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PRESSEKONFERENZ/697: Regierungspressekonferenz vom 25. November 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 25. November 2013
Regierungspressekonferenz vom 25. November 2013

Themen: Ausrufung einer Luftverteidigungszone über dem ostchinesischen Meer, Vereinbarungen zwischen den E3+3 und dem Iran, mögliche Entführung des deutschen Publizisten Hamed Abdel-Samad in Ägypten, in Kundus getötete ehemalige Ortskraft der Bundeswehr, große Ratsversammlung in Afghanistan (Loya Dschirga),
weitere Themen: Finanzhilfen für Griechenland, Treffen der Bundeskanzlerin mit UN-Sondervermittler Matthew Nimetz, Diplomatenrabatt im KaDeWe und den Galeries Lafayette, Berichte über Umstrukturierungen bei EADS, Besuch einer amerikanischen Parlamentarierdelegation in Deutschland, Inhaftierung von Julia Timoschenko, Gipfel der Östlichen Partnerschaft in Vilnius, angeblich geplante Reduzierung der Überwachung von Scientology durch das Bundesamt für Verfassungsschutz, Behauptungen des FIFA-Präsidenten zu einer politischen Einflussnahme aus Deutschland bei der Vergabe der Fußball-WM an Katar, Forschungsetat des Bundesverteidigungsministeriums

Sprecher: StS Seibert, Schäfer (AA), Toschev (BMWi), Spauschus (BMI), Dienst (BMVg), Wendt (BMAS)



Vorsitzender Hebestreit eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag! Das erste Thema betrifft China. Sie hatten sicherlich mitbekommen, dass China am Samstag die Koordinaten einer sogenannten Luftverteidigungszone über dem ostchinesischen Meer bekanntgegeben hat. Ich will dazu für die Bundesregierung sagen, dass wir sehr besorgt sind über die Ausrufung einer solchen Luftverteidigungszone über dem ostchinesischen Meer durch die Volksrepublik China. Das erhöht aus unserer Sicht die Gefahr eines bewaffneten Zwischenfalls zwischen China und Japan einerseits sowieso zwischen China und der Republik Korea noch weiter. Deutschland hat großes Interesse an politischer Stabilität in Ostasien sowie großes Interesse an freien und sicheren See- und Luftwegen. Die Bundesregierung fordert deshalb die Staaten in der Region auf, ihre maritimen Konflikte friedlich beizulegen. Eine Eskalation sollte auf jeden Fall vermieden werden.

Das zweite Thema betrifft die in Genf getroffenen Vereinbarungen zwischen den E3+3 und dem Iran. Ich möchte für die Bundesregierung begrüßen, dass es gelungen ist, in Genf zu einer Vereinbarung zu kommen. Die Vereinbarung ist aus unserer Sicht ein wichtiger erster Schritt. Es kommt jetzt darauf an, dass diese Vereinbarung von Iran umgesetzt wird. Die Bundeskanzlerin dankt auch Außenminister Westerwelle persönlich für seinen Beitrag zu dieser Vereinbarung. Es ist gut, dass er auch in schwierigen Zeiten die Gesprächskanäle stets offengehalten hat.

Wir müssen die kommenden Monate nutzen, um jetzt eine umfassende diplomatische Lösung dieses Konflikts zu erreichen. Wichtig ist, dass die Zweifel, die die internationale Gemeinschaft immer noch an der ausschließlich friedlichen Natur des iranischen Nuklearprogramms hat, ausgeräumt werden können. Dazu muss weiter Vertrauen aufgebaut werden. Man muss auch festhalten, dass die bisherigen Sanktionen Wirkung gezeigt haben und den Iran an den Verhandlungstisch gebracht haben.

Das wollte ich Ihnen zu diesen beiden Themen sagen.

Frage: Herr Seibert, dem, was Sie gerade sagten, zufolge teilen Sie also die Bedenken der Israelis und vor allem von Herrn Netanjahu nicht, dass der Iran mit dieser Vereinbarung nun einen Schritt näher an die gefährlichste aller Waffen gekommen sei?

StS Seibert: Die Bundesregierung nimmt die israelischen Besorgnisse sehr ernst und steht zu dieser Sache auch in direktem Kontakt mit der israelischen Regierung, so wie es auch sein muss. Gleichzeitig habe ich gesagt: Es ist ein wichtiger erster Schritt, und jetzt kommt es darauf an, dass der Iran auch umsetzt und dass die nächsten Monate auch genutzt werden, um eine wirklich substanzielle diplomatische Lösung des Gesamtkonflikts zu erreichen. Wir haben es aus unserer Sicht mit einem wichtigen ersten Schritt zu tun. - Möglicherweise möchte das Auswärtige Amt ergänzen.

Schäfer: Nein, ich kann das nur absolut bekräftigen.

Ich möchte Ihnen nur noch eine Information geben: Der Außenminister hat heute Morgen mit den Fraktionsvorsitzenden der im Bundestag vertretenen Parteien telefoniert, um sie sozusagen aus erster Hand über die Ergebnisse der Verhandlungen von Genf und die getroffenen Vereinbarungen persönlich zu unterrichten.

Zusatzfrage: Hat denn dieses Abkommen unmittelbare Auswirkungen auf irgendeine deutsche Politik, also auf irgendeinen Vertrag oder was auch immer?

Schäfer: Es ist ja unter anderem vereinbart worden, dass einige der Sanktionen, die gegenüber dem Iran verhängt worden sind - das sind Sanktionen der Vereinten Nationen, also sozusagen der gesamten Staatengemeinschaft, Sanktionen der Vereinigten Staaten von Amerika und Sanktionen der Europäischen Union - suspendiert werden sollen. Das betrifft ganz überwiegend Fragen und Punkte, die auch in den Vereinigten Staaten liegen; es gibt aber auch einige Punkte, die die Europäische Union betreffen. Wir werden uns da natürlich vereinbarungskonform verhalten und jetzt gemeinsam mit den Iranern darauf schauen, dass die Gespräche weitergehen; denn das, was dort in der Nacht von Samstag auf Sonntag vereinbart worden ist, ist ja - darauf hat Staatssekretär Seibert bereits hingewiesen - zunächst einmal nur ein erster Schritt. Das ist ein Schritt, der jetzt für sechs Monate konkrete Vereinbarungen enthält, und jetzt geht es weiter. Jetzt muss zunächst einmal über die Implementierung dieser Vereinbarung von Samstagsnacht gesprochen werden.

Darüber hinaus haben wir jetzt sechs Monate Zeit, um eine abschließende Lösung anzugehen. Wir vernehmen mit Zustimmung und Freude, dass auch aus Teheran sehr positive Geräusche dazu kommen, dass man jetzt zügig weiterverhandeln möchte, um eben nicht nur diesen ersten Schritt zu gehen, sondern dann den ganzen Weg zu gehen und eine abschließende Regelung über das iranische Atomprogramm zu treffen. Dabei gilt: Es bleibt bei unserem Ziel, das wir mit Israel teilen, nämlich dass eine Atombombe in den Händen Irans nicht akzeptabel ist.

Frage: Haben denn die jetzt vereinbarten Absprachen, die Lockerungen gewisser Sanktionen, schon irgendwelche kurzfristigen wirtschaftlichen Folgen? Wie beurteilt das Wirtschaftsministerium das, was sich da womöglich an neuen Perspektiven ergeben könnte, nachdem Deutschland ja bis zuletzt einer der größten und wichtigsten Handelspartner des Iran war?

Schäfer: Noch einmal: Es handelt sich nicht um eine Aufhebung von Sanktionen, sondern ausschließlich um eine Suspendierung eines Teils der Sanktionen. Der Kernbereich der Sanktionen, nämlich die Sanktionen gegenüber iranischen Banken und gegenüber dem petrochemischen Sektor des Iran, bleibt in vollem Umfang erhalten. Die Verhandlungsparteien in Genf gehen davon aus, dass die Suspendierung der Sanktionen gegenüber dem Iran in den kommenden sechs Monaten einen Wert von etwa 7 Milliarden US-Dollar haben wird.

Zusatzfrage: Ich würde dazu gerne noch die Position des Wirtschaftsministeriums hören; denn da geht es ja auch um Perspektiven, die sich über diese sechs Monate hinaus ergeben können.

Toschev: Ich kann das gerne noch ergänzen. Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Bundesrepublik und dem Iran sind natürlich geprägt durch die Sanktionen und das derzeitige Sanktionsregime. Zu dem, was jetzt vereinbart wurde, hat der Kollege gerade schon ausgeführt. Das ist, wie jetzt schon mehrfach gesagt wurde, ein erster Schritt. Es geht darum - auch das ist gerade betont worden -, dass dieser Schritt und der vereinbarte Zeitplan - da ist ja erst einmal ein Zeitraum von sechs Monaten vorgesehen - umgesetzt werden.

Zur wirtschaftlichen Perspektive kann ich jetzt nicht mehr sagen. Der Großteil der Sanktionen bleibt in Kraft, wie gerade auch schon gesagt worden ist. Die deutschen Firmen wissen das auch. Das wird dann die weitere Entwicklung zeigen.

Frage: Herr Schäfer es hat ja im Vorlauf zu diesen Verhandlungen bilaterale Treffen zwischen US-Vertretern und iranischen Diplomaten gegeben. Diese Treffen wurden geheim gehalten. Wie bewerten Sie solche bilateralen Treffen, die parallel zu der E3+3-Schiene stattfinden? Macht Deutschland Ähnliches, also direkte Treffen mit iranischen Vertretern parallel zu den E3+3-Gesprächen?

Schäfer: Vielleicht lohnt es, Ihnen als Antwort auf diese Frage einfach zu sagen, dass es natürlich ein Bestandteil solcher Verhandlungen ist, dass nicht alles immer so verläuft, dass die Gruppe der E3+3 auf der einen Seite und der Iran auf der anderen Seite miteinander sprechen. So ist das am Wochenende in Genf gewesen und so war es auch bei den Vorgängerkonferenzen in Genf, in Almaty und in Moskau: Es gab immer wieder hier und da Gelegenheiten, wo auch bilateral mit den Iranern gesprochen worden ist. Das hat der deutsche Verhandlungsführer, der politische Direktor, so gehandhabt und das haben auch andere so gehandhabt. Dagegen ist aus Sicht der Bundesregierung überhaupt nichts einzuwenden.

Wichtig ist das, was hinten rauskommt, und jetzt haben wir nach zehn Jahren Stillstand und Konfrontation eine Wendemarke erreicht, von der wir hoffen, dass sie hält und dass sie Platz schafft für eine wirklich vernünftige abschließende Lösung in der Frage des iranischen Atomprogramms. Dafür ist es erforderlich, dass die Iraner zu dem stehen, was sie jetzt auch wieder in Genf zugesagt haben, nämlich dass sie kein nukleares militärisches Atomprogramm verfolgen, sondern bereit sind, auch die Transparenz und die Offenheit zuzulassen, die erforderlich ist, um die internationale Gemeinschaft davon zu überzeugen, dass das nicht nur eine Absichtserklärung ist, sondern eine Tatsache.

Frage: Herr Schäfer, kann diese Übereinkunft dazu führen, dass sich auch die bilateralen Beziehungen zwischen Teheran und Berlin verbessern?

Schäfer: Von Staatssekretär Seibert ist ja bereits darauf hingewiesen worden, dass die Bundesregierung und ganz besonders der Außenminister regelmäßig einen Gesprächskanal, einen Gesprächsdraht mit Teheran - mit dem Außenminister Salehi und dem amtierenden Außenminister Sarif - aufrechterhalten und gepflegt hat. Das war aus unserer Sicht nicht nur wichtig für die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und dem Iran, sondern war auch ein wichtiger Beitrag zum Erfolg der Verhandlungen jetzt am Wochenende. Selbstverständlich gilt, dass im Geleitzug mit Fortschritten, die wir beim iranischen Atomprogramm erzielen können, auch die Bundesregierung ein Interesse daran hat, die Beziehungen zum Iran zu pflegen und auszubauen.

Frage: An das Auswärtige Amt: Herr Schäfer, was können Sie uns über die Berichte sagen, laut denen der deutsche Autor Abdel-Samad in Ägypten entführt worden sein soll?

Schäfer: Uns sind Meldungen bekannt, laut denen der deutsche Staatsangehörige Hamed Abdel-Samad in Ägypten entführt worden sein soll. Ich kann diese Information zum jetzigen Zeitpunkt nicht - ich wiederhole: nicht - bestätigen. Ich kann allerdings bestätigen, dass der Verbleib von Herrn Abdel-Samad derzeit ungeklärt ist. Krisenreaktionszentrum und Krisenstab im Auswärtigen Amt sind eingeschaltet; wir arbeiten mit Hochdruck daran, die Umstände des Falles, also des Verbleibs von Herrn Abdel-Samad, aufzuklären und den Fall zu lösen. Dazu stehen wir natürlich auch schon in Kontakt mit den ägyptischen Stellen.

Ich kann Ihnen von hier aus sagen, dass auf Veranlassung des Außenministers unser Botschafter in Kairo heute noch förmlich im ägyptischen Außenministerium vorstellig werden wird. Er wird dort die ägyptischen Stellen auffordern, alles daranzusetzen, schnellstmöglich den Verbleib von Herrn Abdel-Samad aufzuklären und alles zu tun, damit die persönliche Freiheit und die Unversehrtheit des deutschen Staatsangehörigen geschützt werden. Ich kann Ihnen ferner sagen: Unser Botschafter in Kairo, Herr Bock, hat bereits heute Morgen die Gelegenheit genutzt, mit dem Vizepremierminister der ägyptischen Regierung, Herrn Ziad Bahaa El-Din, zu sprechen und ihm genau diese unsere Botschaft zu überbringen.

Der Minister ist in Sorge über den Verbleib und das Wohlergehen von Herrn Abdel-Samad und wird sich regelmäßig über den aktuellen Stand der Sache informiert halten.

Zusatzfrage: Es ist zu lesen, dass Herr Samad in letzter Zeit einen Leibwächter hatte. Wissen Sie, wem der Schutz von ihm oblag? War das ein privater Bodyguard oder war der von staatlicher Seite gestellt?

Schäfer: Das Einzige, was ich Ihnen in diesem Zusammenhang bestätigen kann, ist, dass es im Vorfeld einer Reise von Herrn Abdel-Samad Kontakte zwischen ihm und unserer Botschaft in Kairo gegeben hat, bei denen auch Fragen seiner persönlichen Sicherheit eine Rolle gespielt haben.

Vorsitzender Hebestreit: Wollen Sie das womöglich "unter zwei" oder "unter drei" ergänzen?

Schäfer: Ich habe nichts weiter zu ergänzen, Herr Hebestreit.

Frage: Ich habe eine Frage - die auch im außenpolitischen Bereich bleibt, aber an das Innenministerium geht - im Zusammenhang mit dem in Kundus getöteten früheren Übersetzer der Bundeswehr. Können Sie uns vielleicht mehrere Einzelheiten zu dem Fall schildern - auch, ob er tatsächlich einer von den Menschen ist, die die Möglichkeit gehabt hätten, nach Deutschland zu kommen?

Spauschus: Bei der getöteten Person handelt es sich um eine ehemalige Ortskraft der Bundeswehr, deren Arbeitsverhältnis bereits zum 6. Januar dieses Jahres beendet wurde. Der Sprachmittler hatte eine Gefährdung seiner Person angezeigt, wobei er in der Kategorie 2 - das bedeutet eine latente Gefährdung - eingestuft wurde. Mit der Änderung des Ortskräfteverfahrens Anfang Oktober dieses Jahres wurden die Aufnahmezusagen auch auf Ortskräfte dieser Kategorie, also der Kategorie 2, ausgedehnt. Zuvor gab es Aufnahmezusagen nur für die Kategorie 1 - konkrete Gefährdung. Daraufhin wurde am 28. Oktober 2013 der Fall erstmals an das Bundesinnenministerium herangetragen. Das Bundesinnenministerium hat dann noch am gleichen Tag die Aufnahmezusage für die betroffene Ortskraft und seine Familie erteilt.

Zusatzfrage: Können Sie sagen, warum es dann nicht zu der zugesagten Aufnahme gekommen ist? Lag das aufseiten der afghanischen Behörden, oder woran lag das? Wollte er nicht mehr?

Spauschus: Das Verfahren geht dann ja noch weiter. In der Folge - das wäre dann das nächste mir bekannte Datum -, am 8. November, wurde dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mitgeteilt, dass der Betroffene und seine Familie nach Deutschland ausreisen möchten. Dann müssen bestimmte Abstimmungen seitens des Bundesamtes getroffen werden. Die waren eben in den konkreten Fall noch nicht abgeschlossen.

Zusatzfrage: Könnte man dann sehr überspitzt sagen, dass der Mann möglicherweise in die Mühlen deutscher Bürokratie geraten ist?

Spauschus: Nein, was den konkreten Sachverhalt angeht, wäre das rein spekulativ. Es ist so, dass den deutschen Behörden da kein Vorwurf zu machen ist. Es wird alles schnellstens entschieden und schnellstens bearbeitet, da gibt es keine zeitlichen Versäumnisse.

Zusatzfrage: Hat sich an der Zahl von 182 in Deutschland aufzunehmenden Ortskräften etwas geändert?

Zweitens. Können Sie sagen, ob es ein Racheakt der Taliban war, hat man da entsprechende Erkenntnisse?

Spauschus: Zum ersten Teil der Frage: Mein aktueller Stand ist, dass es 184 Aufnahmezusagen gibt, und fünf Personen sind bereits nach Deutschland eingereist.

Zusatzfrage: Und Racheakt Taliban?

Spauschus: Kann ich Ihnen nichts zu sagen - möglicherweise der Kollege vom Verteidigungsministerium.

Dienst: Wenn Sie mir das Mikrofon "unter drei" geben würde, Herr Hebestreit.

Vorsitzender Hebestreit: Das mache ich doch glatt. - Bitte sehr, Herr Dienst.

(es folgt ein Teil "unter drei")

Vorsitzender Hebestreit: Wir kehren zurück "unter eins".

Frage: Gibt es irgendwelche Konsequenzen, die das Bundesinnenministerium oder auch das Bundesverteidigungsministerium aus diesem Fall zieht - möglicherweise, die Verfahren zu beschleunigen oder den Kreis derer, die in den Genuss einer Aufenthaltsgenehmigung kommen können, zu erweitern?

Spauschus: Ich hatte eben schon dargestellt, dass das Verfahren so abgelaufen ist, wie es auch in anderen Fällen bereits abgelaufen ist, und dass eben immer schnellstens durch die deutschen Behörden gehandelt wird. Von daher sehen wir momentan keinen Grund, an dem Verfahren als solchem etwas zu ändern.

Zusatzfrage: Und zum Kreis der Personen, die in den Genuss kommen können, eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen?

Spauschus: Im konkreten Fall hatte ich ja dargestellt, dass es eine Person war, die ohnehin schon in die Kategorie 2 eingeordnet wurde und von daher eben auch eine entsprechende Aufnahmezusage bekommen hat. Daraus würde ich jetzt also keinerlei Konsequenzen im Hinblick auf eine Änderung ableiten wollen.

Zusatzfrage: Dann frage ich anders herum: Wie viele Anträge liegen denn vor? Gibt es eine Lücke zwischen Bewilligung und Wünschen?

Spauschus: Es gibt insgesamt 360 Gefährdungsanzeigen, von denen 299 bereits bearbeitet wurden; das heißt, es gibt noch 61 ausstehende Fälle. Von diesen 299 sind der Kategorie 1 30 Fälle, der Kategorie 2 163 Fälle und der Kategorie 3 106 Personen zugeordnet.

Zusatzfrage: Können Sie mir diese Kategorien vielleicht noch erläutern? Mir sagen die auf Anhieb nicht so viel wie Ihnen.

Spauschus: Es ist so, dass die erste Entscheidung jeweils bei dem Ressortbeauftragten liegt. Das heißt, jedes Ressort, das in Afghanistan tätig ist, hat einen Ressortbeauftragten ernannt, der eine Bewertung anhand der individuellen Bedrohungssituation der afghanischen Ortskraft abgibt, die sich subjektiv gefährdet fühlt. Das erfolgt anhand von einheitlichen Prüfkriterien, da gibt es also einen Kriterienkatalog. Ergebnis ist die Einstufung in eine dieser drei Kategorien. Kategorie 1 ist eine konkrete Gefährdung - das bedeutet, dass für die Ortskraft nachweislich eine Gefahr für Leib und Leben besteht -, Kategorie 2 eine latente Gefährdung - das heißt, es gibt Hinweise auf eine mögliche Gefahr -, und Kategorie 3 heißt: Es gibt keine individuelle Gefährdung.

Frage: Herr Spauschus, Sie sagten vorhin, es gebe aktuell 184 Aufnahmezusagen. Mich würde interessieren: Wie viele von den 184 Personen, die diese Aufnahmezusagen bekommen haben, haben auch tatsächlich einen Aufnahmewunsch geäußert, wie viele sind also sozusagen im Prüfverfahren? Wenn noch Fälle im Prüfverfahren sind: Wo liegen die? Liegen die noch in der Stufe eins beim Bundesinnenministerium, liegen die in Stufe zwei beim Bundesamt für Migration, oder sind die betreffenden Personen teilweise schon auf dem Weg hierher? Könnten Sie das netterweise mal etwas genauer erläutern?

Spauschus: Weiter aufschlüsseln kann ich Ihnen das aktuell nicht. Es ist aber so, dass die Ursachen dafür, dass sich die betroffenen Personen, die eine Zusage bekommen, möglicherweise noch nicht auf den Weg nach Deutschland gemacht haben, unterschiedliche sind. Die Deutschen sind ja zurzeit noch in Afghanistan; vielleicht stellt sich daher für diese Personen die Gefährdung momentan noch nicht so dar, wie sie das für die Zeit befürchten, in der die Deutschen eben nicht mehr vor Ort sind. Es kann ganz individuelle Gründe haben, warum Personen, die bereits eine Zusage haben, noch nicht nach Deutschland gekommen sind. Dazu habe ich jetzt aber keine statistischen Informationen vorliegen. Die Zusagen, die die betreffenden Personen bekommen, sind aber auch längere Zeit gültig. Ich habe das Datum gerade nicht vorliegen, aber diese Personen müssen sich jedenfalls nicht sofort auf den Weg nach Deutschland machen, sondern diese Zusage ist über einen längeren Zeitraum von mindestens zwei Jahren, soweit ich weiß, gültig.

Frage: Herr Spauschus, können Sie sagen, ob die Aufnahmezusage nur für diesen jetzt leider toten Mann galt oder ob sie möglicherweise auch für seine Familie beziehungsweise eine Ehegattin galt? Falls letzteres der Fall ist, was passiert dann jetzt mit dieser Familie?

Spauschus: Die Zusagen gelten dann ja regelmäßig auch für die Kernfamilie, das heißt, für den engeren Kreis der Familie. Welche Konsequenzen das im konkreten Fall hat, kann ich Ihnen allerdings nicht sagen. Wie gesagt, die Aufnahmezusage bezieht sich grundsätzlich erst einmal auf die Ortskraft, und die kann dann ihre Kernfamilie ebenfalls mit nach Deutschland nehmen.

Zusatzfrage: Und wenn die Ortskräfte nicht mehr lebt? Könnte dann die Kernfamilie auch so kommen, weil sie ebenfalls zum Kreis der Gefährdeten zu zählen ist?

Spauschus: Das müsste ich klären, das kann ich Ihnen so nicht sagen.

Frage: Das wäre auch meine erste Frage gewesen.

Zweite Frage. Habe ich das richtig verstanden: Der Betroffene hatte schon Anfang Januar angefragt, ob er nach Deutschland kommen kann, beziehungsweise die Gefährdung angezeigt, und zehn Monate später war der Prozess immer noch nicht abgeschlossen, bevor der Betroffene dann getötet wurde?

Spauschus: Es läuft ja erst einmal das Einstufungsverfahren bei den Ressortbeauftragten. Da müsste gegebenenfalls der Kollege vom BMVg sagen, wie lange sich das hingezogen hat. Für das BMI kann ich sagen: Der Fall wurde erstmals am 28. Oktober 2013 an das BMI herangetragen. Das BMI hat dann noch am selben Tag entschieden und hat dann das Verfahren - so wie es eben üblich ist - an das BAMF, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, weitergeleitet, das dann entsprechend die organisatorischen Vorbereitungen treffen sollte.

Zusatzfrage: Könnte Herr Dienst dann erklären, wie es zu dieser langen Zeit zwischen Januar und Ende Oktober kommt?

Dienst: Es ist ja so, dass das Verfahren im Laufe des Jahres umgestellt worden ist. Das Verfahren hat ja damit begonnen, dass die Kategorie 1 grundsätzlich schon immer ein Ausreiserecht - in Anführungszeichen - genossen hat und für die Kategorie 2 eine Zwischenstufe eingerichtet worden war, die eigentlich - mit bestimmten Vorkehrungen - den Verbleib im Land vorgesehen hat, und Kategorie 3 sind eben diejenigen Fälle, in denen man die Gefährdung nicht erkennen kann. Nach intensiven Beratungen und Diskussionen sowohl im Land wie auch hier in den Ressorts ist das dann meiner Erinnerung nach - Herr Spauschus, da müssen Sie mich gegebenenfalls berichtigen oder mir helfen - irgendwann im dritten Quartal dieses Jahres so geregelt worden, dass die Kategorien 1 und 2 gleichgesetzt werden, was die Ausreisemöglichkeit anbelangt. Dementsprechend konnte dieser Mann, der eben seit Mai in Kategorie 2 eingestuft ist, ab dem dritten Quartal das Ausreiseverfahren betreiben. Ich überlasse es nun Ihnen, zu bewerten, ob das kurz, lang oder was auch immer ist.

Spauschus: Das möchte ich nur kurz ergänzen: Was Herr Dienst eben meinte, war die Änderung des Ortskräfteverfahrens zum 1. Oktober dieses Jahres, auf die ich vorhin auch schon hingewiesen hatte.

Frage: Herr Dienst, ich habe bezüglich der Zahl der Ortskräfte, die die Bundeswehr in Afghanistan beschäftigt, die Zahl 1.000 im Kopf. Können Sie diese Zahl bestätigen?

Zweite Frage: Herr Dienst, was sagt uns dieser Vorfall denn in Bezug auf die Sicherheitslage in Kundus? Die Bundeswehr hat sich ja Ende Oktober von dort zurückgezogen.

Dienst: Die genaue Zahl der Ortskräfte, die wir im Moment beschäftigen, kann ich Ihnen hier tagesaktuell nicht geben. Die wird Ihnen aber sicherlich Herr Pieta bei uns im Hause besorgen können.

Die Sicherheitslage in Kundus verändert sich aus unserer Wahrnehmung dadurch nicht - sie wird nicht besser und sie wird auch nicht schlechter. Das ist eben ein bedauerlicher Vorfall, so wie das überall sonst auch wäre. Aber es ist ja nun kein Massenphänomen - wenn Sie mir diese persönliche Bemerkung erlauben.

Frage: Herr Dienst, weil Sie sagen, dass das ein bedauerlicher Vorfall war: Darf ich daraus schlussfolgern, dass die deutschen Behörden - insbesondere auch das Verteidigungsministerium - aktuell und als Reaktion auf diesen Todesfall in Kundus keine Schlussfolgerungen zieht?

Zweite Frage. Das müssten Sie ja wissen: Wenn der Sprachmittler am 6. Januar ausgeschieden ist - ich nehme an, das heißt, ihm wurde gekündigt; oder hat er von sich aus gekündigt? -, in welcher Zeit danach hat er sich dann an die zuständigen Bundeswehrstellen - das sind in dem Fall ja die ersten Ansprechpartner - gewendet, um zu sagen, dass er gerne ausreisen würde? Das müsste sich aus dem umfangreichen Aktenkonvolut, das in Ihrem Hause zu all diesen Fällen vorliegt, doch rasch ergeben. Können Sie das Datum nennen, wann sich der jetzt ums Leben Gekommene bei der Bundeswehr gemeldet hat mit der Bitte, auszureisen?

Dienst: Ich habe hier kein Minutenprotokoll vorliegen, und ich weiß auch nicht, welche Akten überhaupt verfügbar sind und inwiefern die Akten dann öffentlich gemacht werden können. Das ist sicherlich ein längerer Prozess. Wenn Sie in diesem Fall auf dem Vollzug bestehen, dann werden wir das über das Haus entsprechend einleiten. Wir sind ja auch nicht das einzige beteiligte Ressort, wie wir hier auch schon festgestellt haben.

Zusatzfrage: Ich nehme einmal an, dass es hier keine Gründe des Geheimschutzes gibt? Das möchte ich nur einmal pro forma fragen. Denn wenn es diese Gründe nicht gibt, hätte ich schon ein Interesse daran zu erfahren, wann der Ausreisewunsch vorgetragen wurde. Dann können wir uns den Rest ja mit den bekannten Eckdaten zusammenstellen.

Außerdem ist die Frage nach den akuten aktuellen Schlussfolgerungen oder Konsequenzen bis jetzt offen geblieben.

Dienst: Die aktuellen Schlussfolgerungen und Konsequenzen sind, dass wir ein großes Feldlager in Masar-i-Scharif betreiben - ausschließlich. Darauf konzentrieren wir uns, das ist unsere Zuständigkeit. Mehr ist dazu eigentlich nicht zu sagen.

Zu dem Ersteren, was Sie ansprachen: Datenschutz ist natürlich eines, aber Persönlichkeitsrechte sind die andere Variante. Eben sind schon unter Umständen Frauen, unter Umständen Kinder angesprochen worden. Dementsprechend kann man diesen Fall hier nun nicht in aller Öffentlichkeit unter Missachtung des Datenschutzes und des Verfahrensschutzes ausbreiten. Wie gesagt, ich kann Ihnen nicht mehr dazu sagen.

Im Übrigen: Es sind 906 Ortskräfte, die wir zurzeit beschäftigen.

Zusatzfrage: Aber Herr Dienst, mit Verlaub: Wenn Herr Spauschus sagt, dass am 28. Oktober das Innenministerium, mit dem Wunsch konfrontiert, sofort entschieden hat, und dass am 8. November das Bundesamt für Migration den Fall bekommen hat, dann leuchtet mir nicht ein, weshalb Sie hier aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht mittteilen wollen, wann sich der Sprachmittler bei der Bundeswehr gemeldet hat mit dem Wunsch "Ich möchte ausreisen". Das muss sich in Ihren Akten doch irgendwo niedergeschlagen haben, und das können Sie doch sagen.

Dienst: Ich wiederhole mich: Das, was wir in den Akten haben und was wir herausgeben können, wird Ihnen zugestellt werden. Diesen Auftrag habe ich eben übernommen. Das, was aus Datenschutzgründen, aus Persönlichkeitsgründen, aus Verfahrensschutzgründen nicht überstellt werden kann, wird eben nicht überstellt.

Vorsitzender Hebestreit Der große Verteiler der Bundespressekonferenz wird bei der Überstellung natürlich hilfreich zur Seite stehen.

Dienst: Wenn der Kollege das zugesteht -

Zuruf: Aber selbstverständlich!

Dienst: - und Sie das möchten, dann machen wir das natürlich.

Vielleicht darf ich noch eines nachschieben - wir sind ja hier vernetzt in alle Richtungen -, um die Stimmung nach wie vor gut zu halten und das Ganze transparent zu halten: Am 29. März ist diese Person durch den Ressortbeauftragten - welches in der Regel ein deutscher 1-Sterne-General oder 1-Sterne-Admiral ist, der in dem entsprechenden Feldlager, also in Masar-i-Scharf sitzt - in die Kategorie 2 eingestuft worden. Dafür, dass er eingestuft worden ist, muss er vorher einen Antrag eingereicht haben. Wann er diesen Antrag eingereicht hat, das kann ich Ihnen im Moment nicht sagen.

Zusatzfrage: Das heißt, Sie wussten es schon und haben es uns jetzt verraten? Dann brauchen wir auch den großen Verteiler nicht mehr.

Dienst: Nein, Ihre investigativen Qualitäten und das mir zur Verfügung stehende Netzwerk haben dazu geführt, dass wir jetzt zu diesem Ergebnis gekommen sind.

Frage: Herr Dienst, können Sie sagen, ob der Familie des Betroffenen eine Art Witwenrente zusteht? Oder wäre das nur dann so, wenn er im Dienste der Bundeswehr stirbt?

Zweitens. Steht die Familie jetzt unter irgendeinem besonderen Schutz?

Dienst: Das entzieht sich der Zuständigkeit des Ressorts, für das ich hier spreche; insofern kann ich Ihnen dazu auch wirklich nichts sagen.

Ich lese hier jetzt noch weiter, dass am 13. Mai der Ergebnisvermerk mit der Zustimmung über die Einstufung in Kategorie 2 erteilt worden ist. Aber wie gesagt, wenn Sie es genau geordnet haben wollen, werden wir es Ihnen auch noch einmal aufschreiben und das auch an den Verteiler der Bundespressekonferenz bringen.

Zuruf: Also nur für Blöde einfach aufgeschrieben - im Zusammenhang verstehe ich es.

Dienst: Nein, nicht für Blöde, für Investigative.

Zusatzfrage: Wenn Ihr Ressort nicht zuständig ist, an welches Ressort müsste ich mich dann mit den zwei Fragen wenden?

Dienst: Wir sind nicht für Einreisen zuständig.

Zusatzfrage: Nein, bezüglich der Witwenrente oder Ähnlichem und dem Schutz der Familie in Afghanistan.

Dienst: Wir sind auch nicht das Ressort, das die Versorgung hier in Deutschland in der Zuständigkeit führt. Ich kann es Ihnen nicht sagen, da müssen Sie die Kollegen links von mir schärfer angucken.

Spauschus: Ich kenne die arbeitsvertragliche Situation der Ortskräfte nicht. Ich sage einmal so: Ich gehe davon aus, dass es keine Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes und keine Beamten sein werden. Von daher ist das BMI da jetzt nicht federführend zuständig. Ich weiß nicht, ob die Kollegin vom BMAS sagen kann, ob die Rentenversicherung da zum Tragen kommt.

Wendt: Da ich den Arbeitsvertrag auch nicht kenne, kann ich dazu auch nichts sagen. Ich kann es nicht einschätzen.

Zusatzfrage: Sie können, wenn jemand möglicherweise als Folge seiner Arbeit für die Bundeswehr umgebracht wird, nicht sagen, ob der Familie dieser Person eine Art Rente zusteht und ob die Familie danach irgendeinen besonderen Schutz erhält?

Spauschus: Wie gesagt, mir sind die Verträge nicht bekannt. Ich kann versuchen, mich kundig zu machen; aber wie gesagt, das BMI ist für Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst und für Beamte zuständig, da könnte es eng werden.

Vorsitzender Hebestreit: Vielleicht wird das Netzwerk von Herrn Dienst ja auch noch tätig, sodass er das in den nächsten Minuten nachreichen kann.

Zuruf: Vielleicht steht da was in den Unterlagen, die Sie haben, Herr Dienst!

Dienst: Der jüngste Takt, den ich Ihnen geben kann ist, dass die Aufenthaltsgenehmigung am 28. Oktober entschieden worden ist und dass dies dem Herrn am 2. November eröffnet worden ist. So langsam haben wir dann das gesamte Mosaik zusammen. Aber inwieweit es Nachsorge für die Familie oder Sonstiges gibt, kann ich Ihnen hier nicht beantworten. Der Arbeitsvertrag mit dem Herrn endete, wie gesagt, im Januar dieses Jahres.

Frage: Auf die Gefahr hin, dass ich es vorhin verpasst habe: Wie viele von den Ortskräften sind schon in Deutschland?

Im Allgemeinen gefragt - vielleicht lässt das ja Schlüsse auf diesen speziellen Fall zu -: Wenn die hierher kommen, wer versorgt die denn dann wie? Fallen die dann in eine Versorgung nach dem Sozialgesetzbuch, werden die in irgendeiner Weise weiterbezahlt oder sowas, weil sie als Gefährdete bei uns Aufnahme finden, oder werden sie wie Asylbewerber behandelt? Wie ist also das Verfahren? Möglicherweise lässt das ja Schlüsse darauf zu, welche Art der Versorgung den Hinterbliebenen zustünde, wenn sie denn herkämen.

Spauschus: Zu Ihrer ersten Frage: Fünf.

Zu Ihrer zweiten Frage: Es ist eben so, dass die Bundesregierung aktiv die Weiterbildung und Vermittlung der Ortskräfte unterstützt. Das Ziel ist es, ihnen eine langfristige Beschäftigungsperspektive - nach Möglichkeit erst einmal in Afghanistan - aufzuzeigen. Dafür ist unter anderem ein Weiterbildungsfonds angelegt worden, der unter anderem vom Auswärtigen Amt und vom BMVg anteilig finanziert wird.

Darüber, wie es hier im Land weitergeht, müsste ich mich gegebenenfalls auch noch einmal kundig machen.

Zusatzfrage: Die fünf, die schon da sind, werden ja vermutlich in irgendeiner Weise Versorgungsansprüche haben. Vielleicht lässt sich das einfach klären?

Spauschus: Genau, okay.

Frage: Mich würde interessieren: Hat es solche Übergriffe gegenüber Ortskräften schon einmal gegeben oder ist das der erste Fall?

Es mag sein, dass ich mir das das falsch notiert habe, aber wenn ich das richtig im Kopf habe, hat Herr Spauschus gleich zu Beginn gesagt, am 6. Januar 2013 sei das Arbeitsverhältnis beendet worden und dann habe der Betroffene die Gefährdung angezeigt. Ich hatte das so verstanden, dass er das unmittelbar danach getan hat - weil wir hier ja über das Datum rätseln, wann das war. So, wie Sie das ausgeführt haben, muss das eigentlich unmittelbar danach geschehen sein, oder habe ich das falsch verstanden?

Spauschus: "Unmittelbar" habe ich nicht gesagt. Das war nur die zeitliche Feststellung: Am 6. Januar 2013 ist das Arbeitsverhältnis aufgehoben worden, und in der Folge - ob unmittelbar, darüber habe ich keine Information - hat der Betroffene eine Gefährdung angezeigt. Das war also nur chronologisch aufgeführt.

Zusatzfrage: Okay. Bei mir ist das so angekommen, dass das praktisch in einem Schritt geschehen ist.

Spauschus: Nein, das war damit nicht intendiert.

Dienst: Wann die Ortskraft nun den Antrag gestellt hat, in die Gefährdungskategorie übernommen zu werden, war ja die Frage, die ich auch gegenüber dem Kollegen offen gelassen habe. Das können wir hier nicht mehr feststellen. Fakt ist, dass die Ortskräfte auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Gefährdung anzeigen können.

Nur, um noch einmal die Chronologie zu haben: Am 29. März wurde in dem Gremium des Ressortbeauftragten BMVg festgelegt, dass für diese Person die Kategorie 2 infrage kommt, am 13. Mai wurde der Ortskraft dieses Ergebnis übermittelt, am 28. Oktober wurde, wie gesagt, die Aufnahmezusage erteilt, und am 2. November wurde die Aufnahmezusage der Ortskraft übermittelt.

Damit wir auch das nicht vergessen: Die Abfindungszahlung, die in solchen Gefährdungsfällen auch noch zur Diskussion steht, wurde ebenfalls bereits überwiesen oder ausgezahlt.

Zusatzfrage: War das der erste Fall, in dem eine von den knapp 1.000 - 900, haben Sie jetzt ja gesagt - Ortskräften zu Schaden gekommen ist?

Dienst: Es sind zurzeit 906 Beschäftigte. Über 1.900 habe zumindest ich nicht geredet.

Zusatzfrage: Nein, ich habe mich da korrigiert; ich habe zuerst 1.000 gesagt, und dann habe ich 900 gesagt.

Dienst: Ach so, Entschuldigung. - Inwieweit andere Ortskräfte bisher schon einmal gefährdet worden sind oder nicht, darüber führen wir keine Statistik. Es ist auch nichts, was uns überhaupt zu Ohren kommen muss, wenn in einem normalen afghanischen Umfeld - im Zweifelsfall unter Hinzuziehung der afghanischen Sicherheitsbehörden - irgendwelche Personen durch wen auch immer gefährdet worden sind.

Frage: Wie hoch ist eine solche Abfindungszahlung, wie Sie sie angesprochen haben, in der Regel, und wie hoch war sie im konkreten Fall?

Vorsitzender Hebestreit: Ich glaube, das reichen wir nach. Oder? - Vielleicht haben wir ein weiteres Thema, das wir vorziehen können, während das Netzwerk noch einmal tätig wird. - Herr Schäfer möchte noch etwas ergänzen.

Schäfer: Ich möchte eigentlich nur die geschätzte Aufmerksamkeit von Ihnen allen für das Thema Afghanistan nutzen, um auf ein anderes Ereignis am Wochenende hinzuweisen und Ihnen dazu auch gleich die Reaktion der Bundesregierung mitzuteilen.

Sie wissen ja, dass am Wochenende und vor dem Wochenende die Loya Dschirga, die große Ratsversammlung, in Kabul getagt hat. Ich möchte Ihnen sagen, dass der Außenminister im Namen der Bundesregierung die Entscheidung der Loya Dschirga von gestern, das bilaterale Sicherheitsabkommen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Afghanistan zu billigen und Präsident Karsai aufzufordern, das Abkommen in Kürze zu unterzeichnen, ausdrücklich begrüßt. Sie wissen, dass das auch für uns und für die deutschen Planungen unserer Politik gegenüber Afghanistan post 2014 von großer Bedeutung ist.

Ich möchte ergänzen, dass wir, die Bundesregierung, jetzt erwarten, dass Präsident Karsai alle notwendigen Schritte unternimmt, um das bilaterale Sicherheitsabkommen so bald wie möglich in Kraft treten zu lassen. Eine Unterzeichnung erst durch den Nachfolger von Präsident Karsai nach den Wahlen im Frühjahr 2014 würde eine umfassende und sorgfältige Planung der Nachfolgemission, also der Zeit post 2014 - und auch die deutsche Beteiligung daran -, aus unserer Sicht sehr erschweren. Es wäre sehr in unserem Interesse, wenn wir jetzt auf der Grundlage fester Vereinbarungen mit der afghanischen Regierung diese Planungen fortführen könnten.

Frage: Ich hätte jetzt zu beiden Bereichen noch eine Frage.

Erstens zu der in Kundus getöteten ehemaligen Ortskraft der Bundeswehr beziehungsweise konkret den angezeigten Gefährdungsfällen: Herr Spauschus, wenn ich Sie richtig verstanden habe, sind knapp 200 Fälle in den Kategorien 1 und 2 bei Ihnen registriert?

Spauschus: 193.

Zusatzfrage: 193, genau. Fünf von denen sind schon da. Was ist mit den anderen 188? Sind das alles laufende Verfahren, die jetzt irgendwie beim BAMF liegen, oder sind das Leute, die zum Teil noch dort arbeiten und noch gar nicht wollen? Gibt es sozusagen irgendwelche Informationen darüber, warum der weit überwiegende Teil dieser in die ernstzunehmenden Gefährdungskategorien eingeordneten Personen noch nicht hier ist?

Spauschus: Auch darüber habe ich jetzt keine Statistik vorliegen. Ich hatte aber vorhin bereits deutlich gemacht, dass die Ursachen ja vielfältig sein können. Die Aufnahmezusage gilt ja nicht nur für heute und jetzt, sondern für einen Zeitraum von, ich glaube, zwei Jahren. Das heißt, die Personen können sich also auch zu einem späteren Zeitpunkt noch entscheiden, tatsächlich nach Deutschland zu kommen. Es müssen dann auch bestimmte Unterlagen beigebracht werden; das betrifft das Visumverfahren etc. Es kann ganz individuelle Ursachen haben, dass eine betreffende Person noch nicht nach Deutschland gekommen ist. Ich habe jetzt aber keine Informationen darüber, dass diese Verfahren noch beim BAMF anhängig wären. Wie gesagt, die Aufnahmezusagen sind ja in 184 Fällen bereits erteilt worden. In der Folge geht es dann ja darum, ein aufnahmebereites Bundesland zu finden und letztlich dafür zu sorgen, dass die Übernahme oder die Ankunft hier möglichst reibungslos gestaltet werden kann. Ich habe jetzt aber, wie gesagt, keine Statistik, wo genau welcher Fall aktuell hängt.

Zusatzfrage: Können das theoretisch auch Leute sein, die noch bei Herrn Diensts Ministerium beschäftigt sind? Oder sind das alles Ortskräfte, die schon ausgeschieden sind?

Spauschus: Auch darüber habe ich keine Informationen. Der Antrag kann jedenfalls auch noch nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis gestellt werden. Ich weiß aber nicht, ob das jetzt alles ausgeschiedene Arbeitskräfte sind oder nicht.

Zusatzfrage: Dann hätte ich noch eine Frage an Herrn Dienst in Bezug auf die Entscheidung der Loya Dschirga: Die Rahmendaten, die Ihr Minister und Minister Westerwelle zusammen für ein Engagement der Bundeswehr über 2014 hinaus festgelegt haben - 600 bis 800 Soldaten, wenn ich das richtig in Erinnerung habe -, gelten, und auf dieser Basis wird jetzt etwas ausgearbeitet, oder wie haben wir uns das vorzustellen?

Dienst: Wir sind da letztendlich Teil des Nato-Planungsprozesses. An der entsprechenden Iteration hat sich auch nichts geändert. Zuerst muss das bilaterale Sicherheitsabkommen unterzeichnet sein. Dann hat man wirklich Handlungssicherheit. Dementsprechend folgt dann die weitere Festlegung der Planungsschritte. Wir sind nach wie vor soweit festgelegt, dass wir bis zu 800 deutsche Soldaten für eine Folgemission ab 2015 stellen würden - wenn dann eben alle anderen Bedingungen erfüllt sind.

Ich kann jetzt auch noch einmal etwas ergänzen: Die Abfindung der Ortskräfte, die den entsprechenden Gefährdungsstufen unterliegen, beträgt zwei Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr und maximal ein Jahresgehalt, und bei Auflösungsvertrag zusätzlich noch einmal zwei Monatsgehälter - nur, damit Sie die sichere Erkenntnis haben, dass alles geregelt ist.

Spauschus: Vielleicht noch eine Ergänzung: Die Aufnahmezusagen sind bis Ende 2015 gültig. Das nur zur Klarstellung.

Frage: Ich habe zwei Fragen zum Thema Griechenland.

Erste Frage. Herr Kotthaus, der griechische Premierminister Samaras hat am Samstag gesagt, dass Griechenland kein weiteres Hilfspaket brauche. Bundesfinanzminister Schäuble und auch Sie haben mehrmals das Gegenteil gesagt. Was gilt nun?

Zweite Frage. Herr Seibert, Bundeskanzlerin Merkel hat vor einigen Tagen Matthew Nimetz zum Thema FYROM empfangen. Hat die Bundeskanzlerin dieses Thema mit Herrn Samaras besprochen?

Kotthaus: Vielen Dank für Ihre Frage, aber Sie sehen mich aufrichtig verblüfft. Ich habe über Griechenland schon vieles erzählt, aber dass wir irgendeine Festlegung zum Thema "weitere Hilfen für Griechenland" gehabt hätten, ist mir neu. Wir haben immer gesagt - und das kann ich gern zum x-ten Male wiederholen -: Als das aktuelle Griechenland-Programm verabschiedet worden ist, haben sich alle Beteiligten darauf festgelegt, dass wir Mitte 2014 - also ungefähr ein halbes Jahr vor dem Auslaufen des aktuellen Programms - prüfen werden, ob wir nach Ende 2014, also nach dem Auslaufen des aktuellen Programms, weitere Hilfen für Griechenland brauchen. Dafür gibt es bestimmte Bedingungen - Griechenland muss einen Primärüberschuss erzielt haben, Griechenland muss die Programme umgesetzt haben und es muss ein weiterer Bedarf bestehen.

Das ist der Stand der Dinge, so wie er ist. Wir werden also allesamt gemeinsam - vor allem mit Hilfe der Troika - Mitte 2014 prüfen: Gibt es einen weiteren Finanzbedarf, müssen wir Griechenland weiter unter die Arme greifen? Es ist, glaube ich, für alle Beteiligten völlig klar: Selbst wenn es dazu kommen würde, wäre das ein Betrag, der deutlich niedriger ist als das, was wir bis jetzt gemacht haben - wenn überhaupt. Aber wie gesagt, das bleibt zu prüfen. Der Finanzminister hat sich auch festgelegt: Es wird garantiert kein Schuldenschnitt werden. Aber noch einmal: Das ist völlig offen. Mitte 2014 werden wir schauen: Gibt es einen Bedarf und sind die Voraussetzungen erfüllt, um Griechenland nach 2014 weiter zu helfen? Das ist aber mehrfach, x-fach wiederholt worden, und ich habe vom Minister auch nie gehört, dass er sich in irgendeiner Form anders eingelassen hätte. Daher kann ich Ihrer Frage da echt nicht folgen.

StS Seibert: Zu der Frage, die Sie an mich gerichtet hatten: Sie haben ja sicherlich auch die gemeinsame Pressekonferenz von Herrn Samaras und der Bundeskanzlerin verfolgt. Da ist ja sehr klar geworden, worum es in dem gemeinsamen Gespräch ging: Es ging um die politische, die wirtschaftliche, die haushaltspolitische, die finanzielle Situation in Griechenland wie auch um die Umsetzung der Reformen und den weiteren Reformfahrplan des Ministerpräsidenten. Das war der Schwerpunkt der Begegnungen. Weiteres will ich jetzt aus einem vertraulichen Gespräch auch nicht berichten.

Frage: Herr Schäfer, können Sie eine Berichterstattung der "WELT" von heute bestätigen, laut der Mitarbeiter des Auswärtigen Amts im KaDeWe und den Galeries Lafayette 10 Prozent Rabatt bekommen? Wenn das so ist: Warum ist das denn so?

Schäfer: Ich kann bestätigen, dass das, was die "WELT" heute als Stellungnahme des Auswärtigen Amtes berichtet, eine Stellungnahme des Auswärtigen Amtes ist.

Zusatzfrage: Nachdem ich jetzt in der Tat nicht genau weiß, was in der Welt als Stellungnahme des Auswärtigen Amtes steht: Wären Sie so nett - -

Schäfer: Dann würde ich Sie einfach auf die Lektüre verweisen, das trage ich hier jetzt nicht noch einmal vor.

Vorsitzender Hebestreit: Wobei die Frage, die Herr Blank gestellt hat, glaube ich, eine andere war.

Zusatzfrage: Erstens: Stimmt das? Zweitens: Warum gibt es den Rabatt? - Ich weiß ja nicht, ob das eventuell in Ihrer Stellungnahme steht. Wenn das nicht in Ihrer Stellungnahme stehen sollte: Könnten Sie für mich oder für uns vielleicht noch sagen, warum es einen solchen Rabatt gibt?

Schäfer: Ich habe über das hinaus, was sich heute als Stellungnahme des Auswärtigen Amtes in der "WELT" findet, nichts zu sagen. Tut mir leid, aber Sie werden sicherlich ganz zufrieden sein mit dem, was da drinsteht.

Frage: Ich würde von der Bundesregierung - wahrscheinlich vom Wirtschaftsministerium - gerne wissen, ob sie eine Position zu den vermehrten Berichten über einschneidende Umstrukturierungen bei EADS - insbesondere an den deutschen Standorten der Rüstungssparte - hat. Die Bundesregierung ist Großaktionär, von daher ist es eine naheliegende Frage, ob die Bundesregierung diese Umstrukturierungen teilt, nachdem sie ja früher immer wieder Sorge geäußert hat, dass der Standort Deutschland bei EADS unter die Räder kommen könnte.

Toschev: Wir haben die Berichterstattung dazu gesehen. Wir verfolgen die Berichterstattung und die Entwicklung auch aufmerksam. Ich bitte aber um Verständnis, das wir uns da an Spekulationen nicht beteiligen. Das Unternehmen hat selbst angekündigt, mögliche Umstrukturierungspläne im Dezember - meines Wissens am 9. Dezember - vorzustellen oder mitzuteilen. Daher habe ich momentan nicht mehr dazu zu sagen.

Zusatzfrage: Wenn Sie davon sprechen, dass Sie diese Berichte aufmerksam verfolgen: Nun sind Sie ja anders als unsereiner insofern privilegiert, als Sie als Großaktionär spezielle Quellen haben, Leute im Aufsichtsrat sitzen haben. Sind denn das, was Sie in den Zeitungen jetzt als Spekulationen bezeichnen, nach Ihren Informationen aus anderen Quellen vielleicht sogar schon Fakten?

Toschev: Ich habe dazu, wie gesagt, nicht mehr zu sagen. Sie fragen ja sozusagen nach der Stellung als Aktionär. Bestimmte wesentliche Entscheidungen durchlaufen den Verwaltungsrat; das ist klar. Der Verwaltungsrat ist aber nicht weisungsgebunden. Er entscheidet frei. Das ist die Lage in Bezug auf die Unternehmensbeteiligungsseite.

Frage: Herr Seibert, ist, nachdem heute zwei US-Abgeordnete wegen der NSA-Affäre hier in Berlin sind und politische Unterredungen führen, auch ein Gespräch mit der Kanzlerin geplant? Die zweite Frage dazu lautet: Was erwartete denn die Bundeskanzlerin von dieser Unterredung oder von diesem Besuch? Ist das ein Goodwill-Besuch, oder wie wird das bewertet?

StS Seibert: Ich glaube, dieses Thema hatten wir am Freitag schon. Ein Gespräch mit der Bundeskanzlerin war nicht geplant und ist nicht geplant. Wenn Sie jetzt auf den Terminkalender der Kanzlerin schauen, der heute zur Hälfte in Frankfurt bei der IG Metall und zur anderen Hälfte in den Koalitionsverhandlungen stattfindet, sehen Sie, dass das auch schon deswegen gar nicht möglich ist.

Ich kann Ihnen sagen, dass sich der außenpolitische Beauftragte der Bundeskanzlerin, Herr Heusgen, heute Morgen mit einem der beiden Abgeordneten getroffen hat. Es gibt weitere Begegnungen der Bundesregierung mit dem Abgeordneten beziehungsweise den Abgeordneten; bei manchen Treffen sind sie wohl zu zweit. Für uns ist das ein Teil der notwendigen und wirklich in gerade dieser Phase auch wichtigen Kontakte mit Vertretern des amerikanischen Kongresses, dessen Diskussion über die Tätigkeiten und Aktivitäten der NSA wir mit viel Interesse beobachten.

Zusatzfrage: Es tut mir leid, aber das geht jetzt, wenn Sie mögen, vielleicht auch im Schnelldurchgang: Die Tochter von Frau Timoschenko hat an die Bundesregierung appelliert, vor dem Gipfel am Wochenende noch einmal eine politische Initiative im Hinblick auf ihre Mutter zu starten. Sind vielleicht noch irgendwelche Telefonate der Bundeskanzlerin geplant?

Zur zweiten Frage: Hält die Bundeskanzlerin angesichts der möglicherweise verursachten Verzögerungen, die es eventuell in den Koalitionsverhandlungen geben könnte, an dem Reisetermin (zum Gipfel der Östlichen Partnerschaft in Vilnius) fest?

StS Seibert: Gut, zwei Themen in einem: Auch dies hatten wir natürlich am Freitag schon angesprochen. Ich will es trotzdem gerne noch einmal sagen:

Die Bundeskanzlerin wird nach Vilnius zum Gipfel der Östlichen Partnerschaft reisen. In Kiew sind zurzeit große Demonstrationen für eine Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der EU und dafür, dass Staatspräsident Janukowitsch seine Haltung dazu ändert, zu beobachten. Die Größe der Demonstrationen ist doch ein Zeichen dafür, wie sehr sich die Menschen einen anderen Kurs für die Zukunft ihres Landes wünschen. Ich möchte noch einmal wiederholen, was die Haltung der Bundesregierung ist: Wir sind, und das gilt für Deutschland wie nach meinem Wissen für die gesamte Europäische Union, weiterhin bereit, das Assoziierungs- und Freihandelsabkommen mit der Ukraine unter den bekannten Voraussetzungen zu schließen. Wir haben unverändert den Willen, die Beziehungen zur Ukraine beziehungsweise zum ukrainischen Volk auf eine neue qualitative Ebene zu heben und dem Volk damit vor allem auch neue Chancen zu eröffnen. Wir sind überzeugt, dass sich so etwas mit einem Assoziierungs- und Freihandelsabkommen erreichen ließe. Die Tür bleibt also aus Sicht der Bundesregierung für einen solchen Schritt offen. Die Entscheidung liegt weiterhin beim Staatspräsidenten, bei Herrn Janukowitsch. Im Übrigen ist es wichtig, dass Meinungsfreiheit und Demonstrationsfreiheit gewährleistet sind.

Nun will ich noch einmal ganz kurz etwas zum Fall der erkrankten und inhaftierten ehemaligen Ministerpräsidentin Timoschenko sagen: Dieser Fall erfüllt uns mit Sorge, und das geht nun schon seit langer Zeit so, sowohl im Hinblick auf diesen humanitären Einzelfall als auch im Hinblick auf die insgesamt ungelöste Problematik der sogenannten selektiven Justiz in der Ukraine. Deswegen bleibt unser Appell an die ukrainische Regierung, dass sie diese Politik ändern muss und dass sie diese Problematik lösen muss. Unser Angebot - das ist ein humanitäres Angebot -, dass Frau Timoschenko medizinische Behandlung in Deutschland bekommen soll, gilt, und zwar unabhängig von der Frage, ob es zur Unterzeichnung eines solchen Assoziierungsabkommens kommt oder nicht. Dieses Angebot gilt. Unser Interesse daran, dass eine humanitäre Lösung für Frau Timoschenko gefunden werden kann, gilt weiterhin.

Frage: Herr Spauschus, können Sie Berichte kommentieren, wonach der Verfassungsschutz die Überwachung von Scientology auf ein Minimum reduzieren will?

Spauschus: Kurz und knapp: Aus Sicht des Bundesinnenministeriums steht die Einstellung der Beobachtung der Scientology-Organisation derzeit nicht zur Debatte.

Frage: Steht denn die Reduzierung der Maßnahmen zur Debatte?

Spauschus: Sie wissen ja, dass im Bundesamt für Verfassungsschutz derzeit ein Priorisierungsprozess abläuft. Was dabei am Ende stehen wird, vermag ich derzeit noch nicht zu sagen. Aber fest steht eben, dass die Einstellung der Beobachtung aus Sicht des Bundesinnenministeriums nicht in Betracht kommt.

Frage: Herr Seibert, FIFA-Chef Blatter behauptet, es habe aus wirtschaftlichem Interesse auch aus Deutschland politische Einflussnahme zur Vergabe der Fußball-WM an Katar gegeben. Er hat die Bundesregierung sozusagen direkt aufgefordert, dazu doch irgendetwas zu sagen. Ich bitte Sie: Könnten Sie dazu etwas sagen?

StS Seibert: Ich kann für die Bundeskanzlerin hier nur ganz klar sagen, dass es zu keiner Zeit eine Empfehlung an ein deutsches FIFA-Exekutivmitglied gegeben hat, eine Stimme für eine Wahl Katars als Ausrichtungsort abzugeben. Solch eine Empfehlung hat es durch die Bundeskanzlerin in keiner Phase gegeben.

Zusatzfrage: Ich würde gerne etwas von Herrn Dienst wissen: Können Sie sagen, wie hoch der Forschungsetat des Verteidigungsministeriums ist, und zwar im Zusammenhang mit einer Geschichte der "Süddeutschen Zeitung" und des Norddeutschen Rundfunks, wonach Millionenaufträge des US-Militärs an deutsche Hochschulen ergangen seien? Wie hoch ist der Forschungsetat des Verteidigungsministeriums, und wie viel davon geht möglicherweise als Drittmittel an deutsche Hochschulen?

Dienst: Das ist eine sehr spezielle Frage. Die wird Ihnen das Haus sicherlich beantworten. Ich habe das hier nicht parat. Reden wir jetzt über die deutschen Mittel an deutsche Hochschulen?

Zusatz: Genau!

Dienst: Gut. Sie werden Antwort erhalten.

Um auch die letzte Sache noch abzurunden, Herr Petersen, nämlich Ihre Frage, wann die afghanische Ortskraft den Gefährdungsantrag gestellt hat: Am 29. Januar 2013!

*

Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 25. November 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/11/2013-11-25-regpk.html;jsessionid=7D0D5042B3A9BD07389BBB7ED763EA8D.s4t2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. November 2013