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PRESSEKONFERENZ/776: Regierungspressekonferenz vom 8. April 2014 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Dienstag, 8. April 2014
Regierungspressekonferenz vom 8. April 2014

Themen: Kabinettssitzung (Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der europäischen Überbrückungsmission in der Zentralafrikanischen Republik, Zweiter Monitoring-Bericht "Energie der Zukunft", Gesetzentwurf zur Reform des EEG, Gesetzentwurf zur Einführung einer Länderöffnungsklausel in das Baugesetzbuch, Anlagenregisterverordnung, Gesetzentwurf zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes, Änderung des Antiterrordateigesetzes, Änderung des Gesetzes zur Zahlung von Ghetto-Renten, Nationales Reformprogramm 2014, Berufsbildungsbericht 2014), Lage in der Ukraine, Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung, Hartz IV, mögliche Auswirkungen des Krim-Konflikts auf deutsche Arbeitsplätze, Pläne für eine gesetzliche Regelung hinsichtlich des Abschusses entführter Passagierflugzeuge, Personalie

Sprecher: StS Seibert, Zimmermann (BMJV), Küchen (BMAS), Schäfer (AA), Roth (BMVg), Narzynski (BMF), Neymanns (BMI), Maaß (BMU)



Vors. Detjen eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Der Bericht aus dem Kabinett ist heute - ich kann es Ihnen nicht ersparen - ziemlich ausführlich, weil es eine sehr inhaltsreiche Sitzung des Bundeskabinetts mit einer Zahl von wirklich wichtigen Beschlüssen war.

Ich fange einmal mit der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der europäischen Überbrückungsmission in der Zentralafrikanischen Republik an. Sie wissen es aus vielen Berichten: Die humanitäre Lage in der Zentralafrikanischen Republik ist dramatisch. Sie droht sich sogar noch weiter zu verschlechtern. Diese europäische Überbrückungsmission hat nun das Ziel, im Einklang mit den Vereinten Nationen, mit der Afrikanischen Union und mit anderen Akteuren die Bedrohung für die Bevölkerung und auch die Notlage zu lindern. Die Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung in der Zentralafrikanischen Republik soll unterstützt werden. Diese Mission ist als Überbrückungsmission - der Name sagt es schon - für sechs Monate gedacht. Sie soll die Mission, die die Afrikanische Union im Einsatz hat, unterstützen, und sie soll die Voraussetzungen für eine künftige UN-Friedensmission schaffen.

Deutschland beteiligt sich an dieser Mission in der Zentralafrikanischen Republik mit strategischem Verwundeten-Lufttransport. Daneben wird Personal im strategischen Hauptquartier Larissa und im operativen Hauptquartier Bangui bereitgestellt. Dieser Verwundeten-Lufttransport ist eine Schlüsselfähigkeit, mit der Deutschland einen sehr sichtbaren, wichtigen und von unseren Partnern auch geschätzten Beitrag zur erfolgreichen Durchführung der Mission leistet. Es können bis zu 80 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr im Rahmen der deutschen Beteiligung eingesetzt werden.

Darüber hinaus wird Deutschland über einen zivilen Anbieter strategischen Lufttransport für Transportleistungen nach Bangui bereitstellen. Es ist allerdings - das sage ich ausdrücklich - nicht vorgesehen, im Zusammenhang mit diesem strategischen Lufttransport auch deutsche Streitkräfte ins Einsatzgebiet zu entsenden.

Das Mandat für die Überbrückungsmission gilt längstens bis Ende Februar 2015. Es steht wie immer unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Deutschen Bundestags.

Dann kommen wir zum hier und heute schon ausführlich besprochenen Thema Energie. Ich mache es kurz, glaube aber, dass der Vizekanzler, Wirtschaftsminister und Energieminister wahrscheinlich noch nicht den zweiten Monitoring-Bericht "Energie der Zukunft" angesprochen hat. Der war heute auch Gegenstand der Befassung des Kabinetts.

Dieser Bericht, der regelmäßig vorgelegt werden soll, dokumentiert den Stand der Energiewende. Er zeigt, wie die Energiewende vorankommt. Wichtige Indikatoren dafür - zum Beispiel natürlich der Ausbau der erneuerbaren Energien - entwickeln sich im Einklang mit den Zielen der Bundesregierung. Trotzdem - das ist ja auch ganz klar - macht der Bericht die Größe der Herausforderungen, vor denen wir weiterhin stehen, klar. Dabei geht es um den erforderlichen Ausbau der Stromnetze. Es geht um die Stromkosten. Genau vor diesem Hintergrund ist ja nun diese grundlegende EEG-Reform, die der Minister eben vorgeschlagen hat, angegangen worden.

Auch die Expertenkommission, die 2011 für die Energiewende eingesetzt wurde, hat wieder eine Stellungnahme zu diesem Bericht abgegeben. Die Bundesregierung dankt der Kommission für ihren konstruktiv-kritischen Beitrag, den sie nun eingehend prüfen wird.

Jetzt mache ich es am besten ganz kurz: Das Thema EEG war natürlich heute ein zentraler Punkt im Kabinett. Der Gesetzentwurf ist Ihnen gerade vorgestellt worden. Deswegen gebe ich nur noch einmal von meiner Seite den Hinweis: Damit hat die Bundesregierung wirklich eines der zentralen energiepolitischen Vorhaben dieses Jahres 2014 auf den Weg gebracht. Die Neuregelung der besonderen Ausgleichsregelung für stromintensive Industrien wurde dem Kabinett noch nicht vorgelegt. Hierzu sind die Gespräche mit der Europäischen Kommission noch nicht ganz abgeschlossen. Wir wollen dafür sorgen, dass die neuen Regelungen dann mit den Leitlinien übereinstimmen, die die Kommission voraussichtlich morgen beschließen wird.

Im Zusammenhang damit wurden ein weiteres Gesetz - ein Gesetzentwurf zur Einführung einer Länderöffnungsklausel in das Baugesetzbuch - und eine Verordnung beschlossen. Dabei geht es darum, dass die Länder die Möglichkeit bekommen, für Windenergieanlagen an Land spezifische, diesem Land eigene Mindestabstandregelungen zwischen der Windenergieanlage und einer Wohnnutzung zu vereinbaren.

Es wurde ebenfalls die Anlagenregisterverordnung beschlossen. Damit schafft die Bundesregierung nun also die Grundlage für ein Register, in dem künftig alle neuen Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien erfasst werden. Betreiber müssen ihre Anlagen melden. Sie müssen wesentliche Daten wie Standort, Leistung oder Energieträger übermitteln. Es wird die Bundesnetzagentur sein, die dieses Register führen und diese Daten übrigens auch öffentlich zugänglich machen wird. Mit der Erfassung dieser Daten wird es dann möglich sein, die von dieser EEG-Novelle festgelegten Ausbaupfade auch wirklich ständig zu überprüfen. Außerdem werden die Daten genutzt, um die Fördersenkungen zum Beispiel bei den verschiedenen Herstellungsformen erneuerbarer Energien zu berechnen. Diese Fördersenkungen hängen nämlich verständlicherweise vom Umfang des Zuwachses ab. - So viel zum großen Thema Energie.

Ein weiteres Thema war heute im Kabinett ein Beschluss des Kabinetts, nämlich der Gesetzentwurf zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes, auch verbunden mit dem Stichwort Optionsregelung. Verändert wird ein einziger Paragraph. Der verändert aber tatsächlich einiges. Wie Sie wissen, wurde im Koalitionsvertrag vereinbart, dass für in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder ausländischer Eltern die sogenannte Optionspflicht im Staatsangehörigkeitsrecht abgeschafft werden solle, dass also für diesen Personenkreis die Mehrstaatigkeit zu akzeptieren sei.

Nun, nach einiger Vorbereitung durch das BMG und das BMJV, ist es gelungen, dem Kabinett einen Gesetzentwurf vorzulegen, der diesen Begriff des "geboren und aufgewachsen" dann auch tatsächlich mit Leben erfüllt. Ich sage es einmal so: Nach dem Gesetzentwurf gilt als in Deutschland aufgewachsen, wer sich bis spätestens zur Vollendung seines 21. Lebensjahres mindestens acht Jahre in Deutschland aufgehalten hat, wer sechs Jahre in Deutschland eine Schule besucht hat oder wer über einen in Deutschland erworbenen Schulabschluss oder eine hier abgeschlossene Berufsausbildung verfügt. Für all die jungen Frauen und Männer, die diese Bedingungen erfüllen, entfällt der Optionszwang. Sie sind und bleiben also Deutsche, auch wenn sie noch eine zweite Staatsbürgerschaft haben.

Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, können die Betroffenen auf Antrag schon frühzeitig vor Erreichen des 21. Lebensjahres durch die zuständigen Behörden klären lassen. Wenn sie das nicht tun, dann werden die Behörden in der Regel unbürokratisch und mit einem geringen Verwaltungsaufwand von Amts wegen prüfen, ob diese entsprechenden Daten vorliegen. Damit hat die Bundesregierung nach unserer Überzeugung eine gute und praktikable Lösung für die Neuregelung der Optionspflicht gefunden. Tausende junger Menschen, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, müssen sich nicht länger zwischen der deutschen Staatsangehörigkeit und der Staatsangehörigkeit ihrer Eltern entscheiden. Es gibt, um dann für Einzelfallgerechtigkeit in besonders gelagerten Fällen zu sorgen, auch eine Härtefallklausel; das wollte ich auch noch erwähnen.

Der nächste Beschluss des Bundeskabinetts betrifft einen Gesetzentwurf zur Änderung des Antiterrordateigesetzes. Diese Antiterrordatei ermöglicht ja, wie Sie wissen, einen reibungslosen und schnellen Informationsaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden. Sie ist daher für die Beobachtung und Bekämpfung des islamistischen Extremismus und des internationalen Terrorismus unverzichtbar.

Nun hat das Bundesverfassungsgericht im April 2013 entschieden, dass diese Verbunddatei der verschiedenen Sicherheitsbehörden in ihren Grundstrukturen mit der Verfassung vereinbar ist. Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings bei einigen Regelungen Änderungen verlangt, und diese notwendigen Änderungen hat das Kabinett heute beschlossen. Es gibt also die erforderlichen Anpassungen des Inhalts und der zu speichernden Datenarten. Der Grundrechtsschutz wird durch die Änderungen der Abfragemodalitäten gestärkt. Daneben wird die Analysefähigkeit der Antiterrordatei erhöht.

Der nächste Tagesordnungspunkt des Kabinetts war die Änderung des Gesetzes zur Zahlung von Ghetto-Renten. Das Kabinett hat also heute einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, mit dem die Zahlung von Renten für Menschen, die in einem früheren nationalsozialistischen Ghetto beschäftigt waren, verbessert wird. Damit setzen wir eine Vereinbarung des Koalitionsvertrags um. Diese Regelung sieht vor, dass zügig für eine angemessene Entschädigung für die in einem damaligen Ghetto zu leistende Arbeit zu sorgen ist.

Mit diesem Entwurf können etwa 40.000 Betroffene, die in einem NS-Ghetto unter unmenschlichen Bedingungen harte Arbeit geleistet haben, ihren Anspruch auf eine Ghetto-Rente nun rückwirkend bis Juli 1997 geltend machen. Bislang sind Nachzahlungen für die Vergangenheit auch für Ghetto-Renten maximal vier Jahre lang möglich; das ist dem allgemeinen Sozialrecht geschuldet. Dies wird von den zumeist hochbetagten ehemaligen Ghetto-Beschäftigen verständlicherweise als ein großes Unrecht empfunden. Alle Betroffenen können also schon bald aufgrund der geplanten Gesetzesänderung ihre Ghetto-Renten neu berechnen lassen. Sie können wählen, ob sie eine bis 1997 rückwirkende Zahlung möchten. Es wird die Deutsche Rentenversicherung sein, die sie zeitnah über das neue Recht informiert wird.

Wir wollen, dass dieses Gesetz schnellstmöglich umgesetzt wird und noch vor der Sommerpause in Kraft tritt. Die Bundesregierung ist sich generell, aber gerade auch spezifisch in der Abfassung dieses Gesetzes ihrer historischen Verantwortung für die Überlebenden des Holocaust, die in der NS-Zeit unsägliches Leid erlebt haben, bewusst. Das zeigt sich mit diesem heutigen Beschluss erneut.

Noch ein bisschen aus dem Kabinett: Es gibt noch das Nationale Reformprogramm 2014, das das Kabinett heute beschlossen hat. Dieses Nationale Reformprogramm ist in jedem europäischen Mitgliedsland Teil des Europäischen Semesters. Es legt also jeder EU-Mitgliedstaat einmal im Jahr dar, wie er seine nationalen und europäischen Verpflichtungen erfüllt. Die Bundesregierung hat in diesem Plan alle Empfehlungen zu den Handlungsfeldern, die in den länderspezifischen Empfehlungen des Europäischen Rats aufgegriffen worden waren, umgesetzt und in den angesprochenen Bereichen auch Maßnahmen ergriffen. Ich gebe nur einige Beispiele: Die Bundesregierung treibt die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte deutlich voran. Sie ergreift auf dem Arbeitsmarkt Maßnahmen, die bessere Erwerbschancen eröffnen. Nicht zuletzt, um die Kosten der Energiewende im Griff zu behalten, hat sie heute eben auch das Erneuerbare-Energien-Gesetz reformiert.

Die Bundesregierung nimmt in diesem Nationalen Reformprogramm auch ausführlich Stellung zur vertiefen Analyse des deutschen Leistungsbilanzüberschusses durch die Europäische Kommission. Das war ja auch hier immer wieder einmal ein Thema. Wir stimmen mit der Europäischen Kommission darin überein, dass die hohe Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft ein entscheidender Stützpfeiler für die Europäische Union ist. Wir teilen auch die Einschätzung, dass eine Stärkung des Wachstumspotenzials hier in Deutschland weiterhin erforderlich ist, ganz besonders durch eine Steigerung der Investitionen. Das ist ja auch im Koalitionsvertrag so miteinander vereinbart worden. Das trägt dann eben auch zu der gewünschten hören Binnennachfrage und zum Abbau der deutschen Leistungsbilanzüberschüsse bei.

Das Nationale Reformprogramm zeigt außerdem, dass Deutschland bei den sogenannten Europa-2020-Kernzielen große Erfolge zu verzeichnen hat. Auch da nenne ich nur zwei Stichpunkte: Die Erhöhung der Erwerbsquote und die Verbesserung des Bildungsniveaus.

Das Kabinett hat heute auch die Aktualisierung 2014 des deutschen Stabilitätsprogramms beschlossen. Darin wird dargelegt, wie Deutschland seine öffentlichen Finanzen wieder auf ein solides Fundament gestellt hat. Der Staatshaushalt - das sind die Haushalte des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Sozialversicherungen zusammengenommen - war nun schon zwei Jahre in Folge, also 2012 und 2013, ausgeglichen. Wir erwarten nach der nun mit diesem Stabilitätsprogramm vorgelegten Prognose auch für die kommenden Jahre einen ausgeglichenen Staatshaushalt. Die Fortführung dieser finanzpolitischen Konsolidierung ist eines der wesentlichen Ziele, die wir uns als Bundesregierung gesetzt haben, und dazu leistet der Bund dann tatsächlich auch seinen wesentlichen Beitrag. Sie wissen: Für dieses Jahr hat die Bundesregierung einen strukturell ausgeglichener Haushalt aufgestellt. Für die kommenden Jahre ab 2015 ist es unser Plan, gänzlich ohne Netto-Neuverschuldung auszukommen.

Die Schuldenstandsquote sank 2013 gegenüber dem Vorjahr 2012 um 2,6 Prozentpunkte auf nunmehr noch 78,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Nach der Prognose kann sie bis 2018 auf bis zu 65 Prozent sinken. Deutschland wird also alle nationalen und alle europäischen finanzpolitischen Vorgaben in vollem Umfang einhalten, zum Teil auch mit deutlichem Sicherheitsabstand. Damit werden wir unserer Verantwortung für die finanzielle Stabilität in ganz Europa gerecht.

Einen letzten, wichtigen Punkt aus dem Kabinett möchte ich Ihnen noch vortragen. Es ist der Berufsbildungsbericht 2014. Man kann zunächst einmal generell feststellen, dass die duale Ausbildung mehr als einer halben Million junger Menschen in unserem Land jährlich den Einstieg in eine qualifizierte berufliche Tätigkeit ermöglicht.

Allerdings müssen wir anhand dieses Berichts auch feststellen, dass sich die Situation auf dem Ausbildungsmarkt zunehmend verändert: Immer mehr junge Menschen streben ein Studium an. Das ist zunächst einmal etwas Schönes. 2013 gab es erstmals mehr Studienanfänger als Anfänger in einer dualen Berufsausbildung. Gleichzeitig wird es immer schwieriger, Ausbildungsplätze und Jugendliche zusammenzubringen. Dabei sprechen die Experten vom sogenannten "Matching". Das ist und bleibt für uns eine der wesentlichen Herausforderungen in den kommenden Jahren. Es ist auch problematisch, dass die Zahl der Ausbildungsbetriebe sinkt. Das alles zeigt der Berufsbildungsbericht, den das Kabinett heute beschlossen hat.

Die Bundesregierung appelliert an die Betriebe, nicht in ihren Ausbildungsanstrengungen nachzulassen und auch denjenigen jungen Menschen eine Chance zu geben, denen der Einstieg in Ausbildung womöglich schwerer fällt. Wir haben beispielsweise zur Unterstützung dieses Anliegens die Initiative Bildungsketten aufgelegt. Mit der soll der Übergang in eine Ausbildung von Schülern und Schülerinnen von der 7. Klasse an begleitet werden. Dadurch glauben und hoffen wir, Schulabbrüche effektiv verhindern zu können, ebenso die gefürchteten Warteschleifen.

Nur wenige Zahlen zur Entwicklung des Ausbildungsmarkts: Wir haben zunehmend mehr freie Ausbildungsplätze. Es sind jetzt 33.500 Plätze, ein neuer Höchststand, die 2013 nicht besetzt werden konnten. Diesen freien Ausbildungsplätzen stehen leider auch zunehmend mehr unversorgte Bewerber gegenüber. Es fanden 21.000 Bewerber keinen Ausbildungsplatz. Das ist also genau das Dilemma des "Matching", das ich vorhin angesprochen habe.

Die Bundesregierung dankt den Ausbildungsbetrieben, die im letzten Jahr mehr als 530.000 neue Ausbildungsverträge mit jungen Leuten abgeschlossen haben. Wir werden die im Koalitionsvertrag vereinbarte "Allianz für Aus- und Weiterbildung", also die Nachfolgerin des Ausbildungspaktes, gemeinsam mit den Sozialpartnern und den Ländern vorantreiben, um uns dieser aktuellen Herausforderung anzunehmen. Wir werden unser erfolgreiches berufliches Aus- und Weiterbildungssystem, für das uns viele Länder beneiden und an dem viele Länder in Europa und darüber hinaus Interesse haben, erhalten, und wir werden es ausbauen. Wir wissen nämlich: Es ist eine tragende Säule unserer wirtschaftlichen Stärke in Deutschland. - Vielen Dank für Ihre Geduld!

Frage: Herr Seibert, ich habe eine kurze Frage zu diesem Doppelpass-Gesetzentwurf. Sie erwähnten eine Härtefallregelung, die wohl neu in diesen Gesetzentwurf aufgenommen wurde. Was ist damit gemeint?

StS Seibert: Vielleicht könnte das am besten einer der Sprecher der beteiligten Ressorts genau erklären.

Zimmermann: Im Endeffekt geht es ja darum, dass durch die Härtefallklausel für Einzelfallgerechtigkeit gesorgt werden soll, und zwar soll die Härtefallklausel dafür sorgen, dass derjenige, der einen vergleichbar engen Bezug zu Deutschland hat - zum Beispiel, weil er aufgrund eines Besuchs einer deutschen Schule im Ausland halt diesen besonderen Bezug zu Deutschland hat -, im Einzelfall auch das Kriterium des Aufwachsens erfüllen kann, auch wenn er die im Gesetz genannten Kriterien in Bezug auf das Aufgewachsen-Sein jetzt nicht direkt erfüllt.

Ich müsste, wie gesagt, nachreichen, wo das jetzt genau im Gesetzentwurf steht. Aber das ist der Gedanke, der hinter der Härtefallklausel steht.

Frage : Ich habe eine Nachfrage zu den Ghetto-Renten, weil Sie darauf hingewiesen haben, dass sich die Frist für die rückwirkenden Ansprüche jetzt verlängert habe. Betrifft das, weil das offensichtlich eine Änderung im Sozialgesetzbuch ist, jetzt nur die Ghetto-Rentner oder potenzielle Ghetto-Rentner, oder sind davon auch andere Rentnergruppen betroffen?

Küchen: Nur in diesem besonderen Fall weichen wir von dieser sonst geltenden Vier-Jahres-Frist ab. Das gilt nur für das ZRBG.

Frage: Gilt diese Ghetto-Rente auch für Betroffene, die nicht in Deutschland leben, oder für Betroffene aus anderen Ländern, die dasselbe Schicksal erfahren haben?

Küchen: Diese Renten können grundsätzlich auch ins Ausland gezahlt werden; das ist ganz klar. Denn natürlich leben historisch bedingt viele der Betroffenen heute in aller Welt. Wir haben dazu gerade auch eine Pressemitteilung herausgegeben, falls Sie das noch einmal vertiefend nachlesen wollen.

Frage: Zum Thema "EEG-Reform" wollte ich nach dem Einsatz der Bundeskanzlerin bei den Verhandlungen mit der Europäischen Kommission fragen. Wie eng war der Kontakt? Ich habe gehört, dass es gestern ein Telefongespräch der Bundeskanzlerin mit Herrn Barroso gab.

StS Seibert: Über einzelne Gespräche gebe ich natürlich keine Auskunft. Vielleicht hilft es als Antwort, wenn ich sage, dass bei der Vorstellung der EEG-Reform im Kabinett Minister Gabriel der Bundeskanzlerin und dem Chef des Bundeskanzleramtes für ihren Einsatz dankte und ihrerseits die Bundeskanzlerin ebenfalls Minister Gabriel dankte. Gehen Sie also davon aus, dass alle, die in der Regierung damit befasst sind, in ihren verschiedenen Rollen und auf ihren verschiedenen Ebenen das Ihre getan haben, um dieses wirklich wichtige Projekt für uns voranzubringen.

Das gilt auch für das jetzt noch nicht geklärte Projekt, dass wir mit Brüssel eine Einigung im Bereich der Ausgleichsregelungen anstreben. Dabei sind ebenfalls alle von der gleichen Überzeugung, von dem gleichen Rechtstandpunkt, den wir vertreten, und von dem Engagement geleitet, aus unserer Sicht eine ordentliche und akzeptable Lösung zu erreichen.

Frage : Eine Frage mittelbar mit Bezug zum Kabinett. Ist angesichts der Zuspitzung in der Ukraine im Kabinett Raum gewesen, über das Thema "Ukraine" zu sprechen? Hat es möglicherweise vom Auswärtigen Amt so etwas wie einen neuen Sachstandsbericht oder einen aktuellen Abriss dessen gegeben, was man dazu an Informationen vorliegen hat?

Gibt es eine Haltung der Bundesregierung zu dem Vorschlag der US-Seite, eine vierseitige Gesprächsrunde einzurichten? Hat man vielleicht sogar schon irgendein Indiz erhalten, wie Russland darauf reagiert?

StS Seibert: Ich fange einmal kurz an, und ich bin sicher, Herr Schäfer wird für das Auswärtige Amt ergänzen.

Die Ukraine war heute nicht Thema des Bundeskabinetts. Gleichwohl verfolgt die Bundesregierung natürlich sehr aufmerksam die Entwicklungen in der Ukraine, insbesondere auch im Osten der Ukraine und entlang der Grenze. Wir haben das gestern schon gesagt: Wir sehen die Vorkommnisse dort mit zunehmender Sorge. Alle Verantwortlichen sind und bleiben aufgerufen, ihren Beitrag zur Stabilisierung, zur Deeskalation zu leisten.

Was könnte das konkret heißen? Russland ist aus unserer Sicht aufgerufen, seinen Teil zur Stabilisierung zu leisten, indem es beispielsweise Einflussnahme auf prorussische Kräfte übt, die es in der Ostukraine gibt. Die Einflussnahme muss dahingehen, dass diese prorussischen Kräfte die Verfassung der Ukraine achten und dass sie von jeglicher Gewaltanwendung Abstand nehmen. Russland ist ebenso aufgerufen, den militärischen Druck durch Truppenmassierungen entlang der Grenze zu beenden. Es ist aufgerufen, ein Ende der Ermächtigung des Präsidenten - die Ermächtigung, in der Ukraine militärisch einzugreifen, die die Duma ihm vor einiger Zeit gegeben hat - durch die Duma herbeizuführen. Aus unserer Sicht sind auch die Erhöhung des russischen Gaspreises für die Ukraine und der Einfuhrstopp für ukrainische Molkereiprodukte sicherlich kein Beitrag zur Stabilisierung.

Unsererseits sagen wir zur Ukraine, dass sie die anstehende Verfassungsreform wirklich auch in transparenter Weise durchführen muss und dass sie dabei die Unterstützung des Europarats nutzen sollte. Es ist gut und richtig, dass Ministerpräsident Jazenjuk von einer Notwendigkeit der Dezentralisierung gesprochen hatte. Weitere wichtige Elemente sind sicherlich der Minderheitenschutz - auch darauf weisen wir ja schon seit geraumer Zeit hin - und auch die Entwaffnung sogenannter Selbstverteidigungskräfte.

Das wäre das, was ich Ihnen zu der Lage, wie sie sich uns in der Ostukraine aktuell bietet, zu sagen habe. Zu den diplomatischen Initiativen vielleicht am besten Herr Schäfer.

Schäfer: Herr Heller, diese Idee einer Kontaktgruppe, eines Forums unter internationaler Begleitung, in dem Raum für Gespräche zwischen Russland und der Ukraine entstehen kann, ist nicht neu. Dass es zu solchen Gesprächen kommt, ist überfällig und ist, glaube ich, auch wichtiger denn je. Allerdings setzt das voraus, dass es von keiner Seite wirtschaftliche, politische oder militärische Drohkulissen gibt oder solche aufgebaut werden.

Bevor es zu solchen Gesprächen kommen kann, sind, glaube ich, noch ein paar Fragen zu klären und vielleicht auch Hindernisse zu überwinden. Man muss sich darauf einigen, über was man sprechen möchte. Es ist aus unserer Sicht sehr wichtig, dass an solchen Gesprächen auch Europa beteiligt ist. Es ist völlig selbstverständlich, dass die Ukraine gleichberechtigt an den Tisch gehört, denn es geht ja darum, dass die Ukraine und Russland miteinander ins Gespräch kommen.

Grundsätzlich begrüßen wir das, was gestern bei einem Telefonat von John Kerry und Sergej Lawrow herausgekommen ist. Ich erlaube mir nur noch einmal daran zu erinnern, dass diese Idee eines solchen internationalen Forums - wie auch immer Sie das nennen mögen: Kontaktgruppe, Unterstützergruppe oder anderes - ja schon mehrere Wochen im Raum steht, wir hier und da kurz vor einer Einigung waren - zuletzt vor drei Wochen in Paris und dann in Rom -, und dieser deutsche Vorschlag vor etwa vier Wochen auch heute noch absolut das richtige Mittel wäre, um zur Deeskalation beizutragen und die notwendigen Gespräche auf den Weg zu bringen.

Frage : Herr Schäfer, beim letzten Besuch in der Ukraine hat der Außenminister auch Rinat Achmetow in Donezk getroffen. Gab es seitdem vielleicht telefonische Kontakte zwischen dem Außenminister und diesem Mann?

Schäfer: Ich glaube nicht. Aber das heißt nicht, dass es so etwas nicht noch einmal geben könnte.

Zusatzfrage : Das gab es Ihres Wissens also nicht?

Schäfer: Nein.

Frage : Mich würde interessieren, wie die Bundesregierung die Proteste im Osten der Ukraine beurteilt. Herr Kerry hat gesagt, dass es ein massiver russischer Einfluss ist. Er hat im Grunde genommen durchblicken lassen, es seien bezahlte Demonstranten, die diesen Aufruhr angezettelt haben. Sind das Erkenntnisse, die die Bundesregierung auch hat?

Schäfer: Erkenntnisse über konkrete Personen, die gestern oder vorher in Donezk, in Charkow oder in anderen Städten der Ukraine protestiert haben und sich dabei prorussisch geriert haben, liegen mir persönlich jedenfalls nicht vor. Eines ist klar: Die Personen, die man gestern im Fernsehen sehen konnte, wirkten jedenfalls nicht wie gewöhnliche Demonstranten, sondern die Art der Vermummung, zum Teil auch die Art der Bewaffnung, war schon bemerkenswert. Jedenfalls habe ich es so empfunden, dass es sich bei um Personen handelte, die etwas anderes sind als gewöhnliche Demonstranten. Damit möchte ich aber hier keine Unterstellungen verbinden, aber klar die Aufforderung erneuern, bekräftigen und wiederholen, dass die Ukraine ein unabhängiger Staat ist, dessen territoriale Integrität geschützt gehört und Dinge, die dem Völkerrecht widersprechen, gefälligst unterbleiben.

Frage: Herr Schäfer, Sie sprachen davon, dass keine militärischen Drohkulissen aufgebaut werden. Heute wird aus einer Rede des Nato-Generalsekretärs zitiert, die er in Paris gehalten ist. Dort fordert er unter anderem eine erhöhte Einsatzbereitschaft der Nato Response Force sowie von den Nato-Partnern eine Umkehrung des Trends zur Abrüstung und Reduzierung von Streitkräften.

Wie beurteilen Sie die Rolle des Generalsekretärs in diesem Zusammenhang, der sich ja jetzt häufig sehr deutlich und mit klaren Forderungen an die Nato-Partner zu Wort meldet?

Sind das Überlegungen - die Frage richtet sich auch an die gesamte Bundesregierung -, die möglicherweise auf die Bundeswehr Einfluss nehmen würden?

Schäfer: Die Äußerungen, Herr Henze, die Sie schildern, sind mir persönlich nicht bekannt. Deshalb bin ich sehr vorsichtig, was eine Reaktion darauf angeht. Ich glaube, es macht durchaus Sinn, die Beschlüsse der Nato-Außenminister der vergangenen Woche zu beachten, die ja den SACEUR und damit sozusagen den militärischen Arm der Nato damit beauftragt haben, Vorschläge für eine angemessene Reaktion auf das zu unterbreiten, was in der Ukraine und auf der Krim geschehen ist. Das wird im Laufe des Monats passieren, und das warten wir jetzt ab. Daran beteiligen wir uns natürlich auch in den Ministerien, insbesondere im Verteidigungsministerium und im Auswärtigen Amt, die mit dieser Sache befasst sind.

Roth: Dem kann ich mich eigentlich nur anschließen.

Frage : Ich habe eine kleine Seitenfrage an das Finanzministerium. Ist eigentlich die bevorstehende IWF-Konferenz mit dem Treffen der G20-Finanzminister ein Forum, bei dem die in Aussicht gestellten Mittel für die Ukraine freigegeben werden könnten, oder ist das ein Prozess, der länger dauert?

Narzynski: Der IWF hat seine Mission in der Ukraine beendet. Es gibt auf der Arbeitsebene eine Einigung. Die Details dieses Programms werden jetzt im IWF ausgearbeitet. Ich kann den Ergebnissen von Sitzungen, die in der Zukunft liegen, hier nicht vorgreifen. Ich möchte auch nichts dazu sagen, was genau der Gegenstand der Beratungen in der Zukunft sein wird. Klar ist aber, dass mit dem auf der Arbeitsebene vereinbarten Programm auch ein Signal in die Richtung Freigabe anderer Hilfen für die Ukraine gegeben wird.

Frage: Ich weiß nicht, ob heute im Kabinett das Thema Vorratsdatenspeicherung und das entsprechende Urteil des Europäischen Gerichtshofes eine Rolle gespielt haben. Gleichwohl meine Frage, Herr Seibert: Hält die Bundeskanzlerin es nach wie vor für notwendig, dass man die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland gesetzlich regelt? Ich hätte gern auch eine Stellungnahme der beiden beteiligen Häuser BMI und BMJV.

StS Seibert: Das Thema hat im Kabinett heute keine Rolle gespielt, und zwar schon deswegen nicht, weil das Urteil des Europäischen Gerichtshofes erst kam, als das Kabinett schon tagte.

In der Tat hat der Europäische Gerichtshof heute entschieden, dass die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung ungültig ist. Dieses Urteil nimmt die Bundesregierung natürlich mit Respekt zur Kenntnis. Damit ist im Übrigen auch das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen Nichtumsetzung dieser Richtlinie de facto hinfällig, und auch die im Raum stehende Verhängung von Zwangsgeldern ist damit de facto hinfällig.

Nun werden wir das Urteil gründlich prüfen und werden uns gemeinsam fragen: Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die nationale Gesetzgebung zu diesem Thema? Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes lässt ja erkennen, dass es eine grundrechtskonforme Regelung zur Vorratsdatenspeicherung geben kann.

Nun haben wir aber in der Bundesregierung, in dieser Großen Koalition, von Anfang an auf das Zusammenwirken von Innen- und Justizministerium gesetzt. Die Minister haben dazu früh Gespräche begonnen, und diese Gespräche gehen jetzt natürlich weiter. Wir werden also gemeinsam auswerten, was das Urteil für uns bedeutet. Die Bundesregierung wird sich dazu eine gemeinsame Meinung bilden. Diese Meinung wird das heutige Urteil ebenso berücksichtigen wie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2010 in dieser Sache.

Zimmermann: Sowohl Herr Maas als auch Herr de Maizière haben sich ja schon geäußert. Herr Maas hat auch noch einmal betont, dass jetzt eine neue Situation eingetreten ist und dass das Urteil zunächst sorgfältig ausgewertet werden muss und man sich dann gemeinsam mit dem Koalitionspartner neu über das Thema Vorratsdatenspeicherung wird unterhalten müssen. Dem habe ich jetzt auch nichts hinzuzufügen.

Neymanns: Auch mein Minister hat sich geäußert, und wir haben auch - vor einer guten Stunde, würde ich sagen - eine Presseerklärung dazu abgegeben. Dieser Presseerklärung und dem, was die beiden Vorredner gesagt haben, habe ich nichts hinzuzufügen; insofern verweise ich auf die Presseerklärung.

Frage : Herr Seibert, geht es jetzt um die Frage, ob überhaupt ein Gesetz gebraucht wird, oder geht es nur um die Frage, welches Gesetz gebraucht wird?

StS Seibert: Es geht darum, dass wir uns aufgrund des jetzt vorliegenden Urteils gemeinsam eine Meinung darüber bilden, wie wir mit dieser Situation umgehen, die andere ist als die Situation zu der Zeit, als der Koalitionsvertrag geschrieben wurde. Ich glaube, dass die beiden Häuser in einer so guten Zusammenarbeit miteinander sind, dass wir da in ganz ruhiger Weise die Argumente austauschen können und zu einer gemeinsamen Antwort der Bundesregierung kommen können - die ich hier nicht vorwegnehmen möchte.

Zusatzfrage : Neymanns, ist Ihr Minister der Meinung, man müsse ein Gesetz machen und es sei jetzt nur die Frage zu prüfen, wie das aussehen soll?

Neymanns: Der Minister hat heute ja Stellung genommen und gesagt, dass man sich das Urteil jetzt anschaut und dann eine verfassungsgemäße und mehrheitsfähige Neuregelung des Sachverhalts anstrebt. Das steht.

Zusatzfrage : Frau Zimmermann, können Sie vielleicht noch kurz zusammenfassen, ob auch Ihr Minister der Meinung ist, dass es einer Neuregelung bedarf oder ob es möglicherweise auch keiner Regelung bedarf?

Zimmermann: Ich kann noch einmal zusammenfassen, was mein Minister gesagt hat. Er hat gesagt: Es ist eine neue Situation eingetreten und es kommt jetzt darauf an, das Urteil zunächst einmal sorgfältig auszuwerten. Das ist ja auch kein Urteil, das nur zwei Seiten lang ist, sondern das auch - das sieht man, wenn man sich das genauer anguckt - gewisse Vorgaben enthält. Das muss man jetzt sorgfältig auswerten, und dann wird man gemeinsam mit dem Koalitionspartner das weitere Prozedere in Ruhe besprechen.

Frage: Frau Zimmermann, wenn ich das Urteil als juristischer Laie, der es nur bruchstückhaft gelesen habe, richtig verstanden habe, ist darin auch die Möglichkeit aufgemacht worden, in Fällen schwerer Kriminalität Vorratsdaten zu speichern. Sieht das Ihr Minister auch so? Das habe ich nicht genau verstanden.

Zimmermann: Ich glaube, es gebietet sich hier jetzt nicht, dieses Urteil nur bruchstückhaft oder laienhaft zu erläutern. Ich selbst habe es mir auch noch nicht im Detail ansehen können. Daran wird jetzt gearbeitet. Das ist eben ein Urteil, das, wie gesagt, recht lang ist und auch relativ dezidierte Ausführungen macht. Daher wird man sich jetzt in Ruhe hinsetzen und dieses Urteil auswerten müssen. Innerhalb kürzester Zeit schon konkrete Schlüsse zu ziehen, bietet sich hier jetzt nicht an.

Frage: Eine Frage an das Arbeitsministerium zum Thema Hartz IV: Es wird über ein internes Papier aus der Bundesagentur für Arbeit berichtet, das Ihrem Haus vorliegen soll. Demzufolge ist geplant, Hartz-IV-Empfänger, die ihre Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt beziehungsweise der Arbeitsagentur verweigern oder nicht entsprechend gestalten, sofort von einem weiteren Bezug von Sozialgeld und Arbeitslosengeld II auszuschließen. Da wollte ich fragen: Ist das so, und wie steht Ihr Haus dazu?

Küchen: Danke für die Frage. - In dem Bericht in Bezug auf Vorschläge der Mitarbeiter der BA zur Rechtsvereinfachung, von dem Sie sprechen, gibt es unter anderem eben auch diese Vorschläge zu Sanktionen. Der Bundesregierung und unserem Haus sind diese Vorschläge bekannt, denn die Bundesagentur hat gleichlautende Vorschläge im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft Rechtsvereinfachung, einer Arbeitsgruppe des Bundes und der Länder auf Fachebene, eingebracht. Das eigentliche Ziel dieser gesamten Arbeitsgruppe ist die Verwaltungsvereinfachung in der Grundsicherung für Arbeitssuchende.

Diese Vorschlag der BA und der BA-Mitarbeiter ist in der Fachöffentlichkeit sehr kontrovers diskutiert worden. Grundsätzlich gilt für die gesamte Liste der Arbeitsgruppe - ich spreche jetzt nicht von dem Papier der BA, sondern von der Liste der Arbeitsgruppe, in der unter anderem eben auch diese Vorschläge der BA vorkommen -, dass diese noch nicht abschließend beurteilt worden ist. Die Bundesregierung hat also noch keine Entscheidung dazu getroffen, ob ein solcher Vorschlag umgesetzt werden soll.

Zusatzfrage: Sie sagen, das sei kontrovers diskutiert worden. Dann wird sich doch mit hoher Wahrscheinlichkeit schon andeuten, wohin die Richtung gehen könnte, denn dann sind ja die Meinungen im Grunde ausgetauscht?

Küchen: Ich kann aber dem abschließenden Bericht dieser Arbeitsgruppe nicht vorgreifen, da bitte ich um Verständnis.

Frage: Ich habe eine Frage an das Bundesfinanzministerium: Laut Auskunft des Bundeswirtschaftsministeriums hat das Bundesfinanzministerium eine Zahl oder eine Schätzung einer Zahl, wie viele tausend Arbeitsplätze in Deutschland am Russlandgeschäft hängen. Können Sie mir diese Zahl oder diese Schätzung nennen?

Narzynski: Das kann ich Ihnen im Moment nicht sagen; ich kenne eine solche Schätzung nicht. Das müsste ich gegebenenfalls nachreichen.

Zusatzfrage: Können Sie das bitte machen?

Narzynski: Das kann ich nachreichen, wenn wir das haben.

Frage: Ich habe noch eine Frage an das Innenministerium: Sie haben ja bereits bestätigt, dass es in der Bundesregierung Pläne bezüglich eines - etwas verkürzt formuliert - "Abschussgesetzes" gibt. Dafür ist ja eine Zweidrittelmehrheit beider Kammern erforderlich. Im Bundesrat hat die Große Koalition keine Zweidrittelmehrheit. Was ist denn jetzt das Prozedere? Man müsste sich ja, wenn man dieses Vorhaben verfolgt, um eine solche Zweidrittelmehrheit bemühen.

Neymanns: Es gibt in der Tat Gespräche. Momentan ist es so, dass es zum Einsatz von Streitkräften bei überregionalen Katastrophen, Notständen und auch in Eilfällen einer Entscheidung der Bundesregierung bedarf. Das ist, wenn man den "Renegade"-Fall nimmt, also den Verdacht, dass ein ziviles Luftfahrtzeug aus terroristischen oder anderen Motiven als Waffe verwendet und zum gezielten Absturz gebracht werden soll, möglicherweise zu langsam. Da gibt es Überlegungen. Momentan sind das aber erste Gespräche und Vorsondierungen. Mehr kann ich dazu zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.

Vors. Detjen: Weitere Fragen sehe ich nicht. Dann würde ich gerne, bevor wir die Pressekonferenz beenden, Herrn Maaß vom Bundesumweltministerium die Gelegenheit geben, sich von uns zu verabschieden, denn er übernimmt eine neue Position. - Herr Maaß, bitte.

Maaß: Meine Damen und Herren, ich möchte mich heute von Ihnen verabschieden - nach etlichen, vielen, sehr vielen Jahren nicht ganz ohne Wehmut. Ich freue mich aber auch auf das Neue. Ich denke, Sie werden von mir auch in Zukunft den einen oder anderen Satz hören - aber eben nicht mehr von mir, denn ich werde zukünftig nicht mehr Pressemeldungen schreiben, sondern mich mit dem Redenschreiben beschäftigen. Und weil die Welt ja eine kleine ist und auch Berlin in Wahrheit nicht allzu groß ist, möchte ich einfach nur ein herzliches "Auf Wiedersehen" sagen.

Vors. Detjen: Herr Maaß, ich darf Ihnen im Namen der Bundespressekonferenz zunächst vielen Dank für die Zusammenarbeit und für die vielen Besuche an dieser Stelle sagen. Wir alle wünschen Ihnen für die neuen Aufgaben alles Gute!

Maaß: Danke!

*

Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 8. April 2014
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2014/04/2014-04-08.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. April 2014