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PRESSEKONFERENZ/937: Regierungspressekonferenz vom 11. Februar 2015 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 11. Februar 2015
Regierungspressekonferenz vom 11. Februar 2015

Themen: Reise der Bundeskanzlerin nach Minsk, Reise des Bundesaußenministers nach Südamerika, Lage in der Ostukraine, Kabinettssitzung (Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über die Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Stellen, Änderung der Frequenzverordnung, Fortschrittsbericht 2014 zum Fachkräftekonzept der Bundesregierung), Expertenkreis Antisemitismus, Griechenland, Medienberichte über die zukünftige Privatisierung von Autobahnen und Fernstraßen, Forderung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes bezüglich der Einstufung des Kosovo als sicherer Herkunftsstaat

Sprecher: StS Seibert, Schäfer (AA), Jäger (BMF), Rudolph (BMVI), Dimroth (BMI)


Vors. Szent-Ivanyi eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert und die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich kann Ihnen mitteilen, dass die Bundeskanzlerin heute im Anschluss an den Trauerstaatsakt für Bundespräsident von Weizsäcker ebenso wie der französische Staatspräsident Hollande - diese Reise erfolgt in enger Abstimmung mit ihm - nach Minsk reisen wird. Sie wird auf dieser Reise von Außenminister Steinmeier begleitet. Die Bundeskanzlerin wird sich in Minsk mit dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko und dem russischen Präsidenten Putin treffen und die intensiven Gespräche der letzten Tage - erst in Kiew, dann in Moskau, nunmehr in Minsk - im "Normandie-Format", also zu viert, fortsetzen.

Dass diese Reise stattfindet, bedeutet einen Hoffnungsschimmer, aber auch nicht mehr. Es gilt weiterhin, was die Bundeskanzlerin in den letzten Tagen mehrfach öffentlich gesagt hat: Es ist ungewiss, ob ein Ergebnis erzielt werden kann. Trotz aller Ungewissheit ist diese Initiative aber im Interesse der leidenden Menschen in der Ostukraine den Versuch wert.

Ich bitte Sie jetzt schon um Verständnis, dass ich über diese Ankündigung hinaus zum Inhalt der laufenden Gespräche und zu den Sachfragen, die in Minsk auf dem Tisch liegen werden, nichts sagen möchte.

Frage: Vielleicht können Sie uns dennoch eine Idee geben über den Ablauf, was in Minsk passieren wird? Also sollte das gut ausgehen, ist dann geplant, dass die Kanzlerin möglicherweise zusammen mit den drei Präsidenten vor die Presse tritt? Oder ist das ausgeschlossen? - Das ist das eine.

Die zweite Frage: Wie sind denn die Außenminister dort eingebunden? Nehmen sie gemeinsam an den Gesprächen teil? Gibt es parallele Runden? Vielleicht können Sie uns das bitte sagen.

StS Seibert: Also zum Inhalt der Gespräche will ich Ihnen nichts sagen und kann Ihnen auch nichts sagen. Zum Ablauf kann ich nur sagen, dass ein Gesprächsbeginn für 18.30 Uhr Minsker Zeit geplant ist. Sie müssen bedenken, Minsk ist zwei Stunden voraus.

Frage: Herr Schäfer, war nicht meiner Information nach eine Reise des Außenministers am Abend nach Südamerika geplant? Was wird daraus?

Schäfer: Diese Reise soll weiter stattfinden. Der Abflug aus Berlin wird sich um die Stunden verzögern, die erforderlich sind, um sich in Minsk an den Verhandlungen mit den drei anderen Staaten zu beteiligen. Der Plan ist in der Tat, dass Außenminister Steinmeier heute Nacht zu einer Reise nach Lateinamerika aufbricht. Er beabsichtigt, dort die Länder Brasilien, Peru und Kolumbien zu besuchen. In allen drei Ländern, in allen drei Hauptstädten, stehen Gespräche mit den Staatspräsidenten und anderen hochrangigen Regierungsvertretern auf dem Programm. Der Minister wird von einer Wirtschaftsdelegation und einer Kultur- und Wissenschaftsdelegation begleitet.

Natürlich dominieren derzeit drängende internationale Krisen, auch die aktuelle Krise und die Verhandlungen mit der Ukraine und mit Russland, das tägliche Wirken des Außenministers. Aber dennoch ist es wichtig, auch andere Weltregionen nicht zu vernachlässigen, mit denen wir gemeinsam die Globalisierung und die Suche nach einer globalen Ordnung mitgestalten wollen. Lateinamerika ist ein Kontinent mit ganz viel und großem Potential, mit dem wir eine Menge teilen, u. a. gemeinsame Werte, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Marktwirtschaft.

Ich will das gar nicht im Detail ausführen. Der Außenminister wird zunächst nach São Paulo reisen, sich dort mit Vertretern der brasilianischen und der deutschen Wirtschaft treffen. Er reist dann weiter nach Brasilia. Da sind u. a. Gespräche mit dem neuen brasilianischen Außenminister und Präsidentin Rousseff geplant. Dann geht es weiter nach Peru und schließlich nach Kolumbien. Sie können sich denken, dass der Minister je nach Ausgang der heutigen Gespräche in Minsk die Lage in der Ukraine weiterhin sehr aufmerksam verfolgen wird und, falls erforderlich, daraus auch die notwendigen Schlussfolgerungen ziehen würde.

Zusatzfrage: Herr Seibert, wie könnte das Treffen in Minsk die Terminplanung der Kanzlerin beeinflussen? Ist es denkbar, dass sie sich dort länger aufhalten wird, weil die Verhandlungen eben nicht sechs Stunden, zwölf Stunden, sondern vielleicht 48 Stunden dauern?

StS Seibert: Morgen findet in Brüssel ein informeller Europäischer Rat statt, an dem die Bundeskanzlerin teilnehmen wird.

Frage: Herr Seibert, wenn Sie nicht zu den Inhalten Stellung nehmen können oder wollen, vielleicht noch einmal die Frage: Was würde denn die Bundesregierung als Erfolg der Gespräche ansehen? Ich frage deswegen, weil bisher immer davon die Rede war, dass ein neues, vielleicht modifiziertes Minsker Abkommen mit klaren Festlegungen das Ergebnis sein könnte. Aber wäre es auch vorstellbar, dass Minsk nur ein Zwischenschritt ist zu einem weiteren folgenden Treffen, auf welcher Ebene auch immer? Also wäre auch das schon ein Erfolg?

An das Finanzministerium die Frage zur Ukraine: Es hat ja Berichte gegeben, dass möglicherweise auch Wirtschaftshilfen (gewährt werden sollen). Es gibt Verhandlungen über ein IWF-Paket für die Ukraine, das einen relativ hohen Umfang haben soll. Vielleicht können Sie sagen, was da die Position der Bundesregierung ist? Unterstützt sie die entsprechende Planung?

StS Seibert: Es ging bei der deutsch-französischen Initiative, die jetzt zu diesem Normandie-Treffen in Minsk führt, von Anfang an darum, die immer schlimmere Gewalt, das fortdauernde Blutvergießen in der Ostukraine und das Leiden der Menschen zu mindern oder zu stoppen. Es ging also darum, einen Waffenstillstand, eine Waffenruhe, zu vereinbaren und darüber hinaus - das ist das Mittel, um zu diesem Schritt zu kommen - die Vereinbarungen von Minsk aus dem vergangenen September mit Leben zu erfüllen. Das ist das Ziel, an dem heute gearbeitet wird, mit - wie gesagt - ungewissen Erfolgsaussichten.

Jäger: Dann kann ich gleich anschließen. Sie hatten nach der finanziellen Seite gefragt. Es ist in der Tat richtig, dass wir uns neben den aktuellen politischen Fragen, die heute in Minsk diskutiert werden, weiter sehr intensiv darum bemühen, dafür Sorge zu tragen, dass die Ukraine auch auf einer soliden finanziellen Basis steht. Das haben wir bilateral getan. Sie wissen, dass die Bundesregierung der Ukraine einen Kreditrahmen zum Wiederaufbau, vor allen Dingen im Osten des Landes, zugesagt hat. Daneben stehen wir natürlich als G7-Präsidentschaft in der Pflicht, internationale multilaterale Anstrengungen zu koordinieren und einen solchen Finanzrahmen zustande zu bringen. Ich bin ganz zuversichtlich, dass es gelingen wird, eine solche solide und finanziell tragfähige Basis für die Ukraine zu schaffen. Es ist aber im Augenblick noch zu früh, zu Einzelheiten Auskunft zu geben.

Frage: Ist vorstellbar oder plant die Bundesregierung angesichts der Dramatik der Lage, ihre eigenen bilateralen Hilfen möglicherweise noch einmal aufzustocken? Können Sie etwas zum Volumen sagen? Es wurden ja an die 40 Milliarden als Rahmen genannt.

Jäger: Zum Volumen will ich jetzt gar nichts sagen. Es ist zu früh. Sie wissen, dass die Prüfmission des IWF noch vor Ort ist. Das müssen wir erst einmal abwarten. Dann wird es sicher eine Befassung der Gremien, vor allem in Washington, geben. Der IWF ist hier federführend tätig. Frau Lagarde hat auch beim G20-Treffen in Istanbul die Gelegenheit genutzt, einzelne Partner über den Stand der Dinge zu unterrichten. Das heißt, wir sind da weiter im Gespräch. Weil wir aber den Fokus auf den multilateralen Rahmen legen - den IWF habe ich erwähnt; wir hatten hier auch verschiedentlich schon über die Rolle der Europäischen Union diskutiert -, sehen wir im Augenblick keinen Bedarf, hier national nachzulegen. Wir bleiben bei dem, was wir bislang in den Gesprächen in Aussicht gestellt haben. Aber auch da gilt: Wir warten das Gesamtergebnis ab. Dann werden wir sicher über Einzelheiten informieren.

Frage: Herr Seibert, nur um den Zeitrahmen ein bisschen abzugrenzen: Ist denn zum jetzigen Zeitpunkt eine Übernachtung der Kanzlerin in Minsk geplant oder nicht?

Eine zweite Frage an Herrn Schäfer: Die Außenminister haben ja wohl schon am Montag die Einführung der neuen Sanktionen um eine Woche verschoben. Ist das richtig, oder ist "eine Woche" nur so ein Begriff?

StS Seibert: Die Eckpunkte der Reiseplanung der Kanzlerin, die ich Ihnen hier nennen kann, sind der geplante Beginn der Gespräche in Minsk - Ortszeit 18.30 Uhr - und die Tatsache, dass die Kanzlerin morgen in Brüssel zum informellen Rat anreisen wird.

Schäfer: Zu der Entscheidung der Europäischen Union im Rat der Außenminister: Es ist am Montag der Beschluss gefasst worden, die Liste derjenigen Personen und Entitäten, die mit Vermögenseinfrierung und Reisebeschränkungen belegt werden, zu vergrößern. Es ist der Beschluss gefasst worden, eine bestimmte Zahl von Personen zusätzlich zu listen. Dieser Beschluss soll allerdings erst eine Woche nach dem Montag, also nach Adam Riese am kommenden Montag, in Kraft treten. Sie können sich denken, womit das im Zusammenhang steht, nämlich mit den Ereignissen, zu denen Sie derzeit fragen, und den derzeitigen Verhandlungen, die da laufen.

Im Lichte der Ergebnisse der Gespräche von Minsk oder all dem, was noch danach passieren mag, besteht dann noch die Möglichkeit, diese Entscheidung entweder so laufen zu lassen, sie also in Kraft treten zu lassen, oder sie gegebenenfalls zu revozieren oder zu verändern.

Zusatzfrage: Ich nehme an, Sie werden mir nicht sagen, wer auf der neuen Liste steht?

Schäfer: Nein, das stimmt. Ich kann Ihnen aber sagen: Es handelt sich ganz überwiegend um Vertreter der Separatisten in Donezk und in Lugansk.

Frage: Herr Schäfer, wenn Sie das jetzt von dem Ergebnis von Minsk abhängig machen, kann es dann sein, dass, wenn Minsk nicht zufriedenstellend verläuft, nicht nur die von den Außenministern beschlossenen Sanktionen automatisch in Kraft treten, sondern möglicherweise auch noch über weitere Sanktionen nachgedacht wird?

Schäfer: Nicht ich habe das so verknüpft, sondern das hat die Europäische Union getan. Ich glaube, über alles andere lohnt es jetzt nicht zu spekulieren.

Frage: Herr Seibert, Sie hatten die schweren Kämpfe kurz angesprochen. Die haben sich ja in den letzten Tagen verstärkt, verschlimmert. Haben Sie den Eindruck, dass dort versucht wird, Fakten auf dem Boden zu schaffen, oder hat sich das jetzt unabhängig von den diplomatischen Bemühungen entwickelt?

StS Seibert: Die Interpretation möchte ich Ihnen überlassen. Klar ist, dass die Bundesregierung diese verstärkten Kampfhandlungen in der Ostukraine, die gerade in den letzten Tagen zu beobachten sind, klar verurteilt. Diese Kampfhandlungen haben in den letzten Stunden wieder zahllose zivile Opfer gefordert. Dieses Blutvergießen muss ein Ende haben. Genau diesem Ziel näherzukommen, dazu dienen ja alle Verhandlungsbemühungen der Bundeskanzlerin und des französischen Präsidenten.

Schäfer: Ich kann vielleicht, wenn Sie wollen, nur noch einen Satz ergänzen, den Herr Steinmeier gestern am Rande seiner Begegnung mit dem griechischen Außenminister gesagt hat. Er sprach davon, dass man angesichts der laufenden Kampfhandlungen nur sagen kann, dass die Lage vor Ort weiter hochgradig fragil sei. Die Spannungen zwischen den Konfliktparteien seien im Verlaufe des Tages eher noch gestiegen. "Und ich sage das sehr betont, um hinzuzufügen: Nicht zum ersten Mal hätte ein Akt politischer Sabotage, ein von interessierter Seite abgefeuerter gezielter Treffen alle Hoffnungen auf eine Waffenruhe zunichte gemacht."

Sie erinnern sich vielleicht, dass nach dem letzten Treffen der vier Außenminister am 21. Januar hier in Berlin, bei dem es eine Einigung über den Rückzug schwerer Waffen gab, nur wenige Stunden vergingen, bevor in Donezk und dann auch in Mariupol Raketen und Artillerie einschlugen, mit einer Menge ziviler Opfer, was dann letztlich alle politischen Bemühungen mindestens übergangsweise wieder zunichte gemacht hat. Deshalb verbinden wir damit natürlich auch die Hoffnung, dass das heute nicht passiert.

Es hat bereits wieder eine Menge unschuldiger Opfer gegeben, aber es ist gut, dass alle vier, insbesondere der ukrainische und auch der russische Präsident, jetzt offiziell erklärt haben, dass sie nach Minsk zu reisen beabsichtigen.

Frage: Herr Seibert, am Wochenende hat Frau Merkel gesagt, dass es einen Informationskrieg gebe und Russland einen Vorsprung habe. Wie meinte sie das?

StS Seibert: Genau so, wie sie es ausgedrückt hat. Wer genau beobachtet, wie mit propagandistischen Mitteln gearbeitet wird, für den ist ganz offensichtlich, dass da Strukturen geschaffen sind, denen wir schon aus unserem Grundverständnis von Journalismus heraus so etwas nicht entgegenzusetzen haben.

Zusatzfrage: Aber wenn es einen Informationskrieg gibt, führt den die Bundesregierung auch?

StS Seibert: Die Bundesregierung führt grundsätzlich keinen Informationskrieg. Die Bundesregierung informiert über die Fakten und unsere Einstellungen. Das tut sie beispielsweise durch das Bundespresseamt. Das tut sie durch die Erklärungen der Minister. Und Sie als Journalisten haben eine völlig unabhängige Rolle dabei.

Zusatzfrage: Sie hat von der Verunsicherbarkeit der Gesellschaften gesprochen. Wie meinte sie das? Worauf basiert sie das?

StS Seibert: Ich möchte jetzt hier nicht eine Detailanalyse von Äußerungen der Bundeskanzlerin vornehmen. Ich glaube, aus dem Zusammenhang ihrer Äußerungen heraus ist das sehr klar geworden.

Frage : Herr Seibert und Herr Schäfer, gibt es Anlass, die Formulierung, man glaube nicht an eine militärische Lösung, zu hinterfragen, wenn die militärische Lösung durch Separatisten gerade vollzogen wird, möglicherweise mit Erfolg für die Separatisten, mit Landgewinnen oder Raumgewinnen, also dort eine Lösung herbeigeführt wird, der man nur zugucken kann, wenn nicht, wie die Amerikaner das behaupten, etwas Entsprechendes entgegengesetzt würde?

Diese Frage, ob das militärisch gelöst wird, wirkt so komisch, wenn man sieht, dass da gerade eine Lösung herbeigeführt wird, die einem nicht gefällt.

StS Seibert: Was in der Ostukraine Erfolg bedeutet, das wird man vielleicht nicht aus dem Tag heraus, sondern nur mit etwas größerem Abstand und mit einigem langen Atem beurteilen können.

Die Bundesregierung, sowohl die Bundeskanzlerin als auch der Außenminister, halten an ihrer Überzeugung fest, dass die Lage, die Situation, der Konflikt militärisch nicht zu lösen ist.

Schäfer: Was auch immer die Separatisten da militärisch versuchen sollten - Sie haben angedeutet, dass sie eine Lösung herbeiführen können -, eine Lösung ist das ganz sicher nicht, weder für sie noch für die Ukraine, noch für Russland.

Frage: Herr Schäfer, Sie haben erwähnt, "von interessierter Seite" würde das immer wieder torpediert. Der Minister hat das gestern Abend auch so ausgedrückt. Können Sie das konkretisieren, oder ist das bewusst unkonkret, weil man das nicht machen möchte oder nicht weiß?

Schäfer: Nein, das möchte ich jetzt nicht weiter konkretisieren. Aber ich glaube, dass es auf der Hand liegt, dass es unter den Konfliktparteien durchaus auch unterschiedliche Interessen, unterschiedliche politische Interessen, vielleicht auch unterschiedliche andere, auch militärische, Interessen, gibt.

Jedenfalls ist es sehr auffällig, dass immer dann, wenn es Fortschritte auf der politisch-diplomatischen Ebene gegeben hat, sehr schnell, manchmal gewissermaßen unverzüglich, also ohne jedes Zögern, wieder Dinge passiert sind, die diplomatische Versuche zunichte gemacht haben.

Es ist jetzt nicht an mir, mich hier in Verschwörungstheorien zu ergehen; das ist auch nicht Sinn der Äußerungen des Außenministers gewesen. Es ist im Grunde, wenn Sie so wollen, eine Analyse der Interessenverhältnisse etwa unter den Separatisten, die ja alles andere als mit einer Stimme agieren und handeln, und eine Beobachtung bestimmter Abläufe und Ereignisse.

Frage: Herr Seibert, zum langen Atem eine Frage: Die Kanzlerin hat in München als Beispiel den Fall der Berliner Mauer und die diplomatischen Beziehungen nach dem Bau der Berliner Mauer erwähnt. Ist das so zu verstehen, dass bei diesem langen Atem jetzt auch im Hinblick auf die Ukraine eine Zeitspanne von etwa 30 Jahren zu erwarten ist, dass erst nach 30 Jahren das Problem sozusagen gelöst werden kann?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin hat in München dazu ja sehr ausführlich gesprochen, sowohl in der Rede als auch in der anschließenden Diskussion. Ich glaube, dass diese verschiedenen Äußerungen, die sie dazu gemacht hat, den Zusammenhang schon sehr klar herstellen.

Direkte Parallelen zwischen dem einen historischen Ereignis und dem anderen, dass das eine so lang gedauert hat und das andere deswegen auch so lange dauern muss, sind selbstverständlich nicht gemeint. Aber ein langer Atem heißt, dass man eine Situation nicht nach Ablauf von zwölf Monaten bereits abschließend beurteilen kann.

Frage: Herr Seibert, wenn es keine militärische Lösung in der Ukraine geben kann, wie schätzt die Bundesregierung denn die Drohung aus den USA ein?

StS Seibert: Ich weiß nicht, was Sie als Drohung verstehen.

Zusatzfrage: US-Waffenlieferungen.

StS Seibert: Das ist eine Diskussion, die in den USA geführt wird, übrigens nicht nur in den USA. Die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung insgesamt haben ja zu unserer Haltung dazu sehr deutlich gesprochen. Es war auch, wie Sie der Pressekonferenz mit Präsident Obama entnehmen können, Gegenstand des Gesprächs mit dem US-Präsidenten. Die amerikanische Seite kennt unsere Haltung, wir kennen die Überlegungen, die in den USA angestellt werden, und so ist das zu verstehen.

Drei Punkte aus dem Kabinett: Zunächst hat sich das Kabinett mit einem Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über die Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Stellen beschäftigt und hat diesen Gesetzentwurf angenommen. Die Bundesregierung setzt eine europäische Änderungsrichtlinie über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors damit um.

Die wirtschaftlichen, die sozialen Chancen, die sich aus der Weiterentwicklung von Technologien zur Analyse, zur Nutzung, zur Verarbeitung von Datenmengen ergeben, sollen besser genutzt werden. Insbesondere soll erreicht werden, dass ein grenzübergreifendes Angebot von Produkten und Dienstleistungen besteht, das die Weiterverwendung vergleichbarer Datensätze europaweit ermöglicht. Das geht natürlich nur, wenn wir in Europa diese Weiterverwendung auch unter gleichen Voraussetzungen erlauben und nicht, wie bisher, von Mitgliedsland zu Mitgliedsland gänzlich unterschiedliche Vorschriften und Verfahren da gültig sind. Deswegen ist dieser Gesetzentwurf heute im Kabinett gewesen.

Er orientiert sich eng an den auf EU-Ebene geänderten Vorgaben. Es soll in Zukunft ein grundsätzliches Recht auf Weiterverwendung aller Informationen gelten, die in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen. Bisher steht das im Ermessen der jeweiligen öffentlichen Stellen. Der Anwendungsbereich wird auf Bibliotheken, Museen und Archive ausgeweitet. Die Grundsätze für Entgelte, die öffentliche Stellen für die Weiterverwendung von Informationen verlangen können, werden präzisiert.

Eine wichtige Entscheidung im Hinblick auf die Digitale Agenda der Bundesregierung ist gefallen. Die Bundesregierung will - dieses Ziel kennen Sie - bis 2018 eine flächendeckende Grundversorgung mit schnellen Breitbandanschlüssen von mindestens 50 Megabit pro Sekunde erreichen. Das digitale Antennenfernsehen wird frühzeitig umgestellt von DVB-T auf DVB-T2. Dadurch macht das Fernsehen die 700-Megahertz-Frequenzen frei. Bund und Länder haben nun beschlossen, diese bisher vom Rundfunk genutzten Frequenzen für mobiles Breitband freizugeben.

Diese 700-Megahertz-Frequenzen haben besonders günstige physikalische Ausbreitungseigenschaften. Dadurch kann man gerade sonst schwer zu erschließende ländliche Regionen durch funkgestütztes Breitband mit schnellem Internet versorgen. Damit diese 700-Megahertz-Frequenzen auch für mobiles Breitband zur Verfügung stehen, muss der Gesetzgeber die Frequenzverordnung entsprechend anpassen. Dies hat das Kabinett heute gebilligt.

Zum Schluss, vorgelegt von der Bundesarbeitsministerin, der Fortschrittsbericht 2014 zum Fachkräftekonzept der Bundesregierung. Dieser Fortschrittsbericht ist zuletzt vor drei Jahren vorgelegt worden. Fachkräftesicherung bleibt angesichts der wachsenden Nachfrage nach Fachkräften und andererseits auch der demografischen Entwicklung in Deutschland ein Schlüsselthema für die deutsche Wirtschaft, für uns alle.

Derzeit, kann man sagen, besteht kein akuter flächendeckender Fachkräftemangel, aber es treten in manchen Branchen, in manchen Regionen doch Arbeitskräfteengpässe auf. Vor allem fehlen Arbeitskräfte im Gesundheitsbereich, in der Pflege, auch in den technischen Berufen. Das sind sowohl Berufe mit einer Berufsausbildung, zum Beispiel Energietechniker oder Altenpfleger, als auch mit einer Hochschulausbildung; da ist dann an Maschinenbauer oder an Humanmediziner zu denken.

Bisher konnte der Rückgang der Bevölkerung im erwerbstätigen Alter ausgeglichen werden. Das liegt zum einen an der in den letzten Jahren spürbar gestiegenen Erwerbsbeteiligung. Das zentrale EU-Ziel für 2020 lautet: Erwerbstätigenquote von 77 Prozent. Deutschland hat dieses EU-Ziel schon 2013 mit 77,3 Prozent Erwerbstätigenquote erreicht. Dass wir den Rückgang der Bevölkerung im erwerbstätigen Alter ausgleichen konnten, liegt zum anderen an den qualifizierten Zuwanderern, die zu uns kommen, insbesondere aus anderen EU-Staaten.

Der Fortschrittsbericht 2014 zeigt auf vielen Gebieten eine positive Entwicklung: weniger Schulabgänger ohne Abschluss, deutlicher Anstieg der Erwerbstätigkeit auch vor allem älterer Menschen, vor allem der Altersgruppe 60 bis 64.

Ein Schwerpunkt des Berichts 2014, der heute dem Kabinett vorlag, liegt auf dem Wiedereinstieg von Frauen in den Beruf und auf der Arbeitszeit von Frauen. Die Erwerbstätigenquote von Frauen ist in Deutschland seit 2006 kontinuierlich gestiegen. Dazu hilft natürlich die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Trotz Fortschritten besteht noch mehr Potenzial, noch mehr weibliche Fachkräfte für den Arbeitsmarkt zu gewinnen. Dies gilt insbesondere auch für die Ausdehnung von Arbeitszeiten.

Ein weiterer Schwerpunkt dieses Fachkräfteberichts ist die Integration von Migranten in den Arbeitsmarkt. Auch hier ist noch viel Potenzial, denn derzeit stellt es sich noch so dar, dass die Erwerbstätigenquote von Menschen mit Migrationshintergrund deutlich unter der von Menschen ohne Migrationshintergrund liegt. Das ist auf eine Vielzahl von Gründen zurückzuführen. Niedrigere oder nicht vorhandene Berufsabschlüsse, nicht anerkannte Bildungs- und Berufsabschlüsse können ein Grund sein. Genau da haben ja die Bundesregierung und auch die Vorgängerregierung in den letzten Jahren schon angesetzt: Es gab 2012 - daran erinnere ich - das Anerkennungsgesetz und auch unterschiedliche Förderprogramme, die allesamt helfen sollen, die vorhandenen Potenziale besser zu erschließen.

Frage: Eine kurze Frage an das Finanzministerium: Haben Sie eine Erwartung, wie viel Geld durch diese Frequenzversteigerung hereinkommen soll? Es gibt ja eine Vereinbarung innerhalb der Bundesregierung, wenn ich das richtig verstehe, dass dieses Geld dann für den digitalen Ausbau verwendet wird. Gibt es da eine Obergrenze? Wenn die Beträge in zweistelliger Milliardenhöhe liegen würden, würde dann das gesamte Geld für den digitalen Ausbau verwendet?

Jäger: Sie würden mir zu Recht unterstellen, dass es nicht sehr geschickt wäre, wenn ich jetzt hier Zahlen nennen würde. Insofern lasse ich es bleiben. Wir verfolgen das natürlich sehr genau. Wir beschäftigen uns auch damit, aber wir werden hier jetzt keine konkreten Zahlen nennen.

Frage: Herr Rudolph, werden die Frequenzen, die durch DVB-T freiwerden, die Glasfaserversorgung ersetzen?

Rudolph: Wir setzen auf einen Technologiemix. Da ist die Glasfaserversorgung dabei, da sind auch die Funkversorgung und andere Techniken dabei. Es wird also eine Ergänzung sein. Herr Seibert hat schon angesprochen, dass bestimmte ländliche Räume mit Funkverbindungen sehr gut erschlossen werden können und damit eine hohe Übertragungsrate bekommen. Insofern gibt es einen Technologiemix, der Deutschland dann einen gewaltigen Schub geben wird, wie es der Minister auch sagt, mit dem die Ziele der Bundesregierung eingehalten werden können.

Zusatzfrage: Erwarten Sie dadurch auch eine Entlastung beim Ausbau der Glasfasernetze, weil die Funkversorgung so hervorragend funktionieren könnte, dass Sie in diesen ländlichen Region kein Glasfaser verlegen müssen, was ja viel Geld kostet?

Rudolph: Wir sind allen Technologien gegenüber aufgeschlossen - dazu gehört Glasfasertechnologie, dazu gehören Funktechnologie und andere mehr -, die es ganz Deutschland ermöglichen, schnelles Internet zu bekommen, und das bis 2018. Insofern ist es kein Gegeneinander, sondern ein Miteinander.

Frage: Wann genau soll denn die Versteigerung beginnen? Ich höre immer: erstes Halbjahr. Kann man das konkreter fassen? In wessen Händen liegt denn die Abwicklung der Versteigerung?

Rudolph: Die Bundesnetzagentur bereitet die Versteigerung gerade vor und wird sie auch durchführen. Wir sprechen vom zweiten Quartal oder Frühsommer, weil wir da noch ein bisschen Spielraum brauchen, je nachdem, wie flüssig die Vorbereitungen gehen. Aber "zweites Quartal", "Frühsommer" sind die Begriffe, mit denen wir arbeiten.

Frage: Herr Rudolph, inwiefern ist denn Mobilfunk zukunftsfähig, wenn man bei Mobilfunk automatisch eine Volumenbegrenzung hat?

Rudolph: Mobilfunktechnologie kann helfen, auch zum Beispiel entlegene Regionen mit einer höheren Übertragungsrate zur versorgen. Deswegen habe ich von dem Technologiemix gesprochen, dass jede Technologie ihre Chancen und Potenziale hat und deswegen auch Deutschland alle Potenziale ausschöpfen sollte. Dazu gehört eben auch der Mobilfunk.

Zusatzfrage: Wie soll man das verstehen? Mobilfunk soll es da geben, wo es noch kein Glasfaser gibt, oder wie ist das zu verstehen?

Rudolph: Es ist so zu verstehen, dass am Ende die Versteigerung einen gewissen Betrag erbringt, dieser Betrag dann auch in die Digitalisierung, in den Breitbandausbau investiert wird. Es kommt dann auch sehr stark auf die Kommunen zu, diese Ausschreibungen vorzubereiten, umzusetzen. Auch die werden technologieoffen sein. Dann kann es für die eine Kommune eine Mobilfunktechnologie geben, für die andere Kommune Glasfaseranschlüsse. Dann wird es vielleicht Kommunen oder auch Städte geben, die über mehrere Technologien verfügen. So können Sie das einordnen.

Zusatzfrage: Ist es der Bundesregierung egal, ob eine Region mit Glasfaser oder mit Mobilfunk versorgt ist?

Rudolph: Die Bundesregierung setzt darauf, dass ganz Deutschland eine hohe Versorgung mit schnellem Internet bekommt, und zwar zu dem Zeitpunkt, den Herr Seibert vorhin genannt hat. Da kann jede Technologie ihren Beitrag leisten. Jede Technologie hat ihre Vorteile, und jede Technologie wird dazu beitragen, dass wir diese Ziele in der Bundesregierung erreichen.

Minister Dobrindt hat schon gesagt: Auch das ist wieder ein Zwischenziel. Bei 50 Mbit ist nicht Schluss, sondern die Entwicklung geht weiter. Wir werden dann auch flächendeckend höhere Übertragungsraten haben. Insofern ist das vielleicht eine Einordnung, die Ihnen weiterhilft.

Frage: Ich habe eine Frage an das Bundesinnenministerium. Herr Dimroth, was sagen Sie denn zu der Kritik an der Zusammensetzung des Expertenkreises Antisemitismus?

Dimroth: Vielen Dank für die Frage. Zunächst einmal würde ich gerne darauf hinweisen, dass selbstverständlich auch in den Konzeptionen, die jetzt Grundlage des Tuns dieses Expertenkreises sind, auch eine enge Beteiligung der jüdischen Verbände vorgesehen war, nämlich über entsprechende Anhörungen und Vergleichbares die Expertise von dort aus in diesen Bericht, der dann am Ende des Prozesses stehen soll, einfließen zu lassen. Das ist eine Selbstverständlichkeit.

Wir haben jetzt aber sehr wohl zur Kenntnis genommen, dass die Verbände auch ein Interesse an einer Mitwirkung im Expertenkreis selbst, der ursprünglich im Übrigen in enger Abstimmung mit dem Deutschen Bundestag rein nach fachlicher Expertise zusammengestellt wurde, artikuliert haben. Wir werden diesen Wunsch ergebnisoffen und sehr wohlwollend prüfen und in entsprechende Gespräche mit den Verbänden und auch dem Deutschen Bundestag, der zu beteiligen ist, abarbeiten.

Zusatzfrage: Ich übersetze das jetzt einmal so: Da ist bei Ihnen im Haus eine Panne passiert, und es werden jetzt Reparaturarbeiten eingeleitet.

Dimroth: Ich glaube, es ist die klassische Rollenverteilung, dass ich Ihnen das sage, was ich zu sagen habe, und Sie daraus Schlussfolgerungen ziehen. Wenn das die Ihre ist, mögen Sie die so ziehen.

Ich hatte ganz bewusst darauf hingewiesen, dass es selbstverständlich nie Gegenstand der Konzeption war, jüdische Verbände aus diesem Prozess auszuschließen; das wäre ja geradezu absurd. Ich habe auch ganz bewusst darauf hingewiesen, dass der Expertenkreis nach fachlichen Erwägungen zusammengestellt wurde.

Wir haben jetzt zur Kenntnis genommen, dass die jüdischen Verbände ein Interesse artikuliert haben, auch am Expertenkreis selber beteiligt zu werden, und werden das sehr wohlwollend, ergebnisoffen prüfen.

Frage: Herr Dimroth, in diesem Expertenkreis sitzt kein Jude, also niemand, der jüdischer Herkunft ist. Wie kann das sein? Ist das Zufall?

Dimroth: Ich hatte, glaube ich, dazu gerade relativ ausführlich ausgeführt, wie diese Zusammenstellung zustande kam. Religionszugehörigkeit ist bei der Zusammenstellung eines Expertenkreises grundsätzlich nicht das Kriterium der Wahl.

Noch einmal: Die Konzeption sah zu keinem Zeitpunkt vor, jüdische Verbände nicht zu beteiligen, ganz im Gegenteil: eng zu beteiligen. Dieser Expertenkreis hat sich nach den Kriterien zusammengesetzt, die ich genannt habe. Jetzt wissen wir, dass die jüdischen Verbände gerne auch im Expertenkreis selber beteiligt würden, prüfen das wohlwollend, ergebnisoffen, und ich bin guter Dinge, dass es gelingen wird, den Expertenkreis um einen Vertreter aus diesem Bereich zu erweitern.

Zusatzfrage: Einen Vertreter?

Dimroth: Einen Vertreter.

Frage: Herr Jäger, zur heutigen Sitzung der Eurogruppe: Mit welchen Vorstellungen fliegt Herr Schäuble nach Brüssel?

Jäger: Wir suchen eine gemeinsame Lösung; das ist ja, glaube ich, klar. Sie wissen, dass wir Griechenland freundschaftlich verbunden sind. In diesem Geiste fliegen wir nach Brüssel. Es ist, glaube ich, davon nicht zu erwarten, dass es heute schon zu abschließenden Festlegungen kommen wird.

Worum es zunächst einmal geht, ist, jetzt von der griechischen Seite zu hören, was die griechische Regierung genau möchte. Das ist uns und den Kollegen, den Partnerländern in der Eurogruppe, bis dato nicht bekannt. Ich denke, darüber werden wir heute Nachmittag Aufschluss bekommen. Die Zeit ist begrenzt. Gleichwohl gibt es jetzt keinen Zwang, sich heute schon zu einigen. Das wird technisch auch vermutlich gar nicht möglich sein. Wir werden da in eine Phase intensiver Gespräche hineingehen.

Was unsere Position angeht, kann ich Ihnen letztlich nur noch einmal ein paar allgemeine Prinzipien in Erinnerung rufen, die, wenn man sich die Diskussion über das Thema in den vergangenen Tagen anschaut, vielleicht an der einen oder anderen Stelle in Vergessenheit geraten sind. Ich halte zunächst einmal fest: Über all diese Fragen wird in der Eurogruppe entschieden und nirgendwo sonst.

Zum Zweiten darf ich auch noch einmal darauf hinweisen, dass die EFSF und der ESM intergouvernementale Veranstaltungen sind. Das mag man beklagen, und niemand bedauert das vielleicht mehr als wir. Sie wissen, dass mein Minister, was die Verfasstheit der Europäischen Union, auch der Währungsunion angeht, sehr ehrgeizig ist. Aber ich halte noch einmal fest: Es ist ein intergouvernementales Szenario, in dem wir uns jetzt hier bewegen, und das ist eine Tatsache, um die niemand herumkommt.

Was die Begriffe und Bezeichnungen, über die in den Tagen, die hinter uns liegen, sehr intensiv diskutiert wurde, angeht - Troika, Programm, Memorandum, all diese Dinge -: Ja, sicher kann man über Begriffe reden, aber auch da gilt, dass neue Etiketten nicht bestehende Grundregeln der Zusammenarbeit außer Kraft setzen. Hier weise ich vor allem noch einmal auf ein Prinzip hin: Leistung, die erbracht wird, erfordert eine Gegenleistung, und die Erbringung dieser Gegenleistung wird auch in Zukunft überprüft werden müssen.

Noch ein weiterer Punkt, auf den wir noch einmal hinweisen wollen: Das ist das Prinzip der Freiwilligkeit. Niemand wird in ein Hilfsprogramm gezwungen, und Hilfe wird nicht aufgedrängt.

Zum Abschluss noch eine Bemerkung: Wir respektieren selbstverständlich den griechischen Wählerwillen. Es ist auch eine Selbstverständlichkeit, dass eine neue Regierung manches anders machen will und wird als ihre Vorgänger. Aber es ist auch noch einmal darauf hinzuweisen, dass es auch einen Wählerwillen hier in Deutschland gibt und dass die Bundesregierung in allem, was sie auf der europäischen Bühne tut, dem Deutschen Bundestag verpflichtet ist.

Fast alles, was hier in den letzten Tagen in den Medien betreffend das laufende Programm diskutiert wurde, wäre in unserem Verständnis der Dinge eine wesentliche Programmänderung beziehungsweise würde sogar auf den Abschluss neuer Programme zielen. Darüber will ich jetzt gar nicht spekulieren. Ich will nur in diesem Kontext noch einmal deutlich daran erinnern: All das würde in Deutschland der Beteiligung und schließlich auch der Zustimmung des Deutschen Bundestages bedürfen.

Frage: Die griechische Regierung strebt Verhandlungen zum Thema Reparationen an. Ich wollte Herrn Schäfer fragen, ob gestern diese Frage vom griechischen Minister Kotzias angeschnitten wurde und ob es da zu einem Ergebnis gekommen ist, ob es die Aussicht auf Verhandlungen diesbezüglich gibt.

Schäfer: In den Äußerungen der beiden Minister bei der Pressekonferenz, an der Sie ja teilgenommen haben, ist in meiner Anwesenheit - ich war eigentlich die ganze Zeit dabei - über das Thema nicht gesprochen worden.

Frage: Herr Jäger, die griechische Regierung fordert, dass sie vor allem mehr Zeit bekommt, jetzt einmal unabhängig von den Inhalten. Wäre die Bundesregierung bereit, irgendeine Lösung zu suchen, die diesem Anliegen nachkommt, mit irgendwelchen Überbrückungslösungen bis Mai/Juni?

Vielleicht können Sie kurz beschreiben, wie Sie die Lage in der Eurogruppe einschätzen. Ist das der Rest der Eurogruppe oder der Eurozone gegen Griechenland, oder sind die Fronten in der Diskussion da etwas unterschiedlich?

Herr Schäfer, würden Sie befürworten, dass das Thema Reparationen durch eine mögliche internationale Klage vielleicht ein für alle Mal "abgeräumt" werden könnte?

Jäger: Zu dem Stimmungsbild in der Eurogruppe werde ich hier keine Aussagen treffen, aber es ist ganz klar, dass wir gemeinschaftlich, alle miteinander, nach einer Lösung suchen. Worin sie bestehen könnte, da will ich der heutigen Sitzung nicht vorgreifen.

Sie sprachen das Thema einer Brückenlösung an. Wir sehen im Augenblick vor allem eines: Wir haben im Dezember ein Programm verlängert. Dieses Programm wird Ende Februar enden. Es wäre sicher in diesem Kontext das Vernünftigste, das noch etwas zu strecken, sprich: auf Basis des existierenden Programms sich etwas mehr Zeit zu geben. Das setzt allerdings voraus, dass es dazu einen Antrag seitens der griechischen Regierung gibt. Es würde selbstverständlich auch nur Sinn ergeben, wenn eine solche Verlängerung in der Absicht verabredet wird, das Programm zu erfüllen.

Schäfer: An dieser Stelle ist zum Thema Reparationen in den letzten Jahren schon ganz viel gesagt worden, vom Regierungssprecher, vom Sprecher des Finanzministeriums und auch vom Sprecher des Auswärtigen Amtes.

Gestern hat sich während der Pressebegegnung mit dem griechischen Außenminister Kotzias auch mein Minister, der Außenminister, zu dieser Frage geäußert. Ich kann das alles nur mit dem kurzen Satz zusammenfassen: Für die Bundesregierung ist die Reparationsfrage rechtlich abgeschlossen.

Zusatzfrage: Das war aber nicht die Frage. Die Position der Bundesregierung kenne ich. Die Frage war, ob Sie es für sinnvoll oder hilfreich halten, dass dieses Thema auch auf juristischem Wege behandelt und dann möglicherweise für beide Seiten, inklusive der neuen griechischen Regierung, abgeschlossen werden könnte.

Schäfer: Sie müssen es schon mir überlassen, in welcher Weise ich auf Ihre Frage antworte. Wenn aus Sicht der Bundesregierung etwas abgeschlossen ist, dann braucht man es auch nicht mehr zu klären, oder?

Zusatzfrage: Das ist die politische Antwort. Es ging ja um die Frage nach einer juristischen Antwort, ob Sie die für sinnvoll halten oder nicht.

Schäfer: Ich habe das gesagt, was es aus unserer Sicht dazu zu sagen gibt.

Frage: Herr Jäger, nun will offenbar die griechische Regierung mit der OECD ein Reformprogramm zur Stützung oder Stärkung der griechischen Wirtschaft ausarbeiten. Wenn die OECD als neuer relevanter Player ins Boot kommt, vergrößert das die Chancen, den Handlungsspielraum für eine Lösung, die Sie eben auch als sinnvoll bezeichnet haben, nämlich mindestens eine Verlängerung von Fristen?

Jäger: Wir werden heute in Brüssel hören, was die Rolle der OECD sein soll. Wir kennen die Gespräche der griechischen Regierung mit der OECD nicht. Die OECD ist ein von uns geschätzter Partner, eine Organisation, die, gerade was auch das Thema Strukturreformen angeht, über eigenen Sachverstand verfügt. Das ist sicherlich so.

Trotz allem darf ich noch einmal daran erinnern, dass in den Programmen bestimmte Dinge verabredet sind. Wir haben auch vertragliche Grundlagen. Dort werden Institutionen, Organisationen genannt, die mit der Überprüfung von Programmen beauftragt sind. Dazu zählt die OECD nicht. Wenn man der OECD in diesem Konzept eine völlig neue Rolle zuweisen wollte, dann müsste man auch die vertraglichen Grundlagen entsprechend anpassen. Das ist nun definitiv etwas, was heute in Brüssel nicht machbar sein wird. Ich denke, da würden wir über ganz andere Zeithorizonte reden.

Deshalb rufe ich noch einmal in Erinnerung: Wir haben ein laufendes Programm. Das wird Ende Februar auslaufen, zu Ende gehen. Das ist die Tatsache, mit der wir uns heute in Brüssel vor allem zu beschäftigen haben.

Frage: Die griechische Regierung hat bereits angekündigt, dass sie eine Streckung des Programms anstrebe, allerdings auf einer neuen Grundlage, und zwar auf der Grundlage, dass sie etwa 70 Prozent des heute geltenden Programms übernehmen möchte und die anderen 30 Prozent nicht übernehmen möchte. Sie bezeichnet den übrigen 30-prozentigen Teil als toxisch. Ich wollte fragen, ob die Bundesregierung und das Finanzministerium bereit wären, auf dieser Grundlage zu verhandeln.

Jäger: Das führt jetzt zu der sehr interessanten Frage, wie man Programmbestandteile prozentual gewichten will. Deshalb noch einmal der Hinweis: Wir sind jetzt wirklich sehr neugierig darauf, was der griechische Finanzminister heute beim Treffen der Eurogruppe konkret vorstellen wird. Wenn das die Richtung sein sollte, in die Griechenland zu gehen gedenkt, dann wird er das seinen Kollegen in der Eurogruppe erklären und erklären müssen. Dann ist möglicherweise ein Gespräch darüber denkbar. Aber ich kann dieser Sitzung - bitte haben Sie dafür Verständnis - an dieser Stelle jetzt nicht vorgreifen; das geht nicht.

Frage: Ich habe eine Frage an das Verkehrsministerium und auch an das Finanzministerium. Es gibt einen Bericht im "Handelsblatt" darüber, dass eine Ausgliederung der Fernstraßen und eine dann mögliche Privatisierung oder ein Einstieg privater Investoren geplant seien. Entspricht dieser Bericht den Tatsachen? Ist das zumindest zwischen dem Verkehrsministerium und dem Finanzministerium abgeklärt? In dem Bericht heißt es ja, dass eigentlich nur noch die Parteichefs ihre Zustimmung geben müssten.

Rudolph: Weil mein Minister in diesem Artikel mit dem Wort "Systemwechsel" zu Wort kommt, erkläre ich Ihnen dazu gerne ein paar Dinge: Der Minister hat ja im Konzert der Bundesregierung einen Investitionshochlauf eingeleitet, also eine stärkere Nutzerfinanzierung, eine stärkere Zweckbindung von Einnahmen für die Verkehrsinfrastruktur und ein Wegkommen von der Steuerfinanzierung für die Verkehrsinfrastruktur. Was meine ich damit? Wir haben angestoßen, die Lkw-Maut weiter auszuweiten, und zwar erst auf weitere 1.100 Kilometer vierspuriger Bundesstraßen und dann bis Mitte 2018 auf alle Bundesstraßen. Wir haben die Einführung der Infrastrukturabgabe angestoßen. Wir haben auch angestoßen, bei der Lkw-Maut die Gewichte abzusenken, also schon Lkw ab 7,5 Tonnen einzubeziehen - alles mit einer Nutzerfinanzierung und alles mit einer Zweckbindung direkt für die Verkehrsinfrastruktur.

Darüber hinaus, weil das auch in diesem Artikel zur Sprache kommt: Im Rahmen öffentlich-privater Partnerschaften, also mit dem Ziel, auch privates Kapital für die Infrastruktur zu gewinnen, haben wir an der A7 jetzt schon zusammen mit Schleswig- Holstein und Hamburg ein Projekt gestartet. Der Minister hat jetzt eine neue Staffel, eine neue Generation von ÖPP-Projekten auf den Weg gebracht. Die Liste wird gerade noch finalisiert.

All das, um einen Strich darunter zu machen, ist ein Systemwechsel, der praktisch dauerhaft einen höheren Betrag für die Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung stellt. Das steht im Einklang mit dem Finanzministerium und der Bundesregierung, denn ansonsten, allein, wäre das nicht möglich.

Zusatzfrage: Darf ich die Frage noch einmal stellen? Vielleicht bin ich heute irgendwie ein bisschen undeutlich. Ich hatte danach gefragt, ob die in diesem Bericht erwähnte Tatsache stimmt, dass der Bund die Fernstraßen ausgegliedert und diese neue Gesellschaft dann für private Investoren öffnet. Das ist ja etwas anderes als neue ÖPP-Projekte.

Rudolph: Ich hatte Ihnen diese Punkte genannt, weil der Artikel noch ein bisschen über die Frage hinausgeht, die Sie skizzierten.

Ich habe Ihnen gesagt, was in dieser Legislaturperiode vonseiten des Bundesverkehrsministeriums vorangetrieben wird, und das ist eine ganze Menge. Wenn man sich die Verkehrspolitik der vergangenen Jahrzehnte anschaut, haben wir uns einiges vorgenommen, was wir in dieser Legislaturperiode und darüber hinaus zum Abschluss bringen werden, um Straßen, Schienen und Wasserwege eben in einem guten und leistungsfähigen Zustand zu halten.

Zusatzfrage: Heißt das, dieser Bericht stimmt nicht?

Rudolph: Das habe ich nicht gesagt. Ich habe Ihnen gesagt, welches Programm wir für diese Legislaturperiode haben, auch im Einklang mit dem Finanzministerium. Was darüber hinausgehend nur noch die Parteichefs absegnen müssen, müssen Sie dann schon an diesen Adressen erfragen. Ich kann Ihnen zu dem Teil, den das Bundesverkehrsministerium verantwortet und vorantreibt, das sagen, was ich gesagt habe.

Jäger: Ich darf das vielleicht ergänzen, denn wir waren ja auch angesprochen. Ich will zunächst einmal darauf hinweisen, dass jetzt natürlich das laufende Gesetzgebungsvorhaben im Vordergrund steht. Wir sind aber natürlich dennoch ressortübergreifend in der Diskussion darüber, wie wir langfristig die finanzielle Grundlage für eine gute und leistungsfähige Infrastruktur in Deutschland schaffen können. Das ist ein Thema, das uns sehr am Herzen liegt. Wir wissen, dass wir dafür natürlich auch entsprechende Investitionen leisten müssen. Das beginnt mit diesbezüglichen Festlegungen im Koalitionsvertrag. Sie alle haben mitverfolgt, dass wir im Herbst angekündigt haben, dass wir für den Zeitraum 2016 bis 2018 zusätzlich 10 Milliarden Euro für Investitionen bereitstellen werden und dass ein bedeutender Teil dieser Mittel natürlich in die Verkehrsinfrastruktur fließen wird.

Darüber hinaus sind wir natürlich damit befasst, über verschiedene Konzepte nachzudenken. Mein Minister hat bei unterschiedlichen Gelegenheiten darauf hingewiesen, dass er den Ansatz einer nutzerfinanzierten Finanzierung im Grundsatz für richtig und zielführend hält. Es ist selbstverständlich auch die Aufgabe eines Ministeriums beziehungsweise der Ministerien, die hier betroffen sind, über den Tag hinaus zu denken. Wir haben in dieser Legislaturperiode kurzfristig keine gesetzgeberischen Vorhaben geplant, aber sind natürlich im Gespräch über solche Themen, etwa, um nur ein Beispiel zu nennen, in Kontakt mit den Kollegen vom Bundeswirtschaftsministerium, wo Herr Fratzscher einer Kommission vorsitzt, die Zukunftsvorschläge machen soll. In diesem Kontext wird über solche Themen diskutiert. Dort gibt es sicherlich eine Reihe von Aktivitäten, aber all das ist über den Horizont dieser Legislaturperiode hinaus angelegt.

Ich will zum Schluss noch einmal unterstreichen: Worauf es jetzt ankommt, ist die Umsetzung des laufenden Gesetzgebungsvorhaben.

Frage: Herr Rudolph, plant der Minister denn für diese Legislaturperiode diese Bundesfernstraßenverwaltung oder -gesellschaft oder was auch immer, die dann alle Bundesfernstraßen saniert? Das ist ja etwas anderes als die Geschichte mit ÖPP, der dritten Säule oder sozusagen der dritten Stufe.

Rudolph: Herr Jäger hatte ja schon gesagt, dass das Gedanken sind, die über die Legislaturperiode hinausgehen. Ich habe Ihnen von meiner Seite aus das Programm skizziert, das wir in dieser Legislaturperiode vor der Brust haben. Das ist zum Teil schon umgesetzt worden, zum Teil befindet es sich im laufenden Verfahren. Das ist eine ganze Menge.

Uns eint in der Regierung das Ziel, die Nutzerfinanzierung zu stärken und die Zweckbindung von Einnahmen für den Verkehrshaushalt herzustellen. Daraus können Sie hinsichtlich Ihrer Frage schon entnehmen, dass diese Ausgliederung der Fernstraßen für uns kein Projekt für diese Legislaturperiode ist.

Frage: Der Vorsitzende des Städte- und Gemeindebundes hat seine Forderung erneuert, Asylsuchende aus dem Kosovo schneller und effektvoller abzuschieben und möglicherweise das Kosovo auch zum sicheren Herkunftsland zu erklären. Gibt es entsprechende Pläne innerhalb der Bundesregierung?

Dimroth: Zunächst einmal möchte ich auch in Anknüpfung an das, was ich hier am Montag gesagt habe, sagen, dass die Zahlen derjenigen, die sich aus dem Kosovo in die EU, aber insbesondere auch nach Deutschland aufmachen, rapide ansteigen. Die offiziellen Asylstatistikzahlen habe ich Ihnen am Montag genannt.

Der Trend, den wir im Hinblick auf das feststellen, was dann im Februar an offiziellen Zahlen von uns bekannt gegeben wird, ist weiter sehr stark steigend. Das heißt, wir haben es hier mit einer Entwicklung zu tun, die wir sehr ernst nehmen und die wir aus verschiedenen Gründen mit großer Sorge und Sorgfalt beobachten.

Einmal geht es darum, dass wir davon ausgehen, dass eine solch massive Auswanderung für den Kosovo selbst eine verheerende Folge hätte, wenn sie so weiterginge, was die Stabilität des Landes selbst anbetrifft.

Gleichzeitig ist es aber so - das adressiert das Zitat, das Sie gerade genannt haben -, dass selbstverständlich die Asylverfahren hier auch an die Grenzen stoßen, die Fragen der Unterbringung an die Grenzen stoßen, wenn es solche massiven Entwicklungen und Zunahmen an Flüchtlingsbewegungen nach Deutschland herein gibt.

Hinzu kommt - das hatte ich Ihnen am Montag auch bereits gesagt -, dass beinahe 99 Prozent der jedenfalls im Jahr 2014 gestellten Asylanträge aus dem Kosovo erfolglos waren, sodass man in der Regel wohl nicht davon ausgehen kann, dass es sich um politische Verfolgung handelt, die die Leute dazu bewegt, zu uns nach Deutschland zu kommen.

Zu der konkreten Frage - Beschleunigung des Verfahrens - hatte ich auch am Montag angedeutet, dass wir selbstverständlich dazu in Gesprächen sind, insbesondere mit den Ländern. Soweit der Bund helfen kann, tut er das. Wir haben das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in den beiden vergangenen Haushalten personell erheblich aufgestockt.

Ganz konkret in Bezug auf die Asylanträge von Menschen aus dem Kosovo sind wir dabei, diese massiv zu beschleunigen, soweit das im Rahmen dessen, was gesetzlich vorgegeben ist, möglich ist. Es ist selbstverständlich, dass es da natürlich gewisse Kautelen gibt, die einzuhalten sind. Auch das geschieht im engen Schulterschluss zwischen Bund und Ländern.

Was die Frage der Abschiebung anbetrifft, die Sie auch angesprochen haben: Das ist Ländersache. Auch da gibt es eine klare Position des Bundes: dass selbstverständlich dann, wenn ein Verfahren erfolglos beendet ist und es unter keinem Gesichtspunkt rechtlichen Schutz in Deutschland gibt, auch der Vollzug, nämlich die freiwillige Ausreise oder, so sie nicht stattfindet, die Abschiebung, stattfinden muss. Da wiederum müsste sich das Zitat, das Sie genannt haben, aber an die zuständigen Länder richten. Wir unterstützen das. Wir unterstützen inhaltlich, wir unterstützen auch fachlich, wo wir es können, diese Position. Verantwortlich dafür sind aber die Länder.

Darüber hinaus darf ich Ihnen sagen, dass wir selbstverständlich mit den Partnern in der Region in engen Gesprächen sind, wie man diesem Phänomen begegnen kann. Wir sind auch darüber im Gespräch, wie man die Leute vor Ort darüber informieren kann, wie die Situation in Deutschland tatsächlich ist, dass nämlich beinahe 99 Prozent derjenigen, die hierherkamen, keinen dauerhaften Schutz bekommen haben, also auch die Perspektiven für die Menschen vor Ort, die sich auf den Weg nach Deutschland machen, sehr viel deutlicher werden, dass nämlich für die allerallermeisten von ihnen in Deutschland ein dauerhafter Aufenthalt nicht gewährleistet ist.

Frage: Herr Dimroth, nur zur Klarheit: Die Bundesregierung, das Innenministerium plant keine Gesetzesinitiative, um Kosovo zu einem sicheren Herkunftsland zu erklären?

Herr Schäfer, ich war am Montag nicht dabei: Hat es dieses Schreiben aus der deutschen Botschaft so gegeben, auch mit dieser Wortwahl? Wie konnte man da auf die Idee kommen, mit medienwirksamen Abschiebungen etwas Gutes zu erreichen?

Dimroth: Zum ersten Teil der Frage: Es ist jetzt nicht das Gebot der Stunde, gesetzgeberische Forderungen aus dem BMI heraus zu erheben. Das Gebot der Stunde ist, Sofortmaßnahmen zu ergreifen, die ich eben gerade schon skizziert habe, um im Interesse der Stabilität des Kosovo und um im Interesse der Belastungsgrenzen der Gemeinden und Kommunen in Deutschland und der Akzeptanz in der Bevölkerung hier schnell Antworten zu finden.

Insofern ist es nicht das Gebot der Stunde, jetzt über gesetzgeberische Maßnahmen nachzudenken, die ja auch eine Weile in Anspruch nähmen und insbesondere auch der Zustimmung des Bundesrates bedürften. Sollte aber aus dieser Richtung eine entsprechende Initiative gestartet werden, wäre das Bundesministerium des Innern sicher nicht auf der Oppositionsseite.

Schäfer: Ich fürchte, gerade Sie als Vorstandsmitglied der BPK muss ich auf das Protokoll von vorgestern verweisen. Ich hoffe, das ist zumutbar. Da habe ich es nämlich auf exakt die gleiche Frage schon einmal gesagt.

Mittwoch, 11. Februar 2015

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 11. Februar 2015
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/02/2015-02-11-regpk.html;jsessionid=ED306A2DF09C3E5B9FDAF8B30DCBE802.s1t1
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Februar 2015

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