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PRESSEKONFERENZ/935: Kanzlerin Merkel und Präsident Obama, 9.2.2015 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz in Washington D.C. - Montag, 9. Februar 2015
Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und US-Präsident Obama

(Die Ausschrift des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultanübersetzung.)


P Obama: Guten Morgen! Nehmen Sie bitte Platz. Wie immer ist es mir eine große Freude, meine enge Freundin und Partnerin Bundeskanzlerin Merkel heute im Weißen Haus willkommen heißen zu dürfen. Angela ist natürlich sehr häufig hier gewesen. Bei diesem Besuch habe ich jedoch die Möglichkeit, ihr zu zwei Leistungen zu gratulieren: Sie ist in ihrer dritten Amtszeit. Sie gehört jetzt zu den Bundeskanzlern Deutschlands mit der längsten Amtszeit. Vielleicht noch wichtiger: Ich habe heute die Möglichkeit, Angela und Deutschland in der Öffentlichkeit zum vierten Sieg der Fußballweltmeisterschaft zu gratulieren. Wie wir in Rio gesehen haben, gehört Angela zu den größten Fans ihrer Mannschaft. Aber die US-Mannschaft steigt auf. Passt auf, wir sehen uns im Jahr 2018!

Deutschland gehört zu unseren stärksten Bündnispartnern. Wir haben immer wieder die Möglichkeit, uns bezüglich sehr vieler Themen eng abzustimmen, die für unsere gemeinsame Sicherheit und unseren Wohlstand wirklich wichtig sind. Angela und unsere deutschen Freunde werden das G7-Gipfeltreffen im Frühjahr ausrichten. Aus diesem Grund ist es auch sehr wichtig, dass wir diese Möglichkeit haben, uns eng abzustimmen, was die Zielsetzung anbetrifft. Es geht darum, dass wir für Wirtschaftswachstum und weitere Arbeitsplätze sorgen. Wir sind starke Befürworter der Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft. Wir sind uns einig, dass wir in diesem Jahr wirkliche Fortschritte machen müssen, sodass es ein Abkommen mit starkem Schutz für die Verbraucher, die Arbeitnehmer und die Umwelt gibt.

Ich freue mich auf die Bewertung von Angela, wie Europa und der IWF mit der neuen griechischen Regierung zusammenarbeiten können, sodass es anhaltendes Wachstum geben kann. Griechenland in der Eurozone - diese Entwicklung ist sehr wichtig für die Vereinigten Staaten und die Weltwirtschaft.

Es geht darum, dass alle wichtigen Volkswirtschaften Maßnahmen ergreifen, was die Bekämpfung des Klimawandels, die Limitierung der öffentlichen Finanzierung für Kohlefabriken und den langsamen Abbau von bestimmten Treibhausgasen angeht.

Bei der Diskussion von heute Morgen konzentrierten wir uns auf die globale Sicherheit. Wir haben erneut bekräftigt, dass wir für die Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte einstehen werden. Wir unterstützen ein souveränes, sicheres und vereintes Afghanistan.

Die Staatengemeinschaft muss die bestehenden Sanktionen aufrechterhalten und die diplomatischen Anstrengungen fortsetzen, damit der Iran nicht in den Besitz einer Kernwaffe gelangt. Es geht darum, dass wir ein verifizierbares Abkommen erzielen.

Zwei Hauptthemen gab es heute Morgen: die russische Aggression gegen die Ukraine und den internationalen Kampf gegen die Terrorgruppe IS. Was Russland und die von Russland unterstützten Separatisten in der Ukraine betrifft, ist klar, dass sie fast jede Verpflichtung aus dem Minsker Abkommen verletzt haben. Sie haben sich nicht aus der Ostukraine zurückgezogen. Die russischen Streitkräfte bilden Separatisten aus und koordinieren Angriffe. Russland hat die Waffen nicht abgezogen, sondern mehr Panzer, Mannschaftstransportwagen und schwere Artillerie hingeschickt. Die Separatisten haben mehr Land erobert, zivile Gebiete beschossen und ganze Dörfer zerstört. Das sind die Tatsachen.

Angesichts der Aggression Russlands bleiben die Vereinigten Staaten und Deutschland sowie unsere weltweiten Bündnispartner vereint. Bundeskanzlerin Merkel hat am Wochenende auch ein Gespräch mit Vizepräsident Biden geführt. Wir werden uns weiterhin für eine diplomatische Lösung dieser Frage einsetzen. Wir setzen diese Anstrengungen in dieser Woche fort. Wir sind uns weiterhin einig, dass wir im 21. Jahrhundert nicht einfach dabei zuschauen dürfen, wie die Grenzen Europas unter Waffenbeschuss neu gezogen werden. Wir sind uns heute auch weiterhin einig, dass wir unsere Strategie fortsetzen werden. Wir werden unsere Präsenz in Mittel- und Osteuropa ausbauen. Das gehört zu unseren Verpflichtungen gemäß Artikel 5 hinsichtlich der kollektiven Verteidigung. Wir werden die Zusammenarbeit mit dem IWF und anderen Partnern fortsetzen, damit es wichtige finanzielle Unterstützung für die Ukraine gibt, auch bei der Durchführung der Reformen in der Wirtschaft und zur Korruptionsbekämpfung. Die Ukraine muss in der Lage sein, sich zu verteidigen. Wir sind uns einig, dass die Sanktionen Russland gegenüber aufrechterhalten werden müssen, bis Russland selbst die Verpflichtungen einhält. Wir werden uns weiterhin für eine diplomatische Lösung einsetzen. Wir stellen heute erneut klar, dass, wenn Russland diesen Weg fortsetzt, was übrigens auch die russische Wirtschaft ruiniert und dem russischen Volk schadet - zusätzlich zu diesen schlimmen Folgen für die Ukraine -, die Abschottung Russlands nur schlimmer werden wird, politisch und wirtschaftlich.

Was IS betrifft, bleiben Deutschland und die Vereinigten Staaten in unserer Entschlossenheit vereint, diese barbarische Terrorgruppe zu zerstören. Ich danke Angela für die starke Unterstützung als Mitglied der internationalen Koalition, die auch im Irak tätig ist. Das ist ein wichtiger Meilenstein in der Außenpolitik. Deutschland hat den wichtigen Schritt unternommen, kurdische Streitkräfte im Irak auszurüsten, und in Erbil leitet Deutschland die Ausbildungsmission.

Es ist sehr wichtig, gegen ausländische Kämpfer vorzugehen. Das war auch ein Sonderthema bei einer Sitzung des Sicherheitsrates im letzten Herbst. In Deutschland gibt es neue Gesetzentwürfe, die die Kampfwilligen daran hindern sollen, nach Syrien zu reisen. Angela und ich erkennen beide, dass die Jugendlichen in unseren Ländern und insbesondere auch in den muslimischen Gemeinden das Ziel von Rekrutierungsmaßnahmen von Terroristengruppen wie Al-Qaida und IS sind. Wir müssen die junge Generation angesichts dieser hasserfüllten Ideologie schützen. Das ist eine wichtige Aufgabe für die Bevölkerungsgruppen vor Ort, für die Familien, Nachbarn und religiösen Führungspersönlichkeiten, die diese Menschen am besten kennen. Aber wir können mit gutem Beispiel den Ton in unseren eigenen Ländern angeben. Das ist sehr wichtig.

Ich möchte Bundeskanzlerin Merkel sehr herzlich für ihre Führungsstärke danken, auch dafür, dass sie gegen Fremdenfeindlichkeit und Vorurteile im Sinne des Pluralismus und der Vielfalt vorgegangen ist. Wir freuen uns, dass die deutschen Freunde bei einem Gipfeltreffen in der nächsten Woche zum gewalttätigen Extremismus dabei sein werden.

Zum Abschluss noch eine historische Betrachtung: Wir begehen den 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs und den 25. Jahrestag der Wiedervereinigung Deutschlands zu einem Zeitpunkt, an dem die Konflikte in der Welt unlösbar erscheinen und der Fortschritt nicht greifbar zu sein scheint. Durch die deutsche Geschichte haben wir Hoffnung. Kriege können beendet werden. Länder können wiederaufgebaut werden. Gegner können Verbündete werden, Mauern niedergerissen, Spaltungen geheilt werden. Die Geschichte Deutschlands und die Biografie Angelas erinnern uns daran, dass, wenn die freien Völker zusammenstehen, unsere Interessen und unsere Werte letztendlich obsiegen werden. Wir schauen in die Zukunft. Ich bereite mich auf meinen Besuch in Bayern im Juni vor. Ich bin sehr dankbar für meine Partnerschaft mit Angela, und die Amerikaner sind ebenfalls dankbar für das starke, umfassende Bündnis mit Deutschland.

BK'in Merkel: Herr Präsident, lieber Barack, ich freue mich, heute wieder hier in Washington zu sein. Vor neun Monaten war der letzte Besuch.

Dieser Besuch hat erst einmal mit der Tatsache zu tun, dass wir die G7-Präsidentschaft innehaben und uns wie in allen anderen Fragen auch hierüber sehr eng abstimmen. Die Agenda wird natürlich das Thema der Entwicklung der Weltwirtschaft beinhalten, wenn wir uns im Juni in Elmau in Bayern treffen werden. Dazu kann ich sagen, dass wir aus europäischer Sicht an einigen Stellen durchaus große Fortschritte gemacht haben. Es gibt Länder, die wieder auf dem Wachstumspfad sind. Ein besonders gutes Beispiel dafür ist Irland, aber auch Spanien und Portugal haben nach einer starken Phase struktureller Reformen inzwischen große Erfolge erzielt. Die Europäische Kommission, die neu ins Amt gekommen ist, hat ein Wachstumsprogramm aufgelegt, an dem sich zum Beispiel auch Deutschland noch einmal extra mit seinen Mitteln beteiligen wird. So werden wir den Fokus auf Wachstum, aber auch weiterhin auf strukturelle Reformen legen; denn wenn ich an die dynamische Entwicklung der digitalen Wirtschaft in den Vereinigten Staaten von Amerika denke, hat Europa noch sehr viel nachzuholen.

Ein Punkt, in dem ich eine Möglichkeit dafür sehe, dass wir auch Wachstumsimpulse setzen, wäre der Abschluss eines Freihandelsabkommens. Wir wissen, dass die Vereinigten Staaten von Amerika in engen Verhandlungen mit dem asiatisch-pazifischen Raum stehen. Deutschland wird sich dafür einsetzen, dass auch die europäischen Verhandlungserfolge sichtbarer werden und dass wir uns beeilen, ein solches Abkommen abzuschließen. Das liegt im ureigenen deutschen, aber vor allen Dingen auch europäischen Interesse.

Wir haben eine Reihe von Entwicklungspunkten auf unserer G7-Agenda, die sich im Wesentlichen mit Fragen der Gesundheit beschäftigen. Hier an dieser Stelle möchte ich nur eine Initiative erwähnen: Welche Lektion haben wir aus der schrecklichen Ebola-Krise gelernt? Ich glaube, das weltweite System internationaler Organisationen muss sich darauf einstellen, auf solche Epidemien schneller und effizienter reagieren zu können, und die G7 können hierzu einen wichtigen Beitrag leisten. Genauso sind wir erfreut, dass wir die Wiederauffüllungskonferenz für die Impfallianz GAVI in Deutschland sehr erfolgreich abschließen konnten.

Im Mittelpunkt unserer bisherigen Diskussionen haben in der Tat die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Sicherheit gestanden. Es ist in der Tat so: Deutschland feiert in diesem Jahr den 25. Jahrestag der Wiedervereinigung Deutschlands. Dies wäre ohne die Vereinigten Staaten von Amerika, ohne unsere transatlantischen Partner, nicht möglich gewesen, und wir werden immer dankbar dafür sein. Das ist auch ein Beispiel dafür, dass es sich lohnt, über Jahrzehnte zu seinen Werten zu halten, dazu zu stehen und nicht aufzugeben, sondern Ziele langfristig zu verfolgen.

Ich glaube, wir sind, nachdem wir in den 90er-Jahren vielleicht dachten, dass sich die Dinge auf der Welt einfacher entwickeln würden, heute wieder mit einer Vielzahl von Problemen und Konflikten konfrontiert. Wir arbeiten gemeinsam in Afghanistan; darüber haben wir gesprochen. Deutschland hat sich entschieden, auch im Kampf gegen die Terrororganisation IS Hilfe zu leisten, auch Waffenlieferungen zu leisten und die Ausbildung in Erbil voranzubringen. Auch hierbei arbeiten wir sehr eng zusammen, genauso bei der Verhandlung über das iranische Nuklearprogramm, hinsichtlich dessen ja jetzt auch entscheidende Phasen der Verhandlungen stattfinden.

Einen besonderen Schwerpunkt hat die aktuelle Situation in dem Konflikt zwischen der Ukraine und Russland eingenommen. Wir vertreten die gleichen Prinzipien der territorialen Integrität. Als jemand, der aus Europa kommt, kann ich nur sagen: Wenn wir diese territoriale Integrität der Länder aufgeben, dann werden wir die Friedensordnung Europas nicht erhalten können. Deshalb ist dies nicht ein Punkt unter vielen, sondern dies ist ein ganz essentieller Punkt, zu dem wir stehen müssen. Russland hat die territoriale Integrität der Ukraine doppelt verletzt, sowohl im Hinblick auf die Krim als auch im Hinblick auf das, was in der Region Donezk und Lugansk vor sich geht.

Wir sind jetzt aufgefordert, Lösungen zu suchen, aber nicht im Sinne einer Vermittlung, sondern im Sinne der Interessen der europäischen Friedensordnung. Das ist auch das, was der französische Präsident und ich in den letzten Tagen versucht haben und auch weiterhin versuchen. Ich bin dankbar, dass es in dem gesamten Zeitraum des Ukraine-Konflikts eine ganz, ganz enge Abstimmung zwischen den Vereinigten Staaten und Europa bezüglich der Sanktionen und bezüglich der diplomatischen Initiativen gab. Das wird auch so fortgeführt. Ich glaube, das ist eine der wichtigsten Botschaften, die wir auch in Richtung Russland senden müssen.

Wir setzen weiter auf eine diplomatische Lösung, obwohl wir schon viele Rückschläge erlitten haben, und werden in diesen Tagen sehen, ob auf allen Seiten die Bereitschaft zu solch einer Lösung vorhanden ist. Ich habe immer wieder gesagt: Eine militärische Lösung sehe ich nicht, aber wir müssen halt auch mit allem Nachdruck an einer diplomatischen Lösung arbeiten.

Insgesamt haben wir also eine Vielzahl von Themen besprochen. Wir werden sicherlich beim Mittagessen noch das Thema des Klimaschutzes sowie die Fragen der nachhaltigen Entwicklung und der Entwicklungsziele miteinander besprechen können. Insofern danke ich für die enge Partnerschaft, die enge Abstimmung und die Möglichkeit, sich heute hier auszutauschen. Ich glaube, dass wir im Rückblick eben nicht nur sagen können, dass die Vereinigten Staaten uns, Deutschland, dabei geholfen haben, dass wir heute ein wiedervereinigtes, ein freies Land sind, sondern dass wir auch sagen können: Wir arbeiten eng zusammen, wenn es heute darum geht, die Konflikte der Welt, die leider sehr zahlreich sind, zu lösen, und wir werden das auch in Zukunft tun. Danke für die Gastfreundschaft!

Frage: Sie haben betont, dass Europa und die Vereinigten Staaten bei den Sanktionen und beim Thema Ukraine gemeinsam vorgehen müssen. Es gibt auch die Diskussion darüber, letale Ausrüstung an die Ukraine zu liefern. Das war auch am Wochenende ein Thema. Ist es so, dass einer den guten Polizisten und der andere den schlechten Polizisten spielt, oder ist das eher eine pragmatische Lösung, was die Situation vor Ort betrifft?

Wenn es nicht zu einer Einigung kommen sollte, wozu käme es dann danach? Gibt es dann breiter angelegte Sanktionen? Warum sollten weiter gefasste Sanktionen die Meinung des russischen Präsidenten ändern, wenn das bis heute noch nicht der Fall gewesen ist?

P Obama: Gut, ich werde mit der breiter gefassten Frage beginnen: Angela und ich haben beide betont, dass die Perspektive einer militärischen Lösung dieses Problems immer niedrig gewesen ist. Russland hat natürlich ein außerordentlich starkes Militär. Die Grenze entlang der Ukraine ist sehr lang. Es gibt auch eine lange Geschichte zwischen der Ukraine und Russland. Wenn Russland fest dazu entschlossen ist, vorzugehen, dann wird die ukrainische Armee wenige Möglichkeiten haben.

Wir haben jedoch immer Folgendes gesagt: Wenn die Staatengemeinschaft zusammenbleibt und einig ist, dann können die Kosten höhergeschraubt werden, was die Verletzung der territorialen Integrität anbetrifft. Russland hat für das Vorgehen in der Ukraine und auch vorher auf der Krim auch sehr hohe Kosten in Kauf nehmen müssen. Wir haben Präsident Putin natürlich nicht davon abgehalten beziehungsweise ihn davon überzeugt, den Weg zu ändern. Aber wir haben durch die getroffenen Maßnahmen messbare Auswirkungen auf die russische Wirtschaft erzielt. Das wird weiterhin der Fall sein. Ich habe die Hoffnung, dass durch diese diplomatischen Anstrengungen die Kosten hoch genug sein werden, sodass auch Präsident Putin eine diplomatische Lösung vorzieht.

Ich werde keine Prognose wagen, ob die Sanktionen erfolgreich sein werden. Wenn es zum Erfolg kommen wird, dann wird das sicherlich auch mit der außerordentlichen Geduld und den Anstrengungen von Bundeskanzlerin Merkel und ihres Teams zu tun haben. Aber wenn wir keinen Erfolg sehen werden, dann werden wir die Kosten noch höher gestalten. Wir sind uns bei diesem Thema auch weiterhin einig, was die Vereinigten Staaten und die Europäer betrifft.

Wenn die Diplomatie scheitert, dann werden wir sämtliche Möglichkeiten auswerten, welche weiteren Schritte dann unternommen werden können, damit sich das Kalkül von Herrn Putin ändert. Die Möglichkeit letaler Verteidigungswaffen wird dann auch bewertet werden. Ich habe dazu noch keine Entscheidung getroffen. Ich habe mit Angela darüber diskutiert und werde auch die Gespräche mit weiteren Bündnispartnern fortsetzen. Es geht nicht darum, dass die Ukraine beim Vorgehen gegen das russische Heer den Sieg davontragen könnte. Nein, es geht um mögliche weitere Schritte, damit die Verteidigungskapazität der Ukraine aufgebaut werden kann, gerade angesichts dieser Aggression der Separatisten. Aber ich möchte betonen, dass die Entscheidung noch nicht getroffen worden ist.

Ein wichtiges weiteres Thema ist das weitere Funktionieren der ukrainischen Wirtschaft. Der Präsident und der Ministerpräsident der Ukraine können die Reformanstrengungen durch unsere Zusammenarbeit und unsere Anstrengungen fortsetzen. Wir sehen die Konturen eines Pakets mit dem IWF, der Europäischen Union und mit weiteren Partnern, sodass die ukrainische Wirtschaft unterstützt werden kann und sie etwas Spielraum für weitere Reformen sowie Korruptionsbekämpfungsmaßnahmen hat. Es ist auch sehr wichtig, dass wir der Ukraine dabei helfen, wirtschaftlichen Erfolg zu haben; denn so werden die Menschen spüren, dass die Reformen in der Ukraine greifen.

Wenn dieses Experiment scheitert, dann wird das große Projekt einer unabhängigen Ukraine auch scheitern. Aus diesem Grunde ist es wichtig, dass wir diese Hilfsmaßnahmen leisten. Aber wenn in dieser Woche die Diplomatie scheitern sollte, dann wird es weiterhin Einigkeit und ein abgestimmtes Vorgehen zwischen den Vereinigten Staaten und Europa geben. Das wird sich nicht ändern. Es wird vielleicht taktische Unterschiede geben, vielleicht auch nicht, aber was das Grundprinzip angeht, dass wir für die Ukraine auf der Basis der territorialen Integrität und Souveränität einstehen müssen, stehen wir weiterhin dafür ein.

BK'in Merkel: Der französische Präsident und ich haben uns entschlossen, noch einmal einen Versuch zu unternehmen, diplomatisch voranzukommen. Es gibt das Minsker Abkommen. Das Minsker Abkommen ist nicht umgesetzt worden. Im Gegenteil: Die Situation hat sich verschlechtert. Es wird jetzt die Möglichkeit bestehen, noch einmal zu versuchen, einen Waffenstillstand und auch Bedingungen zu erreichen, unter denen nicht jeden Tag Menschen sterben müssen und es zivile Opfer und andere Opfer gibt. Ich glaube, es ist den Versuch wert, und ich bin auch sehr dankbar, dass wir das in großer Gemeinsamkeit tun. Ich persönlich würde mir jedenfalls große Vorwürfe machen, wenn man es nicht versucht hätte.

Dennoch ist der Erfolg alles andere als sicher; auch das muss ich heute wieder sagen. Deshalb ist es auch richtig, wenn man erkennen muss, dass ein weiterer und auch ein mit großem Nachdruck vorgetragener Erfolg nicht möglich ist, dass Europa dann gemeinsam mit den Vereinigten Staaten von Amerika nach Möglichkeiten sucht, wie wir darauf reagieren. Ich will nur darauf hinweisen, dass die europäischen Außenminister schon letzte Woche beschlossen haben, die Kommission wieder zu beauftragen, über weitere Sanktionen nachzudenken.

Ich bin bei der Frage, was wirkt und was nicht wirkt, manchmal ein bisschen erstaunt. Ich will einmal an das Beispiel Iran denken. Dort gibt es jetzt seit einem sehr langen Zeitraum Sanktionen, und die werden eigentlich nicht infrage gestellt. Ich glaube, sie sind auch bei dem jetzigen Verhandlungsprozess im Zusammenhang mit dem Nuklearprogramm des Iran hilfreich. Deshalb ist es aus meiner Sicht eben auch richtig, dass wir die Kosten für Russland immer wieder höhergesetzt haben, weil wir wirtschaftlich sehr stark sind und weil wir auf der anderen Seite sehen, dass Russland dadurch auch beeinflusst wird. Deshalb stehe ich zu 100 Prozent zu diesem Weg.

Was die Waffenexporte anbelangt, habe ich ja meine Meinung gesagt. Aber wovon Sie ausgehen können, ist, dass die Allianz zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Europa in jedem Falle weiter bestehen wird, selbst wenn es in einzelnen Fragen unterschiedliche Meinungen gibt. Diese Partnerschaft - ob es jetzt um die Ukraine und Russland geht, ob es um die Frage der Bekämpfung des internationalen Terrorismus geht oder ob es um andere Fragen geht - ist nämlich eine Partnerschaft, die über jeder anderen Partnerschaft steht. Wir sind in Europa sehr eng zusammen, aber die transatlantische Partnerschaft ist für Deutschland unverzichtbar und wird es auch in jedem Falle bleiben. Das darf ich, glaube ich, auch im Namen der Kollegen aus der Europäischen Union sagen.

Frage: Herr Präsident, Sie haben gesagt, Sie haben noch keine Entscheidung darüber getroffen, ob Waffen an die Ukraine geliefert werden. Welche rote Linie müsste denn überschritten sein, damit Sie sich für eine Aufrüstung der ukrainischen Armee entscheiden würden? Was versprechen Sie sich davon? Die Bundeskanzlerin sagt ja, das würde alles noch viel schlimmer machen.

Was kann der Friedensnobelpreisträger Obama persönlich tun, damit dieser Konflikt mit Putin entschärft wird?

Frau Bundeskanzlerin, Präsident Putin hat heute noch einmal gefordert, dass die Regierung in Kiew direkt mit den Separatisten verhandelt. Wann halten Sie diesen Zeitpunkt für gekommen?

Hat bei all den großen Themen, die Sie zu besprechen hatten, eigentlich der Vertrauensbruch im deutsch-amerikanischen Verhältnis durch die NSA-Affäre heute noch eine Rolle gespielt?

P Obama: Möchtest du anfangen, Angela?

BK'in Merkel: Ich kann gerne beginnen. Die Frage der Einschätzung bestimmter Maßnahmen ist ja jetzt ausgetauscht worden. Der amerikanische Präsident hat noch keine Entscheidung getroffen. Wichtig für mich ist in diesen Tagen: Wir stehen total zusammen, was die Frage eines neuen Anlaufs diplomatischer Bemühungen anbelangt. Wir halten uns informiert. Wir sind in engem Kontakt. Niemand wünscht sich den Erfolg mehr als wir, die wir hier stehen. Das würde dann allerdings auch bedeuten, dass wir nicht nur einen Waffenstillstand haben, sondern auch darüber hinaus versuchen, bestimmte Regelungen zu treffen.

Sie haben eben davon gesprochen, dass der russische Präsident sagt, es müsse direkte Kontakte geben. Ich will darauf hinweisen: Diese direkten Kontakte gibt es bereits durch die trilaterale Kontaktgruppe mit Vertretern aus Donezk und Lugansk. Das Problem der letzten Tage und der letzten Zusammentreffen bestand eher darin, dass wenig dabei herausgekommen ist, wenn man sich überhaupt gesehen hat, und dass Vertreter aus Donezk und Lugansk zum Teil auch überhaupt nicht angereist sind.

Für mich ist wichtig - das war ja ein Kernelement des Minsker Abkommens -, dass es lokale Wahlen nach ukrainischem Recht gibt, mit denen dann Autoritäten in der dortigen Region bestimmt werden. Dafür hat der ukrainische Präsident durch das spezielle Gesetz zum Status von bestimmten Regionen in den Oblasten Lugansk und Donezk im Grunde auch die Vorentscheidung getroffen. Diese Wahlen sind sicherlich ein ganz wichtiger Punkt, um dann zu sagen: Dann kann es vielleicht auch ohne trilaterale Kontaktgruppe Kontakte geben. Das ist jetzt Gegenstand der vielen Gespräche, die wir zu führen haben. Aber ich kann die ukrainische Seite sehr gut verstehen, dass sie auf dem Gebiet, das ihre territoriale Integrität ausmacht, auch Wahlen nach ukrainischem Recht durchführen will. Präsident Putin hat ja immer wieder betont, dass er die territoriale Integrität der Ukraine auch möchte, was Donezk und Lugansk anbelangt.

Was die Zusammenarbeit insgesamt und die Frage der NSA anbelangt, gibt es, glaube ich, nach wie vor unterschiedliche Einschätzungen in einigen Fragen. Aber wir sehen angesichts der terroristischen Bedrohung, wie eng wir zusammenarbeiten müssen. Ehrlich gesagt: Ich als deutsche Bundeskanzlerin möchte sagen, dass uns die Institutionen der Vereinigten Staaten von Amerika viele wichtige Informationen liefern, die auch etwas mit der Sicherheit Deutschlands zu tun haben. Diese Zusammenarbeit möchten wir nicht missen. Es gibt ansonsten sicherlich die Notwendigkeit, über den Cyber-Dialog und andere Möglichkeiten über das Verhältnis von Freiheit und Datenschutz zu sprechen Aber heute hat für uns der Kampf gegen terroristische Bedrohungen deutlich im Vordergrund gestanden.

P Obama: Was die Lieferung von letalen Waffen an die Ukraine betrifft, möchte ich Folgendes sagen: Wir leisten schon umfassende Unterstützung für das ukrainische Militär. Das ist Teil der Beziehungen zwischen der Nato und der Ukraine. Unser Ziel bestand nie darin, die ukrainischen Streitkräfte so auszurichten, dass sie Offensiven starten können. Es geht vielmehr um die Selbstverteidigung. Präsident Poroschenko hat das auch klargestellt. Er möchte die Gewalt nicht eskalieren lassen. Er ist daran interessiert, dass die internationalen Grenzen seines Landes vom Nachbarn geachtet werden.

Es gibt keinen bestimmten Zeitpunkt, an dem ich dann sage: Ja, gut, ab jetzt liefern wir letale Verteidigungsausrüstung; das ist jetzt angebracht. Nein, das ist eine laufende Analyse über die Möglichkeiten dessen, was wir unternehmen können, um Russland davon zu überzeugen, nicht weiter in das ukrainische Territorium einzugreifen. Dies wird hoffentlich durch diplomatische Mittel geschehen.

Ich möchte heute erneut betonen, nicht nur für das amerikanische Volk, sondern auch für die deutsche Bevölkerung: Wir möchten nicht, dass Russland scheitert. Das ist nicht unser Ziel. Es geht nicht darum, dass wir Russland umkreisen, schwächen und eindämmen. Wir möchten, dass Russland stark, wohlhabend und von sich selbst überzeugt ist. Das ist auch der Leitsatz meiner ersten Amtszeit gewesen. Leider hat Russland eine für sich selbst schlechte strategische Entscheidung getroffen, eine Entscheidung, die nicht nur für Russland schlecht war, sondern auch für Europa und die Welt.

Angesichts dieser Aggressionen und dieser schlechten Entscheidungen können wir nicht einfach versuchen, sie zu überreden. Wir müssen einen Weg aufzeigen. Wir müssen ihnen zeigen, dass die Welt vereint ist und dass die Kosten dann auch höhergesetzt werden. Das werden wir weiterhin tun.

Was die NSA-Frage betrifft, kann ich kurz dazu Stellung nehmen: Die Enthüllungen von Herrn Snowden haben natürlich den Eindrücken in Deutschland geschadet, was gerade auch die amerikanische Regierung und die Zusammenarbeit unserer Nachrichtendienste betrifft. In den letzten 16 oder 18 Monaten habe ich mich dafür eingesetzt, mehr Transparenz zu schaffen, das Vertrauen erneut herzustellen und es zu verbessern - nicht nur mit unseren deutschen Freunden, sondern mit unseren Partnern weltweit. Wir haben beispiellose Maßnahmen ergriffen. Wir wollen gewährleisten, dass unsere Nachrichtendienste nicht-amerikanische Bürger so behandeln, wie das dem Gesetz nach auch angebracht ist. Das habe ich in einem präsidentiellen Erlass so verfügt. Das ist noch nie in den Vereinigten Staaten der Fall gewesen und auch nicht in den meisten Ländern weltweit, was die Nachrichtendienste anbetrifft.

Aber wir müssen uns weiterhin dafür einsetzen, diese Frage zu regeln. Das ist eine sehr komplexe Thematik. Wenn es darum geht, ein Netzwerk und Terroristen zu verfolgen, die Angriffe in New York, Berlin oder Paris durchführen wollen und die in erster Linie im Internet kommunizieren, und wenn wir vor diesem Hintergrund die Möglichkeit haben, einen solchen Angriff zu vereiteln, dann müssen wir das tun. Das bedeutet jedoch auch, dass wir entsprechend im Cyber-Raum vorgehen können. Wir müssen gewährleisten, dass diese Fähigkeit aufrechterhalten wird, und gleichzeitig den Schutz der Privatsphäre der Bürger in unseren Ländern berücksichtigen.

Ich weiß, wie sensibel das Thema ist und wie wichtig das Thema auch angesichts der deutschen Geschichte ist. Ich würde die Deutschen darum bitten, anzuerkennen, dass die Vereinigten Staaten beim Einsatz für die Grundrechte immer an vorderster Front gewesen sind. Es gibt natürlich den Weg nach dem Gesetz. Auch in den letzten 70 Jahren und in den letzten 25 Jahren haben wir uns immer wieder für unsere gemeinsamen Werte eingesetzt und entsprechend gehandelt. Ich möchte auch, dass uns die deutsche Bevölkerung ab und zu das Vertrauen ausspricht und nicht davon ausgeht, dass wir etwas Schlimmes unternehmen. Wir sind konsequente, sehr starke Partner. Wir haben gemeinsame Werte. Wenn wir dieses grundlegende Vertrauen haben, dann wird es immer wieder Zeiten geben, in denen es Meinungsverschiedenheiten gibt. Fehler gibt es ab und zu auf beiden Seiten. Es gibt auch Irritationen. Das gibt es unter Freunden. Aber die Grundlage für die Beziehungen bleibt weiterhin solide.

Frage: Die Chefunterhändler bei den Verhandlungen mit dem Iran haben zwei Fristen versäumt. Sollte die Frist im März die endgültige sein? Unter welchen Umständen wäre es auch angebracht, diese Gespräche fortzusetzen?

Herr Präsident, einige haben gesagt, dass Sie sich über die Entscheidung des israelischen Ministerpräsidenten, eine Rede vor dem Kongress zu halten, sehr geärgert haben. Ist das der Fall gewesen? Was würden Sie den Demokraten raten, die die Rede eventuell boykottieren möchten?

P Obama: Zunächst möchte ich Folgendes sagen: Von Anfang an haben wir verstanden, dass angesichts der Komplexität der Themen und auch des Mangels an Vertrauen Zeit notwendig sein würde. Das ist bei der iranischen Nuklearfrage einfach der Fall gewesen. Wir wussten eigentlich von Vornherein, obwohl es diese Übergangsvereinbarung gegeben hat, dass wir mehr Zeit brauchen würden.

Die gute Nachricht besteht darin, dass ernsthafte Gespräche stattgefunden haben. Wir haben diese Zeit gut genutzt. Fragen sind klargestellt worden. Wir sind einander näher gekommen. Die Iraner haben diese Vereinbarung eingehalten. Es ist nicht so, dass man sagt, dass man durch Gespräche, durch das Reden eine Verzögerung erzielt hat und dieses Programm weiter vorangebracht wurde. Nein, wir wissen, dass das Programm eingefroren ist und der Iran früher 20 Prozent angereichertes Uran hatte, was nicht mehr der Fall ist. Aus diesem Grunde ist der heutige Stand besser als der vor der Vereinbarung.

Die Fragen sind vor diesem Hintergrund klar genug, dass der Zeitpunkt für eine Entscheidung gekommen ist. Wir gehen vereint vor. Die P5+1-Gruppe - auch mit der Unterstützung einer Koalition von Ländern weltweit - legt eine Abmachung auf den Tisch, wonach es möglich wäre, die Kernenergie für friedliche Zwecke zu nutzen, und wir hätten dabei auch die verifizierbare Zusage, dass der Iran keine Atomwaffe entwickelt. Wenn es stimmt, wie die Führung des Iran sagt, dass die Iraner das nicht anstreben, weil das im Gegensatz zu ihrem religiösen Glauben stehe, sollte es vor diesem Hintergrund möglich sein, Ja zu sagen. Aber wir wissen nicht, ob es dazu kommen wird.

Es gibt dort natürlich die Konservativen. Es gibt die politischen Umstände. Zu diesem Zeitpunkt bin ich noch nicht davon überzeugt, dass die Fortsetzung der Gespräche nützlich sein würde, wenn man nicht davon überzeugt ist. Die Staatengemeinschaft braucht eben doch den Beweis, dass der Iran keine Atomwaffen anstrebt. Wenn Klarheit herrscht, was notwendig ist, und wenn noch einige Formulierungen verbessert werden müssen, dann ist das eine andere Sache. Aber das ist eben heute meine Perspektive, und das habe ich dem Kongress auch so mitgeteilt. Wir haben genügend Informationen. Es gibt keine technischen Fragen mehr. Die offene Frage ist, ob der politische Wille im Iran besteht, eine Vereinbarung zu erzielen.

Es wäre nicht möglich gewesen, zu diesem Punkt zu kommen, wenn es nicht diese unglaubliche Einheit und auch die enge Abstimmung mit Deutschland sowie den anderen P5+1-Ländern gegeben hätte. Russland gehört auch dazu. Das ist ein Bereich, in dem Russland eine konstruktive Rolle gespielt hat. China hat auch eine konstruktive Rolle hierbei gespielt. Es hat keine Risse gegeben, gerade nicht auf unserer Seite des Tisches bei der P5+1-Gruppe. Wir gehen bei der Problemlösung vernünftig vor.

Was Ministerpräsident Netanjahu betrifft - das habe ich schon häufig gesagt -, sind wir ständig miteinander im Gespräch. Wir führen regelmäßig Abstimmungen durch. Wir haben in den Vereinigten Staaten die folgende Praxis, dass wir zwei Wochen vor Wahlen nicht mit Spitzenpolitikern zusammentreffen. Ich habe Angela sehr gerne, aber wenn in zwei Wochen Bundestagswahlen stattfinden würden, hätte sie wahrscheinlich keine Einladung in das Weiße Haus erhalten. Sie hätte wahrscheinlich auch nicht darum gebeten. Das hat zum Teil damit zu tun, wie wir in den Vereinigten Staaten vorgehen.

Es ist sehr wichtig, dass wir diese Protokolle einhalten; denn in den Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Israel geht es nicht um eine bestimmte Partei. Es geht nicht um die enge Abstimmung oder die Freundschaft zwischen Parteien in unseren Ländern. Es geht um die amerikanisch-israelischen Beziehungen. Das geht über Parteigrenzen hinweg. Es geht auch um diese Bande zwischen unseren Ländern, die unzertrennlich sind. Es ist wichtig, dass dieser Standpunkt aufrechterhalten wird. Dabei darf es auch keine Einmischung aus der Parteipolitik geben. Das ist manchmal die Wahrnehmung, und wir müssen uns davor in Acht nehmen.

Der Ministerpräsident und ich haben grundlegende Meinungsverschiedenheiten, was Sanktionen gegen den Iran anbetrifft. Das habe ich in aller Deutlichkeit gesagt. Angela ist meiner Meinung, David Cameron ist meiner Meinung, und die anderen, die mit am Tisch sind, sind auch dieser Meinung. Es ist nicht sinnvoll, die Verhandlungen nur einen Monat vor der Frist zu verderben. Wir sollten versuchen, die Verhandlungen fortzusetzen. Wenn es zu einer Einigung kommen sollte, dann sollten wir diese Chance nutzen. Wenn es nicht zu einer Einigung kommen sollte, dann müssen wir anders vorgehen.

Ich habe dem Kongress gesagt: Ich werde sehr gerne mit ihm zusammenarbeiten, um strengere Schritte gegen den Iran einzuleiten. Aber warum hat man es so eilig - es sei denn, man vertritt die Perspektive, eine Vereinbarung mit dem Iran sei nicht möglich und wir dürften diesen Versuch nicht einmal wagen? Ich darf überhaupt nicht dieser Meinung sein, denn als Präsident der Vereinigten Staaten muss ich die Optionen für den Fall erwägen, dass es nicht zu einer diplomatischen Lösung kommen sollte. Sie sind nicht attraktiv und nicht im Interesse der Vereinigten Staaten oder im Interesse Israels, obwohl ich natürlich nicht im Namen der israelischen Regierung sprechen kann. Es ist sehr viel besser, wenn es zu einer diplomatischen Lösung kommt. Es gibt substanzielle Unterschiede, aber das ist ganz von dem Thema des Besuchs von Herrn Netanjahu hier in Washington getrennt.

Frage: Frau Merkel, Sie haben eben gesagt, die Frage sei, was in Bezug auf die Ukraine wirke. Die Diplomatie - das haben Sie auch gesagt - hat bisher keine wirklichen Fortschritte oder großen Fortschritte erbracht. Können Sie ein bisschen die Ungeduld der Amerikaner verstehen, die sagen, jetzt sollten endlich Waffen geliefert werden? Was macht Sie zuversichtlich, dass das mit der Diplomatie in den nächsten Tagen oder Wochen besser werden wird?

Ich muss Sie nach der jüngsten Äußerung des griechischen Ministerpräsidenten, der gesagt hat "Wir beenden das jetzt mit den Hilfsprogrammen, und ich halte mich an die Wahlversprechen, die ich da gegeben habe", natürlich auch zum Thema Griechenland fragen: Wie stellen Sie sich die weitere Zusammenarbeit mit Griechenland vor?

Herr Präsident, es gibt doch relativ großen Druck auch vonseiten Ihrer Regierung oder einzelner Mitglieder Ihrer Regierung, die sagen, es sollten wirklich Waffen an die Ukrainer geliefert werden. Sie sagten eben auch an die Adresse von Putin, der Preis solle hochgetrieben werden, damit eingelenkt wird. Sie haben auch sehr klar gesagt, dass alle Optionen auf dem Tisch lägen, also auch die Lieferung von Waffen. Was macht Sie sicher oder wie können Sie garantieren, dass diese Waffen nur in die Hände der regulären ukrainischen Armee und nicht zum Beispiel auch in die Hände von ukrainischen Freischärlern oder Freiwilligenverbänden kommen, denen Amnesty International und viele andere vorwerfen, Menschenrechtsverstöße begangen zu haben?

BK'in Merkel: Bei politischen Konflikten, wie es sie hier zwischen Russland und der Ukraine gibt, aber auch in vielen anderen Konflikten ist es doch immer wieder richtig, noch einmal und noch einmal zu versuchen, diesen Konflikt zu lösen. Wir haben jetzt lange über die Iran-Frage gesprochen. Da wird auch erwartet, dass man es immer wieder versucht. Dann gibt es einen Punkt, an dem man sagt: Jetzt haben wir eigentlich alles auf dem Tisch, es dreimal nach vorne und nach hinten besprochen. Dann muss man weiter nachdenken. Aber wenn ich allein nur den Nahost-Konflikt nehme: Wie viele haben schon versucht, diesen Konflikt zu lösen? Ich habe jeden Versuch begrüßt und werde ihn auch weiter begrüßen. Ich werde mich daran beteiligen und sagen: Es ist die Sache jedes Mal wert. Bei so einer Situation, wie wir sie jetzt haben, in der jede Nacht viele Menschen sterben, in der wir die Bilder von zivilen Opfern und davon sehen, wie die Menschen dort leben, ist es doch unsere Pflicht - dafür sind wir Politiker - es wieder und wieder zu versuchen, ohne irgendeine Garantie dafür zu haben, dass plötzlich alle einlenken.

Aber ich bin - ich muss es noch einmal sagen - ja unter Umständen aufgewachsen, unter denen man gesagt hat: In deinem Leben wirst du wahrscheinlich nie die deutsche Einheit erreichen. Wer hat denn noch daran geglaubt? Die Leute, die in Westdeutschland gesagt haben "Wir müssen die deutsche Staatsbürgerschaft auch für die DDR-Bürger aufrechterhalten", sind mehr und mehr kritisiert und als Ewiggestrige bezeichnet worden - interessanterweise noch kurz vor dem Fall der Mauer. Als Präsident Reagan gesagt hat "Mr. Gorbatschow, reißen Sie diese Mauer auf!", haben viele gefragt "Wie kann der Mann das sagen?". War es richtig? Ja, es war richtig!

Wir haben keine Garantie. Ich kann Ihnen für Mittwoch keine geben und ich kann Ihnen für Freitag keine geben, und es gibt gute Gründe zu sagen: Es wird vielleicht nichts. Dann sind wir wieder aufgefordert, zu sagen: Was überlegen wir uns jetzt? Da wir uns jedes Mal die Schritte überlegt haben, werden wir es auch diesmal tun. Dabei sind doch viele Dinge zu bedenken, und ich bin sehr froh, dass wir auch gegenüber dem amerikanischen Präsidenten alles an Pro und Kontra benennen können. Ich habe meine Meinung dazu ja jetzt auch in München klar gesagt. Aber trotz alledem ist es so, dass wir es dann auch weiter versuchen werden. Ich glaube, dafür hat man den Beruf des Politikers gewählt. Andere müssen andere Dinge versuchen. Forscher müssen andauernd überlegen, ob sie etwas Neues entdecken. Politiker müssen schauen, dass sie Konflikte lösen und dass es den Menschen bei ihnen zuhause gut geht. Das ist unsere Aufgabe. Aber eine Garantie dafür, dass es jetzt irgendwann zu 100 Prozent so werden wird, wie wir uns das vorstellen, haben wir nicht.

Zu Griechenland: Es ist so, dass am Mittwoch ein Treffen der Eurogruppe stattfinden wird. Ich glaube, das, was zählt, ist das, was Griechenland bei diesem Treffen der Eurogruppe oder ein paar Tage später auf den Tisch legen wird. Deutsche Politik - ich habe das seit 2010 immer und immer wieder gesagt - ist darauf ausgerichtet, dass Griechenland Mitglied des Euroraums bleibt. Die Grundlagen unserer Politik und die Prinzipien sind immer die gleichen: eigene Anstrengungen und auf der anderen Seite Solidarität. Die Troika - die drei Institutionen IWF, EZB und Europäische Union - hat Programme vereinbart, und diese Programme sind die Grundlage, auf der wir diskutieren. Aber ich habe immer wieder gesagt: Ich warte darauf, dass Griechenland mit einem belastbaren Vorschlag kommt, und dann werden wir darüber reden.

P Obama: Angela hat es richtig gesagt: Es gibt zu keinem Zeitpunkt Garantien, dass ein bestimmter Ansatz erfolgreich sein wird. Ich habe immer wieder Folgendes gesagt: Wenn eine Frage meinen Schreibtisch erreicht, dann ist es automatisch ein sehr schwierig zu lösendes Problem; denn sonst hätte ich gar nicht davon gehört.

Die Fragen, die Sie angesprochen haben - ob letale Verteidigungsausrüstung nicht in die falschen Hände gelangt, ob es nicht zu mehr Aggression kommt, ob das auf der ukrainischen Seite nachhaltig sein kann, was die Folgen für die Separatisten und die Russen angeht -, sind alles Punkte, die man abwägen muss. Bei meiner Entscheidungsfindung stelle ich mir immer wieder die Frage: Ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass ein bestimmter Ansatz wirksam sein wird? Bei unseren Gesprächen geht es doch eben darum.

Folgendes kann ich mit Sicherheit sagen: Die Vereinigten Staaten und Europa haben nicht einfach zugeschaut. Wir haben enorme Anstrengungen unternommen und sehr viel investiert. Finanzielle Mittel, politisches Kapital und auch Diplomatie sind von uns eingesetzt worden, um dieses Problem zu lösen. Die Menschen in der Ukraine können zuversichtlich sein. Wir standen und stehen an ihrer Seite. Vizepräsident Biden und Außenminister Kerry haben unzählige Stunden mit dieser Frage verbracht. Angela und ihr Team auf der deutschen Seite haben das ebenfalls getan. Wir haben noch nicht das Ergebnis, das wir gerne sehen möchten. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Druck im Laufe der Zeit nach und nach nichts bewirkt. Es gibt einige in Russland, die durchaus erkennen, dass der eingeschlagene Weg für die russische Wirtschaft desaströs gewesen ist. Präsident Putin muss auch diesen Punkt mit einbeziehen. Aber bis es zur Problemlösung kommt, müssen wir unterschiedliche Ansätze verfolgen, um festzustellen, ob wir ein besseres Endergebnis erzielen können.

Folgendes weiß ich mit Sicherheit: Wir werden nicht erfolgreich sein, wenn wir nicht diese starke transatlantische Realität aufrechterhalten. Das ist natürlich der Grundstein unserer nationalen Sicherheit in den letzten 70 Jahren gewesen. Ich bin zuversichtlich, dass ich dabei mit Angela eine großartige Partnerin habe. Dankeschön!

Montag, 9. Februar 2015

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Quelle:
Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und US-Präsident Obama, 09.02.2015
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/02/2015-02-09-merkel-obama.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Februar 2015

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