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PRESSEKONFERENZ/670: Regierungspressekonferenz vom 30. September 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 30. September 2013
Regierungspressekonferenz vom 30. September 2013

Themen: Ausscheiden von Bundesministerin Aigner, politische Lage in Italien, europäische Schuldenkrise, Umgang mit Greenpeace-Aktivisten in Russland, CO2-Grenzwerte für Kraftfahrzeuge, Vernichtung syrischer Chemiewaffen, künftige Kabinettsitzungen

Sprecher: StS Seibert, Spauschus (BMI), Schäfer (AA)



Vorsitzender Wefers eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag! - Ich möchte Ihnen mitteilen, dass die Bundeskanzlerin entschieden hat, dass die Aufgaben der ausscheidenden Bundesministerin Aigner im Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz geschäftsführend von Herrn Bundesinnenminister Friedrich weitergeführt werden. Diese Entscheidung ist in Absprache mit dem CSU-Vorsitzenden, Herrn Seehofer, gefallen. Diese Beauftragung ist Herrn Friedrich durch die Bundeskanzlerin schriftlich mitgeteilt worden.

Mit dem Ausscheiden von Bundesministerin Aigner endet auch das Amtsverhältnis der beiden Parlamentarischen Staatssekretäre Müller und Bleser. Die Bundeskanzlerin hat daher dem Bundespräsidenten vorgeschlagen, die beiden zur Unterstützung von Minister Friedrich zu Parlamentarischen Staatssekretären im Bundesinnenministerium zu ernennen.

Frage: Herr Seibert, ich möchte nur pro forma fragen: Gibt es schon andere Demissionsankündigungen von möglicherweise ausscheidenden Ministern, oder ist das nach Stand jetzt der einzige Fall einer zeitweiligen Umbildung?

StS Seibert: Die Antwort ist: Nein, es gibt keine anderen solchen Ankündigungen.

Zusatzfrage: Inwiefern ist Herr Friedrich in besonderer Weise geeignet, zeitweilig Verbraucherminister zu sein?

StS Seibert: Vielleicht möchten die Kollegin aus dem BMELV oder der Kollege aus dem BMI dazu sagen, welche inhaltlichen Anknüpfungspunkte es gibt. Dies ist, wie gesagt, in Absprache mit dem CSU-Parteivorsitzenden Seehofer so entschieden worden. Aber man kann dafür auch inhaltlich einige Anknüpfungspunkte nennen.

Spauschus: Ich kann inhaltlich als Beispiel die Datenschutzgrundverordnung nennen, über die gerade und auch schon seit geraumer Zeit verhandelt wird. Ein weiteres Beispiel ist die Demografiestrategie, die zwar federführend vom BMI betrieben wird, aber maßgeblich auch vom BMELV mitgestaltet wird. Es gibt auch noch andere Schnittmengen zwischen beiden Häusern, die diese Entscheidung sicherlich im richtigen Licht erscheinen lassen.

Frage: Herr Seibert, normalerweise wäre dies eine Frage an Herrn Kotthaus gewesen, den wir heute nicht hier sehen.

StS Seibert: Der kommt gleich. Er hat mich gerade wissen lassen, dass es ein Verkehrsproblem gab.

Frage: Dann frage ich aber zunächst Sie: Hat die Kanzlerin in den letzten Tagen angesichts der etwas undurchsichtigen Situation in Italien Kontakt zu ihrem italienischen Kollegen gehabt? Ist die Bundesregierung in irgendeiner Form beunruhigt durch das, was sich im Moment in Italien tut - gerade auch mit Blick auf europapolitische Entscheidungen in den nächsten Wochen?

StS Seibert: Ich möchte dazu nur sagen, dass wir uns naturgemäß eine stabile Regierung in Italien wünschen und dass wir darauf bauen, dass die Kräfte, die sich in Italien für eine Stabilisierung der Lage einsetzen, auch eine Lösung finden werden.

Zusatzfrage: Man hat ja den Eindruck, dass im Moment in dieser europäischen Problematik an verschiedenen Ecken die Probleme aufreißen. Ich verweise auf das, was in Portugal bei den Kommunalwahlen passiert ist; auch in Griechenland ist Einiges los; Slowenien hat immer noch keine Hilfe beantragt. Ist der Eindruck, dass sich die europäische Staatsschuldenkrise im Moment wieder in relativ deutlicher Form meldet, einer, den auch die Bundesregierung hat und der die Bundesregierung in Sorge versetzt?

StS Seibert: Die Bundesregierung hat immer davor gewarnt, zu pauschalen Urteilen oder Eindrücken zu kommen. Die Lage in jedem einzelnen Land liegt doch sehr unterschiedlich. Die derzeitige Problematik in Italien ist eine vollkommen andere, als wenn wir nun das portugiesische Kommunalwahlergebnis betrachten. Deswegen sind wir dafür, dass wir uns Land für Land die Situation anschauen. Für Italien habe ich, wie gesagt, unser Interesse an einer stabilen Regierung in dem Land klar ausgedrückt.

Frage: Ich habe dazu eine Präzisierungsfrage: Was meinen Sie mit stabilen Kräften? Die Kräfte, die jetzt schon in der Regierung sind, oder möglicherweise andere?

Meine zweite Frage: Hat sich die Bundeskanzlerin, die Bundesregierung, formell mit der Problematik Italien beschäftigt?

StS Seibert: Die Bundesregierung verfolgt natürlich die Entwicklung in Italien aufmerksam; das ist doch klar. Ich weiß aber nicht, was Sie mit einer formellen Beschäftigung meinen. Im Übrigen habe ich gesagt, dass unsere Hoffnung ist, dass die Kräfte in Italien, die sich für eine Stabilisierung der Lage einsetzen, eine Lösung finden werden.

Frage: Ich möchte meine Frage wiederholen, ob die Kanzlerin oder vielleicht auch ein anderer Minister in den letzten Tagen Kontakt zur italienischen Regierung hatte.

StS Seibert: Wir halten es wie immer: Wenn die Bundeskanzlerin über Kontakte mit ihren europäischen Amtskollegen Auskunft geben will, dann tun wir das. Ansonsten sind diese Kontakte, die im Übrigen natürlich eng sind, auch immer vertraulich.

Zusatzfrage: Auch ein Thema mit europäischer Dimension, und zwar die Meinungsverschiedenheiten über CO2-Grenzwerte für Kraftfahrzeuge: Wenn ich es richtig weiß, findet dazu am Mittwoch eine Sitzung in Brüssel statt. Frage an Herrn Seibert oder an das Umweltministerium, ob von dieser Sitzung in Brüssel schon irgendetwas in Richtung Entscheidung zu erwarten ist. Oder ist das ein Konsultationstermin, der der Vorbereitung einer Entscheidung, dem Ausloten irgendwelcher Kompromisszahlen dient?

StS Seibert: Ich kann hier nur wiederholen, was wir mehrfach gesagt haben: Es gibt einen zwischen der Präsidentschaft und dem Europäischen Parlament im Trilog ausgehandelten Kompromiss, den die Bundesregierung so sieht, dass wir da noch - und da sind wir nicht die Einzigen - Nachbesserungsbedarf sehen. Nun sind wir mit allen Beteiligten in sehr enger Abstimmung, um eine einvernehmliche Lösung zu erzielen. Ich halte es jetzt nicht für sinnvoll, die laufenden Gespräche nun noch zu kommentieren oder Einzelheiten daraus bekanntzugeben.

Zusatzfrage: Vielleicht könnten Sie zu der Frage, worum es letztendlich bei dem Gespräch am Mittwoch geht, zwei Sätze verlieren. Ist das ein normaler Konsultationstermin im Rahmen dieser Findung einer gemeinsamen Linie? Oder ist da möglicherweise schon etwas zu erwarten?

StS Seibert: Ich mache hier keine Vorschau auf den Termin. Ich sage nur: Wir und andere sehen Nachbesserungsbedarf bei dem im Trilog erzielten Kompromiss. Insofern dienen alle Gespräche, die zurzeit geführt werden, und jeder Austausch, den man dazu hat, natürlich dazu, einen besseren und akzeptableren Kompromiss zu erarbeiten.

Zusatzfrage: Ich möchte gerne das Auswärtige Amt fragen, ob die Bundesregierung eine Haltung zu der Behandlung von Greenpeace-Aktivisten in Russland hat.

Schäfer: Wir beobachten das, was dort geschieht, sehr aufmerksam und durchaus mit einiger Sorge. Wir erwarten selbstverständlich, dass die russischen Strafverfolgungsbehörden mit der Angelegenheit so umgehen, wie sich das gehört, nämlich mit einem rechtsstaatlichen Verfahren.

Frage: Darf ich noch einmal zum ersten Thema zurückkommen? - Herr Seibert, können Sie mir noch einmal erläutern, was der Grund dafür war, dass abweichend vom geltenden Vertretungsplan der CSU-Innenminister für die Amtsgeschäfte des Verbraucherministeriums zuständig ist und nicht Herr Niebel, der ja eigentlich zuständig gewesen wäre?

StS Seibert: Ich will es versuchen.

Es gibt zwischen Bundeskanzleramt, Bundespräsidialamt, Bundesinnenministerium und Bundesjustizministerium die übereinstimmende Auffassung, dass hier kein Fall der Vertretungsregelung vorliegt. Es ist kein Fall einer sogenannten Verhinderung, sondern eine ganz anders gelagerte Konstellation. Es ist nämlich nicht eine temporäre Verhinderung, sondern es gibt durch das Ausscheiden von Frau Aigner einfach keinen Bundesminister mehr für dieses Ressort. Das ist ein vollkommen anders gelagerter Fall. Darüber herrschte Einigkeit unter den, wie gesagt, vier Stellen, die ich Ihnen genannt habe. Deswegen kommt es zu der Beauftragung durch die Bundeskanzlerin.

Zusatzfrage: Das heißt, die Kanzlerin hat das mit dem Bundespräsidenten unter Hinzuziehung der beiden Verfassungsressorts vereinbart?

StS Seibert: Es gilt das, was ich gesagt habe, dass das Kanzleramt, das Präsidialamt, BMI und BMJ zu der übereinstimmenden Auffassung gekommen sind.

Zusatzfrage: Geschieht so etwas im SMS-Umlaufverfahren oder spricht Herr oder Frau A mit Herrn B darüber, um sich zu beraten? In welcher Form ist dieser Abstimmungsprozess zustande gekommen?

StS Seibert: So etwas geschieht nach eingehender Prüfung. Deswegen haben wir das ja auch heute erst so bekanntgegeben. Über die Details der Prüfung muss ich hier keine Auskunft geben.

Schäfer: Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass das Thema Syrien hier von Ihrer Seite aus zur Sprache kommt. Da das nicht der Fall ist, möchte ich nur zu einer aktuellen Agenturlage und Information aus Den Haag Folgendes ergänzen:

Sie wissen - das findet sich heute auch in den einschlägigen Agenturen -, dass die ersten Inspekteure der Organisation für das Verbot chemischer Waffen sich auf den Weg nach Syrien gemacht haben. Sie befinden sich - ich glaube, während wir hier zusammen sitzen - auf dem Weg nach Beirut, um von dort aus auf dem Landwege nach Syrien zu gelangen.

Ich möchte Ihnen nur sagen, dass die Bundesregierung auch da - wie bereits angekündigt und von Außenminister Westerwelle am Samstag in seiner Rede vor den Vereinten Nationen bekräftigt - logistische und finanzielle Unterstützung geleistet hat. Das Flugzeug, mit dem die Inspekteure von Den Haag auf dem Weg nach Beirut sind, ist erneut von der Bundesregierung gechartert worden. Damit hält die Bundesregierung Wort und tut das, was sie seit Wochen sagt: Sie unterstützt mit allem Nachdruck die Bemühungen der OPCW und der internationalen Gemeinschaft, damit die Inspektoren schnell ins Land gelangen, sie ihre Arbeit dort machen können und sozusagen die Kontrolle und die Vernichtung der Chemiewaffenarsenale der Regierung Assad jetzt möglichst schnell umgesetzt werden können.

Frage: Herr Seibert, ich wüsste gern, wann die nächste Kabinettsitzung ins Auge gefasst ist?

StS Seibert: Das kann ich Ihnen jetzt noch nicht sagen.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 30. September 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/09/2013-09-30-regpk.html;jsessionid=A60848B014A2CCB2E82845489902EC53.s4t2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Oktober 2013