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PRESSEKONFERENZ/879: Regierungspressekonferenz vom 27. Oktober 2014 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 27. Oktober 2014
Regierungspressekonferenz vom 27. Oktober 2014

Themen: Parlamentswahlen in der Ukraine, Parlamentswahlen in Tunesien, Präsidentschaftswahlen in Brasilien, Hinrichtung von Reyhaneh Jabbari in Iran, Internationale Konferenz zur syrischen Flüchtlingslage, Jahrestagung des "Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes", Demonstration der Gruppe "Hooligans gegen Salafisten", EZB-Stresstest, konjunkturelle Lage, Hochschulpakt, Klage von Vattenfall gegen den Atomausstieg Deutschlands vor US-Schiedsgericht, Rentenerhöhung 2015, Pkw-Maut, IT-Sicherheitsgesetz

Sprecher: StS Seibert, Chebli (AA), Franke (BMZ), Jäger (BMF), Plate (BMI), Rülke (BMJV), Moiteaux (BMWi), Fels (BMBF), Schneider (BMAS), Moosmayer (BMVI)



Vors. Welty eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Morgen, meine Damen und Herren, ich habe einige Mitteilungen außenpolitischer Art, die im Wesentlichen mit den Wahlen des Wochenendes in verschiedenen Staaten zusammenhängen.

Zunächst will ich zur Ukraine etwas sagen. Die Bundesregierung begrüßt, dass die landesweiten Parlamentswahlen in der Ukraine am Wochenende weitgehend friedlich, frei und ohne Beeinträchtigungen abgelaufen sind. Sie wissen, die Ergebnisse sind noch vorläufig; es müssen insbesondere die Direktmandate noch ausgezählt werden. Trotzdem kann die Bundesregierung schon jetzt das starke Abschneiden der proeuropäischen Kräfte begrüßen und ihren Wunsch, dass nun eine rasche Regierungsbildung folgen möge, ausdrücken.

Diese Wahlen waren auf dem Weg zu einer weiteren Stabilisierung der Ukraine ein wichtiger Schritt. Das Ergebnis, das sich abzeichnet, ist ein bedeutender Vertrauensbeweis für die Arbeit, die Staatspräsident Poroschenko und Ministerpräsident Jazenjuk in den vergangenen Monaten geleistet haben. Die Menschen in der Ukraine haben sich vor allem eindeutig für einen Neustart, einen Neubeginn ohne Regierungsbeteiligung von Extremisten oder Populisten ausgesprochen.

Wir gratulieren den ukrainischen Wählerinnen und Wählern zu ihrem mutigen und eindeutigen Votum. Wir beglückwünschen die Ukraine zur erfolgreichen Durchführung dieser Wahlen, unter zum Teil ja schwierigen Bedingungen. Leider konnten die Wahlen in den östlichen Landesteilen nicht überall wie erhofft durchgeführt werden. In einigen Regionen im Osten des Landes konnten die Bürger ihr demokratisches Recht nicht wahrnehmen. Es gab auch im Vorfeld schon vereinzelt Einschüchterungsversuche und Angriffe auf Wahllokale.

Im Hinblick auf die in Teilen der Ostukraine geplanten Kommunalwahlen ist Russland weiterhin aufgefordert, einen konstruktiven Beitrag zu leisten. Dieser konstruktive Beitrag hieße nach unserer Überzeugung, dass Russland auf die Separatisten einwirken muss, dass diese Kommunalwahlen nach ukrainischem Recht und unter internationaler Beobachtung durchgeführt werden. - So viel zur Ukraine.

Gewählt wurde auch in Tunesien; es war die Parlamentswahl. Auch da möchte die Bundesregierung ausdrücklich gratulieren, dass es allen Rückschlägen und Einschüchterungsversuchen zum Trotz möglich war, dass das tunesische Volk gestern ein neues Parlament gewählt hat. Die vorläufigen Ergebnisse liegen noch nicht vor.

Man kann schon jetzt sagen: Tunesien hat eine weitere wichtige Wegmarke auf dem Weg zu Demokratie und Freiheit erreicht. Das Land bleibt damit unter den Ländern des arabischen Umbruchs ein Lichtblick. Mit der Bereitschaft zum Dialog und zum Kompromiss haben sowohl Politik als auch Zivilgesellschaft Verantwortungsbewusstsein bewiesen. Das verdient unsere Anerkennung. Diese Haltung zugunsten von Dialog, zugunsten von Kompromissfähigkeit sollte auch weiterhin richtungsweisend sein. Es sind noch nicht alle Hürden genommen. Deutschland wird dem tunesischen Volk bei der Bewältigung der vor ihm liegenden Herausforderungen weiterhin behilflich sein und in Freundschaft zur Seite stehen.

Ein Wort zu den Präsidentschaftswahlen in Brasilien: Die Bundeskanzlerin hat der brasilianischen Präsidentin heute folgenden Glückwunsch übermittelt:

"Zu Ihrer Wiederwahl zur Präsidentin der Föderativen Republik Brasilien gratuliere ich Ihnen herzlich. Ich freue mich sehr, dass wir unsere Zusammenarbeit fortsetzen können. Brasilien und Deutschland stehen vor großen Herausforderungen, und ich bin überzeugt, dass wir diese nur gemeinsam und als enge Partner verantwortungsvoll bewältigen können. Den ersten deutsch-brasilianischen Regierungskonsultationen in Brasilien sehe ich in diesem Sinne mit großer Erwartung entgegen. Für die anstehende Regierungsbildung und Ihre zweite Amtszeit als Präsidentin wünsche ich Ihnen viel Erfolg und eine glückliche Hand."

So weit das Glückwunschschreiben der Bundeskanzlerin an die wiedergewählte brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff.

Und zum Schluss eine Mitteilung, die ich Ihnen aus einem besonders traurigen Anlass machen möchte: Sie betrifft die Hinrichtung der jungen Frau Reyhaneh Jabbari in Iran. Die Bundesregierung ist bestürzt über die Hinrichtung von Frau Jabbari, und sie spricht ihren Familienangehörigen und Freunden ihr tiefes Mitgefühl aus.

Ich kann die Äußerungen, die der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Herr Strässer, gemacht hat, in dieser Angelegenheit nur noch einmal bekräftigen. Die Bundesregierung lehnt die Todesstrafe unter allen Umständen ab. Wir appellieren an die zuständigen Stellen in Iran, diesen Weg der grausamen Bestrafung nicht fortzusetzen und die Todesstrafe zumindest auszusetzen. Das wäre auch ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung der weiterhin bedenklichen Menschenrechtslage des Landes.

Frage : Das sich abzeichnende Ergebnis in der Ukraine zeigt die klare Mehrheit für proeuropäische Parteien. Sieht die Europäische Union vielleicht als nächsten Schritt die Annäherung der Ukraine an die Europäische Union mit einer Diskussion über die Perspektive der EU-Mitgliedschaft der Ukraine?

StS Seibert: Diese Wahl in der Ukraine, die wir, wie ich es ja gerade getan habe, sehr begrüßen, hat keine Auswirkungen auf unsere Haltung zur EU-Mitgliedschaft; da gibt es keine Veränderung unserer Position derzeit.

Chebli: Sie haben sicherlich am Wochenende und auch heute vernommen, dass Außenminister Steinmeier morgen gemeinsam mit Entwicklungsminister Müller und dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, António Guterres, Vertreter von 40 Staaten und internationalen Organisationen zu einer Flüchtlingskonferenz ins Auswärtige Amt einlädt. Konkreter Name der Konferenz ist: "Internationale Konferenz zur syrischen Flüchtlingslage. Stabilität in der Region stärken." Gemeinsam wollen wir ein Signal der Solidarität an die Region senden und klarmachen und zeigen, dass die Flüchtlingskrise weiter Schwerpunktanliegen der internationalen Staatengemeinschaft ist.

Es geht um zweierlei. Es geht zum einen darum, die Aufnahmeländer zu stabilisieren. Vor allem, wenn man weiß, wie die Lage im Libanon ist, wo ein Drittel der Bevölkerung inzwischen syrische Flüchtlinge sind, weiß man, welch eine Sprengkraft für das Land dahintersteckt und welche Herausforderungen der Libanon, aber auch die anderen Aufnahmeländer wie Jordanien aus der Flüchtlingskrise erleiden und wie akut bedroht die Stabilität und die Sicherheit in den Ländern sind.

Zum anderen geht es aber ganz konkret um die Flüchtlinge selbst. Es geht darum, Perspektivlosigkeit zu verhindern. Es geht darum, Bildungschancen zu stärken. Gerade weil wir wissen, dass diese Krise kein kurzfristiges Problem ist, sondern wir wahrscheinlich noch einige Jahre damit rechnen müssen, dass die Flüchtlinge nicht in ihr Heimatland zurückkehren werden können, müssen wir schauen, wie wir die Kinder und jungen Menschen eine Zukunft geben und verhindern, dass eine verlorene Generation entsteht.

Es handelt sich konkret nicht um eine Geberkonferenz; es gibt zahlreiche Geberkonferenzen. Natürlich wird Deutschland seiner Verantwortung gerecht werden und Worten auch Taten folgen lassen.

Am Dienstag beginnt das Treffen mit der International Support Group For Lebanon. Die Konferenz an sich wird dann um 10 Uhr von Außenminister Steinmeier eröffnet. Dann geht es weiter mit Entwicklungsminister Müller. Ich würde gerne das Wort gleich an den Kollegen vom BMZ geben, der noch einiges zu dem ersten Punkt der Strukturen und der Stabilisierung der Aufnahmeländer sagen wird. Um ca.15.15 Uhr findet dann eine gemeinsame Pressekonferenz statt, an der Außenminister Steinmeier, Entwicklungsminister Müller, Herr Guterres und der Premierminister von Libanon sowie der Außenminister von Jordanien teilnehmen werden.

Am Tag vor der Konferenz finden bereits ein vorbereitendes Treffen hoher Regierungsvertreter sowie ein zivilgesellschaftliches Forum statt. Während der Konferenz soll die Stimme der Zivilgesellschaft, insbesondere von Flüchtlingsvertretern, in die Beratungen mit einfließen.

Franke: Um das aufzugreifen, was Frau Chebli gerade betont hat: Das BMZ hat seit mehreren Jahren eine sehr intensive Zusammenarbeit mit einer Vielzahl der Aufnahmeländer, wenn es darum geht, Strukturen zu fördern, beispielsweise im Trink- und Abwasserbereich.

Im Zuge der Flüchtlingskrise zeigt sich natürlich insbesondere, dass die aufnehmenden Gemeinden stark überlastet sind mit den Strukturen, die bisher bestehen. Aufgrund der Erfahrungen, die das BMZ aber in dieser Zusammenarbeit gemacht hat, sehen wir eine ganze Reihe von Kompetenzen, die unsere Experten beziehungsweise die Organisationen, mit denen wir zusammenarbeiten, dort einbringen können, um die Situation der aufnehmenden Gemeinden zu verbessern, zum einen, wie gesagt, beim Thema Trinkwasser, aber auch bei der Betreuung von Flüchtlingen.

Ich denke nur an den letzten Besuch von Minister Müller in Nordirak, bei dem er beispielsweise dem Kirkuk Center for Torture Victims, also für Opfer, die von Flucht und Vertreibung traumatisiert sind, eine Unterstützung gab. Das heißt, es gibt eine ganze Reihe von Themen, die den Aufnahmeländern helfen sollen, die Situation zu bewältigen.

Deswegen möchten wir heute bereits mit einer Fachveranstaltung beginnen, ebenfalls im Auswärtigen Amt, einer Fachveranstaltung mit Entwicklungsexpertinnen und -experten und Konferenzteilnehmern zu dem Thema: Wie kann man die humanitäre Hilfe und die Entwicklungszusammenarbeit im Sinne der Aufnahmeländer intensivieren, verstärken und noch stärker den Bedürfnissen vor Ort anpassen?

Ganz kurz noch ein Hinweis, denn das passt gerade auch zu dem Thema: Bereits um 13 Uhr findet hier in der BPK eine Pressekonferenz mit Minister Müller und UNICEF statt. Da werden die für die MENA-Region zuständige Regionaldirektorin, Frau Maria Calivis, und der Geschäftsführer von UNICEF Deutschland, Herr Schneider, mit dem Minister gemeinsam Rede und Antwort stehen zu den Aktivitäten von UNICEF zu diesem Thema.

Die Initiative, die von UNICEF gestartet wurde - ich weiß nicht, inwieweit sie bekannt ist -, nennt sich "No Lost Generation" und fokussiert auf Jugendliche und Kinder, die unter Flucht und Vertreibung leiden beziehungsweise diese Erfahrung gemacht haben.

Frage: Frau Chebli, ist der Iran zu der Konferenz eingeladen? Wenn nicht, warum nicht?

Chebli: Ich habe ja gerade gesagt, es geht um syrische Flüchtlinge, und es geht um Staaten, die syrische Flüchtlinge aufgenommen haben. Mir ist jetzt nicht bewusst, dass der Iran maßgeblich zu den Staaten gehört, die syrische Flüchtlinge aufgenommen hätten.

Zusatzfrage: Soweit ich weiß, ist der Name der Konferenz "Flüchtlings- und Stabilisierungskonferenz". Bundesaußenminister Steinmeier hat wiederholt in den letzten Wochen die Rolle Irans bei der Stabilisierung Syriens erwähnt.

Chebli: Absolut. Das steht nach wie vor. Der Iran spielt eine zentrale Rolle bei der Bewältigung der Krisen in der Region, vor allem im Kampf gegen ISIS. Das hat Außenminister Steinmeier mehrfach gesagt. Aber hier geht es, wenn wir über Stabilität reden, vor allem darum, die Nachbarstaaten, die Aufnahmeländer zu stabilisieren. Hier geht es in erster Linie darum, den Libanon und Jordanien, die die große Anzahl der Flüchtlinge aufgenommen haben, zu stabilisieren, sie zu stärken und zu verhindern, dass zum Beispiel ihre Infrastruktur kollabiert.

Frage: Erstens. Frau Chebli, welche europäischen Staaten sind denn dabei? Wird die Frage der Verteilung syrischer Flüchtlinge in Europa auch eine Rolle spielen?

Zweitens. Können Sie sagen, was der operative Output dieses gut halbtägigen Treffens sein soll?

Chebli: Es nehmen eine Reihe europäischer Staaten teil, auf Außenministerebene zum Beispiel der französische Außenminister und der italienische Außenminister. Ich habe jetzt die Liste nicht hier, aber ich kann sie gerne nachreichen. Das ist überhaupt kein Problem.

Natürlich geht es auch um die Frage, welchen Beitrag Europa leisten kann. Zum konkreten Output habe ich ja gesagt: Das Ziel der Konferenz ist zweierlei, auf der einen Seite die Aufnahmeländer zu stabilisieren, auf der anderen Seite sich ganz konkret mit der Frage der Perspektiven für Flüchtlinge zu befassen. Da spielt natürlich auch eine Rolle: Wie können wir es gemeinsam mit den anderen europäischen Staaten, die alle eingeladen sind und von denen einige, wie gesagt, auf Außenministerebene teilnehmen werden, schaffen, diese Aufgaben zu bewältigen und diese Ziele zu erreichen?

Zusatzfrage: Aber der Schwerpunkt wird auf den Nachbarstaaten liegen und nicht auf der Frage der Verteilung in Europa?

Chebli: Nein, der Schwerpunkt ist in der Tat so, dass es um die Aufnahmestaaten geht und darum, sie darin zu unterstützen, mit dieser Flüchtlingskrise, die durch den inzwischen seit drei Jahren währenden Bürgerkrieg ausgelöst wurde, umzugehen.

Jäger: Das scheint die Woche der Konferenzen zu sein. Ich darf Ihnen ankündigen, dass heute in Berlin eine Steuerkonferenz unter dem Titel "Transparenz und Fairness" beginnt. Es ist die Jahrestagung des Global Forum. Beteiligt an dieser Konferenz sind 103 Staaten und Jurisdiktionen. Im Mittelpunkt der Konferenz steht der Kampf gegen Steuerhinterziehung. Hier haben wir in den vergangenen zwei Jahren unter anderem auf deutsche Initiative hin entscheidende Fortschritte gemacht. Das wird am Mittwoch seinen Ausdruck finden in der Unterzeichnung eines Abkommens zum automatischen Informationsaustausch. Das ist dann, um die Worte von Herrn Lohse aufzugreifen, der operative Output unserer Konferenz, ein sehr handgreiflicher, weitreichender Output.

Es werden 50 Staaten unterschreiben; davon werden 37 auf Ministerebene vertreten sein. Das sind die sogenannten Early Adopter, also die Frühanwender. Das Ziel, um das es hier geht, ist, Daten für Neukonten ab dem 01.01.2016 zu erheben und diese Informationen dann ab September 2017 gegenseitig auszutauschen.

Es wird zum Abschluss der Konferenz am Mittwoch um 15.30 Uhr eine Pressekonferenz geben. Dort werden der Bundesfinanzminister, vier europäische Kollegen, der Generalsekretär der OECD und der Chairman des Global Forum sprechen.

Im Ganzen wird der Prozess zum automatischen Informationsaustausch von 65 Staaten unterstützt; darunter sind auch Länder wie die Schweiz oder Singapur vertreten.

Die unmissverständliche, klare Botschaft dieser Konferenz wird sein: Steuerhinterziehung lohnt sich nicht mehr. Damit ist es nun vorbei. All das ist ein beeindruckendes Beispiel internationaler Zusammenarbeit. Wir halten Schritt mit der zunehmenden Vernetzung unserer Welt. Wir wollen es dabei nicht belassen. Wir wollen diesen Schwung nutzen, diese internationale Geschlossenheit nutzen, um gemeinsam auch in der Folge die Frage der Gewinnverlagerung, Gewinnverkürzung von Unternehmen anzugehen.

Berlin ist damit nicht nur Abschluss eines erfolgreichen, auch auf deutsche Initiative angestoßenen Prozesses, sondern wird auch Auftakt sein für neue, künftige Anstrengungen.

Chebli: Noch einmal zu den teilnehmenden europäischen Ländern: Es werden die Außenminister von Frankreich, Italien - die hatte ich schon genannt -, Schweiz, Norwegen, Tschechien, Finnland und Luxemburg sowie die Entwicklungsminister von Belgien, Dänemark und Schweden an der Konferenz teilnehmen.

Jäger: Soll ich jetzt noch die 37 Finanzminister vorlesen?

Vors. Welty: Vielleicht können wir das nachreichen.

Frage: Herr Jäger, Sie haben gerade gesagt, dass es 65 Staaten sind, wenn ich das richtig verstanden habe. Bei einem automatisierten Datenaustausch und automatischen Datenabgleich ist natürlich die Frage: Wie gewährleisten Sie den Datenschutz in dem Segment dann auch mit Staaten, die vielleicht nicht im europäischen Rechtsrahmen agieren? Gibt es in dem Vertragswerk entsprechende Klauseln, nach was sich das dann gegebenenfalls zu richten hat?

Jäger: Das ist ein sehr wichtiger, zentraler Aspekt. Das eine ist die Frage, wie man einen effizienten Datenaustausch organisiert. Mindestens genauso wichtig ist selbstverständlich die Frage: Wie gewährleisten wir einen ordentlichen Datenschutz? Das war Teil der Verhandlungen. Diese Bestimmungen sind im Abkommen enthalten, und diese Bestimmungen befinden sich für alle Unterzeichner auf OECD-Niveau. Das heißt, wir haben hier höchste Standards angelegt, und die Bundesregierung wird im Folgenden sehr sorgfältig darauf achten, dass diese Standards auch eingehalten werden.

Frage: Es kommen ja eine ganze Reihe Finanzminister, insbesondere auch Europas, da zusammen. Beim Kampf gegen Steuervermeidung spielte in der Vergangenheit auch die Debatte über diese sogenannten Patentboxen als Steuervergünstigungsinstrumente eine Rolle, wo insbesondere die Europäer untereinander stritten. Es wurde mal die Hoffnung geäußert, dass man bis zu dieser jetzigen Konferenz die Probleme dieser Widersprüche gelöst haben könnte. Ist das so? Ist man sich inzwischen unter den Europäern im Klaren, wie man mit diesem Instrument des unfairen Steuerwettbewerbs umgeht?

Eine zweite Frage, zum automatischen Informationsaustausch: Wenn man unter maßgeblichen Ländern ab 2017 den automatischen Informationsaustausch über viele Arten von Kapitalerträgen hat, warum lässt man dann eigentlich nicht gleich das Projekt eines automatischen Informationsaustauschs über Zinsen und zinsähnliche Einkünfte in Europa weg? Die jetzige geplante Vereinbarung ist ja ein breitere, wenn ich das richtig verstehe. Warum braucht man da eigentlich zwei?

Jäger: Ich fange mit der zweiten Frage an. Sie haben mitverfolgt, dass die europäischen Finanzminister bei ihrem letzten Ecofin-Treffen in Luxemburg sich darauf verständigt haben, dass diese Umsetzung des am Mittwoch zu unterzeichnenden Abkommens im europäischen Rahmen in einer gemeinsamen Anstrengung angegangen werden wird. Das Instrument hierfür wird die EU-Amtshilfe-Richtlinie sein, die, wenn alles so läuft wie von uns geplant und gemeinsam verabredet, am 1. Januar 2017 in der dann anzuwendenden Fassung in Kraft treten wird.

Zu Ihrer ersten Frage, Patentboxen: Das ist ein Komplex, zu dem es nur einen mittelbaren Konnex gibt. Ich hatte das angedeutet: Das eine ist die Frage der Steuerhinterziehung und des automatischen Informationsaustausches. Das andere ist die Frage: Wie gehen wir mit der Möglichkeit von Unternehmen um, durch Gewinnverlagerung eigene Erträge zu optimieren?

Ein Diskussionspunkt in diesem Zusammenhang sind die von Ihnen erwähnten Patentboxen. Es ist richtig, dass es auf europäischer Ebene eine sehr weitgehende Übereinstimmung darin gibt, dass wir dieses Instrument in Zukunft neu ausrichten müssen. Damit hat der eine oder andere Mitgliedstaat noch seine Schwierigkeiten. Wir sind da im Gespräch. Zentral ist insbesondere die Frage, wie wir eine Ausgestaltung finden, die auch für unsere britischen Freunde akzeptabel sein kann. Es hat hier zwischen dem Bundesfinanzminister und dem britischen Finanzminister eine grundsätzliche politische Einigung gegeben. Die Briten haben anerkannt, dass die Grundlage für eine solche Einigung der sogenannte Nexus-Ansatz sein muss. Das heißt, es muss einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Ort, wo Forschungsleistungen erbracht werden, und dem Ort, wo Patente angemeldet und dann auch entsprechend besteuert werden, geben.

Wir sind im Augenblick - das ist jetzt der entscheidende Punkt - im Gespräch mit unseren britischen Freunden, was die Ausgestaltung dieser politischen Einigung angeht. Da ist noch ein Weg zu gehen. Es wird hier das Prinzip gelten: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Wir brauchen am Ende eine Einigung, die tragfähig ist und natürlich auch für alle anderen EU-Mitgliedstaaten akzeptabel ist. Wir sind optimistisch, dass das gelingen kann. Ich möchte mich hier aber noch nicht auf einen Zeitrahmen festlegen.

Zusatzfrage: Sie sprechen jetzt nur von den Briten. Heißt das, dass die Probleme mit zum Beispiel den Holländern und anderen, die auch solche Konstruktionen haben, inzwischen gelöst sind?

Jäger: Nein, das habe ich damit nicht sagen wollen. Aber unser Eindruck war, dass die britischen Bedenken besonders gewichtig sind, und wir haben die Hoffnung, dass, wenn es zu einer Übereinkunft mit den Briten kommen sollte, dann auch andere EU-Mitgliedstaaten ihre eigenen Positionen hinsichtlich der Patentboxen überdenken werden.

Frage: Eine Frage an das BMI zu der gestrigen Demo in Köln: "Hooligans gegen Salafisten". Was wissen Sie über diese Szene, diese Schnittmenge von gewaltbereiten Fußballfans und Rechtsextremisten? Wie groß ist diese Szene? Wer sind die Strippenzieher? Welche Netzwerke gibt es da?

Plate: Zunächst einmal möchte ich sagen, dass wir die Ereignisse, insbesondere die des gestrigen Tages, natürlich mit großer Aufmerksamkeit und Sorge verfolgt haben, allerdings ohne Angst oder Panik. Die Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern haben vorher relativ genaue Erkenntnisse gehabt, was uns da jedenfalls ungefähr erwarten würde.

Natürlich verfolgen wir dieses Geschehen ziemlich aufmerksam und schauen im Austausch zwischen Bund und Ländern darüber auch jeweils tagesangepasst, wie sich die Lage entwickelt. Konkrete Zahlen, die ich offen hier verkünden könnte, kann ich Ihnen als Antwort auf Ihre Frage allerdings gegenwärtig nicht anbieten. Da handelt es sich natürlich überwiegend um Erkenntnisse aus dem nachrichtendienstlichen Bereich, die nicht zur öffentlichen Verbreitung in dieser Veranstaltung hier geeignet sind.

Zusatzfrage: Vielleicht können Sie etwas zur Entwicklung sagen. Wächst diese Szene? Welche Gefahr geht von ihr aus?

Plate: Es ist im Moment noch relativ schwierig, da eine ganz generelle Tendenz anzugeben. Das ist ja noch eine relativ junge Entwicklung. Wir schauen sehr genau von Tag zu Tag, wie sich die Szene weiterentwickelt. Ich würde es nicht für seriös halten, wenn ich hier heute schon eine ganz generelle Tendenz herauskristallisieren würde. Allerdings kann es sich vielleicht lohnen, in einigen Tagen noch einmal genauer nachzufragen. Vielleicht hat sich der Trend bis dahin so stabilisiert, dass man dazu schon etwas Genaueres, Ausdrücklicheres auch öffentlich sagen kann.

Frage: An das BMJ: Der Minister hat sich ja heute Morgen schon per Statement erklärt. Darin tauchte die Formulierung auf, dass er die Anwendung aller Härte des Gesetzes fordere, eine eher ungewöhnliche Formulierung für einen Justizminister. Wie ist das zu verstehen?

Rülke: Wenn Sie erlauben, muss ich Sie da kurz korrigieren. Er hat gesagt, dass diejenigen, die Gewalt auf Deutschlands Straßen tragen, mit allen Mitteln des Rechtsstaates verfolgt und bestraft werden müssen. Die Formulierung "Härte des Gesetzes" habe ich da nicht entdecken können.

Ganz klar ist, dass wir es in keinster Form zulassen dürfen, dass Rechtsextremisten und gewaltbereite Salafisten sich bei uns gegenseitig hochschaukeln. Ein Mittel, um ein klares staatliches Zeichen dagegen zu setzen, ist natürlich das Strafrecht. Der Minister hat in seinem Statement aber auch deutlich gemacht, dass man die Probleme nicht allein mit den Mitteln des Strafrechts wird lösen können, sondern dass - dies lehren uns Radikalisierungsprozesse - wir die größten Chancen haben, solche Prozesse zu vermeiden, wenn wir Radikalisierung schon an den Wurzeln präventiv bekämpfen.

Frage: Ich habe noch eine Frage an das Innenministerium. Die Hooligans galten bislang eher als unpolitisch und auf den Fußball fixiert. Nun scheint sich das ein bisschen zu verändern. Nach meinem Kenntnisstand werden sie nicht vom Verfassungsschutz beobachtet. Muss das möglicherweise überdacht werden? Sehen Sie darin auch eine neue Qualität, dass sich hier offenkundig Hooligans und Rechtsextreme zusammentun und auf einmal ein politisches Ziel propagieren?

Plate: Man muss, glaube ich, ein bisschen vorsichtig sein, sofort alle Entwicklungen, die man bisher noch nicht gesehen hat, mit solchen Etiketten wie "neue Qualität" und dergleichen zu versehen.

Natürlich sehen auch wir, dass das etwas ist, was sich vorher in dieser Form noch nicht nach außen erkennbar abgespielt hat. Deswegen sagte ich ja, dass die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern dazu in besonders engem Austausch stehen und das beobachten. Ich möchte das zum heutigen Zeitpunkt nicht mit so einem Etikett wie "neue Qualität, ja oder nein?" versehen.

Ebenso würde ich es für voreilig halten, wenn ich heute ankündigen würde, dass der Verfassungsschutz flächendeckend ab übermorgen alle Hooligans betrachtet. Ich glaube, ich habe das Notwendige dazu schon gesagt. Wir werden mit Augenmaß schauen, wie sich diese Lage weiterentwickelt, wie sich das Engagement von Personen aus der Hooliganszene für diese politische Angelegenheit weiterentwickelt, und dann das Notwendige veranlassen, wenn es etwas zu veranlassen gibt.

Frage: Eine Frage an das Innenministerium: Herr Plate, es gab ja auch schon Meldungen, dass immer mehr Kurden aus Deutschland ausreisen, um in der Krisenregion zu kämpfen. Haben Sie irgendwelche genaueren Erkenntnisse, um welche Größenordnung es sich da handelt? Haben Sie Erkenntnisse, ob es möglicherweise auch in dieser Hooliganszene schon irgendwelche Ausreisebestrebungen gibt, um dort vor Ort irgendwie mitzukämpfen?

Plate: Darauf will ich gerne eingehen. Das ist zwar im Prinzip nicht ganz das gleiche Thema, aber doch ein verwandtes Thema.

Wir haben in den Bundessicherheitsbehörden durchaus Erkenntnisse zu den Anwerbebestrebungen, die PKK-seitig offenbar auch in Deutschland vollzogen werden. Wir haben dazu grundsätzlich auch Erkenntnisse, die zu einer zahlenmäßigen Einordnung führen. Hierbei handelt es sich allerdings um Erkenntnisse, die nicht offen verwertbar sind und die ich deswegen hier in der Regierungspressekonferenz nicht berichten kann.

Hinsichtlich Ihrer weiteren Frage, inwieweit gegebenenfalls auch Hooligans bereits in die Region Irak/Syrien ausreisen, kann ich Ihnen keine Erkenntnisse mitteilen. Darüber wäre mir nichts bekannt.

Frage: Herr Plate, es war auf diversen Bildern aus Köln gestern zu sehen, welche Personen sich dort befanden, weil sie teilweise Banner trugen. Einige der Personen, die dort mit solchen Bannern unterwegs waren, trugen Kennzeichen bei sich, die klar gezeigt haben, dass das wohl Organisationen oder Gruppen sind, die zumindest von Landesverfassungsschutzämtern beobachtet werden. Da würde ich schon gerne wissen, wie die Koordination im Vorfeld vonstattengegangen ist und wie die Koordination jetzt in der Nachbereitung dieser Kölner Veranstaltung stattgefunden hat, ob das BMI für die Auswertung dessen, welche Gruppen sich konkret dort befunden haben, federführend ist, oder wer das jetzt eigentlich in der Hand hat.

Plate: Ich bin mir nicht sicher, ob ich Ihre Frage ganz richtig verstehe. Grundsätzlich ist es wie bei jeder anderen sicherheitsrelevanten Lage in der Bundesrepublik Deutschland, dass es zunächst einmal in der Federführung des Landes liegt, wo es stattgefunden hat, in diesem Fall Nordrhein-Westfalen.

Ich habe gerade schon gesagt und kann auch gerne noch einmal wiederholen, dass sowohl in der Vor- als auch in der Nachbereitung solcher sicherheitsrelevanten Vorfälle oder Veranstaltungen Bund und Länder in engem Kontakt miteinander sind, sowohl auf der nachrichtendienstlichen als auch auf der polizeilichen Schiene. So ist es hier gewesen.

Jetzt haben Sie nach den genauen Koordinationsverläufen gefragt. Ich bin mir nicht sicher, was Sie genau damit meinen. Aber da würde ich um Ihr Verständnis bitten, dass ich jetzt natürlich nicht im Einzelnen sage, wer wann welche E-Mail oder welche Telefonate mit wem ausgetauscht hat. Aber das kann es wahrscheinlich auch nicht gewesen sein, was Sie wissen wollten.

Zusatzfrage: Dann hätte ich eine IFG-Anfrage gestellt. Aber das ist eine andere Geschichte. - Nein, meine Frage ging in die Richtung: Gab es vorher Beratungen zwischen Bund und Ländern, was konkret diese Veranstaltung in Köln anging, was der Verfassungsschutz der einzelnen Länder und des Bundes an Erkenntnissen hat, und gibt es jetzt eine entsprechende Nachbereitung? Das können Sie ja sicherlich sagen.

Plate: Selbstverständlich, sowohl vorher als auch nachher. Das ist die Antwort. Das ist aber auch nichts Ungewöhnliches, sondern das muss in einem funktionierenden Rechtsstaat unbedingt so sein. Wenn die Sicherheit gewährleistet werden soll, dann funktioniert das natürlich nur, wenn sowohl vorher ein Austausch dazu zwischen Bund und Ländern stattfindet, was zu erwarten ist, als auch im Anschluss, um gegebenenfalls daraus zu lernen, was passiert ist und wie man es nächstes Mal möglicherweise noch weiter verbessern kann, was die Reaktion angeht.

Frage: Sie sagten gerade, man tauscht sich auch deshalb eng aus, um für das nächste Mal besser gewappnet zu sein. Zeichnet sich denn schon ein nächstes Mal ab? Es ist ja Hamburg im Gespräch.

Plate: Ich möchte nicht darüber spekulieren, wo gegebenenfalls eine nächste Veranstaltung ähnlicher Art stattfindet. Aber natürlich haben Sie selber zum Beispiel gerade in Ihrer Frage eine gewisse Tendenz geglaubt erkennen zu können, dass so etwas möglicherweise nicht nur ein einziges Mal stattfindet, und darauf wollen wir selbstverständlich vorbereitet sein, ganz egal, an welchem Ort es ganz genau passiert oder ob es vielleicht gar nicht erneut passiert.

Frage: Eine Frage an das Bundesfinanzministerium, vielleicht auch an Sie, Herr Seibert: Was zieht denn die Bundesregierung einen Tag nach dem Ereignis für ein Fazit aus dem EZB-Stresstest gestern? Muss da noch irgendetwas nachbereitet werden? Muss noch irgendetwas weiter vorgenommen werden, um die europäischen Banken zu stabilisieren? Was für Erwartungen knüpft die Regierung daran, dass dieser Stresstest vorgenommen wurde und mit diesem Ergebnis zu Ende gegangen ist?

Jäger: Der Bundesfinanzminister hat sich gestern nach Bekanntgabe der Ergebnisse des Stresstestes durch die EZB und die BaFin geäußert. Das haben Sie alle gelesen. Er hat unterstrichen, dass die deutschen Banken offenkundig eine gute Vorsorge getroffen haben und dass jetzt keine unmittelbaren Maßnahmen im Nachgang zu dieser Bekanntgabe der Ergebnisse erforderlich sein werden.

Wir werden uns selbstverständlich die Ergebnisse im Einzelnen noch mal in Ruhe anschauen. Aber ich denke, was bleibt, ist die Tatsache, dass die deutschen Banken sich gut behauptet haben, auch im adversen, im schwierigen Szenario, dass die entsprechenden Kernkapitalquoten erzielt worden sind. Das sind alles positive Nachrichten.

Man wird sich dann im Weiteren sicher auch anschauen, welche Implikationen die Ergebnisse des Testes auf europäischer Ebene haben. Aber auch da denken wir, dass die allgemein geäußerte, eher positive Einschätzung ihren Grund hat.

Was das nun für einzelne Banken in einzelnen Mitgliedstaaten bedeutet, das müssen zunächst die einzelnen Mitgliedstaaten für sich untersuchen. Wir haben da aber keine Zweifel, dass die erforderlichen Maßnahmen getroffen werden.

StS Seibert: Ich habe dieser fachlichen Einschätzung überhaupt nichts hinzuzufügen. Die EZB kann nun plangemäß am 4. November die Aufsicht über die bedeutenden Banken übernehmen.

Die Bundesregierung hat immer die Haltung vertreten, dass diese einheitliche Bankenaufsicht, zentrale Bankenaufsicht ein ganz wichtiger Schritt in Richtung Stabilität der Finanzmärkte ist, dass sie das Vertrauen der Anleger und auch der anderen Wirtschaftsakteure in eine positivere wirtschaftliche Entwicklung in der Eurozone insgesamt verbessern wird und dass die Übernahme der Aufsicht durch die EZB den wesentlichen Schritt im Aufbau einer europäischen Bankenunion darstellt. Dazu waren diese Stresstests eine wichtige Wegmarke. Wir sind sehr zufrieden, dass die Bankenunion nun Schritt für Schritt durchgeführt werden kann.

Zusatzfrage: "Stabilisierung" war das Stichwort. Erwarten Sie, dass als Folge dieses Stresstests nun eine ruhigere Phase der Bewegungen an den europäischen Kapitalmärkten eingeläutet wird?

Jäger: Sie wissen, dass wir an dieser Stelle keine Vorhersagen treffen, was Marktentwicklungen angeht. Das werden wir auch in Zukunft so halten.

Ich will nur noch einmal unterstreichen, dass, so wie es gestern auch bei den Pressekonferenzen in Frankfurt dargelegt wurde, das Ergebnis dieses Testes ermutigend ist und dass dort, wo Nachbesserungsbedarf besteht, man die erforderlichen Schritte ergreifen wird. Aber noch einmal: Das betrifft nicht die deutschen Banken.

Frage: Eine Frage an das Wirtschaftsministerium und möglicherweise an Herrn Seibert. Es gab heute neue Wirtschaftsprognosen, und zwar einmal den Ifo-Geschäftsklimaindex sowie die IHK-Umfrage, die ja beide recht negativ ausgefallen sind. Ich glaube, bei der IHK-Umfrage kam heraus, dass erst einmal die Binnennachfrage durch diese Krisen möglicherweise beeinträchtigt wird. Wie reagiert darauf das Wirtschaftsministerium?

Auch die Frage an das Kanzleramt, ob möglicherweise angesichts von sich immer weiter verschlechternden Aussichten noch einmal über mögliche Maßnahmen seitens der Bundesregierung nachgedacht wird.

Moiteaux: Der Minister hat bei Vorlage der Herbstprojektion am 14. Oktober deutlich gemacht, dass die deutsche Wirtschaft nach wie vor in guter Verfassung ist. Die Fundamentaldaten sind gut; der Arbeitsmarkt ist robust; die Reallöhne steigen und der Konsum stützt die Konjunktur. Für das laufende Jahr gehen wir deshalb von einem BIP-Wachstum von 1,2 Prozent und für 2015 von 1,3 Prozent aus.

Natürlich gehen die schwache Entwicklung der Weltwirtschaft, insbesondere die Krisen in der Ukraine, im Nahen Osten und die schleppende wirtschaftliche Entwicklung im Euroraum nicht spurlos an Deutschland vorbei. Der Minister hat aber auch deutlich gemacht, dass es weiterhin keinen Grund zu "Alarmismus" gibt. Die einzelnen Daten von Instituten kommentieren wir an der Stelle nicht und dabei bleibt es.

StS Seibert: Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

Zusatzfrage : Eine Frage, was die Tatsache angeht, dass sich die Binnennachfrage eintrübt. Hat der Minister das schon erwartet oder ist das für ihn heute auch eine Neuigkeit gewesen?

Moiteaux: Ich kann wieder darauf verweisen, dass wir einzelne Indikatoren nicht kommentieren, weil es heute und in der letzten Woche ganz unterschiedliche Indikatoren gegeben hat. Das heißt, da gilt auch, dass wir einzelne Daten nicht kommentieren.

Frage: Eine Frage an das Bildungsministerium. Herr Fels, bei der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz diese Woche soll der Hochschulpakt besprochen werden, und zwar auch dahingehend, dass der Bund die Länder bewegen will, mehr dafür zu tun, dass weniger Studenten ihr Studium abbrechen. Können Sie mir bitte noch einmal kurz erklären, was da passieren soll und wie sichergestellt werden soll, dass dieses Geld, das anders verwendet werden soll, auch in Ihrem Sinne in den Ländern verwendet wird? Wir haben ja gesehen, dass das nicht unbedingt immer passiert.

Fels: Da muss ich Sie einfach noch um Geduld bitten, bis die GWK-Sitzung stattgefunden hat. Ich denke, dann wird man dazu konkret etwas sagen können. Ich kann dem jetzt nicht vorgreifen.

Zusatzfrage: Ist die Presseberichterstattung, die es dazu gegeben hat, so weit stimmig, dass Sie den Überlegungen des Bildungsministeriums entspricht?

Fels: Ich würde Sie noch einmal um Geduld bitten. Es wird nach der GWK-Sitzung eine Pressekonferenz geben, wo es sicherlich die Gelegenheit geben wird, über dieses Thema zu sprechen.

Zusatzfrage: Darf ich Sie allgemein fragen: Sind Sie denn dafür, dass die Studienabbrecherquote gesenkt wird? Wenn ja, in welcher Höhe würden Sie denn so eine Quote akzeptieren? Wie hoch darf so eine Quote sein, dass Sie sagen, dass das in Ordnung ist?

Fels: Ich glaube, jeder wird dafür sein, dass die Zahl der Studienabbrecher gesenkt wird. Ich denke, das ist sicherlich allgemeiner Konsens. Was solche konkreten Quoten und Maßnahmen angeht, würde ich Sie, wie gesagt, einfach bis zur Pressekonferenz nach der GWK-Sitzung um Geduld bitten.

Frage: Ich möchte noch einmal eine Frage an das Wirtschaftsministerium richten. Es gab am Wochenende eine Berichterstattung über den Fall Vattenfall mit seiner Milliardenklage gegen Deutschland vor einem internationalen Schiedsgericht. Eine Lernfrage: Gibt es irgendwelche Möglichkeiten, Instrumente, die der Bundesregierung zur Verfügung stehen, wenn ein internationales Schiedsgericht einen Spruch fällt, also schlechterdings knapp 5 Milliarden Euro, die Deutschland wegen des Atomausstiegs an Vattenfall an Schadensersatz zu zahlen hat? Gibt es irgendwelche Instrumente, um sich dagegen zu wehren?

Moiteaux: Es gibt immer die Möglichkeit, den Schiedsspruch am Ort des Verfahrens aufzuheben und es gibt die Möglichkeit - aber dafür gibt es ganz eng begrenzte Voraussetzungen -, dass man sozusagen die Vollstreckung nicht durchführt. Ja, es gibt rechtliche Überprüfungsmöglichkeiten, aber die sind sehr limitiert und in internationalen Verträgen vorgegeben - im konkreten Fall entweder in der New York Convention oder in der Energiecharta.

Zusatzfrage: Ist die Tatsache, dass es nur solche extrem limitierten Möglichkeiten gegen den Spruch eines solchen Schiedsgerichts gibt, für das Wirtschaftsministerium ein wesentlicher Grund, grundsätzlich gegen die Einsetzung und Regelung für Schiedsgerichte in Freihandelsabkommen wie dem US-EU-Abkommen oder dem kanadischen Abkommen zu votieren? Bestärkt das möglicherweise die Bundesregierung in ihrer Ablehnung von solchen Schiedsgerichten in solchen Verfahren?

Moiteaux: Der Bundeswirtschaftsminister hat wiederholt deutlich gemacht - zuletzt auf seiner US-Reise -, dass er solche Schiedsklauseln in Freihandelsabkommen zwischen entwickelten Rechtsstaaten nicht für erforderlich hält. Er hat aber gleichzeitig sehr deutlich gemacht - zuletzt am Donnerstag bei seiner Rede in Harvard -, dass TTIP selbst ein historisches Projekt ist, das den großen Möglichkeiten einer neuen transatlantischen Agenda entspricht. Er hat also TTIP als solches noch einmal sehr unterstützt.

Zusatzfrage: Wenn man sagt, dass man etwas nicht für erforderlich hält, ist das erheblich schwächer als zu sagen: Wenn ich Vattenfall mit den Risiken sehe, dann bestärkt mich das in einer Ablehnung. Ist der Minister bereit, gegebenenfalls unter was weiß ich was für Umständen doch einen Investitionsschutz mit Schiedsklausel zu akzeptieren oder ist er es nicht?

Moiteaux: Dieses Kapitel ist noch ausgeklammert. Der Minister hat immer deutlich gesagt, dass er es nicht für erforderlich hält. Insofern habe ich dem jetzt hier nichts hinzuzufügen.

Frage: Welche Schritte hat der Bundeswirtschaftsminister bisher konkret unternommen, seitdem die neue EU-Kommission im Amt ist, um die Nachverhandlungen des kanadischen Abkommens so, wie angekündigt, auf den Weg zu bringen? Ist dieses Anliegen bereits an die neue zuständige Kommissarin herangetragen worden?

Moiteaux: Es gab eine gemeinsame Initiative mit dem Finanzministerium. In dem Zusammenhang hat ja auch Herr Seibert hier in der Regierungspressekonferenz schon darauf hingewiesen, dass sich das Verfahren noch in einer Prüfung befindet.

Zusatzfrage: Das habe ich jetzt nicht verstanden. Es gibt eine klare Aussage des Bundeswirtschaftsministers, dass er den Wunsch nach Nachverhandlungen vorbringen wird. Die Frage ist: Hat er das bereits getan oder was muss noch geprüft werden?

Moiteaux: Sind jetzt bei TTIP?

Zusatz: Nein, ich bin bei CETA.

Moiteaux: Sie sind bei CETA. Da liegt ein Text vor und jetzt laufen die Prozesse. Wie Sie wissen, ist Deutschland der Ansicht, dass es sich um ein gemischtes Abkommen handelt. Das heißt, ein solches Abkommen kann nur ratifiziert werden, wenn die Mitgliedstaaten und ihre Parlamente zustimmen. An der Stelle dauert in der Situation die Prüfung an. Sie haben ja auch gehört, dass bei der Befragung der neuen Handelskommissarin Malmström dieses Thema immer wieder aufgebracht wurde. Insofern laufen jetzt die Verhandlungen, und dem kann man nicht vorgreifen.

Jäger: Ich darf an der Stelle vielleicht ergänzen. Was die Kollegin aus dem Wirtschaftsministerium sagt, ist zutreffend. Ich möchte nur auf ein Faktum hinweisen: Die neue Kommission ist zwar vom Europäischen Parlament bestätigt, sie ist aber noch nicht im Amt. Bevor wir hier nächste Schritte ergreifen und Gespräche führen, sollten wir das abwarten.

Zusatz: Ich entnehme dem, was Herr Jäger sagte, dass es noch keine, in irgendeiner Weise formalisierte Anfrage oder einen Antrag an die Kommission, an die neue Kommissarin gegeben hat.

Jäger: Die Bundesregierung - unser Haus, das BMWi und andere - ist hier selbstverständlich auf Arbeitsebene im Kontakt mit der Kommission. Das sind normale Abläufe. Aber wenn man so etwas formalisieren will, macht es doch keinen Sinn, das mit einem Kommissar zu tun, der womöglich noch drei, vier Tage im Amt ist. Das heißt, man wird jetzt zunächst einmal abwarten, bis die neue Kommission ihr Amt angetreten hat, und dann kann man gegebenenfalls über nächste Schritte reden.

Zusatzfrage: Herr Jäger, darf ich Sie bitten, Ihre Einschätzung darzulegen, wie Sie nach der Anhörung von Frau Malmström die Chancen sehen, dass sich die Kommissarin darauf einlässt, auf Kanada zuzugehen und hier im Sinne des Bundeswirtschaftsministers oder der Bundesregierung insgesamt Nachverhandlungen bei CETA zu erreichen.

Jäger: Ich spreche hier - das will ich noch einmal unterstreichen - für einen zwar wichtigen, aber sehr überschaubaren Teilaspekt. Das Bundesfinanzministerium ist hier nicht federführend. Vor diesem Hintergrund allemal werde ich nicht Äußerungen kommentieren, die Kommissare in ihren Anhörungen vor dem Europäischen Parlament gemacht haben.

Frage: Eine Frage an das BMAS, und zwar geht es um die Rente. Es gibt Meldungen, dass die Erhöhung im nächsten Jahr durch statistische Effekte geringer ausfallen soll. Können Sie erklären, wie das genau zusammenhängt und warum?

Schneider: Ich kann auf jeden Fall bestätigen, dass es sozusagen eine statistische Revision gegeben hat, die sich auch bei der Rentenanpassung niederschlagen wird. Es wird also einen Effekt haben. Das ist sozusagen ein rein rechnerischer Effekt. Dieser beruht nicht auf irgendwelchen realen datenmäßigen Veränderungen, sondern ist, wie gesagt, eine rein rechnerische Größe, die sich - so ist es in dem von Ihnen zitierten Bericht auch beschrieben - ein Jahr später ausgleichen wird.

Zusatzfrage Entschuldigung, aber de facto haben die Leute im nächsten Jahr erst einmal weniger Geld.

Schneider: Das muss man sehen. Das kann man erst einmal so nicht sagen. Wir gehen nach derzeitigem Stand davon aus, dass es zu einer Rentenerhöhung kommen kann. Wie hoch die ausfällt und ob es tatsächlich dazu kommt, können wir natürlich erst im Frühjahr beurteilen. Insofern kann ich das so, wie Sie das gerade gesagt haben, nicht bestätigen. Man muss einfach abwarten, wie sich die Zahlen entwickeln.

Zusatzfrage: Nun gibt es ja die Forderung vonseiten des DGB, dass man den Beitragssatz stabil hält. Haben Sie dazu eine Reaktion?

Schneider: Es ist ja de facto so, dass man in die Rentenformel tatsächlich gesetzgeberisch eingreifen müsste, wenn man diesen rechnerischen Effekt ausgleichen oder verhindern möchte. Dazu möchte ich noch einmal betonen, dass sich dieser Effekt, der nächstes Jahr einmalig eintritt, tatsächlich im Folgejahr ausgleicht. Insofern haben wir erst einmal nicht die Absicht, in die Rentenformel gesetzgeberisch einzugreifen. Das macht, wie gesagt, aus unserer Sicht einmal mehr keinen Sinn, als dass sich das von selber wieder ausgleichen wird.

Frage: Warum hat es denn diese statistische Revision gegeben, wie Sie es nennen?

Schneider: Die Revision des Statistischen Bundesamtes beruht auf der Beschäftigtenstatistik, die die Bundesagentur für Arbeit erstellt. Dort hat es insofern eine Revision gegeben, als dass jetzt auch beispielsweise Beschäftigte in Behindertenwerkstätten und Beschäftigte, die ein Freiwilliges Soziales Jahr absolvieren, mit einberechnet werden. Damit wird die Berechnung an den ILO-Standard angeglichen.

Zusatzfrage: Wieso gleicht sich das ein Jahr später wieder aus? Wenn ich jetzt weniger Rente bekomme, verstehe ich nicht, warum es dann im nächsten Jahr automatisch wieder mehr ist.

Schneider: Ich kann hier in der Bundespressekonferenz kein Rentenseminar veranstalten. Die Rentenformel an sich ist ein relativ kompliziertes Konstrukt. Das liegt daran, dass es durch diese Revision zu einer sogenannten statistischen Missweisung kommt. Das heißt, es werden, wie gesagt, keine realen Daten verändert, sondern es werden Daten miteinander ins Verhältnis gesetzt, die unterschiedlich erfasst worden sind. Das liegt eben an den Daten der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, die sich auf die Beschäftigtenzahl niederschlägt.

Wenn Sie fragen, warum sich das ausgleicht, so hängt das damit zusammen, dass sich die beitragspflichtigen Entgelte, die diesen Effekt, der dadurch entsteht, wieder ausgleicht, erst mit einer sehr großen Verzögerung niederschlagen. Das erfolgt erst ein Jahr später und dadurch wird dieser Effekt wieder ausgeglichen. Wie das alles mathematisch zusammenhängt, kann ich Ihnen hier ad hoc nicht erklären und darlegen - Sie können sich gerne noch einmal an uns wenden -, aber ganz grob ist der Zusammenhang so.

Frage: Tut mir leid, aber habe ich es richtig verstanden, dass durch diese womöglich geringere Erhöhung die Beiträge später entsprechend erhöht werden sollen, um dieses Geld wieder hereinzuholen? Ist dann also übernächstes Jahr mit entsprechend höher steigenden Beiträgen zu rechnen?

Schneider: An der Berechnung der Beiträge wird sich genauso wenig etwas ändern wie an der Berechnung der Rentenanpassung. Das heißt, die gesetzlichen rechnerischen Vorgaben, die es derzeit gibt, bleiben erhalten. Ein Grund, der dafür spricht, ist, wie gesagt, dass sich das ohnehin ein Jahr später alles wieder ausgleicht. Deswegen sehen wir jetzt keine Notwendigkeit, punktuell an einer Stelle für ein Jahr die Rentenformel zu ändern. Die Berechnungsformel als Grundlage bleibt die gleiche, nur die angewandten Daten sind sozusagen erst einmal verändert. Da aber nachlaufend die beitragspflichtigen Entgelte wiederum einfließen, wird sich das ein Jahr später ausgleichen. Ich glaube, da müsste man jetzt tatsächlich ins Mathematische gehen; das kann ich hier im Einzelnen nicht darlegen. Aber Fakt ist, dass wir weder an der Berechnung der Beiträge noch an der Berechnung der Rentenanpassung irgendetwas ändern.

Zusatz: Ich spüre, dass die Spannung bei dem Thema groß ist. Ich lasse es aber erst einmal dabei bewenden.

Frage: Ich hätten noch eine Frage an das Verkehrsministerium, vielleicht auch an den Regierungssprecher. Minister Dobrindt hat ja wiederholt erklärt, er werde seinen Gesetzentwurf für die Pkw-Maut Ende Oktober vorlegen. Nun haben wir ja die letzte Oktoberwoche. Deswegen meine Frage: Ist das definitiv am kommenden Mittwoch im Kabinett?

Moosmayer: Herr Minister Dobrindt hat immer angekündigt, dass er den Gesetzentwurf im Oktober vorlegt. Er wird, wie bisher auch immer, Wort halten und das wird auch so umgesetzt. Wir werden den Gesetzentwurf noch im Oktober vorstellen.

Zusatzfrage: Sie differenzieren jetzt zwischen Vorstellung und Kabinettsvorlage oder höre ich da irgendetwas Falsches heraus?

Moosmayer: Das hören Sie schon richtig. Wir haben immer gesagt: Wir stellen den Gesetzentwurf vor.

Zusatzfrage: Wann wird er dann im Kabinett sein? November, Dezember, Januar?

Moosmayer: Dazu liegen mir noch keine Erkenntnisse vor; tut mir leid.

Frage: Vielleicht können Sie es heute, am Montag, doch etwas enger eingrenzen. So viele Tage hat ja die Woche auch nicht mehr und der Monat Oktober ist am Ende der Woche definitiv vorbei - zumindest für uns alle und auch für Sie. Vielleicht können Sie es langsam ja doch einmal etwas einschränken, ob morgen, übermorgen, Donnerstag.

Moosmayer: Ihrer Einschätzung des Monats kann ich überhaupt nichts hinzufügen. Da sind wir ganz einig. Ich kann es noch nicht näher eingrenzen; tut mir leid.

Frage: Frage in dem Zusammenhang an Herrn Seibert, ob er uns zur Einbindung anderer Regierungsmitglieder und insbesondere der Kanzlerin mehr Mitteilungen machen kann, als das am Freitag geschah.

StS Seibert: Ich glaube, das kann ich nicht. Sie wissen, dass die Pkw-Maut ein Teil des Koalitionsvertrags ist. Insofern war es von vornherein ein Projekt, dem sich die gesamte Bundesregierung verpflichtet gefühlt hat, an dessen Umsetzung alle Ressorts arbeiten. Es wird die Vorstellung des Plans von Verkehrsminister Dobrindt noch in dieser Woche geben. Ich denke, dass wir damit im Zeitplan sind, wie wir ihn hier auch verkündet haben. Dass das nie Alleingänge sind, sondern in intensiver Abstimmung mit Kabinettskollegen geschieht, versteht sich von selbst.

Zusatzfrage: Dann würde ich in dem Zusammenhang gerne noch eine Frage an das Bundesjustizministerium hinzufügen.

Die erste Frage ist, ob Sie diesen Entwurf schon kennen. Ich vermute, nachdem, was man bisher hörte, ist das nicht der Fall.

Zweitens wäre die Frage, in welchem Rahmen das Bundesjustizministerium eine Rechtsförmigkeitskontrolle vornimmt, die auch die europarechtlichen Teile betrifft.

Rülke: Es ist bei diesem Gesetzentwurf wie bei allen anderen Gesetzentwürfen auch: Sobald der Gesetzentwurf in die Ressortabstimmung mit den anderen Ressorts geht, werden wir diesen Gesetzentwurf, wie jeden anderen Gesetzentwurf auch, auf seine Verfassungsgemäßheit prüfen; genauso wie im Übrigen das andere Verfassungsressort, das BMI, auch.

Zusatzfrage: Dann habe ich noch eine Lernfrage. Das ist ja hier offenbar keine Ressortabstimmung, wie wir sie in anderen Gesetzgebungsverfahren kennen. Normalerweise gibt es eine Ressortabstimmung und dann werden Gesetzentwürfe vorgestellt. Hier ist jetzt der eher ungewöhnliche Fall, dass ein Gesetzentwurf wahrscheinlich erst in der Öffentlichkeit vorgestellt wird oder den Ministerien zeitgleich vorgestellt wird. Können Sie das noch einmal erklären? Ist mit der Vorstellung die Einleitung der Ressortabstimmung automatisch in Kraft gesetzt oder sind das noch einmal unterschiedliche Verfahren?

Rülke: Ich kann hier nicht für diesen konkreten Gesetzentwurf sprechen; den kenne ich nicht. Ich kann aber vielleicht ein bisschen Klarheit in die üblichen Abstimmungsprozesse bringen. Es ist so, dass normalerweise die Häuser einen Gesetzentwurf erarbeiten und dann geht dieser Gesetzentwurf in die Ressortabstimmung. Es vergehen einige Wochen. Wenn keines der übrigen Ressorts mehr Bedenken hat, gehen diese Gesetzentwürfe in das Kabinett. So ist der normale Ablauf. Wie es in diesem konkreten Fall mit der öffentlichen Vorstellung und anderen Dingen passiert, kann ich Ihnen nicht sagen.

Moosmayer: Ich möchte gerne ergänzen. Es ist genau so, wie der Kollege es vorgetragen hat. Wenn ich "Vorstellung" sage, meine ich: Wir legen den Entwurf vor. Natürlich geht er in das ganz normale Gesetzgebungsverfahren. Es ist nur bei diesem Gesetzentwurf so, dass es quasi gleichbedeutend ist. Sobald wir den herausgeben, ist er in der Öffentlichkeit. Das heißt jetzt nicht, dass wir ein anderes Verfahren wählen, sondern natürlich geht das ganz normal in das Gesetzgebungsverfahren. Das meinte ich mit "vorstellen".

Zur EU-Rechtmäßigkeit: Wir haben das gutachterlich prüfen lassen und das Ergebnis liegt jetzt auch vor. Die Gutachter bescheinigen dem Entwurf EU-Gesetzmäßigkeit. Das kann man hier vielleicht noch einmal bestätigen.

Plate: Noch zwei kleine Ergänzungen.

Eine Ergänzung sozusagen in der Eigenschaft des Bundesinnenministeriums als das für die sogenannte GGO - Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien - federführende Ressort. Diese ist öffentlich verfügbar und dort können Sie bei Interesse das genaue Verfahren, was möglich ist, was nicht möglich ist, im Einzelnen nachlesen. Das ist dort eigentlich ganz gut geschildert.

Zur Vorstellung vielleicht nur eine Ergänzung: Es ist in der Tat nicht ungewöhnlich. Auch der Bundesinnenminister hat seinen Entwurf für ein erstes IT-Sicherheitsgesetz vorgestellt und am selben Tag eine Ressortabstimmung eingeleitet. Es gibt also verschiedene Varianten, die sind alle möglich.

Zusatzfrage: Am letzten Freitag gab es noch eine erhebliche Unklarheit darüber, welche Wege hier gegangen werden. Wir wissen aber jetzt, dass in dem Fall Vorstellung gleich Einleitung der Ressortabstimmung bedeutet.

Nachfrage an das Verkehrsministerium: Können Sie noch einmal erläutern, wie sich diese gutachterliche Stellungnahme im Verhältnis zu der Abstimmung verhält, die Sie bei der Erarbeitung mit der EU-Kommission hatten? Da ist ja angekündigt worden, dass Sie an sich in Abstimmung und enger Kooperation mit der EU-Kommission einen Gesetzentwurf vorstellen wollen, der sozusagen schon das Brüsseler Testat der Europarechtskonformität hat.

Moosmayer: Der Entwurf ist in enger Zusammenarbeit mit den betreffenden Stellen erarbeitet worden. Wir haben die EU-Rechtmäßigkeit auch gutachterlich prüfen lassen und haben quasi jetzt die Bestätigung erhalten, dass der Entwurf, der vorgestellt wird, EU-rechtskonform ist.

Zusatzfrage Die Gutachter helfen Ihnen in Brüssel nicht viel. Sie brauchen am Ende noch die Zustimmung der Kommission.

Moosmayer: Na klar, das schließt sich ja nicht aus.

Frage: Sie würden jetzt sagen, das hat aus Ihrer Sicht nichts miteinander zu tun, weil es ansonsten vielleicht nicht europarechtskonform wäre? Aber. Herr Jäger, wie sieht es denn mit den entsprechenden Kfz-steuerrechtlichen Regelungen aus, die wir hier alle darunter subsumieren würden? Wie weit sind die denn bereits fortgeschritten?

Jäger: Wir haben in den vergangenen Wochen einen engen und vertrauensvollen Austausch mit den Kollegen aus dem Verkehrsministerium gepflegt. Gehen Sie davon aus, dass, wenn der Gesetzentwurf vorgestellt werden wird, auch unser Teil entsprechend angepasst sein wird.

Zusatzfrage: Wird Herr Minister Schäuble das dann auch gleich mit vorstellen?

Jäger: Ich denke, es sollte das Ressort, das für den Gesetzentwurf federführend zuständig ist, ihn auch vorstellen. Wir machen diese Woche Steuerkonferenz. Sie sehen, wir sind terminlich sehr ausgelastet.

Nein, im Ernst: Es ist doch ganz klar, dass es eine Aufgabe ist, die die Kollegen im Verkehrsministerium haben. Ich sage noch einmal: Wir haben hier wirklich vertrauensvoll und eng zugearbeitet und unseren Teil zum Erfolg dieses Unternehmens beigetragen.

Zusatzfrage: Herr Plate hat eben selber so schön das IT-Sicherheitsgesetz erwähnt, das eben genau diesen Weg gegangen ist, dass Sie erst den Referentenentwurf vorgestellt haben und es dann in die Ressortabstimmung gegeben haben. Eigentlich sollte es, glaube ich, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, so langsam auch im Kabinett gewesen und auch dort durchgegangen sein, denn sonst bekommen Sie es bis Ende des Jahres nicht mehr durch. Gibt es irgendwelche Verzögerungen innerhalb der Ressortabstimmung, die Sie zu annoncieren haben? Vielleicht kann sich auch das BMWi dazu äußern.

Plate: Nein, es gibt keine Verzögerungen. Die Zeitplanung war, dass es noch in diesem Jahr ins Kabinett geht. Diese Zeitplanung ist weiterhin aktuell.

Moiteaux: Ich habe nichts zu ergänzen.

*

Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 27. Oktober 2014
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2014/10/2014-10-27-regpk.html;jsessionid=B5E4DAE77E139BB8F46BECD44040F768.s1t2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Oktober 2014