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PRESSEKONFERENZ/742: Regierungspressekonferenz vom 21. Februar 2014 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 21. Februar 2014
Regierungspressekonferenz vom 21. Februar 2014

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (5. Deutsch-Israelische Regierungskonsultationen, Kabinettssitzung, Übergabe des diesjährigen Gutachtens der Expertenkommission Forschung und Innovation, Gespräch mit dem EZB-Präsidenten, Arbeitsbesuch in London, Empfang des ehemaligen französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy, Abschlusskonferenz des Pilotprojekts "New Narrative for Europe"), Situation in der Ukraine, Kostenrisiken bei Rüstungsprojekten, positiver Dopingtest bei den Olympischen Winterspielen, Treffen des US-Präsidenten Obama mit dem Dalai Lama, Nuklearverhandlungen mit dem Iran, Testbetrieb des Flughafens BER, Unruhen in Venezuela

Sprecher: StS Seibert, Gerhartz (BMVg), Chebli (AA), Paris (BMI), Zimmermann (BMJV), Strater (BMVI)



Vorsitzende Sirleschtov eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag! Wie Sie wahrscheinlich mehrheitlich schon wissen, beginnt die kommende Woche mit den 5. Deutsch-Israelischen Regierungskonsultationen. Am 24. und 25. Februar, also Montag und Dienstag, wird die Bundeskanzlerin zusammen mit fast dem gesamten Kabinett nach Jerusalem reisen. Es werden insgesamt 16 Minister und Staatsminister auf deutscher Seite an den Gesprächen teilnehmen. Eine so breite, vollständige Teilnahme gab es bei Regierungskonsultationen mit Israel bisher noch nie.

Im Mittelpunkt der Konsultationen wird wie auch beim letzten Mal der Themenkomplex "Innovation" stehen. Ein weiteres Schwerpunktthema sind die Vorbereitungen zum 50. Jahrestag der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel. Das wird im Jahr 2015 in beiden Ländern mit einer Reihe von Veranstaltungen gewürdigt werden.

Neben den Regierungskonsultationen wird die Bundeskanzlerin ein bilaterales Besuchsprogramm in Israel absolvieren. Sie wird in diesem Rahmen am Abend des 24. Februars, also des Montags, zu einem Gespräch mit Premierminister Netanjahu zusammenkommen. Sie wird dann nach Abschluss der Regierungskonsultationen mit Israels Präsident Peres zu einem Gespräch zusammentreffen. Im Anschluss wird Präsident Peres der Bundeskanzlerin den höchsten israelischen Staatsorden "Presidential Award of Distinction" verleihen. Damit soll das persönliche Engagement der Bundeskanzlerin für die deutsch-israelische Freundschaft gewürdigt werden.

Am Mittwoch wird zunächst einmal, wie üblich, das Bundeskabinett zu seiner Sitzung zusammenkommen.

Anschließend, um 11 Uhr, wird dann die unabhängige Expertenkommission Forschung und Innovation der Bundeskanzlerin ihr diesjähriges Gutachten übergeben. Auch Bildungs- und Forschungsministerin Wanka wird an diesem Termin im Bundeskanzleramt teilnehmen. Diese Kommission berät die Bundesregierung in technologisch-wissenschaftlichen Zukunftsfragen. Sie legt ein Gutachten vor, in dem sie das deutsche Forschungs- und Innovationssystem sowie die technologische Leistungsfähigkeit analysiert und auch Empfehlungen zu aktuellen Herausforderungen gibt. Das ist ein presseöffentlicher Termin. Die Expertenkommission wird anschließend um 12.15 Uhr in den kleinen Saal der Bundespressekonferenz kommen.

Am Nachmittag des Mittwochs wird die Bundeskanzlerin dann im Kanzleramt mit EZB-Präsident Draghi zu einem Gespräch im Kanzleramt zusammentreffen.

Dann sind wir beim Donnerstag, dem 27. Februar. Dann wird die Kanzlerin am Vormittag zu einem Arbeitsbesuch nach London reisen. Sie wird vor beiden Häusern des britischen Parlaments in der Royal Gallery des Palastes von Westminster, also des Parlaments, eine Rede halten. Dies ist eine Ehre, die zuletzt - ich habe nachgeschaut - Bundespräsident Weizsäcker im Jahr 1986 hatte. Im Anschluss daran wird es ein gemeinsames Mittagessen mit Premierminister Cameron in dessen Amtssitz in der Downing Street geben. Daran wird sich eine gemeinsame Pressekonferenz der Kanzlerin und des Premierministers anschließen. Am Nachmittag wird die Bundeskanzlerin im Buckingham-Palast von Königin Elizabeth II. zu einer Audienz empfangen. Die Rückreise ist dann für den frühen Abend geplant.

Am Vormittag des Freitags, 28. Februar, wird die Bundeskanzlerin den früheren französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy zu einem Meinungsaustausch empfangen.

Am Samstag, dem 1. März, wird sie hier in Berlin ab 10.15 Uhr in der Akademie der Künste an der Abschlusskonferenz des Pilotprojekts "New Narrative for Europe"/"Ein neues Leitmotiv für Europa" teilnehmen. EU-Kommissionspräsident Barroso hatte die Kanzlerin zu dieser Konferenz eingeladen. Dieses Pilotprojekt der Europäischen Kommission geht auf eine Anregung des Europäischen Parlaments zurück, und es soll Kulturschaffenden, Intellektuellen und Wissenschaftlern eine Möglichkeit geben, eine langfristig angelegte Debatte über das Europa der Zukunft zu führen und eben, wie der Titel schon sagt, ein neues Leitmotiv für Europa zu entwickeln.

Es haben bisher drei Konferenzen stattgefunden, und zwar in Brüssel, Warschau und Mailand. Nun werden in Berlin die Ergebnisse der Debatten des letzten Jahres zusammengefasst. Dann wird eine von Künstlern und Intellektuellen verfasste Erklärung für dieses neue Leitmotiv für Europa vorgestellt, und zwar in Anwesenheit der Bundeskanzlerin und des Kommissionspräsidenten. Die Kanzlerin wird - wie übrigens auch Kommissionspräsident Barroso - eine kurze Rede halten und Fragen aus dem Publikum beantworten. Nach der Veranstaltung wird sie Herrn Barroso dann zu einem Mittagessen empfangen. - So weit die Termine für die nächste Woche!

GERHARTZ: Guten Tag, meine Damen und Herren! Für mich ist dies heute der erste Auftritt vor der Bundespressekonferenz. Es ist allerdings nicht meine erste Zeit im Bereich der Presse. Ich habe schon einmal im Bereich der Presse gearbeitet, nämlich bei uns im Haus, und zwar damals als ISAF-Sprecher und auch für den Bereich der Luftwaffe. Aus Letzterer, der Luftwaffe, komme ich ursprünglich, dort speziell aus dem Bereich der Fliegerei. Daneben habe ich mehrere Verwendungen im Ministerium und in der Truppe durchlaufen, war aber auch im Auslandseinsatz in Afghanistan.

Etliche Gesichter, die ich heute hier sehe, sind mir noch sehr wohl vertraut. Das ist schön. Die Gesichter, die ich noch nicht kenne, freue ich mich, in nächster Zeit kennenzulernen. Auf gute Zusammenarbeit!

Vorsitzende Sirleschtov: Herr Gerhartz, herzlich willkommen hier vorne. Toi, toi, toi für die nächste Zeit!

StS Seibert: Wenn wir heute auf die Ukraine schauen, dann sehen wir ja zweierlei: Wir sehen eine vorsichtige Chance, vielleicht eine letzte Chance, zu einem politischen Prozess zu kommen, der möglicherweise einen Weg aus der tiefen Krise in der Ukraine weisen könnte - dazu werde ich gleich kommen -, und wir sehen eine entsetzliche menschliche Tragödie. Wir sehen die zugedeckten Leichen auf dem Maidan, Dutzende von Toten innerhalb weniger Stunden. Szenen wie die von Scharfschützen auf Dächern und Anhöhen, die gezielt auf Demonstranten schießen, darf es in Europa nicht geben. Es ist die Pflicht aller, dafür zu sorgen, dass die Proteste gewaltfrei bleiben und dass das Ringen um den richtigen Weg in der Ukraine ein friedliches Ringen bleibt. Es ist vor allem die Pflicht der ukrainischen Regierung gegenüber ihrem Volk, die Bedingungen für Gewaltfreiheit und für freie und friedliche Meinungsäußerungen zu schaffen.

Die Bundesregierung verurteilt diese Gewaltakte auf das Schärfste. Die Kanzlerin ist angesichts des Blutvergießens erschüttert und sendet ihre Anteilnahme an die Angehörigen der Opfer. Unsere Gedanken sind auch bei den sehr vielen Verletzten, in der Hoffnung, dass sie bald genesen.

Jetzt zum politischen Prozess: Die Bundeskanzlerin hat gestern Vormittag mit Staatspräsident Janukowitsch telefoniert. Sie hat ihn davon überzeugen können, die schon in Kiew anwesenden drei europäischen Außenminister - den deutschen, den französischen und den polnischen Außenminister - sowie einen Vertreter Russlands als Moderatoren und als Zeugen von Gesprächen mit der Opposition zu akzeptieren. Daraufhin haben dann die Verhandlungen unverzüglich begonnen. Sie haben die Nacht über angedauert. Die Kanzlerin hat dann im Laufe des gestrigen Tages auch noch mit Präsident Putin und mit Präsident Obama sowie mit anderen EU-Partnern gesprochen, um zu beraten, wie dem Blutvergießen Einhalt geboten werden kann, und um über die Mission der drei Außenminister zu informieren.

Den drei Außenministern ist für ihren großen persönlichen Einsatz und ihre gute Zusammenarbeit unter ungewöhnlichen und schwierigsten Bedingungen zu danken. Wir hoffen, dass es nun auch möglich sein wird, ein Abkommen beziehungsweise eine Vereinbarung zu unterzeichnen, dass alle Verantwortlichen auf beiden Seiten dies unterzeichnen und dass sie damit vielleicht auch einen Weg zu einer friedlichen politischen Lösung im Dialog ermöglichen.

Frage: Herr Seibert, habe ich es richtig verstanden, dass es tatsächlich die Bundeskanzlerin war, die im Telefonat mit Janukowitsch sozusagen die Tür aufgemacht und erreicht hat, dass diese Gespräche mit den drei Außenministern zustande kamen? Ist es richtig, dass Sie das so zum Ausdruck haben bringen wollen?

Die zweite Frage ist: Hat die Bundesregierung etwas anzubieten - aktiv, über Appelle und Sanktionen hinaus -, um diesen Prozess in diesen drei oder vier Punkten noch voranzutreiben?

StS Seibert: Zu dem Telefonat der Bundeskanzlerin mit Herrn Janukowitsch habe ich mich gerade geäußert. Das will ich jetzt nicht weiter interpretieren.

Im Übrigen will ich hier jetzt eigentlich nicht auf Einzelheiten der Verhandlungen und Gespräche, die die ganze Nacht lang gelaufen sind, eingehen. Es muss das Interesse der ukrainischen Regierung sein, eine friedliche politische Lösung dieser entsetzlichen Krise, die so viele Menschenleben innerhalb weniger Tage gekostet hat, herbeizuführen. Wir können nur an alle Verantwortlichen appellieren, diese möglicherweise wirklich letzte Chance für eine friedliche und demokratische Lösung zu ergreifen.

Frage : Herr Seibert, die Kanzlerin steht sicherlich auch in andauerndem Kontakt mit Herrn Steinmeier. Wird es denn ausreichen, im Dezember vorgezogene Präsidentschaftswahlen abzuhalten, oder ist das nicht für viele Menschen auf dem Maidan zu spät?

StS Seibert: Zunächst einmal haben Sie vollkommen recht: Die Bundeskanzlerin steht in dieser Sache in sehr enger Abstimmung mit dem Außenminister. Sie verfolgt seine Mission vor Ort natürlich mit großer Aufmerksamkeit, und immer wieder gibt es auch Kontakte.

Ich möchte hier, wie gesagt, nicht auf Einzelheiten der Gespräche in der Nacht eingehen. Sie wissen, dass Punkte einer möglichen Einigung herausgearbeitet worden sind. Wir können nur hoffen, dass die Verantwortlichen auf beiden Seiten auch den Schritt machen werden, diese Einigung zu unterschreiben. Dann wird es sehr darauf ankommen - denn damit ist die Krise natürlich noch nicht beigelegt und auch die Ukraine noch nicht befriedet -, dass auch diese Punkte, die dort besprochen werden, umgesetzt werden. Das werden wir sehr aufmerksam verfolgen. Aber im Moment sind wir noch nicht so weit.

Zusatzfrage : Wären mit einer Unterzeichnung die möglichen Sanktionen vonseiten der EU vom Tisch?

StS Seibert: Gestern hat sich die EU ja im Grundsatz auf personenbezogene Sanktionen verständigt. Wie, wann und ob diese Maßnahmen umgesetzt werden, wird natürlich auch im Lichte der Entwicklungen in Kiew zu beurteilen sein.

Frage: Herr Seibert, es gibt bereits Meldungen darüber, dass die Demonstranten auf dem Maidan jegliche Kompromisse mit dem amtierenden Präsidenten ablehnen und seinen Rücktritt fordern. Gab es Versuche von Herrn Steinmeier, den Präsidenten dazu zu bewegen, sein Amt zur Verfügung zu stellen, und zwar sofort?

StS Seibert: Ich kann zu Einzelheiten der Gespräche, die Herr Steinmeier, Herr Sikorski und Herr Fabius geführt haben, hier keine Auskunft geben.

Chebli: Was ich dazu sagen kann, ist, dass der Außenminister gestern in einer sehr schwierigen Lage entschieden hat, gemeinsam mit den Außenministern Polens und Frankreichs in die Ukraine zu fahren. Für den Außenminister war klar, dass alles getan werden muss, um einen Weg zurück zu den Verhandlungen zu finden und zu einer politischen Konfliktlösung zu kommen. Natürlich war dem Minister auch klar, dass das eine sehr schwierige Mission werden würde und dass auch das Risiko bestand, zu scheitern. Dennoch hat er es als Teil seiner politischen Verantwortung angesehen, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um einen Weg aus der Krise zu finden und die Gewalt zu beenden.

Mehr als 20 Stunden lang haben alle Parteien vor Ort verhandelt. Genaueres zu dem Fahrplan, über den jetzt in der Presse diskutiert wird, kann ich nicht sagen; dem möchte ich nicht vorweggreifen. Die Vermittlung und die Verhandlungen laufen vor Ort weiter. Wir hoffen, dass es gelingen wird, dass die Gewalt beendet wird und dass ein Weg zur politischen Lösung der Krise gefunden wird.

Zusatzfrage: Auch wenn Sie, Herr Seibert, jetzt nicht Details der Verhandlungen erläutern wollen, möchte ich fragen: Wurde zumindest das Thema der Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Ukraine und der EU angesprochen?

Falls Sie auch das nicht kommentieren wollen: Welche Position hat die Bundesregierung innerhalb der EU in der Frage einer dringenden finanziellen Hilfe an die Ukraine, die ja vor einem Staatsbankrott steht?

Chebli: Ich kann etwas dazu sagen: Der Minister hat ja mehrfach unterstrichen, dass eine politische Lösung nicht ohne eine finanzielle Stabilisierung des Landes gefunden werden kann. Er hat ganz klargemacht, dass der Weg der Ukraine zu mehr Demokratie nicht in eine finanzielle Sackgasse führen wird. Deutschland wird sich natürlich daran beteiligen, wenn es darum geht, die Ukraine auch wirtschaftlich zu unterstützen und Hilfe über den IWF zu erhalten. Dazu, wie und in welcher Form das geschehen kann, kann ich Ihnen jetzt nichts sagen. Aber es ist klar, dass wir der Ukraine helfen müssen, auch zu einer wirtschaftlichen Stabilität zu finden.

Frage: Ich bin etwas verwirrt, weil Sie einerseits sagen, dass Sie nichts über die Eckpunkte der Verhandlungen sagen können, und andererseits sagen, dass Sie nichts darüber sagen wollen. Welches von beiden gilt jetzt?

StS Seibert: Ich halte es einfach nicht für sinnvoll, hier am Freitagvormittag von Berlin aus über Einzelheiten von sehr schwierigen Gesprächen in Kiew zu sprechen, die dort - das hoffen wir - zu einem guten Abschluss führen werden, von denen wir aber jetzt noch nicht genau wissen, wo sie stehen. Die Punkte, die politisch im Raum standen, sind doch seit Tagen die gleichen: Es geht um die Frage einer neuen Regierungsbildung. Es geht um die Frage von Verfassungsreformen. Es geht um die Frage von Neuwahlen. All diese Punkte sind natürlich auch in der Nacht besprochen worden. Aber Berlin ist nicht der Ort, um über Einzelheiten zu sprechen, während in Kiew noch um eine Einigung gerungen wird.

Frage: Sie haben über die Option von Sanktionen gesprochen. Wäre für die Bundesregierung die Option akzeptabel, ein Einreiseverbot für Regierungsmitglieder, aber nicht für Janukowitsch und seine Frau auszusprechen?

StS Seibert: Ich werde mich jetzt auch nicht auf Detailerörterungen einlassen. Die EU hat im Grundsatz personenbezogene Sanktionen beraten und sich darauf verständigt. Wie und gegen wen die umgesetzt werden, wird auch dann zu beurteilen sein, wenn wir sehen, wie sich die nächsten Tage und Stunden in Kiew weiter gestalten werden.

Die Hauptaufgabe aller Beteiligten ist es jetzt, dieses entsetzliche Blutvergießen zu beenden. Szenen wie die, die wir und die Welt in den letzten Tagen aus Kiew gesehen haben, sind nicht hinzunehmen und müssen unbedingt beendet werden. Es ist die absolute Verantwortung einer Regierung gegenüber ihrem Volk - in diesem Fall der ukrainischen Regierung gegenüber ihrem Volk -, solche Szenen nicht zuzulassen oder dort, wo sie vorgekommen sind, sofort eine Atmosphäre zu schaffen, in der dieses Blutvergießen aufhört.

Frage: Gehen Sie davon aus, dass der Außenminister noch an diesem Wochenende nach Berlin zurückkommen beziehungsweise den Besuch in Kiew beenden wird?

Chebli: Ich hoffe, dass er mit einer positiven Message im Gepäck zurückkommen wird. Aber ich kann Ihnen jetzt gar nichts dazu sagen. Ich weiß, dass sie immer noch vor Ort sitzen und verhandeln. Mehr kann ich zur gegenwärtigen Zeit nicht sagen.

Frage : Herr Seibert, ist das Agieren der Kanzlerin im Rahmen dessen einzuordnen, was wir unter einem stärkeren internationalen Engagement Deutschlands verstehen müssen, das ja von verschiedenen Stellen angemahnt und angekündigt worden ist?

StS Seibert: Die Einordnung überlasse ich Ihnen. Die Europäer und deswegen natürlich auch Deutschland haben ein ganz großes Interesse an einer stabilen, wirtschaftlich guten und demokratischen, rechtsstaatlichen Entwicklung in der Ukraine. Ausdruck dieses großen Interesses war das Angebot, ein Assoziationsabkommen zu unterzeichnen. Dieses Interesse und auch diese persönliche Betroffenheit, die, glaube ich, alle Europäer empfinden, wenn sie die Bilder aus Kiew, aus Lemberg und von anderswo sehen, drücken sich in der Haltung der Bundeskanzlerin und der gesamten Bundesregierung aus.

Zusatzfrage: Nun hat die Kanzlerin gestern - Sie haben das mitgeteilt - auch ausdrücklich im Namen der EU gesprochen; so habe ich jedenfalls die Pressemitteilung verstanden. Nimmt sie damit eine stärkere Führungsrolle innerhalb der EU als bisher wahr?

StS Seibert: Sie hat in ihren Telefongesprächen mit Herrn Putin und Präsident Obama über die Mission der drei EU-Außenminister - des deutschen, des französischen und des polnischen - informiert. Das ist eine Mission, die, Gott sei Dank, in großer europäischer Einstimmigkeit zwischen diesen drei Ländern vereinbart worden ist und durchgeführt wird. Darüber hat sie informiert.

Frage: Es hieß in den Agenturen, dass diese Vereinbarung bereits um 11 Uhr hiesiger Zeit unterschrieben werden sollte. Können Sie diesen Termin bestätigen?

StS Seibert: Ich glaube, in solch schwierigen Zeiten hält sich die Wirklichkeit nicht immer an Agenturankündigungen. Wir hoffen sehr und drängen darauf, dass es zu den Unterschriften unter einer Vereinbarung kommt. Aber ich kann Ihnen hier keine Zeit nennen, und ich glaube, Frau Chebli auch nicht. Dafür müssen wir auf die Nachrichten aus Kiew warten.

Frage: Herr Seibert, verstehe ich es richtig, dass der ukrainische Präsident bereit war, die drei Minister zu empfangen, nachdem die Bundeskanzlerin mit ihm telefoniert hat? Es gab nämlich gestern die Nachricht, dass die drei Außenminister Kiew ohne ein Treffen mit Janukowitsch verlassen hätten. Dann kam dieses Treffen zustande. War das also nach dem Telefonat mit der Bundeskanzlerin?

StS Seibert: Ich habe dazu alles gesagt, was ich zu sagen hatte. Die Bundeskanzlerin hat am Vormittag mit Herrn Janukowitsch telefoniert. Sie hat ihn davon überzeugen können, die Außenminister, die bereits in Kiew waren, als Gesprächspartner, als Zeugen und als Moderatoren von Gesprächen zu akzeptieren.

Zusatzfrage: Können Sie vielleicht noch mehr über das Telefonat der Bundeskanzlerin mit dem russischen Präsidenten sagen? Es gibt nämlich Nachrichten aus Russland, nach denen es darum gegangen sei, dass Herr Putin Frau Merkel irgendwie überzeugt habe oder zu überzeugen versucht habe, dass auf dem Maidan eben radikale Kräfte stünden und dass man sehr vorsichtig sein müsse. Inwieweit können Sie das bestätigen, wenn diese Nachrichten schon kommen?

StS Seibert: Ich kann über dieses natürlich vertrauliche Telefongespräch nicht mehr als das sagen, was wir gestern auch bekannt gegeben haben, nämlich dass es stattgefunden hat, dass es dazu diente, dass die Bundeskanzlerin über die Mission Herrn Steinmeiers, Herrn Sikorskis und Herrn Fabius' informiert hat, und dass es Einigkeit zwischen den beiden darüber gab, dass alles getan werden muss, damit das Blutvergießen unverzüglich endet und ein politischer Prozess beginnen kann.

Zusatzfrage: Vielleicht können Sie sagen, inwieweit man in Deutschland bereit wäre, humanitäre Hilfe zu leisten, wie es zum Beispiel Polen tut, wo die Krankenhäuser bereit sind, Verwundete aufzunehmen. Gibt es eine ähnliche Bereitschaft auch in Deutschland?

Chebli: Dazu kann ich Ihnen zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch noch nichts sagen. Wir sind gerade, wie gesagt, in einer sehr schwierigen Lage vor Ort, und ich würde Sie einfach bitten, etwas Geduld zu haben. Der Minister wird vor die Presse treten, und dann wird er auf alle Fragen der Journalisten eingehen.

Was ich noch zu Ihrer Frage an Herrn Seibert in Sachen Janukowitsch sagen wollte: Sie können sich vorstellen, dass Minister Steinmeier und seine Amtskollegen nicht in die Ukraine gefahren wären, wenn es nicht eine Zusage von Präsident Janukowitsch gegeben hätte, sie zu treffen.

Frage: Eine Frage an das Außenministerium: Welche Haltung hat die Bundesregierung zu den rechtsextremen und faschistischen Kräften der Maidan-Bewegung?

StS Seibert: Ich kann auch dazu etwas sagen: Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir die Kräfte unterstützen, die in der Ukraine für europäische Werte, für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie demonstrieren und die wollen, dass ihr Land diesen Weg geht. Wir unterstützen diejenigen, die ihre Meinung friedlich äußern und ihr Demonstrationsrecht friedlich ausüben. Wir wollen, dass die [russische] Regierung Bedingungen schafft, unter denen das auch möglich ist.

Chebli: Ich kann hinzufügen, dass der Außenminister gesagt hat, dass Gewalt - egal, von welcher Seite sie kommt - auf das Allerschärfste verurteilt wird.

Frage: Herr Seibert, mir ist aufgefallen, dass Sie von den drei Außenministern als "Zeugen und Moderatoren" bei den Gesprächen gesprochen und das Wort "Vermittler" vermieden haben. Hat das irgendeine Bedeutung?

StS Seibert: Ich fand diese beiden Begriffe passend.

Zusatzfrage: Heißt das, dass die Vermittlung - - -

StS Seibert: Sie können es auch eine Vermittlungsmission nennen. Am Ende wird es um ein Abkommen zwischen Vertretern der Opposition und Vertretern der Staatsmacht, der Regierung, gehen. Wenn die drei Außenminister - Herr Steinmeier und seine beiden Kollegen - mit ihrem wirklich bewundernswerten Einsatz dazu beitragen können, dann ist es nicht sehr wichtig, wie man die Mission am Ende nennt, sondern dann ist möglicherweise etwas für die Menschen in der Ukraine und für die Stabilität in Europa geschaffen worden. Aber so weit sind wir noch nicht, und wir können nur hoffen, dass dieser Tag weitere Schritte des Fortschritts mit sich bringen wird.

Frage: Jetzt habe ich doch noch einmal eine Frage zu den zeitlichen Abläufen: Ist es richtig - so habe ich Sie, Frau Chebli, verstanden -, dass die Außenminister erst abgeflogen sind, nachdem die Zusage von Janukowitsch für ein Gespräch gegeben wurde? Das würde dann ja logischerweise bedeuten, dass das Telefonat der Kanzlerin mit Herrn Janukowitsch vor dem Abflug stattgefunden hat. Oder war es doch ganz anders?

StS Seibert: Der Abflug war meines Wissens sehr früh am Morgen. Das Telefonat fand auf jeden Fall nach dem Abflug statt.

Zusatzfrage: Was stimmt denn dann? Wie darf ich das verstehen? Herr Seibert, ich hatte Sie vorhin so verstanden, dass Herr Janukowitsch im Gespräch zwischen der Kanzlerin und ihm davon überzeugt werden konnte - so haben Sie es gesagt -, die drei doch bitte zu empfangen. Frau Chebli sagte aber doch, sie seien erst losgeflogen, als sie schon eine Gesprächszusage gehabt hätten. Das ist nicht ganz deckungsgleich, finde ich.

StS Seibert: Ich kann gerne noch einmal sagen, was ich vorhin gesagt habe: Die Bundeskanzlerin hat Herrn Janukowitsch davon überzeugen können, die bereits in Kiew anwesenden EU-Außenminister und einen Vertreter Russlands als Moderatoren und Zeugen von Gesprächen mit der Opposition zu akzeptieren.

Zusatzfrage: Das bedeutet: Entweder, Frau Chebli, sind die drei losgeflogen, ohne dass es eine solche Zusage gegeben hat, oder sie sind losgeflogen, weil es eine Zusage gegeben hatte, diese Zusage war dann aber zwischenzeitlich vielleicht nicht mehr existent, und die Kanzlerin hat sie dann wieder hergestellt. Auf welche Variante dürfen wir uns jetzt beziehen?

Chebli: Ich glaube, Sie konstruieren einen Widerspruch, den es nicht gibt. Ich habe gesagt: Sie können davon ausgehen, dass die drei nicht gefahren wären, wenn es nicht eine Zusage von Herrn Präsident Janukowitsch zu einem Gespräch gegeben hätte. Das steht.

Zusatzfrage: Also hat Janukowitsch die Zusage vorher gegeben? Sonst macht der Satz ja logisch keinen Sinn.

Chebli: Es kann doch beides stimmen.

Zusatzfrage: Ach so? Er hat die Zusage also vorher gegeben, wurde dann aber später im Gespräch von der Kanzlerin davon überzeugt, dass es richtig sei, sie zu geben?

Chebli: Ich kann mich nicht in die Gedanken von Herrn Janukowitsch hineinversetzen. Ich kann Ihnen nur sagen, was die Grundlage unserer Reise gewesen ist. Das war auch eine Zusage von Herrn Janukowitsch, den Außenminister Deutschlands, den Außenminister Polens und den Außenminister Frankreichs zu treffen.

Zusatzfrage: Vor Abflug?

Chebli: Vor Abflug.

Frage: Herr Seibert, ich würde gerne auf das Gespräch vom Montag mit den ukrainischen Oppositionsvertretern zurückkommen. Herr Klitschko und Herr Jazenjuk waren dabei, es war aber kein Vertreter der Swoboda-Partei dabei. War das ein Wunsch von Frau Merkel oder hat sich die ukrainische Seite beziehungsweise die ukrainische Opposition einfach so entschieden?

StS Seibert: Das kann ich Ihnen jetzt, ehrlich gesagt, nicht sagen. Es waren diese beiden Vertreter, mit denen wir ja auch auf anderer Ebene als der der Bundeskanzlerin immer wieder in engem Kontakt gewesen sind - es hat ja auch schon andere Begegnungen mit Herrn Klitschko und Herrn Jazenjuk gegeben. Das schien uns die richtige Vertretung freiheitlicher, demokratisch denkender Oppositioneller zu sein.

Frage: Sie hatten eben davon gesprochen, dass die russische Regierung die Voraussetzungen für eine Lösung schaffen müsse. Meinten Sie die ukrainische Regierung?

StS Seibert: Wenn ich das gesagt hätte, dann hätte ich mich mit Sicherheit versprochen; ich kann mich daran nicht erinnern. Es ist natürlich die Pflicht der Regierung der Ukraine, die Voraussetzungen für Frieden und freiheitliche demokratische Meinungsäußerung zu schaffen und dafür zu sorgen, dass das entsetzliche Blutvergießen endet. Das sollte klar sein.

Zusatzfrage : Zweite Frage: Habe ich es richtig verstanden, dass das gestern Abend zwei separate Gespräche waren?

StS Seibert: Das waren separate Gespräche, ja.

Frage: Herr Seibert, vielleicht war das vorhin mit den Voraussetzungen, die Russland schaffe müssen, ja doch ein freudscher Versprecher von Ihnen: Ist denn geplant, in den nächsten beiden Tagen noch einmal Konsultationen, also Gespräche der Kanzlerin mit Obama und Putin darüber einzuleiten?

StS Seibert: In einer Entwicklung wie dieser, wo man nicht genau weiß, was der Stand der Dinge am Nachmittag oder am Abend sein wird, kann ich hier nicht sagen, mit wem möglicherweise noch telefoniert werden muss. Wir unterrichten Sie im Anschluss an die Gespräche. Klar ist aber - auch das ist vereinbart, und zwar sowohl mit dem russischen Staatspräsidenten als auch mit dem amerikanischen Präsidenten -, dass die Bundesregierung mit diesen Ländern in engem Kontakt bleiben wird und sehr genau gemeinsam verfolgen wird, wie sich die Dinge in Kiew entwickeln - hoffentlich hin zu einer politischen Dialoglösung.

Frage (zu den Deutsch-Israelischen Regierungskonsultationen): Herr Seibert, nachdem die Kanzlerin schon mit Präsident Obama telefoniert hat und Herr Obama Anfang März Herrn Netanjahu in Washington empfangen wird: Hat sie in diesem Gespräch möglicherweise auch ihre Position abgestimmt, was ihren Israel-Besuch in der kommenden Woche angeht?

StS Seibert: Ich berichte hier nicht aus vertraulichen Telefonaten, die die Bundeskanzlerin geführt hat. Die 5. Deutsch-Israelischen Regierungskonsultationen - das lesen Sie auch schon am fast vollständigen Erscheinen des Bundeskabinetts ab - sind ein Ausdruck der besonders engen, freundschaftlichen Verbindung, die wir mit Israel haben - der engen Verbindung auf allen Gebieten der Politik. Der zentrale Punkt Innovation zeigt ja, dass Israel ein bedeutender Forschungspartner ist. Auf diesem Gebiet wird auch eine intensive Zusammenarbeit vorangetrieben.

Zusatzfrage : Können Sie zu diesem Gebiet vielleicht schon einen Punkt verraten, um den es besonders gehen wird?

StS Seibert: Es gibt den Plan, auch gemeinsame Erklärungen, Absichtserklärungen und Abkommen zu unterzeichnen. Ich kann Ihnen jetzt noch nicht sagen - das ist wenige Tage vor einem solchen Ereignis aber normal -, welche es genau sein werden. Manches wird wahrscheinlich auch noch verhandelt. Darüber müssen wir Sie an Ort und Stelle informieren.

Frage: An den Regierungssprecher: Sie hatten vorhin den Preis für deutsch-israelische Freundschaft angesprochen, der an Frau Merkel verliehen wird. Im "Spiegel" steht diese Woche, dass das deutsch-israelische Sonderverhältnis in Gefahr sei. Sieht das die Bundesregierung ähnlich? Warum kann es in Gefahr sein?

StS Seibert: Das müssen Sie den "Spiegel" fragen, das ist ja nicht meine These. Das deutsch-israelische Verhältnis ist ein besonders intensives Verhältnis, gründend auf der Geschichte, gründend auf unserem Bewusstsein für die Verantwortung, die aus der Geschichte entsteht, gründend auch auf der großen Achtung vor dem Staat Israel als einem freiheitlich-demokratisch organisierten Staat. Es ist ein Verhältnis, das sich - wie ich es gerade zu erklären versucht habe - auf allen Gebieten, von der Entwicklungszusammenarbeit bis zur Forschungspolitik, in besonders engen Verknüpfungen und gemeinsamen Projekten ausdrückt.

Frage : Sie haben gerade das enge Verhältnis angesprochen: Ist dieses Verhältnis durch die andauernde Besatzung getrübt? Ich nenne auch das Stichwort Siedlungsbau, wo ja über Jahrzehnte hinweg Fakten geschaffen werden.

StS Seibert: Sie kennen unsere Haltung zu einzelnen Aspekten der Siedlungspolitik; die ist hier auch immer wieder besprochen worden. Das ändert nichts daran, dass das Verhältnis so ist, wie ich es gerade charakterisiert habe.

Frage : Herr Seibert, wären Sie so nett, diese Haltung noch einmal in drei Worte zu fassen?

StS Seibert: Sie ist hier wirklich oft besprochen worden. - Wir treten ein für eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung. Das ist unser Ansatz, und zwar seit vielen Jahren. Wir glauben, dass in einer solchen Lösung sowohl für Israelis als auch für Palästinenser die beste und auch die sicherste Zukunft liegt. Da, wo Siedlungsbauten einer solchen Lösung im Wege stehen - Neubauten vor allem -, sind sie von der Bundesregierung in der Vergangenheit auch kritisch angesprochen worden.

Frage: Ganz kurze Frage an den Regierungssprecher: Sie sagten, es führen nicht alle Minister mit. Fährt der Vizekanzler mit?

StS Seibert: Derjenige, der nach meinen Informationen nicht mitfährt - machen wir es lieber so herum -, ist der Chef des Bundeskanzleramtes, Herr Altmaier.

Zusatzfrage: Dann habe ich eine Frage an die Sprecherin von Herrn Gabriel: Herr Gabriel hat vor zwei Jahren nach dem Besuch in Hebron von Apartheid, einem Apartheidsregime gesprochen. Wird der Vizekanzler das bei den Konsultationen ansprechen? Wird er nach Palästina, nach Hebron, nach Gaza reisen?

Modes: Ich kenne diese Aussage leider nicht, deswegen kann ich dazu jetzt nichts sagen - auch nicht, ob er das dort ansprechen wird. Er wird dort natürlich viele Gespräche führen, er ist dabei. Wir werden dann im Anschluss mit Sicherheit auch darüber informieren.

Zusatzfrage: Dann vielleicht an das Außenministerium: Wie ist das, teilt das Außenministerium die damalige Einschätzung von Herrn Gabriel, dass in Hebron ein rechtsfreier Raum, ein Apartheidsregime, herrscht?

Chebli: Israel ist mit Deutschland in einzigartiger Weise verbunden. Daran ist nichts zu rütteln, das hat der Außenminister mehrfach unterstrichen. Jetzt geht es darum, dass wir zu einer Friedenslösung im Nahen Osten kommen. Wir unterstützen hier ganz klar die Bemühungen von US-Außenminister Kerry. Deutschland wird alles daransetzen, dass diese Bemühungen auch Früchte tragen und dass wir zu einer Lösung im Nahen Osten kommen.

Zusatzfrage: Deutschland hat auch den Beschluss der IAEA unterschrieben, dass es einen atomwaffenfreien Nahen Osten geben soll. Herr Steinmeier ist dafür auch ein starker Fürsprecher. Werden die Atombomben der Israelis auch angesprochen werden?

Chebli: Ich kann Ihnen nicht sagen, was da im Detail besprochen wird. Es wird die Regierungskonsultationen geben, und denen kann und möchte ich jetzt nicht vorweggreifen.

Frage: In Israel macht man sich Sorgen wegen der, sagen wir einmal, auf privater Ebene vollzogenen Boykott-Geschichten, die jetzt schon laufen. Es ist auch so, dass die EU den Druck erhöht. Wie wird sich die Kanzlerin da positionieren? Inhaltlich ist sie ja eigentlich auch gegen den Siedlungsbau. Kann man den Israelis da die Ängste nehmen, oder steht die Kanzlerin da hinter der EU-Position, die zwar keine offiziellen Sanktionen will, sich aber über privaten Boykott freut?

Chebli: Ich kann Ihnen nur sagen: Wir führen in der EU keine Debatte über Sanktionen gegen Israel. Ganz im Gegenteil: Der Außenministerrat der EU hat am 16. Dezember beschlossen, sowohl Israel als auch den palästinensischen Gebieten positive Anreize zu geben, um damit den Abschluss eines Friedensabkommens zu beflügeln. Ganz konkret geht es hier um eine besondere, privilegierte Partnerschaft, die Israel und einem zukünftigen Staat Palästina für den Fall, dass es zu einem Friedensabkommen kommt, seitens der EU in Aussicht gestellt werden soll. Es bestehen keinerlei Sanktionen gegen Israel. Deutschland wäre sicherlich das erste Land, das sich dagegenstellen würde.

Frage: Frau Chebli, wenn Sie sagen, es werde keine Sanktionen geben beziehungsweise Deutschland werde keine Sanktionen gegen Israel unterstützen: Wie kann man Israel denn dazu bewegen, den Siedlungsbau zu stoppen?

Chebli: Ich habe vorhin ja gesagt, dass es gerade Bemühungen seitens des amerikanischen Außenministers gibt, zu einem Friedensabkommen zwischen Israelis und Palästinensern zu kommen. Diese Initiative unterstützen wir.

Zusatzfrage : Diese Bemühungen laufen seit 20 Jahren, und seit 20 Jahren vergrößern sich die Siedlungen mehr und mehr. Wie lange wollen Sie noch warten?

Chebli: Auch unsere Haltung zur Siedlungspolitik wurde hier mehrfach angesprochen; ich glaube, dazu muss ich nichts sagen.

Frage: Unterstützt die Bundesregierung die Bundesregierung die BDS-Bewegung - also "Boycott, Divestment and Sanctions"?

Chebli: Wenn es darum geht, über Sanktionen zu sprechen, kann ich Ihnen sagen, dass sich Deutschland nicht zu diesen Debatten über Sanktionen gegenüber Israel äußert. Für uns ist doch klar - das möchte ich auch hinsichtlich dessen, was Ihr Kollege sagte, also dass der Konflikt seit Jahren besteht, ergänzen -: Wir müssen schauen, dass diesem Konflikt ein Ende gesetzt wird und dass es zu einem Friedensabkommen zwischen den Israelis und den Palästinensern kommt.

Frage : Herr Seibert, können Sie uns ein paar Stichpunkte geben, was während des Besuchs der Bundeskanzlerin in London besprochen werden soll? Wie sind denn im Moment die Beziehungen zwischen Berlin und London?

StS Seibert: Wir freuen uns auf einen intensiven deutsch-britischen Tag, der das traditionell gute und enge Freundschaftsverhältnis zwischen Deutschland und Großbritannien beleuchtet. Die Bundeskanzlerin freut sich über die ungewöhnliche Ehre, vor beiden Häusern des britischen Parlaments eine Rede halten zu können, und sie freut sich auf die Audienz bei der Königin. Es wird eine Pressekonferenz geben. Sie wird, wie gesagt, eine Rede halten. Deswegen möchte ich jetzt hier keine Einzelheiten der Gespräche oder auch der Rede vorwegnehmen.

Zusatzfrage : Keine Einzelheiten; aber wenn man sich auf die Reise vorbereiten muss, weiß man ja vielleicht, was die Topthemen sind. Oder gibt es da noch keine?

StS Seibert: Deutschland und Großbritannien sind füreinander wichtige Partner in Europa, nicht nur bilateral, sondern auch in Europa. Das wird natürlich ein Thema sein; das wird auch angesprochen werden. Wir wünschen uns ein aktives, starkes Großbritannien in der EU. Auch das wird ein Thema sein; das ist doch klar.

Frage: Herr Seibert, wird die Kanzlerin bei ihrer Rede auch das sehr intensive Verhältnis der GCHQ zu möglicherweise deutschen Nachrichtendiensten oder zu deutschen Informationen zum Thema machen?

StS Seibert: Ich muss Sie wirklich bitten, sich die Rede dann anzuhören. Soviel ich weiß, wird sie auf BBC live übertragen, möglicherweise auch auf irgendeinem deutschen Sender.

Frage: David Cameron hat vorgeschlagen, die Freizügigkeit für künftige EU-Mitglieder zu beschränken oder zu begrenzen. Wie steht die Kanzlerin dazu?

StS Seibert: Ich nehme hier nichts von den Gesprächen vorweg, die die Bundeskanzlerin in London führen wird. Die Themen stehen alle im Raum. Sie sind schon mehrfach miteinander besprochen worden, auch in Europäischen Räten. Sie wissen, dass die Freizügigkeit in Europa für uns einen hohen Wert hat. Wie gesagt: Den Rest überlasse ich dann den Gesprächen und Ihrem Nachfragen bei Pressekonferenzen oder der Rede.

Frage: Darf ich fragen, ob sie plant, auf der Reise mit irgendeinem Vertreter der schottischen Regierung zu sprechen?

StS Seibert: Nein. Die Kanzlerin wird auf der Reise mit Edward Miliband, dem Vorsitzenden der Labour-Partei, noch ein kurzes Gespräch führen. Aber sie trifft nach meinen Informationen keinen Vertreter der schottischen Regierung.

Frage: Herr Gerhartz, die "Bild"-Zeitung zitiert heute den Grünen-Abgeordneten Lindner mit der Zahl von 3 Milliarden Euro, die bei Rüstungsprojekten Ihres Hauses jetzt noch an zusätzlichen Kosten zu erwarten wären. Ihr Haus selbst hat heute eine sehr umfangreiche Darstellung über Kostensteigerungen und andere Probleme im Zusammenhang mit Rüstungsprojekten verbreitet. Könnten Sie vielleicht einmal auseinanderfieseln beziehungsweise zusammenführen, was diese verschiedenen Zahlen zu bedeuten haben? Ist das, was in Ihrer Aufstellung steht, alles schon bekannt, bei Ihnen eingepreist und in Haushaltsplänen berücksichtigt, oder sind dort auch Kosten enthalten, die jetzt noch obendrauf kommen? Und in welchem Verhältnis steht das zu den 3 Milliarden Euro, von denen Herr Lindner spricht?

Gerhartz: Wir müssen auseinanderhalten, dass es bei der einen Linie um die Anfrage der Fraktion Die Linke geht, nämlich um die Zahlen zu verschiedenen Projekten - Eurofighter, Puma -, um Beschaffungskosten, investive Kosten etc. Die Zahlen kann ich so bestätigen. Wir haben sie aus unserem Haus über den Presseverteiler herausgegeben. Es ist auch Zeichen unserer jetzt neu gelebten Transparenz, dass wir diese Zahlen veröffentlichen.

Die andere Linie ist die Zahl, die von der "Bild"-Zeitung herausgegeben worden ist, nämlich dass es bei diesen 3 Milliarden Euro - dies soll sich speziell auf 15 Projekte beziehen - eventuell um Mehrkosten geht. Das kann ich so nicht bestätigen. Das ist im Moment letztlich der Punkt, an dem wir stehen, dass wir aufgrund der bisher mangelnden Transparenz, die wir jetzt durch personelle und strukturelle Änderungen herstellen wollen, erst einmal gewahr werden, wie das Volumen der einzelnen Projekte ist, ob es Preissteigerungen auch in Bezug auf Verzögerungen gibt etc. Hinsichtlich der Frage, ob es dann 3 Milliarden Euro oder weniger sein werden, sind wir jetzt erst am Anfang dieses Prozesses, in dem wir das letztlich ermitteln.

Zusatzfrage: Noch ganz kurz zur Klarstellung: All die Zahlen, die jetzt in der Beantwortung dieser parlamentarischen Anfrage als zusätzlich entstandene Kosten aufgestellt werden: Sind das Kosten, die bereits in Ihren Haushaltsplänen, in Ihren Finanzierungsplänen usw. berücksichtigt sind?

Gerhartz: Korrekt, wobei es sich bei dieser Anfrage nicht ausschließlich um zusätzliche Kosten dreht, sondern um Anfragen zu Beschaffungstiteln, investiven Titeln, Entwicklungskosten etc. in den einzelnen Projekten.

Zusatzfrage: Wenn es jetzt um die Zahl geht, von der Herr Lindner spricht, ist das dann die Zahl, über die wir möglicherweise irgendwann reden müssen, wenn Ihre Bilanz der verschiedenen Rüstungsprojekte vorliegt?

Gerhartz: Diese Bilanz ist von uns noch vorzunehmen; das ist angekündigt. Deswegen gibt es jetzt auch diesen Neuanfang. Ich kann da in keiner Weise irgendwelche Zahlen bestätigen, noch möchte ich darüber spekulieren.

Frage: Herr Seibert, es gibt übereinstimmende Meldungen verschiedener Agenturen, dass Janukowitsch offenbar vor einer knappen halben Stunde in Kiew vorgezogene Neuwahlen, die Rückkehr zur Verfassungsreform und eine Regierung der nationalen Einheit angekündigt hat. Ist das der Durchbruch, den die Außenminister mit ihrer Mission bewirken wollten?

StS Seibert: Ich bitte um Verständnis, dass ich diese Meldung erst einmal selbst lesen möchte. Es wäre vielleicht sinnvoll, mit dem deutschen Außenminister, der in Kiew ist, zu sprechen, bevor wir zu einer Bewertung kommen. Ich bin sicher, er wird sie dann in Kiew vornehmen; denn er ist derjenige, der in den letzten Stunden diese intensiven Gespräche geführt hat. Das werde ich jetzt hier nicht auf der Basis von ein paar Meldungen machen.

Chebli: Sie müssen Verständnis dafür haben, dass ich dem Minister natürlich nicht vorgreifen werde. Ich habe vorhin schon gesagt, dass er vor die Presse treten wird. Wenn es etwas zu verkünden gibt, dann wird er das persönlich tun.

Frage : Ich habe eine Frage an das Innenministerium als Sportministerium und auch an das Justizministerium. Ist dem Innenministerium bekannt, welche verbotene Substanz die Biathletin Sachenbacher-Stehle eingenommen hat? Die zweite Frage: Nachdem Herr Maas angekündigt hat, die Strafen für Doping zu verschärfen, gehe ich richtig in der Annahme, dass das nicht mehr für den aktuellen Fall zutreffen würde?

Paris: Auch dem Innenministerium sind bisher nur die Meldungen bekannt, die über die Agenturen gelaufen sind. Das ist erst einmal keine gute Nachricht. Es ist mitgeteilt worden, dass in einer A-Probe eines Sportlers ein von der Norm abweichendes Ergebnis vorgefunden worden ist. Jetzt geht das Verfahren weiter, indem die B-Probe überprüft werden muss. So lange möchte ich mich nicht weiter dazu äußern. Um Ihre Frage zu beantworten: Nein, das ist hier nicht bekannt. Das muss primär in den zuständigen Gremien des IOC und natürlich auch des DOSB behandelt werden.

Wenn ich meiner Kollegin nur kurz vorgreifen darf; ich bitte um Nachsicht. Das Thema Doping, Anti-Doping-Gesetz und die damit verbundenen vielen, auch nicht gerade leichten Fragen sind im Koalitionsvertrag niedergelegt. Die beiden Minister de Maizière und Maas haben sich mehrfach zu diesem Thema verständigt, dass dies angegangen wird. Wir haben eine Verpflichtung, das zu tun. Wir als federführendes Ministerium werden an diesem Gesetz arbeiten. Herr Maas hat erklärt, dass er für den Bereich, der strafrechtliche Komponenten dieses Komplexes betrifft, mitarbeiten und zusammenarbeiten wird.

Es gibt noch eine andere Komponente, die im Bereich des Arzneimittelrechtes liegt. Dann ist auch das Gesundheitsministerium gefragt. Das ist eine große und schwierige Aufgabe. Sie ist insbesondere rechtlich kompliziert. Man muss insbesondere überlegen: Was ist eigentlich der Begriff des Spitzensportlers? Welche Fragen muss man im Bereich des Konsums von Dopingmitteln im normalen Bereich klären? Es sind Fragen der sogenannten Beweislastumkehr zu beachten. Das ist ein juristisches Hochreck, so würde ich das einmal nennen. Die Häuser sind intensiv dabei, sich abzustimmen, wie man diese Fragen dann entsprechend in Gesetzesform kleiden kann.

Zimmermann: Ich möchte dazu nur ergänzen, dass Doping die moralisch-ethischen Werte im Sport gefährdet. Deshalb ist im Koalitionsvertrag vorgesehen, dass weitergehende strafrechtliche Regelungen beim Kampf gegen Doping geschaffen werden sollen. Wie das konkret im Einzelnen aussehen wird, werden wir, wie es Herr Paris schon gesagt hat, gemeinsam mit dem BMI abstimmen und entsprechend dem Koalitionsvertrag umsetzen. Nähere Einzelheiten dazu kann ich Ihnen jetzt hier nicht nennen.

Zusatzfrage : Rechtlich rückwirkend greift dieses Gesetz sehr wahrscheinlich nicht? Das ist die erste Frage.

Herr Paris, Sie sagten ausdrücklich, es lägen Informationen über einen männlichen Dopingfall vor. Sie sagten nicht, es sei ein männlicher Dopingfall, sondern Sie sagten, dass es um eine A-Probe eines Athleten gehe, nicht einer Athletin. War das bewusst gewählt, oder war das reiner Zufall?

Paris: Das kommt davon, wenn man die dpa zitiert. Ich habe vorgelesen - ich zitiere eine Meldung der Deutschen Presse-Agentur vom heutigen Tag, 9.22 Uhr -, dass die A-Probe eines Sportlers ein von der Norm abweichendes Ergebnis erbracht habe. Das habe ich zitiert. Insofern: Interpretieren Sie bitte nicht in mich etwas hinein, was die dpa selbst geschrieben hat. Mir ist der Fall nicht bekannt; ich weiß es nicht. Es muss ja ein Sportler oder eine Sportlerin sein. Ansonsten würde es diese Meldung gar nicht geben.

Zusatzfrage : Rückwirkend würde ein solches Gesetz nicht greifen?

Zimmermann: Ich kann Ihnen ganz allgemein sagen, dass rückwirkende Strafgesetze - das wissen Sie sicherlich - mehr als problematisch sind.

Frage: Herr Seibert, der amerikanische Präsident Obama wird heute, wahrscheinlich schon jetzt, den Dalai Lama empfangen. Was sagen Sie dazu? Wie ist die jetzige Tibetpolitik der deutschen Regierung?

StS Seibert: Ich als Sprecher der Bundesregierung habe nicht zu kommentieren, wen der amerikanische Präsident empfängt.

Zusatzfrage: Und wie ist die jetzige deutsche Tibetpolitik?

StS Seibert: Es gibt keine Veränderungen auf diesem Gebiet. Viel mehr kann ich Ihnen jetzt nicht dazu sagen. Da müssten wir noch etwas nachreichen.

Frage: Würde die Kanzlerin den Dalai Lama morgen auch wieder empfangen?

StS Seibert: Hypothetische Fragen stellen sich uns nicht.

Frage : Frau Chebli, Stichwort E3+3, Nuklearverhandlungen mit dem Iran. Wie bewertet die Bundesregierung den Ausgang der Wiener Gespräche? Gibt es schon eine Reaktion zum jüngsten, zum gestrigen Bericht der IAEO, der dem Iran bescheinigt, dass er sich vertragstreu an das Genfer Abkommen vom 24. November hält?

Chebli: Nach unserer Einschätzung haben die E3+3-Partner unter Führung der Hohen Vertreterin Ashton in den letzten Tagen in Wien sehr gute, konstruktive, substanzielle und intensive Gespräche mit der iranischen Seite geführt. Dabei sind alle Aspekte des iranischen Nuklearprogramms angesprochen worden, die Teil einer endgültigen Lösung sein müssen. Unter anderem gab es eine Einigung auf einen recht ambitionierten Zeitplan für die weiteren Verhandlungen. Demnach wird es jetzt einmal pro Monat ein Treffen im Format Ashton, begleitet durch die politischen Direktoren der E3+3-Partner mit der iranischen Delegation unter Leitung von Außenminister Sarif geben. Das nächste Treffen findet bereits am 17. März in Wien statt. Diese Treffen werden jeweils durch Experten vor- und nachbereitet.

Zusatzfrage : Und die Reaktion zum Bericht der IAEO?

Chebli: Wir haben natürlich Vertraulichkeit vereinbart. Deswegen können wir jetzt zu den Einzelheiten nichts sagen.

Frage : Herr Strater, wie bewertet Ihr Ministerium die Entscheidung, den Testbetrieb des Flughafens BER von Juni nach hinten zu verschieben und erst einmal nicht aufzunehmen? Welche Bedeutung hat das für den Gesamtbetriebsstart des neuen Flughafens in Berlin?

Strater: Das kann ich Ihnen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht sagen, weil auch schon vor dieser Entscheidung seitens der Geschäftsführung kein verbindliches und schlüssiges Konzept zur Gesamtinbetriebnahme vorlag, welches den Zeithorizont aufzeigt. Insofern kann ich nicht sagen, wie es sich auf den Zeithorizont auswirkt, wenn dieser Testbetrieb nicht stattfindet.

Zusatzfrage : Aber rein logisch würde man doch sagen, dass sich das dann weiter nach hinten verzögert?

Strater: Das ist Ihre Interpretation. Das kann ich von hier aus nicht beurteilen. Das muss die Geschäftsführung glasklar sagen. Sie ist gefordert, ein solches Inbetriebnahmekonzept verbindlich vorzulegen, das den Zeithorizont aufzeigt und eine Terminaussage trifft.

Zusatzfrage : Herr Strater, wie beurteilen Sie in Ihrem Ministerium nach einem Jahr die Arbeit von Herrn Mehdorn?

Strater: Was soll ich dazu sagen?

Zusatz : Die Wahrheit.

Strater: Die Sachlage ist: Der Flughafen hat noch nicht eröffnet.

Zusatzfrage : Hat Herr Mehdorn aus der Sicht Ihres Ministeriums das Gesamtprojekt vorangebracht?

Strater: Das ist nicht so leicht zu beantworten. Herr Mehdorn - dies habe ich gerade angedeutet - und die Geschäftsführung insgesamt müssen jetzt möglichst schnell, möglichst zur nächsten Aufsichtsratssitzung, die meines Wissens im April stattfindet, ein solches Konzept vorlegen, woran wir als Anteilseigner oder auch der Aufsichtsrat insgesamt klar ablesen können, wie es weitergeht, wie sich der Baufortschritt entwickelt, welche Schritte noch zu tun sind und was das Ganze am Ende kostet. Das liegt noch nicht vor. Insofern kann ich keine Bewertung vornehmen. Wenn wir das haben, können wir noch einmal darüber sprechen.

Zusatzfrage : Verstehe ich es richtig, dass Herr Mehdorn bezüglich der Absage des Testbetriebs zum Beispiel Ihnen keinen Grund dafür übermittelt hat?

Strater: Es werden presseöffentlich Schreiben zitiert, die diesen Schritt begründen. Ich lese darin, dass er einen gewissen Vorwurf an den Aufsichtsrat hineingeschrieben hat. Das muss ich zurückweisen. Die Sachlage ist ganz klar: Für diesen Testbetrieb war immer die Geschäftsgrundlage, dass eine Genehmigung für das Nordpier vorliegen muss. Diese Genehmigung liegt bis heute nicht vor. Wenn diese Genehmigung vorgelegen hätte, dann hätte sich der Aufsichtsrat noch einmal mit diesem Thema befasst.

Ich finde, der Aufsichtsrat hat - ich glaube, das war im August vergangenen Jahres - eine sehr kluge Entscheidung getroffen, nämlich diesen Genehmigungsvorbehalt einzuziehen. Er hat gesagt, er kann diese Planungen vorantreiben. Wenn er die Genehmigung vom Bauordnungsamt hat, dann entscheidet der Aufsichtsrat über die Investitionen, die zu tätigen sind, und über die baulichen Maßnahmen, die zu tätigen sind. Bis dahin dürfen diese Maßnahmen nicht umgesetzt und auch keine Investitionen getätigt werden. Es ist immer die Aufgabe der Geschäftsführung gewesen, diese Genehmigung einzuholen. Sie liegt bis heute nicht vor. Insofern hat die Geschäftsführung die Konsequenzen daraus gezogen.

Frage: Herr Mehdorn hat in seinem Schreiben die Logik aufgemacht, er habe absagen müssen, weil er nicht genügend Unterstützung aus dem Aufsichtsrat bekommen habe. Der Schwarze Peter liegt also beim Aufsichtsrat. Wie bewerten Sie das explizit?

Strater: Das habe ich gerade schon zurückgewiesen. Die Sachlage ist: Der Aufsichtsrat hat gesagt, Herr Mehdorn und die Geschäftsführung könnten diese Planungen vorantreiben, könnten in diese Richtung gehen, in diese Richtung planen. Aber der Aufsichtsrat entscheidet erst dann über die Investitionen und die baulichen Maßnahmen, wenn eine Genehmigung vorliegt. Da wir alle wissen, dass genehmigungsrechtliche Fragen bei diesem Flughafen eine außerordentlich hohe Rolle spielen, ist dies, so finde ich, eine sehr kluge Entscheidung gewesen. Die Genehmigung liegt bis heute nicht vor. Herr Mehdorn selbst hat den Termin 1. Juli dieses Jahres für den Probebetrieb gesetzt. Wenn das jetzt da nicht hineinpasst, dann hat er diese Konsequenz daraus gezogen.

Frage : Frau Chebli, gibt es irgendeinen Kommentar zu den Unruhen in Venezuela?

Chebli: Wir beobachten die Lage in Venezuela mit großer Sorge. Sie ist nach wie vor angespannt und konfrontativ. Mit großem Bedauern haben wir die Nachricht von Todesopfern und Verletzten aufgenommen, zu denen es bei den Zusammenstößen gekommen ist. Wir appellieren dazu, auf Gewalt zu verzichten und von Schritten abzusehen, die zu einer weiteren Verschärfung der Konfrontation führen. Wir rufen zu Mäßigung und Dialogbereitschaft auf. Dieser Appell richtet sich vor allem an die venezolanische Regierung. Das Recht auf friedliche Demonstrationen muss respektiert werden. Demonstranten und Oppositionelle zu kriminalisieren sowie Armeekräfte einzusetzen, sind keine richtigen Schritte hin zu einer friedlichen Lösung.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 21. Februar 2014
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2014/02/2014-02-21-regpk.html;jsessionid=E3FD30A4E3E81B3AED21A5C168D0B442.s4t2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Februar 2014