Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


PRESSEKONFERENZ/951: Regierungspressekonferenz vom 9. März 2015 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 9. März 2015
Regierungspressekonferenz vom 9. März 2015

Themen: finanzielle Lage Griechenlands, Rente mit 63, möglicher Eintritt von Islamisten in die Bundeswehr, Europaarmee, geplantes Treffen von Staatssekretär Kitschelt mit PEGIDA-Sympathisanten, Vorratsdatenspeicherung, Informationsaustausch im Zusammenhang mit der Terrorwarnung von Bremen, Medienbericht über Tötung einer deutschen Staatsangehörigen im Kampf gegen IS im Nordosten Syriens, Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit der Ermordung des russischen Oppositionspolitikers Nemzow, Lage in der Ukraine, Äußerungen des israelischen Premierministers zur Zwei-Staaten-Lösung

Sprecher: SRS'in Wirtz, Weißgerber (BMF), Müller-Niese (BMI), Ewert (BMVI), Westhoff (BMAS), Gerhartz (BMVg), Simon (BMZ), Malachowski (BMJV), Chebli (AA)


Vorsitzender Mayntz eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS'in Wirtz und die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Frage: Ich würde gern vom Finanzministerium wissen, ob die Aussicht einer neuerlichen Volksabstimmung oder einer Neuwahl in Griechenland geeignet ist, Sie in Unruhe zu versetzen, zu schrecken oder gar in Verzweiflung zu treiben?

Mich würde zum Zweiten interessieren, ob sich irgendetwas an Ihrer Erwartung geändert hat, dass heute bei der Eurogruppe in Sachen Griechenland keine Beschlüsse zu erwarten sind?

Zum Dritten. Haben Sie von dem Brief von Herrn Varoufakis Kenntnis erhalten, der für die Eurogruppen-Sitzung heute vorbereitet werden sollte, und wenn ja, was halten Sie von diesem Brief? Erfüllt er Bedingungen, um zumindest die Aussicht auf nahe Auszahlungen zu nähren?

Weissgerber: Also erst einmal grundsätzlich: Der Minister - er ist ja gerade auf dem Weg nach Brüssel; wir haben heute die Eurogruppensitzung - wird vor 15 Uhr den üblichen "doorstep" machen. Da wird er sich genau zu den Fragen von Ihnen äußern. Wir werden jetzt hier der Eurogruppensitzung nicht vorgreifen. Wir müssen sie jetzt abwarten. Es ist eine reguläre Eurogruppensitzung. Also Griechenland steht auf der Tagesordnung. Es ist aber auch, wie Sie sagen, nicht damit zu rechnen, dass es konkrete Beschlüsse oder konkrete Erklärungen geben wird.

Der Brief von Varoufakis ist bekannt. Das möchte ich aber jetzt hier an der Stelle nicht kommentieren. Auch da verweise ich auf die Eurogruppe und auf den Minister heute Nachmittag.

Zusatzfrage : Ich würde noch gern eine Frage nachschieben, und zwar: Wie sieht denn die Bundesregierung in diesem ganzen Komplex Griechenland die Rolle der EU-Kommission? Ist die EU-Kommission eine direkt handelnde, oder ist die EU-Kommission ein eher im Hintergrund stehendes Diskussionsforum oder wie auch immer?

SRS'in Wirtz: Die EU-Kommission hat ihre ganz spezifische Rolle in diesen Verhandlungen, in diesen Überlegungen, was die Reformvorschläge aus Griechenland anbelangt. Sie gehört zu den Institutionen, die eben das bewertet. Das ist ihre Rolle. Darüber hinaus bewertet jetzt die Bundesregierung nicht die Rolle der Europäischen Kommission oder der von Herrn Juncker im Speziellen in irgendeiner Form.

Zusatzfrage : Diese Teilhabe an der früher "Troika" genannten Gruppe ist das Eine. Aber wenn sich Griechenland jetzt, sobald Probleme auftauchen, immer direkt an Herrn Juncker wendet, ist das nach dem Dafürhalten der Bundesregierung die richtige Adresse, um solche Probleme zur Sprache zu bringen und einer Lösung näher zu bringen?

SRS'in Wirtz: Im Zusammenhang mit diesen Reformüberlegungen, die in Griechenland derzeit angestellt werden, gibt es ganz viele verschiedene Gespräche auf verschiedenen Ebenen. Der Kollege aus dem Finanzministerium hat darauf hingewiesen, dass sich heute Nachmittag die Eurofinanzminister treffen. Insofern finden die Gespräche über den Fortgang mit Griechenland auf ganz verschiedenen Ebenen und Kanälen statt. Dagegen ist ja nichts einzuwenden.

Frage: Der griechische Verteidigungsminister hat jetzt wieder geäußert, man wolle Flüchtlinge einfach nach Europa weiterschieben, und zwar, egal ob IS-Kämpfer darunter sind oder nicht. Wie viel Unruhe löst das bei Ihnen in der Bundesregierung aus beziehungsweise was unternehmen Sie? Sprechen Sie darüber mit Herrn Tsipras? Denn diese Frage ist ja schon vor zehn Tagen von einem anderen - soviel ich weiß, vom stellvertretenden Innenminister - aufgeworfen worden. Das Ganze widerspricht ja möglicherweise auch den bisherigen Regeln. Wie sehen Sie das?

SRS'in Wirtz: Zunächst einmal allgemein: Sicherlich geht es darum, das zu bewerten, was tatsächlich geschieht. Was dann konkret Flüchtlingsströme oder Flüchtlingspolitik anbelangt, dazu müsste vielleicht die Kollegin aus dem Innenministerium Stellung nehmen. Aber zunächst einmal haben wir ja durchaus Kontakte zur griechischen Regierung auf den verschiedenen Ebenen, die angesprochen worden sind. Was konkrete Aussagen oder Ankündigungen zu Flüchtlingen anbelangt, dazu müsste die Kollegin Stellung nehmen.

Müller-Niese: Ich habe den Beginn Ihrer Frage nicht mitbekommen.

Zusatzfrage: Es geht darum, dass man Flüchtlinge weiterleitet, selbst wenn IS-Kämpfer darunter sind.

Müller-Niese: Ich kann Ihnen allgemein etwas dazu sagen. Das ist nicht auf Griechenland bezogen. Es geht um diesen Themenkomplex "mögliche Terroristen unter Asylbewerbern".

Jede Person, die in Deutschland einen Asylantrag stellt, also ein Asylbewerber ist, ist verpflichtet, im Rahmen der Antragstellung beim BAMF persönlich die Daten und Fingerabdrücke abzugeben. Sie werden durch das BAMF in Zusammenarbeit mit den deutschen Sicherheitsbehörden überprüft. Das ist so bei jeder Person. Dazu werden die im Rahmen des Asylverfahrens erhobenen Daten übermittelt und abgeglichen. Liegen bei den Sicherheitsbehörden Informationen vor, wird das BAMF bereits am darauf folgenden Tag darüber unterrichtet. Je nach Erkenntnislage werden weitere Abfragen bei den Sicherheitsbehörden durchgeführt. Die aus Sicht der Sicherheitsbehörden weitergabefähigen Informationen werden den Entscheidern zur Verfügung gestellt und können gegebenenfalls auch in das Asylverfahren einfließen.

Jetzt kommt das, was Sie wahrscheinlich auch interessiert: Den deutschen Sicherheitsbehörden liegen derzeit keine konkreten Hinweise vor, dass sich unter einer der genannten Gruppen Terroristen oder Kämpfer des sogenannten Islamischen Staates befinden.

Zusatzfrage: Aber hier geht es ja offenbar konkret um politisches Druckmittel in der momentan schwierigen Situation mit Griechenland. Das heißt, es müsste ja eigentlich eine Regierungsbewertung dazu kommen beziehungsweise auch ein Kontakt, wie man diesem jetzt immer wieder vorgetragenen Ansinnen begegnet, das einfach so zu machen, wie zwei griechische Minister das nun schon angedeutet haben. Also da geht es jetzt nicht nur darum, ob man darin eine Gefahr sieht, sondern auch um das politische Element, das dahinter steckt.

SRS'in Wirtz: Wenn es sozusagen um solche Aussagen geht, die einen gewissen Druck auf die deutsche Bundesregierung ausüben sollen, dann ist das etwas, was ich von dieser Stelle aus nicht kommentiere, sondern wir bleiben bei der Haltung Griechenland gegenüber, dass wir eben die EU-Hilfen verbunden mit einer gewissen Konditionalität leisten wollen. Der Deutsche Bundestag hat sich dafür ausgesprochen. Es gibt einen klaren Fahrplan, wie weit da vorgegangen wird. Die nächste Haltestelle ist praktisch heute Nachmittag in Brüssel. Was solche Aussagen anbelangt, halten wir uns an die Fakten. Das hat Frau Müller-Niese ja hier ausgeführt, dass es entsprechende Vorkehrungen auch gibt, was Flüchtlinge anbelangt oder was die Praktiken anbelangt, wie Flüchtlinge aufgenommen werden. Soweit sprechen zunächst einmal die Fakten.

Frage: Ich hätte noch einmal eine Frage zu dem Finanzministertreffen. Herr Weißgerber, Sie sagen, es seien keine Beschlüsse zu erwarten. Die griechische Regierung macht ja andererseits doch akuten Handlungsbedarf geltend und sagt, es ist akut Finanzbedarf da. Insofern droht auch die Verlängerung des Hilfsprogramms, gerade vom Bundestag beschlossen, ins Leere zu laufen, wenn man jetzt nicht aktiv wird. Glaubt man den Ankündigungen der griechischen Regierung nicht, dass jetzt akut eine Finanzlücke zu schließen ist?

Weissgerber: Grundlage für alle Verhandlungen ist immer die Erklärung der Eurogruppe vom 20. Februar. Das ist immer wieder das, worum es geht. Die griechische Regierung hat Reformmaßnahmen angekündigt. Darum geht es jetzt, dass die umgesetzt werden. Es ist eben an der griechischen Regierung, sich an diese Verabredungen zu halten. Das ist das Entscheidende.

Frage: Ich möchte gern einen Kommentar von Frau Wirtz. Herr Varoufakis hat in einem Interview über einen Volksentscheid gesprochen.

SRS'in Wirtz: In der Tat, diese Äußerung habe ich auch wahrgenommen. Aber es wird Sie jetzt nicht verwundern, dass ich zu innenpolitischen Überlegungen von Herrn Varoufakis als Sprecherin der deutschen Bundesregierung keine Stellung nehmen kann. Die Verhandlungen werden zunächst einmal mit der griechischen Regierung geführt, die derzeit in Amt und Würden ist. Alles Weitere, was innenpolitische Fragen in Griechenland anbelangt, muss in der Tat die griechische Regierung beantworten und nicht die deutsche Bundesregierung.

Frage : Hat die Bundesregierung eigentlich vor, in Kürze Herrn Tsipras einzuladen?

SRS'in Wirtz: Dieses Thema haben wir ja auch schon hinreichend diskutiert. Aber an den Einladungs- beziehungsweise an den Gästelisten hat sich derzeit nichts geändert. Herr Varoufakis ist im Moment nicht darauf.

Zuruf : Es ging um Herrn Tsipras.

SRS'in Wirtz: Entschuldigung - Herr Tsipras. Herr Varoufakis war schon hier; ich erinnere mich. Nach wie vor ist er in Deutschland und in Berlin im Besonderen willkommen.

Frage: Ich habe eine Frage an das Transportministerium: Die Organisation "Zug der Erinnerung" hat errechnet, dass die Deutsche Bahn den griechischen Juden etwa 90 Millionen Euro schuldet - das ist das Geld, das sie für den Transport aus Saloniki und anderen griechischen Städten nach Auschwitz zahlen mussten, um sozusagen zum Töten transportiert zu werden. Wie stellt sich die Bundesregierung als Haupteigner der Deutschen Bahn dazu?

Ewert: Ich glaube, das ist ein Thema, das eher das Finanzministerium betrifft. Was unseren Part angeht, müsste ich Ihnen, offen gestanden, etwas nachreichen.

Vorsitzender Mayntz: Was kann das Finanzministerium dazu sagen?

Weissgerber: Ich kann dazu aktuell nichts sagen. Der Vorgang ist mir auch nicht bekannt.

SRS'in Wirtz: Allgemein haben wir zur Frage der Reparationszahlungen insgesamt ja bereits Stellung genommen und gesagt, dass diese Fragen aus Sicht der Bundesregierung abgeschlossen sind. Ganz spezifisch zur Frage der Deutschen Bahn kann ich jetzt auch nichts weiter hinzufügen, aber allgemein zu den Reparationszahlungen ist die Haltung der Bundesregierung ja klar.

Zusatzfrage: Es geht nicht um Reparationen, sondern es geht um die Rückzahlung von einem besonderen Entgelt.

SRS'in Wirtz: Das müssten die Kollegen dann nachreichen.

Vorsitzender Mayntz: Gehen wir davon aus, dass wir das dann im Laufe des Tages nachgereicht bekommen.

Frage: Eine Frage an das Arbeitsministerium zur Rente mit 63: Es gibt Forderungen aus der Union, das Gesetz nachzubessern, weil die Anträge das erwartete Maß überstiegen. Wie bewerten Sie diese Forderung nach Korrekturen?

Wie bewerten Sie außerdem die Aussage, dass die bislang gestellten Anträge das erwartete Maß übersteigen?

Vielleicht noch eine dritte Frage: Mit wie vielen Anträgen rechnen Sie für 2015?

Westhoff: Am Anfang der Argumentation, die über das Wochenende noch einmal Widerhall gefunden hat, steht ja die Prämisse, dass mehr Nachfrage nach der Rente mit 63 bestünde, als wir erwartet hätten. Diese Prämisse ist aber schon falsch, und damit ist auch die Argumentation aus unserer Sicht nicht triftig und nicht nachvollziehbar.

Ich kann noch einmal ganz kurz etwas zu den Zahlen sagen, einfach weil sie zu schnell durcheinandergeraten - das mag nicht immer Zufall sein, aber ich sage es einfach noch einmal -: Wir hatten als obere Grenze ursprünglich mit etwa 200.000 Berechtigten für die Rente mit 63 im Jahr der Einführung, also 2014, gerechnet. Das Jahr der Einführung endete am 31. Dezember 2014. Im Gesetzgebungsverfahren kam dann durch den Wunsch - jedenfalls nicht der A-Seite - noch hinzu, dass auch die Zeiten der freiwilligen Versicherung - von Handwerkern beispielsweise - bei den 45 Jahren, die Voraussetzung sind, mit berücksichtigt werden sollten. Dadurch erhöhte sich wiederum die Zahl der potenziell Begünstigten - das waren immer nur Mutmaßungen - am oberen Rand um weitere 40.000. Damit waren wir bei 240.000 am oberen Rand für 2014. Wir hatten dann bis zum 31. Dezember 2014 ausweislich der Zahlen der Deutschen Rentenversicherung Bund 206.000 Anträge - wohlgemerkt: Anträge. Viele davon gehen durch - die meisten gehen durch, ja -, aber es sind erst einmal nur Anträge. Das bedeutet: Die Zahlen bleiben hinter den am oberen Rand erwarteten Zahlen mehr als deutlich zurück - zumal noch hinzukommt, dass 2014 auch schon Anträge für einen Renteneintritt gestellt wurden, der dann im Zweifel erst 2015 erfolgen soll - so etwas muss ja immer im Vorfeld beantragt werden.

Das heißt, wir haben überhaupt nicht mehr Zahlen oder mehr Anträge als vermutet, und von daher ist auch die Kritik nicht nachvollziehbar, dass man da jetzt irgendwelche Zeiten - Zeiten der Arbeitslosigkeit oder dergleichen - im Nachhinein wieder nicht anrechnen sollte. Für 2015 haben wir zu keinem Zeitpunkt eine Zahl genannt, einfach weil wir dafür den Rentenzugang im Jahr 2014 abwarten müssen. Es gibt keine seriösen Voraussagen, wie viele Menschen den Antrag auf diese Rente für langjährig Versicherte in 2015 stellen. Dies gilt bis zum Sommer, denn im Sommer haben wir die Zahlen für 2014, und dann kann man daraus ungefähr ableiten, was im Jahr 2015 insgesamt passieren wird.

Ein Satz vielleicht noch: Bei den 200.000 ursprünglich - beziehungsweise 240.000 nachträglich mit den freiwillig Versicherten - waren immer schon 150.000 dabei, die im Jahr 2014 sowieso die Rente mit 63 in Anspruch hätten nehmen können. Wir sollten jetzt jedenfalls vermeiden, den Eindruck zu gewinnen, die Zahlen im Januar oder Februar, die jetzt neu hinzugekommen sind, seien alles originäre Zugänge in eine neu geschaffene Rentenart. Das ist nicht der Fall; vielmehr sind auch darin wieder maßgeblich Personen enthalten, die schon nach dem alten Recht Anspruch auf die Rente mit 63 hätten haben können - jetzt allerdings nach dem neuen Recht ohne Abschläge.

Zusatzfrage: Wenn Sie nicht prognostizieren können, wie viele einen Antrag stellen: Können Sie denn sagen, wie viele in diesem Jahr anspruchsberechtigt sein könnten?

Westhoff: Nein, das variiert eben sehr stark. Das hängt davon ab, wie die Alterskohorten besetzt sind, wie sich das Rentenzugangsverhalten insgesamt darstellt und wie die Leute eventuell über das 63. Jahr hinaus weiterarbeiten. Bei den Zahlen, die wir für 2014 gemutmaßt hatten, hatten wir ja schon berücksichtigt, dass Leute jetzt auch nachträglich noch mit 64 oder 65 Jahren dazukommen. Aus diesem Delta zwischen 63 und 65 Jahren haben Leute jetzt also nachträglich noch gesagt: Okay, ich erfülle die Voraussetzungen, ich hätte eigentlich nach altem Recht bis 65 arbeiten müssen, kann jetzt aber vorgezogen in Rente gehen und tue das jetzt hiermit nachgeholt. Insofern gibt es auch Nachhol- und Vorzieheffekte, die da eine Rolle spielen und die das ganze Bild etwas verzerren.

Die jetzige Diskussion über die Zahlen und das Hin- und Herwenden der Zahlen - auch das Missverständnis, dass da ja gar nicht das Einführungsjahr gemeint sei, sondern dass wir die 240.000 immer für das Jahr nach der Einführung, also bis Juni 2015 gemeint hätten, und man jetzt schon bei 255.000 sei, also schon 15.000 über der Zahl, die wir noch bis Mitte des Jahres erwarten - zeigt ja auch, dass man mit der Nennung von Zahlen vorsichtig sein muss. Da ist man eben leider in einer Position, in der man Vorsicht walten lassen muss. Deshalb haben wir im Moment - das kann ich Ihnen einfach einmal als Maßstab in den Raum werfen - pro Jahr ungefähr 650.000 Menschen in Deutschland, die in Altersrenten gehen - also nicht Erwerbsminderungsrenten, nicht Hinterbliebenenrenten, sondern in eine der bestehenden Altersrenten. Wie viele davon in 2015 die neu geschaffene vorübergehend abgesenkte Altersgrenze der Rente mit 63 in Anspruch nehmen werden, kann niemand seriös vorhersagen. Genauso wenig oder noch viel weniger seriös kann man allerdings im Moment auch sagen, dass irgendwelche Zahlen über den Erwartungen lägen.

Frage: Können Sie denn sagen, ob die Zahlen, mit denen über das Wochenende gearbeitet wurde - Sie haben vorhin schon gesagt, es seien jetzt 255.000 beziehungsweise möglicherweise 23.000 allein im Monat Februar, die die Rente nach 45 Beitragsjahren beantragt haben -, so richtig sind?

Westhoff: Die Zahlen kommen von der Deutschen Rentenversicherung. Die Zahlen an sich sind richtig, nur das Dumme ist eben: Das, was damit gemacht wird, ist nicht richtig oder ist unseriös und falsch. Das ist das Problem. Die Zahlen an sich sind das eine; viel interessanter und viel wirkungsvoller ist immer das, was man aus den Zahlen so macht. Vielleicht einfach nur noch einmal ein Hinweis, gerade auch angesichts der Kritik, die heute von einer bestimmten Seite mit geäußert wurde: Es ist bekanntermaßen so, dass diese Rente nach 45 Beitragsjahren nicht das teuerste Modul im Rentenpaket war.

Frage: Herr Gerhartz, zum Interview des Chefs des Militärischen Abschirmdienstes, der von der Gefahr spricht, dass Islamisten in die Bundeswehr eintreten, um sich dort ausbilden zu lassen und anschließend in den Kampf zu ziehen - die Bundeswehr als Terrorcamp missbrauchen, hat er das genannt. Wie bewerten Sie diese Gefahr? Was wird - falls Sie das überhaupt für nötig halten - dagegen getan? Was halten Sie von der Forderung oder dem Wunsch, der dann vom MAD angeschlossen wurde, Bewerber für die Bundeswehr schon vor ihrem Eintritt überprüfen zu können, ob sie vielleicht Islamisten sind und lieber nicht in die Bundeswehr gehen sollten?

Gerhartz: Ich möchte - weil ich das hier für ganz passend halte - mit den letzten Sätzen in diesem Interview von Herrn Gramm, dem Präsidenten unseres Militärischen Abschirmdienstes, beginnen, der hier sagt: Farbe bekennen - aber bitte nicht grell malen. Damit meint er natürlich insbesondere die Transparenz, also dass der Militärische Abschirmdienst zum Thema Extremismusabwehr mehr offenlegt - Anzahl der Fälle etc. -, als das vielleicht in der Vergangenheit der Fall war. Ich möchte dieses "nicht grell malen" aber auch in den Zusammenhang setzen. Es kursiert jetzt ja die Zahl - er nennt sie auch im Interview - von 20 Fällen ehemaliger Bundeswehrsoldaten, die sich nachweislich dem Kampf für IS angeschlossen haben. Das möchte ich jetzt einfach einmal in ein Verhältnis setzen, in eine Relation setzen: Wir haben im Jahr ca. 25.000 bis 30.000 Zeit- und Berufssoldaten, die die Bundeswehr wieder verlassen - das ist eben so in einer Armee mit einem sehr hohen Anteil von Zeitsoldaten. Wenn Sie das über eine Spanne von drei, vier, fünf Jahren sehe, dann liegen Sie bei weit über 100.000 Soldatinnen und Soldaten, die die Bundeswehr auch wieder verlassen haben. Insofern müssen Sie die 20 angesprochenen Fälle natürlich auch in Relation zu dieser Zahl sehen. Das meine ich damit, wenn ich sage: Das darf man jetzt nicht zu grell malen und übertreiben. Dennoch ist jeder einzelne Fall natürlich einer z u viel. Da müssen wir uns fragen: Hätte man das nicht auch schon in der aktiven Dienstzeit erkennen müssen? Das müssen wir natürlich entsprechend ernst nehmen. Wir haben hier aber ein engmaschiges Netz innerhalb der Dienstzeit.

Der zweite Punkt, den Sie auch angesprochenen haben, den der Präsident hier aufmacht - das Interview ist ja durchaus in der einen oder anderen Berichterstattung aufgenommen wurden -, ist die Überprüfung vor einer Einstellung. Auch hier muss ich sagen: Das muss man relativieren. Es ist ja nicht so, dass Max Mustermann zu uns kommt, die Einstellungstests besteht und dann am nächsten Tag durch das Kasernentor marschiert und seine Ausbildung bei der Bundeswehr beginnt. Es ist ja schon auch so, dass uns bei allen Mannschaftssoldaten - selbst bei den freiwillig Wehrdienstleistenden - das polizeiliche Führungszeugnis vorliegt, und ab der Unteroffizierslaufbahn findet die sogenannte uneingeschränkte Verfassungsüberprüfung statt. Das heißt also, es gibt schon einige Mechanismen, um Bewerber auch vor der Einstellung zu überprüfen. Darüber, ob man in Zukunft darüber hinauszugehen hat - die Frage macht der Präsident ja auf -, wird man reden müssen; darüber wird man auch mit den anderen zuständigen Ressorts reden müssen. Insbesondere möchte ich aber die Anzahl der 20 genannten Fälle ins Verhältnis setzen mit der Zahl der Leute, die uns verlassen.

Aufgenommen werden natürlich besonders die im Interview genannten Fälle, die sich dem Islamischen Staat angeschlossen haben; für uns geht es aber auch ganz entscheidend darum, auf ein 360-Grad-Radar zu schauen. Wir schauen also natürlich in alle Richtungen - Rechtsextremismus, Linksextremismus -, und unsere Abwehr schaut natürlich innerhalb eines 360-Grad-Radars.

Zusatzfrage: Dass der MAD sozusagen regelhaft jeden Bewerber überprüft, ob er verfassungstreu ist, bevor er eingestellt wird, halten Sie also - jedenfalls höre ich das heraus - für eine nicht so gute Idee, oder wie stehen Sie dazu?

Gerhartz: Das habe ich damit nicht gesagt. Man muss zum einen schauen, was rechtlich möglich ist, und man muss vor allen Dingen schauen, was sinnvoll und auch in der Praxis handhabbar ist. Für die verschiedenen Laufbahnen haben wir teilweise Bewerberzahlen von zehn zu eins; da kann man nicht im Vorfeld alle Bewerber überprüfen, das geht allein in der Praxis gar nicht. Es war mir aber auch wichtig, das Beispiel des berühmten Max Mustermann zu bringen; denn es ist ja nicht so, dass jemand bei uns anfangen würde, ohne dass irgendeine Überprüfung stattgefunden hat.

Frage: Herr Gerhartz, Herr Gramm hat in dem Interview von einer Art Basisüberprüfung geredet. Gibt es im BMVg Klarheit, was er damit gemeint haben könnte?

Gerhartz: Vielleicht habe ich mich noch nicht deutlich genug ausgedrückt: Eine Basisüberprüfung - sodass jemand nicht unüberprüft zu uns kommt -, findet ja durchaus statt, eben durch polizeiliches Führungszeugnis etc. Der Frage, inwieweit das noch auszuweiten ist - durch das, was er als Basisüberprüfung anspricht -, wird man sich stellen müssen und wird das durchdiskutieren. Er versteht das über diese Überprüfung, die wir ohnehin schon vornehmen, hinausgehend. Aber was genau damit gemeint ist, wird man jetzt sehen.

Zusatzfrage: Das wäre genau meine Frage: Was der Präsident des MAD sich da vorstellt, ist auch im eigenen Haus noch nicht ganz klar?

Gerhartz: Wir stehen natürlich in regelmäßigem Kontakt mit dem Präsidenten des MAD, das ist ganz klar. Wir stehen aber gerade erst am Anfang der Diskussion über die Frage, was man da noch mehr machen könnte. Über diese Frage werden wir uns natürlich auch mit ihm entsprechend austauschen.

Frage: Eine Anschlussfrage an das Innenministerium: Herr Grimm hat gesagt, es sei vorstellbar, dass das Risiko, dass die Bundeswehr als Ausbildungscamp für gewaltbereite Islamisten missbraucht werden kann, auch mit Blick auf die Polizei existieren könnte. Gibt es da ähnliche Bestrebungen oder möglicherweise einen ähnlichen Radar, wie es gerade vom Verteidigungsministerium hieß? Denn auch da hat man ja die Möglichkeit, mit Waffen umzugehen.

Müller-Niese: Ich kann hier nur für die Polizei in unserem Geschäftsbereich sprechen - ich weiß nicht, wie es in den Ländern geregelt ist. Für die Bundespolizei gilt, dass bereits im Auswahlverfahren eine umfassende polizeiliche Auskunft eingeholt wird. Das ist etwas mehr als ein polizeiliches Führungszeugnis.

Frage : Herr Gerhartz, Herr Juncker hat an diesem Wochenende ja ein interessantes Interview gegeben, in dem er eine Europaarmee gefordert hat. Nun ist diese Forderung ja nicht so ganz neu, aber dass sie vom Kommissionspräsidenten kommt, ist durchaus neu. Gibt es aus Ihrer Sicht eine neue Dynamik in diesem Prozess? War das abgestimmt mit der Verteidigungsministerin, und wie sieht sie das? Will sie jetzt auf europäischer Ebene dieses Thema stärker in den Fokus nehmen?

Gerhartz: Die Ministerin hat sich ja am Wochenende auch selbst noch einmal zu diesem Thema geäußert, und ich glaube, diese Frage hat sie dabei im Wesentlichen schon beantwortet - sie hat das auch in den Monaten davor schon an vielen anderen Stellen getan -: Diese europäische Armee ist als langfristiges Ziel zu sehen. Ich weiß, dass es immer sehr platt klingt, wenn man sagt "Der Weg ist das Ziel", aber wir sind gerade auf diesem Weg dahin; das sieht man auch an den vielen Kooperationen und Unterstellungen, die wir haben, ob es nun die Deutsch-Französische Brigade oder das Deutsch-Niederländische Korps ist, oder, wie wir jetzt auch planen - wobei wir da noch keine konkreten Zeitlinien nennen können -, die wechselseitige Unterstellung eines Bataillons mit Polen. Insofern sieht man daran, dass es schon in der Vergangenheit eine Verschränkung der verschiedenen europäischen Armeen gab. Das wird jetzt aber noch sehr verstärkt, und die Ministerin hat auch immer wieder gesagt: Wir wollen das noch mehr ausbauen. Dabei geht es darum, gerade vor dem Hintergrund der finanziellen Möglichkeiten zu gemeinsamen Fähigkeiten zu kommen.

Wenn Sie jetzt also fragen, ob es da eine neue Bewegung gibt, würde ich sagen: Die Bewegung ist nicht neu; sie ist schon da, und sie ist bestimmt weiterzuführen. Hierzu werden wir auch mit der Europäischen Kommission in Kontakt sein. Man darf sich hier aber keine Illusionen machen: Das ist alles eher langfristig zu sehen. Für uns ist ganz wichtig, dass man in diesem Zusammenhang auch versteht - so hat es unsere Ministerin auch mehrmals gesagt -: Wir denken nicht an Parallelstrukturen - dieses Thema hatten wir ja immer wieder einmal, auch vor Jahren schon. Das ist hiermit überhaupt nicht gemeint; vielmehr geht es hierbei um den europäischen Pfeiler innerhalb der Nato. Man sieht jetzt ja, dass die Europäer mit dem Multinationalen Korps Nordost - ich nehme es einmal als Beispiel, weil es sich hierbei sehr gut anbietet - etwas aufbauen, um im Rahmen der Nato-Speerspitze als Führungselement zu fungieren. Das ist ein Korps, das wir in der Bereitschaftsfähigkeit, aber auch im Umfang aufgebaut haben und das überwiegend durch Europäer besetzt ist, aber dennoch voll in die Nato-Kommandostruktur integriert ist. So muss man das verstehen.

Zusatzfrage : Es gab ja immer auch Skepsis vonseiten der Amerikaner, eben weil sie immer befürchtet haben, dass die Nato durch eine stärkere EU-Kooperation ein bisschen ausgehöhlt würde. Sehen Sie da neue Zeichen aus den USA, ist man da positiver eingestellt, als das in der Vergangenheit der Fall war?

Gerhartz: Das wollte ich eigentlich mit dem letzten Beispiel klar machen: Die Amerikaner begrüßen natürlich, dass die Europäer hier die entsprechende Verantwortung innerhalb der Nato übernehmen. Die Nato-Speerspitze ist natürlich auch von den Amerikanern gefordert. Wenn wir jetzt im Rahmen der Testphase, die ja dieses Jahr anläuft, auch mit dem Deutsch-Niederländischen Korps sehr engagiert sind, dann ist das genau das, was ich damit meine: Dass wir hier ebene keine Parallelstrukturen schaffen, sondern den europäischen Pfeiler innerhalb der Nato stärken. Das kann natürlich auch nur im Sinne der Vereinigten Staaten sein.

Frage : Herr Gerhartz, dumme Frage: Was bedeutet in diesem Zusammenhang "langfristig"? Ich höre immer, drei bis fünf Jahre. Lässt sich das irgendwie konkreter fassen?

Zweitens: Teilt die Bundeskanzlerin diese Auffassungen und diese Initiativen der Verteidigungsministerin, hat sie dazu eine eigene Position?

SRS'in Wirtz: Wenn man sich die außenpolitischen Herausforderungen der vergangenen Monate anschaut, sieht man ja, wie stark Europa auch in anderen Fragen, die nicht die Verteidigung anbelangen, zusammenarbeitet. Insofern ist eine Antwort auf diese globalen Herausforderungen sicherlich durchaus auch das Bestreben, auch in verteidigungspolitischen Aspekten stärker zusammenzuarbeiten. Das war zum Beispiel auch auf dem Europäischen Rat im Dezember 2013 ein Thema; auch dort hat man über diese möglichen Kooperationen gesprochen. Herr Gerhartz hat eben schon einzelne Bestandteile dieser Zusammenarbeit ausgeführt. Es wird auf dem Europäischen Rat im Juni sicherlich auch noch einmal ganz konkret um diese Fragen gehen. Ich denke aber, das ist - so wie Herr Gerhartz das auch ausgeführt hat - Zukunftsprojekt, das ist eine laufende Entwicklung; es ist so, dass ein Projekt zum anderen kommt. Insofern ist das einfach eine langfristige Entwicklung, von der ich denke, dass man sie jetzt auch nicht terminieren kann und sagen kann: Bis dann und dann ist das abgeschlossen.

Zusatzfrage : Die Bundeskanzlerin teilt das?

SRS'in Wirtz: Die Bundeskanzlerin teilt die Ansicht, dass es grundsätzlich gut ist, dass es sozusagen eine verstärkte, vertiefte militärische Zusammenarbeit in Europa gibt und geben sollte - wie gesagt, das zeigt sich ja auch an den verschiedenen Projekten, die es schon gibt. Das ist aber, wie gesagt, ein Zukunftsprojekt, das sich jetzt nicht in irgendeinen Terminplan zwängen lässt.

Vorsitzender Mayntz: Und zum Zeitplan - Herr Gerhartz?

Gerhartz: Dazu ist alles gesagt - das wäre ein Blick in die Glaskugel.

Frage: Dazu eine Lernfrage, weil das ja so ein kontinuierlicher Prozess ist: Warum hat die Bundesregierung vor einem Jahr den Vorschlag des damaligen schwedischen Außenministers Carl Bildt, für den Einsatz in der Zentralafrikanischen Republik eine EU Battle Group zu nehmen, so direkt zurückgewiesen? Da war doch so ein Instrument da.

SRS'in Wirtz: Herr Gerhartz, können Sie das noch militärhistorisch beantworten?

Zusatz: Die Frage ist, glaube ich, eher an das Auswärtige Amt gerichtet.

Gerhartz: Sie lassen mich hier sehr in Erinnerungen kramen. Sie stellen das jetzt ja in den Zusammenhang der Frage einer europäischen Armee als Vision für die Zukunft, so als ob das irgendwie eine Absage an europäische Truppenteile gewesen wäre. In meiner Erinnerung war es das auf gar keinen Fall; vielmehr hat sich das einfach aus Gründen der Praxis nicht angeboten. Es kann sein, dass sich die EU Battle Group aufgrund ihrer Zusammensetzung nicht für diesen Einsatz angeboten hat. So kann ich mich daran eher noch erinnern, aber nicht in dem Zusammenhang, dass man hier nicht den europäischen Pfeiler verstärken wollte. Dass das von der Sache her nicht so gewesen sein kann, sieht man ja allein schon an der Mission in Mali, wo wir das eben mit den Europäern machen.

Zusatzfrage: Wir erinnern uns ja auch, dass nur durch Einsatz einer georgischen Infanteriekompanie diese EU-Mission überhaupt zustande kam. Die Frage ist einfach: Diese Mechanismen, die hier beschworen werden, die schon seit einiger Zeit laufen, scheinen bislang nicht so richtig erfolgreich zu sein.

Gerhartz: Sorry, jetzt muss ich doch etwas dazu sagen. Es gibt doch einige Missionen, bei denen die EU mit mehr Verantwortung durchaus Erfolg hat. Wenn Sie die Äußerung in den Raum stellen, als wenn es eine Straße der Misserfolge gäbe, so sehe ich das überhaupt nicht so.

Frage : Meine Frage richtet sich an das BMZ. Staatssekretär Kitschelt aus Ihrem Hause trifft sich Ende des Monats mit einer Gruppe von PEGIDA-Sympathisanten. Ist das mit Ihrem Minister abgesprochen? Ist das eine Initiative Ihres Hauses, um da ins Gespräch zu kommen?

Die gleiche Frage würde ich gerne an die Bundesregierung insgesamt, an Frau Wirtz richten, ob es begrüßt wird, dass es zu einer direkten Kommunikation zwischen der Bundesregierung und PEGIDA-Sympathisanten kommt.

Simon: Dieses geplante Treffen findet auf Anfrage eines Bundestagsabgeordneten statt. Staatssekretär Kitschelt kommt dieser Anfrage nach, weil sich diese Anfrage auf die Situation der Flüchtlinge weltweit bezieht. Das ist ein klassisches Thema des BMZ. Insofern ist es eine Anfrage eines Abgeordneten, der nachgekommen wird.

Zusatzfrage : Dabei spielt es eine Rolle, welche Besuchergruppe der Abgeordnete mitbringt oder ist das für Sie zweitrangig?

Simon: Es geht grundsätzlich darum, dass wir mit allen Bürgerinnen und Bürgern sprechen. Uns ist es wichtig, insbesondere die entwicklungspolitischen Aspekte und die aktuelle Situation der Flüchtlinge in der Welt darzulegen. Insofern ist das eine Anfrage, der wir nachgekommen sind.

Zusatzfrage : Wenn Sie sagen, dass Sie mit allen Bürgern sprechen, dann heißt das, dass Sie in diesem Fall ausdrücklich mit einer Gruppe von PEGIDA-Sympathisanten aus Dresden und Umgebung sprechen?

SIMON: Das Gespräch wurde auf Anfrage des Bundestagsabgeordneten an uns herantragen.

SRS'in Wirtz: Mir bleibt im Grunde nichts hinzuzufügen. Wenn das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung mit Bürgern über Flüchtlingsfragen spricht, brauche ich das für die Bundesregierung nicht weiter zu kommentieren.

Frage: Ich habe eine Frage zur Vorratsdatenspeicherung an das Innenministerium. Wie weit sind denn die Gespräche mit dem Justizministerium zum Thema Vorratsdatenspeicherung, über die der Justizminister redet, gediehen?

Zweitens eine Frage an das Innenministerium. Was würde es aus Ihrer Sicht bedeuten, wenn die EU-Kommission noch einmal klarstellt, dass aus europäischer Warte dazu auf absehbare Zeit nichts zu erwarten ist?

Müller-Niese: Die inhaltliche Position des Bundesinnenministers ist Ihnen ja sicherlich bekannt. Ich kann Ihnen nur sagen, dass Bundesinnenminister de Maizière und Bundesjustizminister Maas schon seit längerem in Gesprächen sind.

Zusatzfrage: Hat sich da in der letzten Zeit etwas entwickelt?

Müller-Niese: Ich kann noch einmal wiederholen, dass es Gespräche gibt und gab. Mehr kann ich dazu nicht sagen.

Zusatzfrage: Kann ich die zweite Frage noch einmal ausdrücklich stellen? Wenn die Europäische Kommission noch einmal sagt - -

Müller-Niese: Das ist Spekulation. Dazu kann ich jetzt nichts sagen.

Vorsitzender Mayntz: Kann das BMJ ergänzen?

Malachowski: Ich kann eigentlich nur ergänzen, dass die Lage in Sachen Vorratsdaten seit dem Urteil des EuGH unverändert ist. Wir sind innerhalb der Bundesregierung, aber auch mit unseren europäischen Partnern in Gesprächen. Die EU-Kommission prüft, wie mit dieser Rechtsunsicherheit nach dem EuGH-Urteil umzugehen ist. Noch ist da nichts entschieden.

Die Gespräche, die wir innerhalb der Bundesregierung, aber auch mit den europäischen Partnern führen, werden wahrscheinlich noch etwas weitergehen.

Frage: Eine Frage an das Innenministerium. Am Wochenende war zu lesen, dass es Probleme im Zusammenhang mit der Bremer Terrorwarnung gab. Die Kooperation in Sachen Informationsaustausch zwischen Bund und Ländern soll nicht so geklappt haben, wie man sich das vorstellt, und zwar gerade vor dem Hintergrund eines nationalen Terrorabwehrzentrums. Deswegen sollten dort Verbesserungen stattfinden. Was ist konkret an dieser Meldung dran, dass es Probleme gegeben hat? Was wird konkret getan, um das möglicherweise beim nächsten Mal abzustellen?

Müller-Niese: Ich kann Ihnen dazu Folgendes sagen: Es gibt das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum - das ist korrekt -, in dem sich über 40 Behörden von Bund und Ländern austauschen. Auf der anderen Seite sind natürlich die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern unabhängig vom GTAZ in einem ständigen Kontakt und Austausch. Das ist ein Informationsaustausch "on top". Es gibt etablierte und auch funktionierende Informationskanäle zwischen den Polizeien und den Verfassungsschutzbehörden, die funktionieren.

Nach jedem Vorfall - sei das Paris, Kopenhagen, Bremen oder Braunschweig - wird natürlich immer geschaut, ob es Informationsverbesserungsbedarf gibt. Wenn es diesen gibt, wird er identifiziert und umgesetzt. Konkret kann ich Ihnen nichts dazu sagen.

Zusatzfrage: Auch nicht konkret zu dem Verbesserungsbedarf im Zusammenhang mit Bremen, wo angeblich das Land nicht ausreichend informiert hat, sodass es möglicherweise erst einmal Lücken gab?

Müller-Niese: Dazu kann ich Ihnen nichts sagen. Ich kann nur sagen: Die Information hat stattgefunden. Die etablierten Informationswege bestehen und sie funktionieren. Wenn Verbesserungsbedarf identifiziert würde, würde dieser natürlich, wie bei jedem anderen Sachverhalt auch, umgesetzt werden.

Frage: Eine Frage an die Bundesregierung. Es gibt heute Berichte, dass am 7. März eine deutsche Staatsangehörige im Nordosten Syriens gestorben ist, als sie mit kurdischen Streitkräften gegen IS gekämpft hat. Können Sie das bestätigen und Einzelheiten nennen?

Chebli: Nein, ich kann das nicht bestätigen. Ich kann auch zu den Details nichts sagen. Wenn es so ist, müssten wir das nachliefern. Ich bin jetzt einfach nicht sicher.

Frage: Ich wollte beim Außenministerium nachfragen, was die Ermittlungsergebnisse in Russland in Sachen Mordanschlag gegen Herrn Nemzow angeht. Ist das ein Verfahren, das Ihre Fragen und Ihre Anforderungen beantwortet, das Sie zufriedenstellt oder haben Sie das noch Zweifel?

Chebli: Bevor ich Ihre Frage beantworte, möchte ich kurz ein Statement des Bundesaußenministers, der gerade in Bukarest ist, zur Lage in der Ukraine vortragen. Wir wollten das Statement schriftlich herausgeben, ich kann das aber auch gerne hier in diesem Raum tun.

Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass wir in der Ukraine gerade eine Situation haben, in der seit mehreren Tagen die Waffenruhe zumindest weitgehend hält, kommen wir vielleicht in eine Situation, wo wir eine positive Dynamik schaffen können, um nicht in eine Situation zurückzufallen, in der sich die Lage wieder verschärft. Lassen Sie mich deswegen die Sätze des Ministers kurz vorlesen:

Die Minsker Vereinbarungen sind nun fast vier Wochen alt. Nicht alles, was dort von den Konfliktparteien vereinbart wurde, ist umgesetzt. Aber der Waffenstillstand hat allmählich mehr Stabilität bekommen. Der Rückzug schwerer Waffen ist auf beiden Seiten in Gang gekommen.

Ich begrüße, dass die OSZE jetzt endlich mit einer echten Verifikation des Verbleibs dieser Waffen beginnen konnte. Mit Hartnäckigkeit und Ausdauer, den jetzt politisch indossierten, deutlich erweiterten personellen und technischen Ressourcen sowie der Bereitschaft der Konfliktparteien, sich nachhaltig an die Vereinbarungen von Minsk zu halten, kann die OSZE einen entscheidenden Beitrag zu leisten, dass die Lage nicht wieder militärisch eskaliert und sich ein Zeitfenster für den Einstieg in einen politischen Prozess auftut.

Nun zu Ihrer Frage: Ich bitte Sie um Verständnis, dass wir von dieser Stelle nicht die laufenden Ermittlungen kommentieren können.

So viel ist klar: Sowohl die Bundeskanzlerin als auch der Außenminister haben unmittelbar nach der Tat ihre Erwartung zum Ausdruck gebracht, dass der Fall aufgeklärt und die Urheber in einem transparenten und rechtstaatlichen Verfahren zur Rechenschaft gezogen werden. Diese Erwartung haben wir auch weiterhin und beobachten die Aufklärungsbemühungen der russischen Behörde sehr genau.

Im Übrigen - und das ist unsere Meinung - sollte auch vonseiten Russlands kein Zweifel an der Erhaltung rechtstaatlicher Standards und einem umfassenden Aufklärungswillen aufkommen. Die Trauermärsche, die wir gesehen haben, die sehr emotional waren, haben gezeigt, dass die Menschen in Russland die ganz klare Erwartung haben, dass der Fall Nemzow transparent aufgeklärt wird und dass es keine Zweifel daran gibt, dass die Aufklärung vollständig und transparent erfolgt.

Frage: Ich wollte nur ganz kurz einen Hinweis an Frau Chebli und die Mithörenden im Auswärtigen Amt geben. Es soll sich um die 19-Jährige Deutsche Ivana Hoffman handeln, die als YPG-Kämpferin gefallen ist. Vielleicht gibt es von Ihrer Seite noch mehr Informationen dazu.

Chebli: Schauen wir einmal.

Frage : Frau Chebli, der israelische Ministerpräsident hat faktisch eine Absage erteilt, was die Schaffung eines palästinensischen Staates angeht. Ich hätte dazu gerne eine Reaktion Ihres Hauses.

Chebli: Ich kommentiere das nicht, was der israelische Premierminister gesagt hat. Unsere Haltung zur Zwei-Staaten-Lösung, Herr Towfigh Nia, ist so was von klar. Ich habe die Aussagen des Premiers auch so nicht gesehen.

Letztendlich ist klar, dass es für uns keine Alternative zur Zwei-Staaten-Lösung geben kann und dass der Frieden für beide nur über die Zwei-Staaten-Lösung führt. Gerade jetzt haben wir eine Situation, in der wir hoffen, dass wir zu einem Wiedereinstieg in die Verhandlungen zu einer Zwei-Staaten-Lösung kommen, die es in den letzten Wochen und Monaten nicht gab. Vor dem Hintergrund ist die Haltung der Bundesregierung klar. Wir sind uns auch sicher, dass auf der israelischen Seite das Interesse daran nach wie vor vorhanden ist. Wir hoffen, dass wir bald und sehr schnell wieder Verhandlungen mit dem Ziel eines unabhängigen Staates Palästina und einer gesicherten Existenz des Staates Israel mit einer friedlichen Grenze an einen palästinensischen Staat führen können.

Zusatzfrage: Frau Chebli, in einer Pressemitteilung der Likud-Partei, der ja Herr Netanjahu angehört, hat er unmissverständlich gesagt, dass es keine Rückzug aus dem Westjordanland geben werde und dass das Thema schlicht irrelevant sei.

Chebli: Ich kann das nicht kommentieren. Ich kenne die Äußerungen nicht, Herr Towfigh Nia. Vor dem Hintergrund kann ich Ihnen jetzt dazu nichts sagen.

Ich habe heute Morgen eine Kommentierung in den Agenturen gesehen, wo er gesagt hat, dass das so nicht stimmt. Aber auch das will ich nicht kommentieren. Ich habe Ihnen gesagt, was die Haltung der Bundesregierung ist. Ich gebe nicht die Haltung der israelischen Regierung wieder. Wir gehen davon aus, dass die israelische Regierung nach wie vor ein Interesse daran hat, in Verhandlungen mit den Palästinensern zu einer Zwei-Staaten-Lösung zu kommen. Wir haben jedenfalls von der israelischen Regierung keine anderen Signale dazu erhalten.

Montag, 9. März 2015

*

Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 9. März 2015
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/03/2015-03-09-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, 10117 Berlin
Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-25 55
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. März 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang