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PRESSEKONFERENZ/941: Regierungspressekonferenz vom 16. Februar 2015 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 16. Februar 2015
Regierungspressekonferenz vom 16. Februar 2015

Themen: Ermordung von ägyptischen Kopten durch IS, finanzielle Lage Griechenlands, Sicherheitslage in Deutschland, Waffenruhe in der Ostukraine, Vorschlag bezüglich des Flughafens Leipzig/Halle als Ausweichflughafen für BER, Griechenland, Regierungskommission zur Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen, Einladung des israelischen Ministerpräsidenten zur Einwanderung von europäischen Juden nach Israel, humanitäre Lage in Gaza

Sprecher: StS Seibert, Kothé (BMF), Dimroth (BMI), Chebli (AA), Rudolph (BMVI), Dünow (BMWi), Angeli (BMG), Westhoff (BMAS)


Vors. Detjen eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Meine Damen und Herren, guten Tag! Zunächst möchte ich Sie darüber informieren, dass die Bundeskanzlerin dem ägyptischen Präsidenten Al-Sisi nach der Ermordung von ägyptischen Kopten durch IS ihr Beileid und auch ihr Entsetzen ausgedrückt hat. Sie hat in dem Telegramm geschrieben:

"Mit großem Entsetzen habe ich die furchtbare Nachricht von der Ermordung der ägyptischen Geiseln in Libyen vernommen. Die Bundesregierung verurteilt diesen barbarischen Terrorakt auf das Schärfste. Unser tief empfundenes Beileid und Mitgefühl gilt den Angehörigen der Opfer und dem ägyptischen Volk."

Es wird also aus dieser Situation sehr klar, dass das eine neue widerwärtige Tat der Terroristen ist. Das ist wieder einmal mehr der Beweis dafür, dass sie sadistische Verbrecher sind und dass die Welt im Namen der Zivilisation gegen IS zusammenstehen muss. Deutschland wird jedenfalls weiterhin seinen Beitrag im Kampf gegen IS leisten.

Frage: Ich würde gerne zum Thema Griechenland von Ihnen, Frau Kothé, etwas wissen: Ist die Bundesregierung darauf eingestellt, sich in dieser Woche noch einmal im Kreis der Eurogruppe mit den Partnern zu treffen? Es geistert immer der Termin "Freitag" im Raum umher.

Können Sie mir zum Zweiten einmal sagen, wann spätestens eine Entscheidung gefallen sein muss, damit der Bundestag noch vor dem Ende des laufenden Programms, also vor dem 28. Februar, darüber entscheiden kann? Was ist also der spätestmögliche Termin einer Entscheidung?

Kothé: Herr Heller, ich komme vielleicht zuerst zu Ihrer ersten Frage. Sie wissen: Heute treffen sich jetzt erst einmal die Euro-Finanzminister. Warten wir doch erst einmal die Ergebnisse ab und sehen dann, wo wir stehen. Dafür, Sitzungen der Eurogruppe bekanntzugeben, ist grundsätzlich der Vorsitzende der Eurogruppe zuständig.

Zu Ihrer zweiten Frage: Auch da bringt es uns nicht weiter, das Pferd von hinten aufzuzäumen und hier herumzuspekulieren. Die Gespräche mit der griechischen Regierung laufen jetzt, und wir sind bemüht, zu einer Einigung zu kommen. Warten wir ab, was heute Abend das Ergebnis sein wird.

Zusatzfrage: Darf ich trotzdem noch einmal ganz konkret nachfragen? Lässt sich denn eine Entscheidung des Bundestags auf elektronischem, telekommunikativem Wege, also per Telefonkonferenz der zuständigen Ausschussmitglieder im Bundestag, erzielen, oder bedarf es dazu einer Plenumsentscheidung? Wie sieht das aus?

Kothé: Das übliche Verfahren ist: Telekommunikationsmäßig lassen sich solche Beschlüsse nicht herbeiführen. Mit jeder wesentlichen Änderung des Programms ist der Bundestag zu befassen.

Zusatzfrage : Physisch, indem das Plenum zusammentritt?

Kothé: Ja, genau, physisch.

Frage: Im Zusammenhang mit den Anschlägen in Kopenhagen hat sich nun herausgestellt, dass der mutmaßliche Täter den Polizeibehörden bekannt war. Um auf die Lage in Deutschland zu kommen, Herr Dimroth: Auch in Deutschland beklagen die Sicherheitsbehörden eine zunehmende Überlastung, was die Beobachtung von Rückkehrern aus Syrien und dem Irak angeht. Gibt es von Ihrer Seite, also aus dem Ministerium oder der Bundesregierung, Überlegungen dazu, wie man die Sicherheitsbehörden entlasten kann? Im Moment ist es nämlich sicherlich so, dass nicht jeder, der der Polizei bekannt ist, auch rund um die Uhr überwacht werden kann.

Dimroth: Zunächst einmal würde ich gerne noch kurz etwas zu den furchtbaren Ereignissen in Kopenhagen sagen: Der Bundesminister des Inneren hat sich dazu gestern auch erklärt, hat das auf das Schärfste verurteilt und hat insbesondere den Angehörigen der Opfer sein tief empfundenes Mitleid zum Ausdruck gebracht.

Zu Ihrer konkreten Frage, was die Ressourcenthematik anbetrifft, würde ich gerne vorab auch auf eines hinweisen, nämlich darauf, dass die Frage der von Ihnen angesprochenen Rundumüberwachung sicherlich nicht nur eine Frage der Ressourcen ist - das bitte ich immer mit zu bedenken -, sondern selbstverständlich gibt es rechtliche Rahmen, innerhalb derer sich die Sicherheitsbehörden bewegen. Eine wie auch immer geartete Überwachung muss selbstverständlich auch im Rahmen dieser rechtsstaatlichen Voraussetzungen zulässig sein. Das sage ich sozusagen vor die Klammer gezogen.

Was die konkrete Ressourcenfrage anbetrifft, hat sich der Bundesinnenminister in der vorvergangenen Woche nach der Teilnahme an der Sitzung des Innenausschusses dazu geäußert. Er hat intern nach den furchtbaren Ereignissen in Paris und im Norden Frankreichs eine Potenzialanalyse bei uns im Haus durchführen lassen, und zwar genau zu diesen Fragen, ob und wo es gegebenenfalls Bedarfe gibt, die das Thema Ressourcen - Personal- wie auch Sachmittelressourcen - betreffen. Diese Analyse hat ein bestimmtes Ergebnis erbracht. Wie es sich gehört, ist der Bundesminister des Inneren jetzt mit dem Bundesminister der Finanzen im vertrauensvollen Gespräch darüber, ob und gegebenenfalls wie das im Rahmen der laufenden Haushaltsaufstellungsverfahren für den kommenden Haushalt Niederschlag finden wird.

Zusatzfrage: Das würde ja aber nicht nur den kommenden Haushalt für das nächste Jahr betreffen, sondern auch den laufenden. Ist da nicht irgendwie Not am Mann?

Dimroth: Nach unserem Eindruck ist es so, dass die Sicherheitsbehörden jedenfalls insoweit hinreichend ausgestattet sind, als dass sie nach heutigem Stand ihre gesetzlich zugewiesenen Aufgaben effizient wahrnehmen können.

Zusatzfrage: Ich habe eine Nachfrage an den Regierungssprecher. Die Bundeskanzlerin hat gestern gesagt, man stehe auch in engem Kontakt zu Sicherheitsbehörden in Dänemark. Man werde dort unterstützend helfen. Können Sie vielleicht sagen, ob es konkrete Ansätze gibt? Kann man etwas konkreter sagen, wie Deutschland Dänemark helfen kann?

StS Seibert: Nein, ich kann hier nicht in operative Details gehen. Aber gehen Sie davon aus, dass die Zusammenarbeit mit den dänischen Kollegen ohnehin eng ist und nach einem solch entsetzlichen Ereignis, wie wir es in Kopenhagen erlebt haben, natürlich noch verstärkt wird. Aber ich möchte hier keine operativen Details bekannt geben.

Frage: Auch an das Innenministerium: Der Bundesinnenminister hatte ja immer davon gesprochen, es gebe nur eine abstrakte Gefährdung, keine konkrete. Gestern waren die Hinweise wohl so konkret, dass sie zur Absage des Karnevalszuges in Braunschweig geführt haben. Waren das Erkenntnisse, die nur die lokalen Behörden hatten? Hatten Sie die auch auf Bundesebene? Wie schätzen Sie das ein, was da gestern tatsächlich an Bedrohung vorlag?

Dimroth: Zu dem konkreten Sachverhalt in Braunschweig kann ich sagen, dass das eine regionale Erkenntnislage war, die die regional und lokal zuständigen Entscheidungsträger dazu gebracht hat, die Entscheidungen so zu treffen, wie sie Ihnen bekannt sind. Selbstverständlich stehen die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern sowie die vor Ort in einem stetigen und sehr engen Austausch über Themen der Gefahrenlage. Die Entscheidung selbst kann nur die örtlich zuständige Behörde vor Ort treffen, da nur sie auch die hinreichende Kenntnis über die Örtlichkeiten und die zur Verfügung stehenden Sicherheitskräfte sowie die regionalen Besonderheiten der Veranstaltung hat. Daher fällt eine solche Entscheidung richtigerweise immer durch die zuständige Sicherheitsbehörde vor Ort, und zwar autonom durch die zuständige Sicherheitsbehörde vor Ort.

Zusatzfrage: Jetzt gibt es zum zweiten Mal den Fall, dass eine größere öffentliche Veranstaltung wegen Terrordrohungen abgesagt wurde. Das eine war die PEGIDA-Kundgebung, das andere jetzt der Karnevalsumzug. Verändert sich die Wahrnehmung, es gebe nur eine abstrakte Bedrohung, zunehmend dahin, dass wir es doch mit konkreten Gefährdungen zu tun haben?

Die zweite Frage, die natürlich damit verbunden ist: Ist das etwas, auf das wir uns jetzt langfristig einstellen müssen, also dass alle größeren Veranstaltungen jederzeit konkret vor einer solchen Gefährdung stehen könnten?

Dimroth: Konkret bewerten kann ich die Entscheidung von gestern ebenso wenig wie die aus Dresden. Das, was Sie zitieren, zitiert auch nicht ganz abschließend das, was das Bundesinnenministerium und auch der Bundesinnenminister selbst in der Vergangenheit immer gesagt haben. Er hat immer gesagt: Deutschland steht wie andere Staaten auch, die einen gemeinsamen Raum der Werte darstellen, in einem gemeinsamen Gefahrenraum und im Fokus des internationalen Terrorismus. Gerade im Nachgang zu Frankreich und voraussehbar auch im Nachgang zu dem, was wir gestern schrecklicherweise in Kopenhagen erleben mussten, gibt es immer ein erhöhtes Informationsaufkommen und immer eine Zunahme an Warnmeldungen, die die Sicherheitsbehörden erreichen, die sämtlich sehr sorgfältig angeschaut werden müssen und die sämtlich sehr sorgfältig angeschaut werden, um dann im Einzelfall zu entscheiden, ob sie für so wertig gehalten werden, dass ihnen entsprechend nachgegangen werden muss und dass gegebenenfalls eben auch solche Maßnahmen wie gestern ergriffen werden müssen. Insofern gilt, und auch das hat der Bundesinnenminister immer wieder zum Ausdruck gebracht: Es gibt keine absolute Sicherheit. Insofern hängen die Dinge miteinander zusammen, wenn man so möchte.

Ohne dass es konkrete Bezüge zu dem gibt, was in Frankreich passiert ist, und zu dem, was in Kopenhagen passiert ist, wissen wir, dass es im Nachgang zu solchen Ereignissen immer zu einem erhöhten Informationsaufkommen kommt. Das mag ebenso wertige Informationen umfassen wie auch Informationen von Spinnern, die meinen, solche Situationen auch noch ausnutzen zu müssen, um Fehlinformationen zu steuern, die im Einzelfall ebenso Arbeit machen und sehr sorgfältig geprüft werden müssen und geprüft werden.

Frage: Herr Dimroth, Sie machten den Hinweis, dass die Rundumüberwachung von potenziellen Gefährdern nur im rechtsstaatlich zulässigen Rahmen stattfinden könne. Bedeutet das, Sie oder die Sicherheitsbehörden würden eigentlich gerne mehr überwachen, aber es gibt rechtliche Grenzen, oder wie ist diese Bemerkung zu verstehen?

Dimroth: Die ist natürlich eigentlich weitestgehend überflüssig, weil ich davon ausgehen darf, dass Sie mir und dem Bundesinnenminister ganz grundsätzlich unterstellen, nur im rechtsstaatlich zulässigen Rahmen zu handeln. Mir war das nur wichtig, weil der Hinweis auf mehr Ressourcen immer wieder und stereotyp aufkommt. Das ist eine wichtige Frage, der wir uns annehmen und der, wie geschildert, sich auch der Bundesinnenminister angenommen hat, um sicher zu sein, dass die Ressourcenlage der Anforderungslage entspricht. Den Hinweis auf den rechtlichen Rahmen wollte ich mir nur erlauben, um klarzumachen, dass eine Rundumüberwachung oder eine absolute Sicherheit ohnehin nicht herstellbar sind, insbesondere auch nicht im Rahmen des rechtlich Zulässigen. Damit verbunden war aber nicht die Ankündigung einer rechtspolitischen Forderung, diesen Rahmen zu verändern, sondern ich wollte nur Sensibilität dafür wecken, dass die Frage einer möglichst umfassenden, lückenlosen Überwachung nicht allein eine Frage der zur Verfügung stehenden Ressourcen ist.

Zusatzfrage: Wenn ich darf, würde ich Ihnen dann gerne die Gelegenheit geben, noch einen anderen mutmaßlichen Widerspruch aufzuklären. Wenn Sie sagen, die Sicherheitsbehörden seien insofern ausreichend ausgestattet, als sie ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen könnten, dann ist das die eine Seite. Die andere Seite ist, dass der Bundesinnenminister offensichtlich mit dem Bundesfinanzminister über eine Aufstockung bestimmter Ressourcen redet. Geht es dabei um die Kür? Würde man sozusagen gerne noch ein bisschen mehr haben, aber das, was wir jetzt haben, reicht eigentlich aus? Was ist der Unterschied zwischen "Wir können die gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen" und "Wir brauchen mehr Ressourcen, um die geeigneten Maßnahmen treffen zu können"?

Dimroth: Zum einen ist natürlich immer eine Frage, welcher Anspannung und welcher Konzentration in den Sicherheitsbehörden es bedarf, um die gesetzlichen Aufgaben, über die wir hier gerade sprechen - also insbesondere im Bereich der Gefahrenabwehr und auch der Strafverfolgung im Themenspektrum "Internationaler Terrorismus" -, wahrzunehmen. Das soll heißen, dass das zum Teil nur gelingt, indem man sich in den Behörden beispielsweise auch auf bestimmte Bereiche konzentriert, die jetzt besonders im Fokus stehen. Das ist sicherlich keine Dauerlösung. Das ist das eine.

Das andere ist, dass insbesondere die Ereignisse in Frankreich für die allgemeine Gefährdungsbewertung - ich wiederhole mich: in Deutschland - keine Änderung erbracht haben, aber dass sie uns dennoch vor Augen geführt haben, mit welchen Szenarien man jedenfalls theoretisch auch rechnen muss. Man muss sehr genau schauen, ob die Sicherheitsbehörden für solche Szenarien - vor allem auch, was die Sachausstattung anbetrifft - hinreichend ausgestattet sind.

Frage: Herr Seibert, wie bewertet die Bundesregierung die Einhaltung oder die Nicht-Einhaltung der Waffenruhe in der Ostukraine in den letzten zwölf Stunden?

StS Seibert: Sie wissen wahrscheinlich, dass die Kanzlerin gestern gemeinsam mit Präsident Hollande ein Telefongespräch mit Präsident Poroschenko und Präsident Putin zu genau diesem Thema geführt hat. Die Gesprächspartner haben begrüßt, dass die Waffenruhe, generell gesprochen, eingehalten oder beachtet wird. Aber es gibt natürlich andauernde Kampfhandlungen, ganz besonders um den Ort Debalzewe herum. Diese Kampfhandlungen müssen uns Sorge bereiten, und das ist auch klargemacht worden.

Die vier Gesprächspartner haben ihre Entschlossenheit ausgedrückt, ihrerseits auf eine volle Umsetzung der Waffenruhe hinzuwirken. Der nächste Schritt, der durch das Minsker Maßnahmenpaket ins Auge gefasst worden ist, das am vergangenen Donnerstag beschlossen wurde, ist, dass ab Dienstag, 0 Uhr Ortszeit, mit dem vereinbarten Abzug der schweren Waffen begonnen werden soll. Das ist die aufeinander aufbauende Sequenz von Handlungen. Aber die Basis ist, dass die Waffenruhe hält, und darauf kann man nur auf das Dringlichste hinwirken.

Zusatzfrage: Der Außenminister hat wohl den russischen Entwurf einer UN-Resolution zu diesem Thema begrüßt. Frau Chebli, können Sie vielleicht Näheres dazu sagen? Was ist in diesem Entwurf enthalten? Warum begrüßt Herr Steinmeier diese Initiative im Gegensatz zu den Engländern und den Amerikanern?

Chebli: Der Minister hat sich gestern dazu geäußert. Ich weiß nicht, ob Sie den Wortlaut insgesamt gehört haben. Ich kann ihn hier gerne wiederholen. Er hat gesagt: Ich hielte eine Resolution des Sicherheitsrats in der Tat für hilfreich. Eine Resolution könnte die eingetretene Lage stabilisieren helfen. Ich hoffe, dass wir in allerkürzester Zeit zu einer Abstimmung über einen gemeinsamen Text kommen. Es wäre auch wichtig, nicht den Streit über Texte in den Vordergrund zu stellen, sondern zu signalisieren, dass die Völkergemeinschaft hinter den Bemühungen steht, endlich Ruhe in der Ostukraine einkehren zu lassen.

Im Prinzip ist es also so, dass der Minister mit der Sicherheitsratsresolution die Hoffnung verbindet, dass wir dieses Thema Ukraine in ein Forum wie den VN-Sicherheitsrat heben und damit vielleicht die Bedeutung dieses Themas in einem Gremium andocken, in dem man sich dann noch stärker hinter die Vereinbarung stellen kann. Insgesamt, glaube ich, sagt er, wäre es also ein wichtiges Zeichen, dass man im VN-Sicherheitsrat geeint hinter dem Minsker Maßnahmenpaket oder hinter den Vereinbarungen von Minsk steht und somit in Bezug auf das gesamte Dossier der Ukraine handlungsfähig ist.

Es laufen derzeit Verhandlungen auf Ebene der Sicherheitsratsmitglieder. Sie wissen: Deutschland ist kein Sicherheitsratsmitglied. Von daher können wir nur begrüßen, dass das Thema dort angedockt wird und dass es dort behandelt wird. Mit Hochdruck laufen da die Gespräche über einen möglichen Text. Wichtig ist, dass die Basis von Minsk dort bekräftigt wird und dass durch eine Sicherheitsratsresolution zum Thema Minsk zur konkreten Umsetzung des Waffenstillstands in der Ukraine beigetragen wird.

StS Seibert: Ich würde ganz kurz noch etwas zum Thema Waffenruhe nachreichen: Ich hatte Debalzewe angesprochen, diesen Eisenbahnknotenpunkt, wo die Waffen eben noch nicht ruhen, wo es immer wieder Ausnahmen von dieser Waffenruhe gibt. Die OSZE wird diese Fälle von Verletzungen der Waffenruhe untersuchen. Für die Bundesregierung kann ich sagen, dass die Separatisten aufgerufen sind, den OSZE-Mitarbeitern, den OSZE-Beobachtern, den Zugang nach Debalzewe zu gewähren.

Frage: Steht schon der Termin für das nächste Außenministertreffen im Normandie-Format fest?

Chebli: Nein, es gibt noch kein Treffen. Der Minister hat aber in der Tat gesagt, dass es in dieser Woche durchaus ein Außenministertreffen geben kann, um die weiteren Schritte zur Umsetzung des Maßnahmenpaketes zu erörtern. Der Minister ist morgen zurück und soll dann eigentlich weiterreisen. Das haben wir noch nicht angekündigt, weil es noch nicht feststeht; wir werden sehen. Wenn ein Treffen stattfindet, dann werden wir das hier zeitnah bekanntgeben - wahrscheinlich in dieser Woche.

Frage: Herr Seibert, ich möchte noch einmal an die Frage nach der UN-Resolution anschließen, nachdem gestern auch im Normandie-Format darüber telefoniert worden ist. Ist denn da besprochen worden oder würde die Kanzlerin das möglicherweise von sich aus tun, sich bei Herrn Cameron und Herrn Obama, mit denen sie ja auch im permanenten Telefonkontakt ist, für so eine Resolution einzusetzen? Das ist die erste Frage.

Damit zusammenhängend: Sie haben im Zusammenhang mit den Minsker Verhandlungen von einer aufeinander aufbauenden Sequenz von Handlungen gesprochen. Gehört dazu jetzt auch ein täglicher Telefonkontakt im Normandie-Format?

Heute - das hört man aus ukrainischen Kreisen, soweit ich das weiß - werde wieder in dieser Runde telefoniert, also Hollande, Frau Merkel, Putin und Poroschenko. Das wird wahrscheinlich heute Nachmittag sein. Gehört das auch dazu? Ist quasi jetzt jeden Tag ein Kontakt geplant?

StS Seibert: Also zunächst einmal zu dem Vorschlag einer UN-Resolution: Es ist genau so, wie Frau Chebli gesagt hat. Die Bundesregierung befürwortet eine solche Resolution im Grundsatz. Das war auch Gegenstand des gestrigen Vierer-Telefonats. Da waren sich die Gesprächspartner auch einig, dass eine unterstützende Resolution der Vereinten Nationen wünschenswert wäre. Natürlich muss darüber mit den Partnern gesprochen werden. Genau das wird in den nächsten Tagen geschehen.

Zu der Frage eines weiteren Telefonats: Wir halten an der guten Übung fest, dass wir Ihnen über Telefonate berichten, nachdem sie stattgefunden haben. Ich glaube, Sie sollten nicht von täglichen Telefonaten ausgehen. Aber Sie wissen, dass es ein Teil der Vereinbarungen von Minsk vom Ende der letzten Woche ist, im Normandie-Format ein dauerndes, ständiges Überwachungsgremium auf der Ebene der Außenministerien zu etablieren. Das erfordert natürlich eine regelmäßige Überprüfung der Umsetzung des Minsker Maßnahmenpakets, also dass das auf dieser Ebene begleitet wird. Dann wird es sicherlich auch immer wieder Gelegenheit dafür geben, dass die Außenminister selbst oder auch die Staats- und Regierungschefs miteinander sprechen.

Zusatzfrage: Eine Zusatzfrage im Zusammenhang mit dem Ort Debalzewe, vielleicht auch an Frau Chebli: Hat die Bundesregierung eigene Erkenntnisse darüber, wie viele ukrainische Soldaten dort eingekesselt sind? Sind sie überhaupt eingekesselt? Gibt es also Informationen, die Sie uns nennen können?

Chebli: Der Minister hat gestern zwei, drei Punkte zu Debalzewe gesagt. Natürlich ist die Lage da brenzlig. Die Spannung ist wahrscheinlich gegenwärtig im Donbass, was Debalzewe angeht, am höchsten. Aber wir haben keine eigenen Erkenntnisse darüber, ob und gegebenenfalls wie viele ukrainische Soldaten eingekesselt sind.

Klar ist - deswegen spielt die OSZE ja so eine zentrale Rolle -, dass wir so schnell wie möglich den Zugang der OSZE-Beobachter nach Debalzewe haben müssen. Aber es muss dann natürlich ihre Sicherheit garantiert werden. Das hat der Minister gestern auch gesagt.

Es wäre gut, wenn wir so schnell wie möglich die OSZE-Beobachter nach Debalzewe schicken könnten und sie von beiden Seiten - vonseiten der Separatisten, aber auch der ukrainischen Seite - so viel Spielraum und die Garantie bekämen, dass sie risikofrei da hineingehen könnten. Wir arbeiten auf allen Ebenen unter Hochdruck daran, dass die OSZE insgesamt so ausgestattet werden kann, dass sie letztendlich den Waffenstillstand vernünftig überwachen kann und dass sie dann, wie nach dem Maßnahmen-Paket geplant, auch mit der Befassung des Rückzugs von Waffen betraut werden kann.

Darüber, was die OSZE alles braucht, damit sie bestmöglich ausgestattet werden kann, laufen also seit dem Wochenende auf allen Ebenen Gespräche und Planungen. Dabei geht es auch um die Zahl der Beobachter, die aufgestockt werden soll. Dabei geht es darum, dass wir schauen müssen, dass Beobachter, die heute in Teilen der Ukraine unterwegs sind, die jetzt bei der Frage des Waffenstillstands nicht so relevant sind, zum Beispiel nach Donezk, Lugansk und in andere Gebiete verlegt werden. Darüber gibt es also gerade viele Gespräche und Planungen mit Aufträgen an die Mitgliedstaaten der OSZE, um die OSZE dafür stark zu machen, ihren Aufgaben gerecht werden zu können.

Frage: Frau Chebli, aus dem, was Sie sagen, höre ich aber heraus, dass es diesen Überwachungsmechanismus durch die OSZE im Moment noch nicht gibt. Gilt das nur für Debalzewe, oder gilt das auch für andere kritische Regionen? Beide Konfliktparteien führen ja akribisch Buch über tatsächliche oder vermeintliche Verstöße des Waffenstillstandes. Wie detailliert sind diese täglichen Berichte von der OSZE im Moment und wie aussagekräftig sind sie?

Chebli: Nein, da haben Sie mich falsch verstanden. Natürlich sind jetzt schon OSZE-Beobachter, sowohl in Donezk als auch in Lugansk, unterwegs. Wir haben am Wochenende sehr detaillierte Berichte von der OSZE-Beobachtermission erhalten, die wirklich im Stundentakt kamen, um uns einen Überblick über die Lage zu verschaffen. Sie können also davon ausgehen, dass wir nach 0 Uhr von der OSZE sehr gut und auch sehr regelmäßig im Laufe des Tages durch die Berichte, die sie erstellt haben, unterrichtet wurden. Ich würde nicht "stündlich" sagen, aber wir haben schon sehr viele Berichte bekommen, die auch sehr detailliert waren.

Aber Debalzewe ist natürlich eine andere Situation. Debalzewe ist jedenfalls so bewertet, dass wir nicht das Risiko eingehen können, die Beobachter dorthin zu schicken, ohne die Garantie zu haben, dass sie da sicher ihren Job erfüllen können. Deswegen hat der Minister gesagt und deswegen sagen wir, dass es wichtig ist, so schnell wie möglich die Beobachter auch nach Debalzewe schicken zu können. Da laufen jetzt Gespräche mit beiden Parteien, um genau die Arbeit auch in Debalzewe vollziehen zu können.

Zusatzfrage: Die zweite kritische Region ist ja um Mariupol herum. Wie sind die Arbeitsmöglichkeiten der OSZE dort?

Chebli: Das funktioniert. Sie waren in Mariupol unterwegs und haben gemeldet, dass es in Mariupol zum Beispiel nach Beginn des Waffenstillstandes um 0 Uhr zu keinen größeren Auffälligkeiten gekommen ist.

Frage: Frau Chebli, Sie haben die Möglichkeit eines Außenministertreffens in dieser Woche angesprochen. Nun wurde ja in der Vergangenheit so ein Außenministertreffen auf Beamtenebene vorbereitet. Laufen momentan Gespräche hier in Berlin, und wird das Außenministertreffen definitiv in Berlin sein?

Chebli: Zur letzten Frage: Nein, es ist nicht klar, wann das Außenministertreffen stattfinden wird und ob es in Berlin stattfinden wird. Das ist noch nicht klar.

Zu Ihrer ersten Frage: Die Politischen Direktoren, die in der Vergangenheit sehr intensiv mit dem Ukraine-Dossier befasst waren, sind weiterhin am Arbeiten und bereiten weiterhin alles vor, damit das Maßnahmenpaket umgesetzt werden kann. Da finden sozusagen ständig Gespräche statt, telefonisch wie physisch - so, wie man sich das vorstellt, wenn die Politischen Direktoren zusammenkommen. Das ist sehr arbeitsintensiv. Das ist auch das, was Herr Seibert gesagt hat, wenn es darum geht, so einen Überprüfungsmechanismus zu haben. Das wird ja auf der Ebene der Politischen Direktoren stattfinden. Von daher sind sie ständig in Aktion und im Einsatz, um dieses Maßnahmenpaket dann auch umsetzen zu können oder dabei zu unterstützen, dass das Maßnahmenpaket umgesetzt werden kann.

Zusatzfrage: Die Frage war konkret, ob diese Treffen jetzt in Berlin stattfinden. Wenn es ein physisches Treffen der Politischen Direktoren gibt, wird das in Berlin stattfinden?

Chebli: Ob es jetzt ein physisches Treffen der Politischen Direktoren geben wird, weiß ich, ehrlich gesagt, nicht. Am Wochenende gab es, soweit ich weiß, kein Treffen. Aber ich nehme an, dass sie sich auch in dieser Woche treffen werden, wenn es zu einem Außenministertreffen kommen wird. Ich kann das gern nachreichen.

Frage: Ich wollte zum einen noch einmal zu Debalzewe fragen: Verstehe ich es richtig, dass die Auseinandersetzung an diesem Ort ein Niveau und eine Bedrohlichkeit hat, die das ganze Abkommen letztendlich aushebeln könnten?

Zum Zweiten würde mich interessieren: Wenn von einer aufbauenden Sequenz die Rede ist, ist es denn so, wenn man in Debalzewe diese Lage nicht entschärfen kann, dass dann der nächste Schritt, nämlich der Abzug schwerer Waffen, generell in Gefahr gerät? Gibt es da die Möglichkeit, dass das doch nebeneinanderher laufen kann?

Als Letztes interessiert mich die Frage, ob denn unter den europäischen Partnern Vorkehrungen dafür getroffen worden sind, dass für den Fall, dass die Befriedigung nicht gelingt, neue Sanktionen auf den Tisch kommen? Wir haben ja heute einen Tag, an dem, glaube ich, eine kleine Ausweitung von Sanktionen in Geltung tritt.

Chebli: Zum Punkt Debalzewe und der Tatsache, ob das sozusagen der Dreh- und Angelpunkt dafür ist, ob wir am Ende den Waffenstillstand als weitgehend eingehalten klassifizieren: Natürlich nicht. Jetzt ist die Situation in Debalzewe höchst angespannt. Es geht darum, dass wir so schnell wie möglich einen Überblick darüber bekommen, wie die Situation letztendlich ist. Aber die OSZE und auch die Konfliktparteien haben ja die Einschätzung getroffen, dass der Waffenstillstand im Großen und Ganzen hält. Das heißt, sie haben die Situation in Debalzewe so eingeschätzt, dass das ihre Gesamtbewertung nicht beeinflusst hat.

Natürlich ist die gesamte Lage angespannt. Der Waffenstillstand bezieht sich ja nicht nur auf die Lage in Debalzewe, sondern in der gesamten Ostukraine. Von daher konzentriert sich das nicht auf Debalzewe. Es ist gerade in der Tat so, dass die Lage dort angespannt ist.

Zu den Sanktionen und der Frage "Wenn das nicht hält, dann": Lassen Sie uns Schritt für Schritt gehen. Der erste Schritt ist, dass jetzt nach zwei Tagen das Bemühen weitergehen muss. Insbesondere geht es um den Rückzug der schweren Waffen. Es gibt ein Bündel von Maßnahmen, das in Minsk getroffen wurde, das umgesetzt werden wird. Dann werden wir Schritt für Schritt schauen, was die nächsten Schritte sein werden. Wir diskutieren heute nicht über Sanktionen.

Frage: Zieht man die schweren Waffen zurück? Kann man damit anfangen, wenn nicht alles ruhig ist?

Chebli: Das Maßnahmenpaket war ja so aufgestellt, dass wir gesagt haben: Waffenstillstand und nach zwei Tagen Rückzug schwerer Waffen. Der Waffenstillstand gilt im Großen und Ganzen als eingehalten. Von daher können Sie sich vorstellen, dass, wenn das die Klassifikation der OSZE und der Konfliktparteien bleibt, wir morgen um 0 Uhr damit beginnen werden, die Waffen zurückzuziehen.

Frage: Frau Chebli, geben die OSZE-Berichte Auskunft darüber, wie diese Waffenruhe genutzt wird, um entweder Vorbereitungen für einen Abzug schwerer Waffen zu treffen oder umgekehrt im Gegenteil Stellungen möglicherweise zu verstärken, Munitionen, Waffen nachzuholen und möglicherweise Vorbereitungen für eine eventuelle Eskalation zu treffen? Ich habe zum Beispiel ein Zitat vorliegen, gemäß dem der Sprecher des Generalstabs von Kiew sagt: Wir können unsere Stellungen mit Munition und Lebensmitteln versorgen. - Das ist ja eher eine Handlung Richtung Eskalation und Bereitschaft zu weiteren Kämpfen als zur Deeskalation.

Chebli: Die Aufgabe der OSZE-Beobachter besteht jetzt erst mal darin, zu schauen, ob der Waffenstillstand hält. In den Berichten werden natürlich auch andere Aspekte aufgeführt. Wenn es zu Spannungen kommt, wenn es Bewegungen an Kämpfern und Aufrüstungen gibt, wird das natürlich auch alles beobachtet. Das gilt ja letztendlich für die Klassifikation, um zu sagen, ob der Waffenstillstand hält oder nicht.

Das sind Bewertungen, die in den Berichten erfolgen, und ich werde das natürlich nicht im Detail sagen. Sie können aber sicher sein, dass die OSZE alles, was sie an Beobachtungen macht, die letztendlich helfen, uns ein klares Lagebild über die Lage in der Ostukraine zu geben, dort aufgreift. Wir haben auch gesagt, dass die OSZE jetzt mit Instrumenten ertüchtigt werden muss, um die große Aufgabe, die sie zur Umsetzung der ihr zugeschriebenen Aufgaben im Rahmen des Maßnahmenpakets hat, zu erfüllen. Dafür laufen die Planungen.

Frage: Eine Frage an das Verkehrsministerium. Herr Rudolph, der Verkehrsminister hat Leipzig als denkbaren Ausweichflughafen für den Fall ins Gespräch gebracht, dass der BER, wenn er denn in Betrieb geht, nicht mehr ausreichend sei, was die Kapazität angeht. Abgesehen davon, dass man in 55 Minuten kaum von der Berliner Stadtmitte am Flughafen Leipzig sein kann, wie der Minister meinte, habe ich die Frage: Wie ernst ist das gemeint, zumal er ja auch darauf hingewiesen hat, dass der sächsische Ministerpräsident von Synergieeffekten sprach und heute Morgen auch dessen Amtskollege aus Magdeburg, Herr Haseloff. Was soll da passieren?

Rudolph: Vielleicht zur Einordnung: Der Minister hat im Interview gesagt, dass es bis zur Eröffnung des BER noch eine Menge Hürden gibt - möglicherweise auch neue, die wir noch nicht erahnen - und dass alle Beteiligten praktisch mitarbeiten sollen, den Zeitplan, den die Flughafengeschäftsführung aufgestellt hat, auch einzuhalten. Ich zitiere:

"Ich rate dazu, den Flughafen erst einmal wie geplant fertig zu bauen. Jetzt ist nicht die Zeit, über Erweiterungsmaßnahmen zu spekulieren. Wenn der Flughafen in Betrieb geht, wird er genügend Start- und Landekapazitäten bieten. Dann sehen wir weiter."

Das ist der Komplex BER.

Zweiter Punkt: In der Gesamtdebatte gibt es viele Vorschläge, worauf der Minister auch hingewiesen hat. Ein Vorschlag ist der des sächsischen Ministerpräsidenten Tillich. Da geht es darum, mögliche Synergien herzustellen. Zu den Details hat sich der Minister nicht geäußert und hat gesagt, dass man das in Ruhe besprechen kann. Das eine war also, mögliche Synergien herstellen.

Das Zweite, weil Sie es angesprochen haben: Die Verbindung von Stadtmitte zum Flughafen betrüge - das war Konjunktiv - 55 Minuten. Das setzt voraus, dass der Halt dort auch direkt angesteuert werden kann. Ansonsten ist es mit einer Umsteigemöglichkeit verbunden, was dem Minister durchaus bewusst ist. Aber um die Nähe dieser beiden Städte einmal zusammenzufassen, hat er hier im Konjunktiv gesprochen.

Zusatzfrage: Er hat gesagt, dass man Details in Ruhe besprechen kann. Wir sind ja hier in relativer Ruhe. Können Sie sich etwas präziser auslassen?

Rudolph: Wir sind hier zwar in vertrauter Ruhe, aber nicht in der Ruhe, die der Minister meinte. Genau deswegen hat er das nicht weiter ausgeführt, um keine neue Debatte auszulösen, um aber auf folgende Punkte hinzuweisen: Einerseits den BER fertig bauen, dann überlegen, was noch nötig ist und drittens mögliche Synergien - wenn es denn welche gibt - mit Blick auf die Länder herstellen, die an den beiden Flughäfen beteiligt sind.

Frage: Herr Seibert, am Wochenende soll es zu einem Treffen der Bundeskanzlerin mit dem Bundesfinanzminister gekommen sein, bei dem wohl auch die Griechenland-Frage besprochen wurde. Ich wollte fragen, ob das stimmt und ob sich aus dieser Begegnung eine Änderung der Haltung der Bundesregierung in Bezug auf die laufenden Verhandlungen insgesamt und auch in Details ergeben hat.

StS Seibert: Zum ersten Teil Ihrer Frage kann ich sagen, dass die Bundeskanzlerin mit dem Bundesfinanzminister ohnehin immer in engem Kontakt ist und in diesen Tagen, in denen uns das Thema Griechenland beschäftigt, natürlich insbesondere. Ansonsten kann ich Ihnen von keinen Begegnungen am Wochenende berichten.

Zur zweiten Frage: Das, was vorhin von der Sprecherin des Bundesfinanzministeriums vorgetragen wurde und was auch der Bundesfinanzminister heute Morgen selber in einen Interview gesagt hat, ist die Haltung der Bundesregierung.

Zusatzfrage: Darf ich auf eine Frage zurückkommen, die ich schon ein paar Mal gestellt habe, auf die ich bisher aber keine ausreichende Antwort bekommen habe. Ich erkläre, worum es geht. Ich habe Sie schon ein paar Mal gefragt, ob Sie der neuen Regierung das Recht zusprechen, auf der Basis einer eigenen Position zu verhandeln. Der Hintergrund dieser Frage ist, dass auch die Oppositionspartei Nea Dimokratia heute diese Frage aufgeworfen hat und man dort meint, dass Verhandlungen obsolet sind, wenn sie nicht die Anerkennung des Rechts der neuen Regierung beinhalten, dass sie auf der Basis von eigenen Positionen verhandeln kann. Können Sie das aufklären?

StS Seibert: Ich weiß nicht, ob meine Antwort Sie befriedigen wird. Ich kann Ihnen nur sagen, dass die gewählte griechische Regierung selbstverständlich die gleichen Rechte wie jede andere demokratisch legitimierte Regierung in der Eurozone und in der Europäischen Union hat. In den letzten Tagen war der Sachverhalt doch eher so, dass die europäischen Partner Griechenlands darauf gewartet haben, dass Griechenland seine Vorstellungen detailliert und belastbar vorlegt. Wir hoffen, dass dieses in der heutigen Eurogruppe der Fall sein wird.

Zusatz: Andererseits beharrt die Bundesregierung auf dem Status quo, der sozusagen jede Verhandlung obsolet macht.

StS Seibert: Die Bundesregierung - und im Übrigen die anderen europäischen Partner Griechenlands; das ist ja mehrfach ausgedrückt worden - erwarten, dass jetzt zunächst einmal geklärt wird, wie mit dem bis zum Ende dieses Monats laufenden Programm, das ja mit Griechenland besprochen und verabredet ist, umgegangen wird. Wir erwarten, dass Griechenland seine Vorstellungen vorlegt, und über die wird diskutiert werden. Das alles aber immer in Bezug auf das, was man gemeinsam verabredet hat und was aus dem gemeinsam Verabredeten an Verpflichtungen - im Übrigen für beide Seiten - hervorgeht. Das ist der Stand der Dinge. Nun sollten wir die abwarten, ob es in der Eurogruppe zu genau diesem Austausch von konkreten Vorstellungen kommt. Das ist unsere Hoffnung.

Frage: Ich wollte beim Bundeswirtschaftsministerium nach einem Bericht vom Wochenende über die verschiedenen Vorschläge einer Expertengruppe fragen, wie man privates Kapital in den Infrastrukturbereich lenken kann. Wie weit ist man im Bundeswirtschaftsministerium, was die Debatte einzelner Instrumente angeht? Sind die Vorschläge - ich nenne nur die Stichworte "Bürgerfonds", ÖPP-Fonds, Gründung einer Verkehrsinfrastrukturgesellschaft - erst einmal Expertenvorschläge, die noch gar nicht im Wirtschaftsministerium diskutiert worden sind, oder gibt es schon gewisse Grundabsprachen, dass man das eine oder andere Instrument bewegt? Wenn nicht, wie wird das weitere Prozedere sein, um ein Gesamtkonzept zu entwerfen?

Dünow: Sie wissen, dass die Kommission, von der Sie sprechen, vom Bundeswirtschaftsminister im August vergangenen Jahres eingerichtet worden ist beziehungsweise dort das erste Mal getagt hat. Die Kommission arbeitet komplett unabhängig. Wenn sie zu Ergebnissen kommt, werden wir uns diese im Wirtschaftsministerium intensiv anschauen und dann auch bewerten.

Das, was wir am Wochenende gesehen haben, waren noch nicht einmal Vorschläge der Kommission, sondern das waren, wenn ich die Berichterstattung richtig interpretiert habe, Zwischenstände einzelner Kommissionsmitglieder. Wenn es einen Vorschlag der Kommission zu all den Fragen, die Sie angesprochen haben, geben wird, werden wir das auch beurteilen.

Ich weise prophylaktisch leise darauf hin, dass die Kommission sehr bewusst ein sehr breites Meinungsspektrum abbildet. In ihr sind Wissenschaftler, Finanzmarktexperten, Vertreter der kommunalen Spitzenverbände und der Gewerkschaften vertreten, sodass ich davon ausgehe, dass die Debatte noch ein wenig andauern wird.

Zusatzfrage: Es gibt also auch nicht ein Zwischenergebnis oder eine Tendenz, die schon einmal im Wirtschaftsministerium einen ersten Abspracheprozess signalisiert?

Dünow: Nein, es gibt auch noch kein Zwischenergebnis. Wenn ich das richtig verstanden habe, hat sich die Kommission zum Ziel gesetzt, bis Ende April erste Ergebnisse vorzulegen. Diese werden wir dann breit und öffentlich diskutieren.

Frage: Gibt es, auch wenn noch keine Entscheidungen getroffen wurden, Überlegungen im Ministerium, die Kosteneffizienz bezüglich ÖPP zu steigern? Dünow: Wir schauen uns solche Grundsatzthemen immer sehr intensiv an. Beim Thema ÖPP habe ich am Wochenende mit einer gewissen Verblüffung gelesen, dass der Eindruck vermittelt würde, das Bundeswirtschaftsministerium würde jetzt eine große ÖPP-Offensive planen oder sähe nicht die Probleme, die es in der Vergangenheit mit diesem Instrument gegeben habe. Das ist falsch. All das, was es an Problemen mit herkömmlichen ÖPP-Instrumentarien gibt, wird genau in dieser Kommission sehr intensiv analysiert.

Frage: Wird es denn überhaupt einen Zwischenbericht dieser Kommission geben? Ich hatte gehört, dass er gestrichen wurde und gleich der Endbericht veröffentlicht wird. Haben Sie dazu einen aktuellen Stand?

Dünow: Das ist jetzt eine terminologische Frage. Es wird einen Bericht geben. Ob das ein Zwischen- oder Endbericht sein wird, weiß ich nicht. Es wird vermutlich bis Ende April einen Bericht geben.

Zusatzfrage: Und wie lange soll die Kommission tagen? Ich dachte, das sei nur auf ein halbes Jahr angesetzt. Oder ist das für länger angesetzt?

Dünow: Ich glaube, man muss sich dann angucken, ob die Kommission weiteren Arbeitsbedarf sieht oder ob wir weiteren Arbeitsbedarf sehen; das kann ich jetzt noch nicht sagen.

Frage: Es wurde auch vom Instrument des Bürgerfonds gesprochen. Gibt es schon eine Bewertung dieses Instrumentes im Rahmen des Stromnetzausbaus?

Dünow: Ich fürchte, Sie langweilen zu müssen: Zu keinem der Themen, über die ich am Wochenende in einer großen deutschen Sonntagszeitung gelesen habe, gibt es irgendeine Bewertung. Was das Thema Stromnetzausbau betrifft, glaube ich allerdings, dass das noch viel weniger interessant ist; denn das ist explizit nicht Gegenstand des Auftrags der Fratzscher-Kommission. Man kann intensiv darüber diskutieren, aber das ist nicht Gegenstand der Kommission.

Zusatzfrage: Aber das Instrument wird ja angeführt, und es gibt in Süddeutschland oder in Ostdeutschland, glaube ich, Testerfahrungen damit, dass sich Bürger finanziell an solchen Vorhaben beteiligen; insofern läuft das schon. Deswegen die Frage: Sind schon Rückmeldungen und Erfahrungsberichte eingegangen und bewertet worden?

Dünow: Ich vermute, Sie sprechen Modelle im Südwesten Deutschlands an, wo sehr frühzeitig Stromnetze rekommunalisiert worden sind, auch mit Anteilen von Bürgerinitiativen und Bürgergenossenschaften. Das ist ohne jeden Zweifel ein interessantes Modell; das unterstützen wir auch da, wo es geht. Ich wiederhole mich aber: Das ist sozusagen nicht Kernauftrag an die Fratzscher-Kommission.

Frage: Herr Seibert, noch einmal ein ganz kurzer Rückklapp zu den Reaktionen auf Kopenhagen und davor auf Paris: Der israelische Ministerpräsident Netanjahu hat im Zusammenhang mit diesen Anschlägen nun die europäischen Juden aufgefordert, nach Israel auszuwandern. Ist das für die Bundeskanzlerin die richtige Reaktion auf eine solche Terrorbedrohung? Wie sieht das, Frau Chebli, denn der Außenminister?

StS Seibert: Die Bundesregierung versteht natürlich die Sorge, mit der gerade in Israel die Ereignisse zuletzt in Paris, aber nun auch diese neuerlichen Taten in Kopenhagen, verfolgt werden. Ich möchte die Äußerungen des Premierministers hier nicht kommentieren.

Vielleicht kann ich am besten noch einmal daran erinnern, was die Bundeskanzlerin im September des vergangenen Jahres hier in Berlin auf der Kundgebung gegen Antisemitismus gesagt hat: Sie hat da gesagt, dass die Tatsache, dass heute wieder 100.000 Juden bei uns leben und dass das jüdische Leben in Deutschland wieder blüht, nahezu ein Wunder ist - jedenfalls ein Geschenk, für das sie sehr dankbar ist. Sie hat auch sehr klar gesagt, dass jüdisches Leben zu uns gehört, Teil unserer deutschen Identität, unserer deutschen Kultur ist. Daraus geht ganz klar hervor, dass die Bundesregierung alles tun wird, was in ihrer Macht steht, damit sich jüdisches Leben hier weiter entfalten kann, und um dafür zu sorgen, dass unsere jüdischen Mitbürger hier sicher sind.

Zusatzfrage : Kein Grund für Auswanderung?

StS Seibert: Ich glaube, die Aussagen der Bundeskanzlerin sind sehr klar. Wir sind dankbar dafür - weil wir wissen, dass es vor dem Hintergrund der Geschichte keine Selbstverständlichkeit ist -, dass sich jüdisches Leben in Deutschland wieder so entfaltet hat, und wir werden alles, was wir tun können, dafür tun, dass sich jüdische Mitbürger in Deutschland sicher fühlen und dass das jüdische Leben sich weiter entfalten kann.

Chebli: Ich kann das im Prinzip nur wiederholen - vielleicht mit eigenen Worten. Auch anlässlich des Jubiläums der deutsch-israelischen Beziehungen hat der Minister einige Worte auch zu diesem Thema und zu der Besonderheit gesagt, also dazu, wie wenig selbstverständlich es ist, dass Israelis nach Deutschland kommen - und dass sie nicht nur kommen, um zum Beispiel hier in Berlin Urlaub zu machen, sondern Berlin auch als ihre zweite Heimat betrachten und hier leben. Er hat in diesem Zusammenhang gesagt: Wenn sich Juden nicht sicher fühlen, dann kann im Prinzip keiner von uns sicher sein. Wir müssen alles dafür tun, dass sich Juden in Deutschland sicher fühlen.

Zusatzfrage: Die Frage war ja eher, ob es so eine Äußerung von Herrn Netanjahu hilfreich ist.

Chebli: Ich will ja auch nicht die Äußerungen von Herrn Netanjahu kommentieren, aber ich glaube, dass Herr Seibert und ich mit dem, was wir sagen, eigentlich eine klare Antwort darauf geben. Wir wollen alles dafür tun, dass Juden hier in Deutschland bleiben und sich hier wohlfühlen und sich in Deutschland frei und sicher fühlen. Ich glaube, es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe - nicht nur der Politik, sondern jedes Einzelnen von uns -, alles dafür zu tun, dass das jüdische Leben in Deutschland weiter blüht.

Ich trete jetzt einmal aus der Position der Sprecherin heraus und spreche einmal aus der Position einer Person mit einem muslimischen Background; denn die Diskussion wird ja auch in diesem Kreis vehement geführt. In der muslimischen Community wird das Thema so diskutiert, dass man sagt: Wenn es in Deutschland so ist, dass sich Juden nicht sicher fühlen, dann können auch wir als Muslime uns nicht sicher fühlen. Das wird also sehr emotional diskutiert und - auch in meiner Familie - sehr emotional wahrgenommen. Ich glaube, umso wichtiger ist es bei diesem Thema, dass die gesamte Gesellschaft zusammenhält und dass die gesamte Gesellschaft weiß, wie wichtig es ist, dass sich Juden in diesem Land sicher fühlen; denn dann, wenn sie sich nicht sicher fühlen, ist hier Vieles in Gefahr, was wir für selbstverständlich halten.

StS Seibert: Wenn ich das sagen darf: Wir müssen doch sehr klar sehen, dass die Täter von Paris oder jetzt der Täter von Kopenhagen eines versuchen, nämlich die freie Gesellschaft zu spalten. Genau das darf nicht geschehen, und genau das wird auch nicht geschehen.

Frage: Herr Seibert, was bedeutet der Satz "Wir sind froh, dass die Juden bei uns leben"? Sind die deutschen Juden Gast in ihrem eigenen Land, sind sie nicht ein integrativer Teil der deutschen Bevölkerung, also Deutsche wie jeder andere Deutsche?

StS Seibert: Ich glaube, in dem, was ich gesagt habe, ist sehr, sehr deutlich geworden, dass es vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte und vor dem Hintergrund der Schoah keine Selbstverständlichkeit ist, dass Juden in Deutschland und zu Deutschland wieder so viel Vertrauen fassen konnten, dass sie ihr Leben - ihr Gemeindeleben, ihr persönliches Leben - hier aufbauen. So ist das gemeint: dass wir das nicht als eine Selbstverständlichkeit betrachten, sondern - wie die Bundeskanzlerin es ausgedrückt hat - als ein großes Geschenk. Selbstverständlich sagt der Satz, den Sie gerade zitieren, genau das - ich habe es vorhin auch zitiert - : Juden sind ein Teil unserer Kultur, sie sind ein Teil unserer Identität, es sind unsere Mitbürger, und wir wollen mit ihnen wie mit allen anderen Angehörigen von Religionsgruppen hier ein freiheitliches Leben entfalten, und wir werden als Bundesregierung alles dafür tun, dass dafür auch die notwendige Sicherheit gewährleistet ist.

Frage: An das Bundesgesundheitsministerium: Frau Angeli, ich hoffe, dass Sie gelesen haben, dass es einen Vorschlag von Forschern der Universität Magdeburg gibt, die Regeln für die Krankschreibung zu lockern. Jetzt wird es ja so gehandhabt, dass man ab dem vierten Tag eine Krankschreibung vorlegen muss; in Norwegen muss man das erst nach einer Woche. Herr Spahn hat das begrüßt. Jetzt wollte ich Sie fragen, ob es schon eine Position aus Ihrem Haus dazu gibt.

Angeli: Von Gesundheitsseite gibt es keine Vorgaben, was die Frage angeht, wer wann einen Arzt konsultieren muss, um eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu bekommen. Das betrifft arbeitsrechtliche Fragen, deshalb verweise ich gerne an meinen Kollegen nebenan.

Frage: Für das Arbeitsministerium als zuständiges Haus kann ich dazu sagen, dass im Moment keine Änderungen angedacht sind. Wir sehen da keine Notwendigkeit; wir halten die Regeln so, wie sie sind, für angezeigt, sinnvoll und nützlich.

Frage: Frau Chebli, der Sonderbeauftragte des Nahost-Quartetts, Tony Blair, hat Gaza besucht und hat sich extrem besorgt über die humanitäre Lage in Gaza geäußert und vor einer humanitären Katastrophe gewarnt. Was ist die Reaktion Ihres Hauses?

Chebli: Wir teilen die Sorge über den schleppenden Fortschritt beim Wiederaufbau Gazas. Der Krieg ist inzwischen sechs Monate her, und die Situation in Gaza ist nach wie vor dramatisch. Das hängt mit vielen Faktoren zusammen: Sie haben auf der einen Seite die Probleme zwischen Hamas und der Palästinensischen Autonomiebehörde, Sie haben auf der anderen Seite die Sicherheitsinteressen Ägyptens und Sie haben als dritten Faktor Israel. Das ist eine Gemengelage, die es sehr, sehr schwer macht, überhaupt beim Wiederaufbau in Gaza Fortschritte zu machen. Es gab die Geberkonferenz in Kairo, wo vor allem die Golfstaaten eine große Summe versprochen haben. Leider ist auch da der Einfuhrmechanismus hier und da nicht so, wie wir uns das vorstellen.

Letztendlich hat der Minister im Prinzip einen Punkt gemacht und hat gesagt: Wenn wir verhindern wollen, dass wir alle paar Jahre einen Krieg in Gaza haben, dann müssen wir etwas am Status quo machen, dann ist der Status quo nicht haltbar - das waren seine Worte. Letztendlich geht es darum, dass wir - auch die Bundesregierung - alles dafür tun, dass die Wiederaufbauarbeiten endlich vorankommen. Wir brauchen eine Aussöhnung zwischen den Palästinensern und wir müssen endlich wieder einen Einstieg in Verhandlungen über eine Zwei-Staaten-Lösung finden. Das sind die Faktoren, über die wir hier reden. Wir würden uns wünschen, wenn Außenminister Kerry - der ja mit großer Energie und wirklich mit viel Überzeugungskraft monatelang versucht hat, die Konfliktparteien an einen Tisch zu bringen und Fortschritte auf dem Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung zu erzielen - sich durch die Blockade und durch das Nichtvorankommen nicht demotivieren lässt, sondern wieder da andockt, wo er aufgehört hat, und wir endlich den Wiedereinstieg in Verhandlungen über eine Zwei-Staaten-Lösung schaffen; denn das wäre - nicht eine Bedingung, aber es wäre "crucial", es wäre sehr wichtig, um letztendlich auch in Gaza voranzukommen.

Zusatzfrage : Sie haben jetzt Israels Blockade von Gaza gar nicht angesprochen. Ist es aus Ihrer Sicht akzeptabel, dass diese Blockade weiterhin Bestand hat?

Chebli: Ich habe gesagt, was ich dazu zu sagen habe; ich habe gesagt, wie die Gemengelage aussieht. Als wir im Dezember oder im November letzten Jahres in Israel und in Palästina waren, haben wir mit der Palästinensischen Autonomiebehörde und auch mit unseren israelischen Partnern über die Lage in Gaza gesprochen. Da gibt es nicht nur diese eine Sache; die Situation ist komplizierter und komplexer. Letztendlich ist es auch wichtig, dass wir an allen drei Fronten Fortschritte haben: Das ist erstens die PA und die Versöhnung zwischen den Palästinensern, das ist zweitens die Lage in Ägypten, die wir nicht unterschätzen dürfen, und das ist natürlich auch das Sicherheitsinteresse Israels, das als dritter Faktor dazukommt. Es sind diese drei Faktoren, die die Lage in Gaza insgesamt sehr, sehr erschweren - zum Leid der Bevölkerung. Gerade da ist das humanitäre Leid so groß, dass wir wirklich alles daransetzen müssen, dass es ganz schnell zu einem Fortschritt beim Wiederaufbau des Gazastreifens kommt.

Frage : Zur Aktualität habe ich noch eine Frage an Frau Chebli oder Herrn Seibert: Ist einem von Ihnen bekannt, dass ein ukrainischer Militärsprecher die Beteiligung an einem Abzug schwerer Waffen inzwischen mit der Begründung abgelehnt hat, die Rebellen würden sich auch nicht an die Waffenruhe halten und von daher sei das vom Tisch? Falls ja: Gibt es dazu möglicherweise eine Einschätzung von Ihrer Seite?

StS Seibert: Ich kenne diese Äußerung nicht. Ich kann Ihnen nur berichten - was ich vorhin schon getan habe -, dass die Bundeskanzlerin gestern im Normandie-Format-Telefongespräch auch unter Beteiligung von Präsident Poroschenko über die Umsetzung des Waffenstillstands und die Umsetzung des nächsten vereinbarten Schrittes, nämlich des Abzugs der schweren Waffen, gesprochen hat, und dass in der Runde Einigkeit bestand, dass dies nun ab Dienstag 0 Uhr der nächste Schritt sein soll - genauso wie Einigkeit darüber bestanden hat, dass eine volle Umsetzung der Waffenruhe angestrebt werden soll. Deswegen: Ich kenne diese Meldung nicht; das müsste man dann erst einmal verifizieren.

Montag, 16. Februar 2015

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 16. Februar 2015
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/02/2015-02-16-regpk.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Februar 2015

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