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PRESSEKONFERENZ/883: Regierungspressekonferenz vom 3. November 2014 (BA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 3. November 2014
Regierungspressekonferenz vom 3. November 2014

Themen: sogenannte Wahlen in Lugansk und Donezk, Äußerungen von Premierminister Cameron beim Europäischen Rat, geplantes Ausbildungszentrum der Bundeswehr im Nordirak, Bundeswehrreform, Äußerungen von Bundespräsident Gauck zur Regierungsbildung in Thüringen, Streikdrohungen der GDL, Nutzung von Daten der Pkw-Maut für die Strafverfolgung, Arbeitsprogramm "Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung", WLAN-Störerhaftung

Sprecher: StS Seibert, Chebli (AA), Roth (BMVg), Rudolph (BMVI), Plate (BMI), Braams (BMWi)



Vorsitzende Sirleschtov eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich wollte einige Sätze zu dem sagen, was am Wochenende in den Bezirken Lugansk und Donezk als sogenannte Wahlen stattgefunden hat.

Die Bundesregierung erkennt diese gestern abgehaltenen illegitimen Wahlen nicht an. Wir befinden uns darüber in völliger Einmütigkeit mit unseren europäischen Partnern.

Der wesentliche Punkt ist: Diese sogenannten Wahlen widersprechen dem Buchstaben und dem Geist der Minsker Vereinbarungen, und sie sind weder im Einklang mit dem ukrainischen Recht noch mit der ukrainischen Verfassung durchgeführt worden. Sie können deswegen keinerlei rechtliche Relevanz entfalten und daher auch nicht zur Stabilisierung der Lage oder zur Stärkung der territorialen Integrität beitragen. Im Gegenteil: Sie erschweren die Krise erneut.

Die Abstimmungen sind zudem nach dem, was uns an Erkenntnissen bisher vorliegt, in der Durchführung überaus fragwürdig gewesen. Es ist da von fehlenden Wahllisten die Rede. Die Wahlbezirke sind nicht klar identifiziert gewesen. Die Angaben zur Wählerbeteiligung liegen zum Teil über der Anzahl der Bevölkerung, die nach den Kampfhandlungen noch in den von den Separatisten besetzten Gebieten lebt. Teils sind Ergebnisse auch schon vor der Auszählung bekannt gegeben worden, was eine besondere Form von Demokratieverständnis verrät.

Es ist umso unverständlicher, dass es offizielle russische Stimmen gibt, die diese sogenannten Wahlen entweder respektieren oder anerkennen. Das widerspricht dem Bemühen, über eine Umsetzung der Minsker Vereinbarungen vom 5. September dieses Jahres zu einer Verbesserung der Lage in der Ukraine zu kommen. Es bleibt daher die dringende Forderung der Bundesregierung an Russland, alles für die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen, des Minsker Protokolls, und für die Umsetzung eines umgehenden Waffenstillstands zu tun. Dieser Konflikt muss unter Wahrung der territorialen Integrität der Ukraine beendet werden.

Frage: Herr Seibert, Sie haben eine ganze Reihe von Argumenten angeführt. Warum meint denn die Bundesregierung, dass diese Wahlen in Donezk und Lugansk insbesondere gegen das Minsker Protokoll verstoßen?

StS Seibert: Der Blick ins Minsker Protokoll macht an mehreren Stellen klar, warum das so ist. Im Minsker Protokoll ist davon die Rede, dass die Durchführung der vorgezogenen Lokalwahlen im Einklang mit dem Gesetz der Ukraine sicherzustellen ist. Dieses ist nicht geschehen.

Es gibt noch mehrere Gründe, die man im Minsker Protokoll sozusagen herunterzählen kann. Es ist jedenfalls ein ganz klarer Eindruck, und das ist nicht nur der Eindruck der Bundesregierung, es ist auch der Eindruck der Europäischen Union, wie ihn die Hohe Beauftragte, Frau Mogherini, ja auch geäußert hat.

Frage: Herr Seibert, hat die Bundesregierung eigene Erkenntnisse über größere Truppenbewegungen auf russischer Seite?

StS Seibert: Ich kann von solchen Erkenntnissen nicht berichten. Es gibt diese Berichte. Das müssen wir natürlich sehr eingehend beobachten. Es macht auch Sorge. Aber ich habe solche Erkenntnisse hier nicht zu berichten.

Frage: Welche Folgen sollte denn dieser Verstoß gegen die Minsker Erklärung haben? Kommt da als Möglichkeit auch die Verschärfung der Sanktionen in Betracht?

StS Seibert: Zunächst einmal ist die Folge ganz klar die Nichtanerkennung dieser illegitimen Wahlen, die aus unserer Sicht eben auch keinerlei rechtliche Relevanz entfalten können. Ich denke, das ist eine ganz klare Folge.

Was die Frage der Sanktionen anbelangt, wird die Bundesregierung zusammen mit den europäischen Partnern die Lage weiter beobachten. Was wir jetzt haben, die Durchführung dieser sogenannten Wahlen in den Separatistengebieten, die Berichte, über die gerade gesprochen wurde, über eine erneute Verlegung von Kämpfern und von Waffen von Russland in Richtung Lugansk und Donezk, die erneute Durchführung eines russischen Konvois ohne vorherige Abstimmung mit der Regierung in Kiew - das alles sind ja Maßnahmen, die eine vorzeitige Aufhebung schon verhängter Sanktionen jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt ausschließen.

Ich möchte hier wiederholen, was auch immer schon von uns verdeutlicht wurde: Wenn sich die Lage verschärft, dann kann es auch erforderlich werden, über eine erneute Verschärfung von Sanktionen nachzudenken.

Frage: Herr Seibert, Sie haben gesagt, wenn sich die Lage verschärft, dann kann man über neue Sanktionen nachdenken. Hat sich mit den letzten Entwicklungen die Lage jetzt verschärft oder nicht?

StS Seibert: Wir bedauern diese Entwicklung dieses Wochenendes, weil diese sogenannten Wahlen in der Art und Weise, wie sie abgehalten worden sind, erkennbar kein Schritt sind, um Frieden und Stabilität in die Ostukraine zu bringen.

Darüber hinaus beobachten wir die Lage weiter und werden mit den europäischen Partnern zusammen dann auch evaluieren, was das für Sanktionen heißt.

Frage: Herr Seibert, können Sie bitte den "Spiegel"-Bericht bestätigen, dass Frau Merkel David Cameron Bescheid gesagt hat, dass für sie eine Quote für EU-Zuwanderer eine rote Linie wäre?

Wie groß sind die Sorgen im Kanzleramt über Londons Position zur Frage EU-Zuwanderung im Moment?

StS Seibert: Die Bundesregierung vertritt bei diesem Themenkomplex seit Jahr und Tag dieselbe Linie. Es ist zunächst einmal Sache Großbritanniens, sich darüber klar zu werden, welche Rolle es künftig in der Europäischen Union spielen will.

Das ist im Übrigen - und das ist wichtig in diesem Zusammenhang - auch keine bilaterale Angelegenheit zwischen Deutschland und Großbritannien, sondern das ist eine Angelegenheit zwischen Großbritannien und all seinen europäischen Partnern mit Auswirkungen auf alle europäischen Partner.

Was uns, die Bundesregierung, betrifft, so wünschen wir uns ein aktives, ein engagiertes Großbritannien in einer starken Europäischen Union. Das hat die Bundeskanzlerin auch in der Vergangenheit immer wieder sehr klar betont. Ich erinnere an ihre Rede im britischen Parlament Anfang dieses Jahres. Deshalb werden wir selbstverständlich auch immer weiter miteinander im Gespräch bleiben und eng zusammenarbeiten, wo gemeinsame Interessen bestehen.

Bei der Frage der Freizügigkeit kann ich nur auf das verweisen, was die Bundeskanzlerin in der Pressekonferenz nach dem Europäischen Rat in Brüssel sehr deutlich gesagt hat. Sie hat sehr deutlich gemacht, dass auch für uns in Deutschland die Bekämpfung von möglichem Missbrauch dieser Freizügigkeit ein legitimes Interesse ist, ein Interesse, das wir teilen, dass aber das hohe Gut der Freizügigkeit generell nicht angetastet werden darf. Darin sehen wir eine wichtige europäische Errungenschaft. Das ist die Haltung; die hat sich seit dem Europäischen Rat nicht verändert.

Frage: Nun heißt es ja in diesem Bericht, wenn diese Forderung jetzt auf den Tisch käme, dann würde sich die Kanzlerin nicht mehr weiter bemühen, Großbritannien in der EU zu halten; dann war es das. Trifft das zu?

StS Seibert: Wir beschäftigen uns in der Bundesregierung nicht mit hypothetischen Konstellationen, sondern wir arbeiten mit unseren europäischen Partnern daran, dass eine starke Europäische Union allen Nutzen bringt.

Zusatzfrage: Aber eine Quotenregelung für Zuwanderung innerhalb der EU ist für Deutschland nicht verhandelbar?

StS Seibert: Das hohe Gut der Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union ist für Deutschland nicht verhandelbar. Das hat die Bundeskanzlerin gesagt. Sie hat auch gesagt, dass es ein starkes Interesse an einer gemeinsamen Arbeit daran gibt, mögliche Probleme bei der missbräuchlichen Ausnutzung gemeinsam anzugehen. Dazwischen besteht ein Unterschied.

Frage: Herr Seibert, hat es ein Zweiertreffen der Kanzlerin mit Herrn Cameron am Rande des Gipfels gegeben?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin hat ja in ihrer Pressekonferenz in Brüssel selber gesagt, dass sie mit Premierminister Cameron über dieses Thema gesprochen habe.

Frage: Ist überliefert, wie Herr Cameron auf dieses Gespräch und die Markierung dieser roten Linie reagiert hat? Ist man zuversichtlich, dass er mit sich verhandeln lässt, oder war er eher emotional?

StS Seibert: Ich weiß nicht, ob das in Großbritannien überliefert ist. Wir berichten hier nicht aus vertraulichen Gesprächen.

Frage: Gibt es denn schon Erkenntnisse zur Erkundungsreise in den Nordirak in Sachen Ausbildungszentrum? Wann wird die Reise abgeschlossen sein? Wann wird es hier Erkenntnisse geben?

Chebli: Das gemeinsame Erkundungsteam ist gestern aus dem Irak zurückkehrt. Es hat in den letzten drei Tagen sowohl in Bagdad als auch in Erbil hochrangige Gespräche geführt. Wie Sie wissen - das haben wir mehrfach in diesem Raum ja gesagt -, diente die Reise vor allem der Orientierung, was den Bedarf und die Erwartungen der Partner angeht und die Möglichkeiten, die es vor Ort gibt, um eine Mission, wie auch immer sie dann geartet ist, ins Leben zu rufen.

Natürlich kann man nach drei Tagen nicht die ganzen Fragen klären und abschließend beantworten. In den nächsten Tagen wird es darum gehen, die Ergebnisse zusammenzufassen, auszuwerten und dann gemeinsam über die nächsten Schritte zu entscheiden. Es werden natürlich auch Gespräche mit den Partnern geführt. Unser Interesse ist es auch, den Bundestag hier frühzeitig einzubinden.

Zusatzfrage: Geht es denn eher in die Richtung, dass man sich daran beteiligen wird?

Chebli: Ich habe ja gerade gesagt, es ist nach drei Tagen einfach zu früh, um zu sagen, auf welche Art und in welchem Umfang und wo genau eine mögliche Mission eingesetzt wird. Das wird man jetzt in den nächsten Tagen klären.

Frage: Im Zusammenhang mit einem Bericht in der "Süddeutschen Zeitung" zur Planung der Bundeswehrreform möchte ich jetzt eigentlich nicht nachfragen, ob Sie den Bericht bestätigen würden. Sie haben ja schon der Zeitung gesagt, dass Sie dazu nichts sagen könnten, weil es ein nicht ministerielles Dokument sei.

Dennoch möchte ich fragen, ob angesichts der Ausrüstungsmängel bei der Bundeswehr auch das Haus, also Ihr Ministerium, davon ausgeht, dass mindestens pro Jahr 200 Millionen Euro zusätzlich nötig seien, um sozusagen den Bereitschaftsstand der Bundeswehr zu erhalten.

Roth: Hier gibt es mehrere Sachverhalte, die zunächst einmal voneinander zu trennen sind. Die Ministerin hat bereits vor einigen Wochen gegenüber dem Parlament geäußert, dass eine weitere Kürzung des Verteidigungshaushaltes im kommenden Jahr nicht verantwortbar ist.

Die Ministerin hat in den vergangenen Wochen auch gesagt und mehrfach betont, dass die Bundeswehr mittelfristig mehr Ressourcen braucht, um insbesondere die Bereiche Materialerhalt und Beschaffung dort entsprechend aufzubauen, und dass sie darüber auch mit dem Finanzminister im Frühjahr im Zuge der Aufstellung der Eckpunkte des Haushalts 2016 sprechen will. Der Bundesfinanzminister hat über diese Mittelfrist auch Gesprächsbereitschaft signalisiert.

Zudem hat die Ministerin etliche strukturelle Maßnahmen angeschoben, die mittelfristig zu einer Verbesserung der Einsatzfähigkeit der Waffensysteme führen sollen. Ich nenne hier nur zum Beispiel die Task Force für Drehflügler und Starrflügler, aber auch schnellere Entscheidungen im Lenkungsausschuss.

Jetzt gibt es eben dieses Papier aus einer nachgeordneten Behörde mit Prognosen für die mittelfristige Planung ab 2016. In diesem Papier sind auch die Bedarfswünsche der einzelnen Teilstreitkräfte vertreten. Sie können sich sicherlich vorstellen, dass diese Wünsche natürlich tendenziell am oberen Rand des Bedarfes angelegt sind.

Eine Synchronisation dieses Papiers mit Wissen aus der höheren Ebene, sprich: aus dem Ministerium, hat noch nicht stattgefunden. Das Papier liegt uns jetzt vor, und wir werden es jetzt entsprechend auswerten. Aber man kann jetzt schon sagen, dass dort nicht jede Darstellung und Bewertung für uns nachvollziehbar ist.

Zusatzfrage: Eine Nachfrage dazu, wenn es erlaubt ist: Die Größenordnung, die Hausnummer von 200 Millionen Euro pro Jahr, ist das etwas, was im Ministerium ähnlich gesehen wird?

Roth: Ich will mich jetzt hier noch nicht auf Beträge einlassen, denn, wie gesagt, die Gespräche finden ja erst statt. Das wird dann im nächsten Frühjahr der Fall sein.

Frage: Herr Seibert, ich würde Ihnen gerne mal eine grundsätzliche verfassungsrechtliche Frage stellen, und zwar: Hat das Staatsoberhaupt nach Überzeugung der Bundeskanzlerin das Recht, sich zu Fragen der Regierungsbildung in einem Bundesland zu äußern?

StS Seibert: Sie werden verstehen, dass ich diese Antwort jetzt nicht als Staatsrechtler geben kann; das möchte ich mir nicht anmaßen. Ich möchte trotzdem sagen, dass der Bundespräsident frei ist, zu allen wichtigen Themen unserer Gesellschaft zu sprechen. Wie Sie wissen, kommentiert die Bundeskanzlerin grundsätzlich aus Respekt vor seinem Amt und aus Respekt vor seiner Stellung in der Verfassung seine Äußerungen nicht und auch nicht die Auswahl der Themen, zu denen er sich äußert.

Frage: Herr Seibert, unabhängig von der Frage der Äußerungen des Bundespräsidenten, die Sie selbstverständlich wie immer nicht kommentieren: Ist denn die Linkspartei aus Sicht der Bundeskanzlerin reif dafür, das Amt eines Regierungschefs eines Landes zu übernehmen?

StS Seibert: Die Debatte um den nächsten thüringischen Ministerpräsidenten ist keine, zu der ich als Sprecher der Bundesregierung hier etwas beitragen möchte oder beizutragen habe. Das sind Entscheidungen, die jetzt in Thüringen gefällt werden müssen. Ich möchte mich für die Bundesregierung an dieser Debatte nicht beteiligen; ich kann Sie auf mehrere Interviews der Bundeskanzlerin, die sie vor den thüringischen Wahlen gegeben hat, hinweisen, in denen sie auch ihre Haltung zur Linkspartei deutlich geäußert hat.

Frage: Herr Seibert, wie kommentiert dann die Bundesregierung die Angriffe auf den Bundespräsidenten? Unter anderem hat sich ja die SPD auch zu Herrn Gauck geäußert, und die SPD gehört bekanntlich der Regierung an.

StS Seibert: Ich habe zu dieser Debatte nichts beizutragen, auch nicht in dieser Form.

Frage: Mir ist noch eine Frage zu der Ukraine eingefallen, wenn ich darf: Herr Seibert, Sie haben hier gesagt, was Russland jetzt tun müsste. Was müsste denn Ihrer Ansicht nach oder nach Ansicht der Bundesregierung die Kiewer Führung nach diesen Abstimmungen im Osten der Ukraine tun? Sollte sie verstärkt den Dialog suchen mit den Leuten, die jetzt in Donezk und Lugansk das Sagen haben?

StS Seibert: Ich habe jetzt hier der Kiewer Regierung keine Hinweise zu geben. Man sollte bedenken, dass die Kiewer Regierung immerhin ein Gesetz über den Sonderstatus der Gebiete Donezk und Lugansk erlassen hat, ein Gesetz also, das eindeutig ein Zugehen war auf Interessen, die es in der Ostukraine gibt.

Das ist, glaube ich, die richtige Haltung: immer wieder zuzugehen auf Interessen der Bevölkerung in der Ostukraine. Das hat die Kiewer Regierung, das hat insbesondere Präsident Poroschenko in vielfältiger Weise getan. Darüber hinaus habe ich heute, am Tag nach dieser illegitimen Wahl, der Kiewer Regierung keine Hinweise zu geben.

Frage: Die Verhandlungen zwischen Bahn und GDL scheinen ja nun gescheitert zu sein. Streiks über 90 Stunden sind da angekündigt. Da wollte ich einfach mal fragen, was die Regierung denn dazu sagt, vielleicht Herr Seibert oder Herr Rudolph.

Rudolph: Ich kann auf Äußerungen des Ministers verweisen, die er in jüngerer Vergangenheit gemacht hat: Die Tarifautonomie einerseits ist ein sehr hohes Gut und der Umgang damit auf der anderen Seite ebenfalls.

Er hat in der jüngeren Zeit immer wieder darauf verwiesen, dass man auch die betroffenen Dritten, die durch Streiks dann eben "geschädigt" werden, weil sie nicht mehr mobil sind, immer im Blick behalten muss. Insofern würde ich jetzt nicht aktuell antworten, aber sehr wohl einordnend, wie die Position des Ministers zu diesem Thema ist.

Frage: Herr Plate, gestern hat sich Jörg Ziercke per Interview zum Thema Maut und Mautdaten zu Wort gemeldet. Da würde ich gerne wissen, ob es dazu auch eine Meinung seitens des Innenministers gibt, gegebenenfalls dann an Herrn Rudolph natürlich entsprechend.

Plate: Vielen Dank für die Frage. Wie Sie sicher wissen, habe ich am Freitag zu dem Maut-Gesetzentwurf dergestalt Stellung genommen, dass ich gesagt habe, wir haben ihn gerade bekommen und prüfen ihn ebenso konstruktiv wie sorgfältig. Dabei bleibt es auch.

Dass aus polizeifachlicher Sicht vielfach eine Nutzung von Mautdaten auch zu anderen Zwecken befürwortet wird, ist keine neue Position. Wir nehmen das zunächst einmal zur Kenntnis. Die Stellungnahme des Bundesinnenministeriums zu dem konkreten Gesetzentwurf wird dem BMVI innerhalb der Frist selbstverständlich zugehen.

Rudolph: Ergänzend dazu: Der Minister hatte sich ja am Freitag und auch heute noch einmal geäußert und gesagt, dass wir die härtesten Datenschutzvorschriften an diesen Gesetzesentwurf angehängt haben, die es gibt, dass die Daten nur für Zwecke der Maut genutzt werden und - jetzt zitiere ich den Gesetzesentwurf - "eine Übermittlung, Nutzung oder Beschlagnahme dieser Daten nach anderen Rechtsvorschriften" unzulässig ist, also Mautdaten ausschließlich zum Zwecke der Mauterhebung. Das ist der Charakter des Gesetzesentwurfs, und das hat der Minister auch klargestellt.

Frage: Der Staatsminister im Kanzleramt, Herr Braun, hat am Wochenende eine Art Bürokratiestopp angekündigt, dass also Gesetze nur dann umgesetzt werden, wenn sie nicht gleichzeitig neue Bürokratie bringen oder an anderer Stelle eben eingespart wird. Wann soll das passieren? Welche Ministerien sind da federführend? Können Sie dazu etwas sagen?

StS Seibert: Fangen wir mal beim Koalitionsvertrag an, der auch hier die Grundlage aller Dinge ist und der schon vorsieht, dass der bürokratische Erfüllungsaufwand verringert werden soll. Am 4. Juni hat das Kabinett ein Arbeitsprogramm "Bessere Rechtsetzung 2014" beschlossen, das den Koalitionsvertrag in diesem Punkt aufgreift und das Projekte nennt, mit denen für Bürger, für Wirtschaft, für Verwaltung der Erfüllungsaufwand verringert werden soll.

Darüber hinaus prüft die Bundesregierung auch noch alle anderen bestehenden Möglichkeiten und Methoden, um den bürokratischen Erfüllungsaufwand zu reduzieren oder zu verhindern, dass neuer entsteht. In diesem Zusammenhang kann dieses Prinzip "one in - one out", wie man so praktisch auf Englisch sagt, "eins rein, eins raus", ein hilfreiches Mittel zur Verhinderung eines weiteren Anstiegs von bürokratischem Erfüllungsaufwand sein.

Die Bundeskanzlerin hat ja bei der Halbzeitbilanz des Normenkontrollrates sich dazu geäußert. Sie hat angekündigt, dass die laufende Prüfung, die in der Bundesregierung im Gange ist, eben auch die Frage beinhaltet, ob man ein solches One-in-one-out-Prinzip in Deutschland einführen könnte. Darauf bezieht sich die Äußerung des Staatsministers.

Frage: Ich habe noch eine Nachfrage an Frau Braams für das BMWi. Am Freitag wurde uns die Antwort auf die Frage zum Thema Störerhaftung nachgeliefert. In der nachgelieferten Antwort heißt es, dass alsbald die Neuregelung gefasst werden sollte. Dieses "alsbald" dauert ja jetzt auch schon ein paar Monate; deswegen wollte ich fragen, ob Sie das "alsbald" ein bisschen mehr eingrenzen können.

Braams: Vielen Dank für die Frage. Wie gesagt, wir hatten das nachgeliefert. Leider laufen dazu derzeit immer noch die Abstimmungen, sodass wir im nächsten Schritt dann die Ressortabstimmung einleiten werden. Einen konkreteren Stand kann ich leider derzeit nicht dazu geben, aber es wird natürlich mit Hochdruck daran gearbeitet.

Zusatzfrage: Aber wir reden von 2014 und nicht von irgendwann?

Braams: Genau. Wir wollen die Ressortabstimmung einleiten, aber einen genauen Zeitpunkt habe ich dafür derzeit nicht.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 3. November 2014
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2014/11/2014-11-03-regpk.html;jsessionid=7BE8BF2F891E1B7478039BA588B7CD4F.s4t2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. November 2014