht, die Leistung verstoße gegen den Anspruch auf Gleichbehandlung von Eltern und Frauen. Was wird das Familienministerium morgen erwidern?

Guillaume: Ich werde hier nicht auf Einzelheiten eingehen und den Verhandlungen morgen natürlich auch nichts vorwegnehmen. Die Ministerin hat sich dazu gestern ganz ausführlich im Deutschlandfunk geäußert, was Sie ja sicherlich gehört haben. Klar ist natürlich auch, dass der Staatssekretär morgen in Karlsruhe die gesamte Bundesregierung vertreten wird; die Position ist abgestimmt.

Es ist ja nun auch nicht so, dass es um eine politische Bewertung des Betreuungsgeldes geht, sondern um die gesetzgeberischen Kompetenzen des Bundes insgesamt. Zu Einzelheiten kann ich, wie gesagt, jetzt nichts sagen.

Frage: Frau Wirtz, was sagen Sie zu Forderungen nach einem Flüchtlingsgipfel, möglichst unter Beteiligung der Kanzlerin?

SRSin Wirtz: Es ist ja so, dass im Grunde genommen Gespräche zwischen Bund und Ländern über die Fragen der Flüchtlinge fortwährend geführt werden, die in zunehmender Zahl nach Deutschland kommen, was selbstverständlich Bund, Länder und Gemeinden vor immer neue Herausforderungen stellt. Es werden fortlaufend Gespräche geführt; der letzte Termin fand am 19. März im Bundeskanzleramt auf Ebene des Chefs des Bundeskanzleramtes statt. Das nächste Treffen der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten wird im Juni sein, und bis dahin wird es auch weiterhin Gespräche zwischen Bund und Ländern über alle Fragen geben, die sich im Zusammenhang mit Flüchtlingen und Asylbewerbern in Deutschland stellen.

Insofern ist es so, dass die Bundesregierung in einem kontinuierlichen Kontakt mit den Ländern ist und es verschiedene Gesprächsformate gibt. Der Bewertung, ob das ein Gipfel ist, wie er teilweise bezeichnet wird, möchte ich mich jetzt nicht anschließen. Ich kann Ihnen aber versichern, dass es Gespräche zwischen Bund und Ländern über alle Fragen geben wird, die dabei drängend auf der Tagesordnung stehen.

Frage: Meine Frage richtet sich an Frau Wirtz. In Ägypten wurden der Anführer der Muslimbrüderschaft, Mohammed Badie, sowie 13 weitere Personen zum Tode verurteilt. Das bedeutet, dass seit 2013 über 100 Personen in Ägypten zum Tode verurteilt worden sind. Ist die Bundesregierung besorgt über diese Entwicklung in Ägypten? Gibt es eine Initiative, um die aktuellen Hinrichtungen zu stoppen?

SRSin Wirtz: Herr Schäfer wird die Antwort übernehmen.

Schäfer: Ich glaube, ich überrasche Sie nicht, wenn ich Ihnen sage, dass die Haltung der Bundesregierung zur Frage der Todesstrafe - egal wo, egal wann, egal in welchem Land - völlig eindeutig ist. Überall dort, wo nach den Regeln eines Staates die Todesstrafe verhängt wird, setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass das aufhört oder dass diese Strafe jedenfalls nicht vollstreckt wird. Das gilt in diesem Fall auch für Ägypten. Wenn ich richtig informiert bin, dann handelt es sich bei den Entscheidungen, über die Sie jetzt Ihre Frage gestellt haben, aber noch nicht um Entscheidungen, die rechtskräftig ergangen sind, sondern zunächst in erster Instanz. Es wäre nicht das erste Mal, dass wir sehen, dass solche Entscheidungen - in Ägypten, aber auch anderswo - dann im Instanzenweg durchaus noch Änderungen erfahren.

Ansonsten gilt natürlich unsere Aufforderung an Ägypten, sich bei all dem, was dort in der Justiz passiert, konsequent an Regeln der Rechtsstaatlichkeit zu halten. In diesem Sinne pflegen wir natürlich auch den Kontakt mit unseren Gesprächspartnern in Kairo.

Zusatzfrage: Ich habe noch eine weitere Frage zum Thema Todesstrafe: In Bangladesch wurde der Führer der Partei Jamaat-e-Islami zum Tode verurteilt und am Wochenende hingerichtet. Gegner kritisieren, dass dieses Urteil einen politischen Hintergrund gehabt habe und juristisch nicht zu rechtfertigen sei. Wie bewertet die Bundesregierung oder das Auswärtige Amt dieses Urteil in Bangladesch?

Schäfer: Ich bin da jetzt im Detail nicht gebrieft, deshalb würde ich über meine allgemeinen Bemerkungen zur Vollstreckung oder zur Verhängung der Todesstrafe hinaus jetzt ungern etwas dazu sagen. Ich kann das aber gerne nachliefern.

Frage: Ich würde gern noch einmal zum Thema Flüchtlinge und den Kosten dafür zurückkommen: Herr Plate, am Freitag hieß es hier - das war wohl die Sprachregelung -, es sei eine abschließende Regelung gefunden worden. Nun habe ich Ihren Minister am Sonntag etwas anders verstanden; er hat gesagt, er würde sich freuen, wenn - ich sage es einmal mit meinen Worten - mehr Geld für diese Zwecke in seinen Topf käme.

Erste Frage: Was ist der Grund für diesen Sinneswandel Ihres Ministers?

Zweite Frage: Gibt es eine neue Situation, und falls ja, wie sieht die aus? Ist der Bund tatsächlich bereit, möglicherweise mehr Geld für mehr Flüchtlinge bereitzustellen?

Plate: Ich sehe keinen Sinneswandel des Bundesinnenministers oder des Bundesinnenministeriums, auch wenn Sie das dem Ablauf nach so widergegeben haben, wie auch ich das widergeben würde. In der Tat hat Frau Wirtz ja gerade erst berichtet, dass es schon in Kürze Gespräche zwischen Bund und Ländern über alle Fragen, die im Zusammenhang mit dem Thema Flüchtlinge stehen, geben wird. Dazu habe ich eigentlich gar nichts zu ergänzen.

Zu Ihrer letzten Frage, die damit vielleicht noch nicht ganz abgedeckt war, also der Frage, ob es nun mehr Geld gibt oder nicht, kann ich nur sagen: Die Gespräche sind ja angekündigt; sie haben also noch nicht stattgefunden. Dementsprechend kann man zu den Ergebnissen der Gespräche - egal zu welchem Teilthemenfeld des Themas Asyl man jetzt gern schon Ergebnisse wissen möchte - zum jetzigen Zeitpunkt nichts sagen.

Zusatzfrage: Wird es denn beispielsweise auf der Ebene der Innenministerkonferenz plus Bundesinnenminister vor dem Treffen der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin weitere Kontakte geben? Es gibt dafür ja eine Arbeitsgruppe.

Plate: Sie können sich sicher sein, dass der Bundesinnenminister mit seinen Amtskollegen permanent im Austausch zu allen Themen steht, bei denen es zeitlich, aber auch thematisch dringlichen Gesprächsbedarf gibt. Die genauen Zeitplanungen hinsichtlich der Gespräche, die Frau Wirtz gerade erwähnt hat, sind mir jetzt aber nicht im Einzelnen bekannt, sodass ich deswegen nicht ganz genau und ganz sicher sagen kann, ob, und wenn ja, wie oft der Bundesinnenminister mit seinen Länderamtskollegen vor, während oder nach dieser Besprechungen in Kontakt sein wird.

Frage : Frau Wirtz, ich habe bei der Lektüre des "Spiegel" mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass nun doch an der Legitimation des BND, im Ausland respektive auch im Weltraum Daten zu sammeln, gearbeitet werden soll, dass also die sogenannte Weltraumtheorie gesetzlich neu geregelt werden soll.

Da würde ich dann erstens doch gerne wissen: Entspricht es den Tatsachen, dass es Pläne gibt, dies zu ändern?

Zweitens: Was war die Motivation? Sie haben in den vergangenen Monaten ja immer gesagt, eigentlich sei da nicht wirklich etwas zu tun beziehungsweise man solle zumindest abwarten, was der NSA-Untersuchungsausschuss hervorbringt.

SRSin Wirtz: Zunächst einmal, ich nicht gesagt, dass da nichts zu tun sei, so wie Sie das gerade widergegeben haben. Sie haben die Fragen, die Sie gestellt haben, ja durchaus sozusagen auf Basis dessen gestellt, was im Untersuchungsausschuss besprochen worden war. Ich kann jetzt also nicht sagen, dass ich hier die Rechtsauffassungen widergegeben hätte, sondern das war ja durchaus auch im Untersuchungsausschuss immer wieder Thema. Ich kann insoweit bestätigen, dass es in diesem Zusammenhang Arbeiten an einer klarstellenden Regelung gibt, was die Befugnisse des BND anbelangt, aber ich kann Ihnen jetzt noch nichts weiter zu Inhalten sagen, also dazu, wie genau diese klarstellende Regelung aussehen wird. Diese Regelung wird im Sommer - voraussichtlich jedenfalls - ins Kabinett gehen, und dann können wir sicherlich mehr dazu sagen. Dann erspart man sich auch rechtliche Diskussionen im Untersuchungsausschuss oder hier an dieser Stelle, wenn es dann eben ganz klar im Gesetz geregelt ist.

Zusatzfrage: Wie kommt der Sinneswandel zustande, dass man jetzt eben nicht mehr auf die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses warten möchte, sondern denen jetzt doch vorgreift?

SRSin Wirtz: Weil es eben jetzt darum geht, eine klarstellende Regelung zu schaffen, und es da offenbar Auslegungsmöglichkeiten gibt. Deshalb soll das jetzt rechtlich klar gestellt werden, und deshalb gibt es Arbeiten an einem entsprechenden Gesetz.

Frage: An das Auswärtige Amt zum Jemen: Ich habe gestern unter anderem mit einem Deutschen geredet, der noch im Jemen festsitzt. Weiß das Auswärtige Amt, wie viele Deutsche noch im Jemen festsitzen und ob die alle evakuiert werden?

Schäfer: Es gibt keine Pflicht eines Deutschen, sich bei einer deutschen Auslandsvertretung zu registrieren, wenn er sich irgendwo im Ausland aufhält - ob zeitweise oder dauerhaft -; das ist alles freiwillig. Deshalb sind die Zahlen, die ich Ihnen gleich über den Daumen geben werde, letztlich Zahlen, die auf solchen freiwilligen Meldungen, auf Kontakten mit deutschen Staatsangehörigen beruhen, aber letztlich nicht wirklich definitiv sind, weil es immer noch sein kann, dass es auch darüber hinaus noch Deutsche gibt, die sich aus Gründen, die ihre sind, bei uns nicht gemeldet haben.

Wir gehen davon aus, dass es noch ungefähr hundert deutsche Staatsangehörige gibt, die sich im Jemen aufhalten. Ein ganz erheblicher Teil, etwa 50 Personen, sind in den letzten Tagen bereits aus dem Jemen evakuiert worden. Wir sind jetzt zusammen mit unseren Partnern und insbesondere der IOM weiter damit beschäftigt, die Vorbereitungen dafür zu treffen, dass diejenigen Deutschen, die jetzt auch ausreisen möchten, das in Sicherheit und so schnell wie es irgend geht tun können.

Frage: Herr Jäger und Herr Toschev, die Fratzscher-Kommission hat heute einen Zehn-Punkte-Plan vorgestellt und schlägt unter anderem vor, eine Infrastrukturgesellschaft zu gründen oder den Juncker-Fonds aufzustocken. Können Sie - soweit Sie informiert sind - sagen, was Sie von diesen zehn Punkten halten?

Toschev: Die Kommission wurde von Minister Gabriel ja im letzten Sommer einberufen, und zwar mit dem Ziel, sich der Frage der Stärkung der Investitionen in Deutschland zu widmen - und zwar umfassend zu widmen. Dabei geht es also sowohl um die Frage, was man auf öffentlicher Seite tun kann, als auch um die Frage, wie man privates Kapital mobilisieren kann und wie man Kommunen institutionell stärken kann. Die Kommission ist sehr heterogen besetzt, das ist auch sehr gut so, und es ziehen alle an einem Strang. Das hat, denke ich, auch die Pressekonferenz, die hier heute im Vorfeld der Regierungspressekonferenz stattgefunden hat, gezeigt. In dieser Pressekonferenz hat die Kommission den Stand ihrer Arbeit dargelegt. Die Punkte, von denen Sie sprachen - der offizielle Bericht -, wird aber erst am 21. April ordentlich übergeben.

Wir begrüßen die Arbeit und wir begrüßen die Tatsache, dass die Kommission hier so eine vertiefte Analyse vorgelegt hat. Wir werden uns aber beginnend ab dem 21. April genau anschauen und prüfen, welche der Handlungsempfehlungen umgesetzt werden können. Insofern werden wir das aufgreifen und uns das im Detail anschauen. Ich kann momentan aber nicht sozusagen Schritt für Schritt die einzelnen Vorschläge bewerten. Das machen wir dann, wenn der gesamte Bericht vorliegt.

Jäger: Ich darf für das Bundesministerium ergänzen: Es ist und bleibt selbstverständlich unser Ziel, die Investitionen in Deutschland zu fördern. Da gibt es sicherlich auch Potenzial. Sie wissen, dass der Bundesfinanzminister diesbezüglich gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsminister auch schon aktiv geworden ist: Wir haben im vergangenen Herbst angekündigt, für die Jahre 2016 bis 2018 zusätzlich 10 Milliarden Euro an öffentlichen Investitionen auf den Weg zu bringen. Wir haben darüber hinaus vor Kurzem erst angekündigt, dass wir die Kommunen zusätzlich stärken wollen. Hier wird es einen Fonds geben, der mit 3,5 Milliarden Euro ausgestattet sein wird. Zusätzlich gibt es im Jahr 2017 1,5 Milliarden Euro für die Kommunen. Darüber hinaus gab es im Rahmen des Koalitionsvertrages eine Reihe von Punkten, die insbesondere den Ländern und den Kommunen zugutegekommen sind und die natürlich auch das Ziel haben, insbesondere Investitionen in die Infrastruktur zu ermöglichen und zu befördern.

90 Prozent der Investitionen sind private Investitionen, das heißt, es kommt hier sehr stark darauf an, ein Umfeld zu schaffen, das solche privaten Investitionen befördert; das muss unser oberstes Ziel bleiben. Was einzelne Elemente aus dem Bericht angeht, so ist es so, dass auch das BMF die Arbeiten der Kommission begleitet hat. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Kommission unabhängig ist und natürlich Vorschläge aus eigenem Recht unterbreitet. Das heißt, wir werden uns einzelne Elemente anschauen müssen. Der Startpunkt dafür wird, wie von Herrn Toschev schon erwähnt, der 21. April sein. Dann wird es eine Veranstaltung im Bundeswirtschaftsministerium geben, an der auch Herr Schäuble teilnehmen wird. Dort wird er sich zum Bericht zu Wort melden.

Was die Frage nach der Infrastrukturgesellschaft angeht, so ist es so, dass wir der Auffassung sind, dass man da, wo angebracht und durch gute Argumente gerechtfertigt, auch neue Wege beschreiten kann. Wir würden uns einen solchen Vorschlag sicherlich mit sehr großer Offenheit einmal anschauen.

Montag, 13. April 2015

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 13. April 2015
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/04/2015-04-13-regpk.html;jsessionid=8C79A04EFC08F62345352858DF7DF28F.s4t1
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. April 2015

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