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PRESSEKONFERENZ/566: Regierungspressekonferenz vom 4. März 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 4. März 2013
Regierungspressekonferenz vom 4. März 2013

Themen: Schweizer Volksabstimmung über die Vergütung von Führungskräften, Besuch der spanischen Vizeministerpräsidentin in Deutschland, mögliche Finanzhilfe für Zypern, Einsatzbedingungen für die in der Türkei stationierten Soldatinnen und Soldaten

Sprecher: StS Seibert, Wieduwilt (BMJ), Rouenhoff (BMWi), Kothé (BMF), Paris (BMVg)



Vorsitzender Mayntz eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Frage: Herr Seibert, ich würde gerne wissen, ob die Bundesregierung eine Stellungnahme zu dem Ergebnis des Schweizer Referendums hat. Ich würde zweitens gerne wissen - das vielleicht auch vom Justizministerium und vom Wirtschaftsministerium -, ob das Schweizer Ergebnis Ihren Ministerien irgendeinen Anlass dazu gibt, im Hinblick auf Gesetzesänderungen aktiv zu werden. Ich frage das mit Blick darauf, dass vom FDP-Fraktionsvorsitzenden gesagt worden ist, dass er die Möglichkeit sieht, noch in dieser Legislaturperiode gesetzlich etwas an den deutschen Regelungen zur Begrenzung von Managergehältern zu ändern.

StS Seibert: Danke. Es ist ein interessantes Ergebnis, dass diese Schweizer Volksabstimmung hervorgebracht hat, und es lohnt sich sicherlich, diesen Schweizer Ansatz genau unter die Lupe zu nehmen. Sie haben vielleicht gehört, dass die Europäische Kommission bis Ende des Jahres einen Vorschlag vorlegen will, wonach Aktionäre über die Vergütung der Spitzenmanager zu entscheiden haben. Es geht also um eine ähnliche Stoßrichtung wie das, was die Schweizer Bürger jetzt mit großer Mehrheit beschlossen haben. In einer international vernetzten Wirtschaft ist es richtig, so etwas nicht national, alleine, zu betreiben, sondern in den größeren europäischen Zusammenhängen. Deswegen sehen wir dieser Initiative der Europäischen Kommission jetzt erst einmal entgegen.

Insgesamt kommt diese Volksabstimmung zu einer Zeit, da die Bundesregierung mit ihren europäischen Partnern ohnehin dabei ist, wichtige Beschlüsse zu fassen, um exzessive Gehalts- und Vergütungssysteme einzudämmen. Ich erinnere dabei an das Gesamtpaket zur Umsetzung von Basel III, das gerade in der letzten Woche erarbeitet wurde. Dabei geht es um die Begrenzung von variablen Vergütungen, also Boni, bei Bankern. Das ist sicherlich ein erheblicher Schritt nach vorne. Im Übrigen hat die Bundesregierung schon 2009 ein Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung in Kraft gesetzt. Wir sind also, was die Richtung betrifft, in dieser Hinsicht in den letzten Jahren durchaus schon ein gutes Stück vorangekommen. Es ist ganz klar, dass exzessive Vergütung beziehungsweise exzessive Gehälter in der Lage sind, bei vielen Menschen Misstrauen gegen unser Wirtschaftssystem zu säen, und das wollen wir nicht. Die Europäische Kommission wird sich diese Sache jetzt genau anschauen, und wir werden uns wiederum genau anschauen, was sie bis Ende des Jahres als Vorschlag erarbeiten wird.

Wieduwilt: Dem habe ich eigentlich nicht viel hinzuzufügen. Ich weise vielleicht noch einmal darauf hin, dass sich die Ministerin bereits geäußert und gesagt hatte, dass sie die Stärkung der Aktionärsrechte, die ja ein in Deutschland seit Längerem diskutierter Ansatz ist, für einen interessanten und guten Ansatz hält. Das Bundesjustizministerium wird sich jetzt diese Schweizer Initiative anschauen, und dann werden wir sie natürlich über alles Weitere gerne auf dem Laufenden halten.

Rouenhoff: In der Tat sind manche Spitzengehälter bei börsennotierten Unternehmen durchaus fragwürdig. Umso wichtiger ist es, dass die Aufsichtsräte ihrer Funktion auch gerecht werden; darauf hat der Minister auch schon mehrfach hingewiesen. Das Bundesjustizministerium hatte ja angekündigt, zu prüfen, inwiefern das deutsche Aktionärsrecht verbessert werden kann, und das scheint auch aus unserer Sicht ein überlegenswerter Ansatz zu sein.

Zusatzfrage: Es gibt also ein Aufeinanderfolgen. Herr Seibert, gilt also für die ganze Bundesregierung, dass man zuerst wartet, bis Brüssel seinen Vorschlag macht, und dann darüber befindet, wie man im deutschen Zusammenhang damit umgeht? Oder gibt es - das weiß ich nach den Äußerungen aus dem Justizministerium jetzt nicht so richtig - möglicherweise schon parallele Ansätze in Bezug darauf, national etwas zu machen und nachzuarbeiten, wenn sich Brüssel geäußert hat?

StS Seibert: Ich habe darzustellen versucht, dass national schon Erhebliches unternommen worden ist, gerade auch, um die Hauptversammlungen der Aktionäre in der Vergütungsfrage zu stärken. Es gibt die sogenannte "Say-on-pay"-Regelung, nach der eben die Hauptversammlungen insgesamt über das Vergütungssystem zu beschließen haben, vorbehaltlich der Gesamtverantwortung des Aufsichtsrates.

Nun gibt es diesen interessanten Schweizer Vorstoß, den man genau unter die Lupe nehmen muss. Die Absicht der Europäischen Kommission, dazu bis Ende des Jahres einen eigenen Vorschlag zu machen, erscheint uns unterstützenswert, und den werden wir prüfen.

Frage: Herr Seibert, morgen wird die spanische Vizeministerpräsidentin Soraya Sáenz de Santamaría nach Deutschland kommen. Ich würde gern wissen, ob ein Treffen mit der Bundeskanzlerin vorgesehen ist.

Frau Kothé, ist schon ein Treffen mit dem Bundesfinanzminister geplant? Vielleicht können Sie dem für uns ein bisschen vorgreifen.

StS Seibert: Nach meinen Informationen wird die spanische Vizeministerpräsidentin den Chef des Bundeskanzleramtes, Minister Pofalla, treffen, der sie seinerseits auch vor einiger Zeit in Madrid besucht hatte. Das ist das, was ich Ihnen jetzt sagen kann.

Zusatzfrage: Die spanische Presse sagt, es sei auch ein kleines Treffen (mit der Bundeskanzlerin) vorgesehen.

StS Seibert: Das ist nicht ausgeschlossen. Das hängt ein bisschen davon ab, wie es zeitlich ablaufen wird; denn die Bundeskanzlerin wird am Vormittag in Hannover sein.

Kothé: Es ist zutreffend: Minister Schäuble wird die Ministerin morgen zu einem bilateralen Gespräch treffen.

Zusatzfrage: Können Sie die Themen nennen?

Kothé: Das ist ein allgemeiner Gedankenaustausch ohne feste Tagesordnung. Zu Inhalten kann ich Ihnen jetzt noch nichts mitteilen.

Frage: Ist ein Pressetermin geplant oder nicht?

Kothé: Nein.

Frage: Ich habe eine Frage zu der Zypern-Geschichte, über die heute die Finanzminister beraten. Ist die Bundesregierung jetzt zu dem Schluss gekommen, dass Zypern für die Eurozone systemrelevant ist, oder immer noch nicht?

StS Seibert: Ich würde das gerne dem Finanzministerium überlassen, denn dort, also im Kreise der Finanzminister, finden heute die weiteren Beratungen statt. Sie müssen sich daran erinnern, dass heute natürlich das erste Mal nach der zyprischen Wahl wieder die Möglichkeit besteht, darüber substanziell mit einer zyprischen Regierung zu reden.

Kothé: Genau. In der Tat - das wissen Sie - wird heute in der Eurogruppe auch das Thema Zypern beraten werden. Einen neuen Sachstand gibt es aber im Augenblick noch nicht zu vermelden. Ich verweise Sie dabei im Übrigen auch auf die Äußerungen unseres Ministers vom Wochenende, die er gemacht hat. Die neue Regierung ist jetzt gerade erst im Amt.

Zusatzfrage: Gibt es denn Bewegungen in den Verhandlungen mit sogenannten Drittstaaten? Damit meine ich vor allem Russland und den Kredit von Ende 2011 über 2,5 Milliarden Euro. Gibt es Bewegung? Gibt es Zusagen von der russischen Seite in Hinsicht darauf, dass sie die Rückzahlung des Kredits eventuell auf 2021 verschieben könnte?

Kothé: Ich bitte Sie um Ihr Verständnis. Heute tagt die Eurogruppe. Alle an diesem Prozess Beteiligten werden berichten, und im Anschluss wird es dann vor Ort auch Presseunterrichtungen geben. Von meiner Seite aus gibt es dazu also im Moment nichts Neues.

Frage: Wenn Herr Rehn sagt, dass jedes Euroland systemrelevant ist, möchte ich noch einmal wissen, ob das eine Position ist, die in der Eurogruppe schon länger unstrittig ist, oder ob das eine Position ist, die Herr Rehn jetzt erst entwickelt hat.

Kothé: Herr Heller, Sie spielen jetzt auf eine Äußerung an. Unser Minister hat mehrfach gesagt, dass es, um in diese Hilfsprogramme zu kommen, einfach eine Voraussetzung ist, die Systemrelevanz zu prüfen. Darauf bezogen sich die Äußerungen des Finanzministers immer. Diese Prüfung hat jetzt zu erfolgen und wird jetzt erfolgen, und dann schauen wir einmal.

Zusatzfrage: Gibt es also einen Meinungsunterschied zwischen Herrn Rehn und Herrn Schäuble?

Kothé: Das habe ich so nicht gesagt, und das weiß ich auch nicht. Das wird sich dann herausstellen.

Frage: Herr Seibert, ist die Bundeskanzlerin, als sie in der Türkei die deutschen Patriot-Soldaten besucht hat, darüber unterrichtet worden, dass es mehr oder weniger umfangreiche Klagen über Atmosphärisches und Sanitäres in der Stationierungskaserne gab. Oder hat sie sich dafür von sich aus interessiert, hat sie nachgefragt - was ich einmal annehme -, und hat sie darüber vor dem Hintergrund des Berichtes des Wehrbeauftragten irgendwelche interessanten Informationen erhalten?

StS Seibert: Von den Soldatinnen und Soldaten in Kahramanmaras über ihren Einsatz und die Bedingungen ihres Einsatzes zu erfahren, war ja der Hauptzweck der Reise der Bundeskanzlerin zum deutschen Patriot-Kontingent. Sie hat sich während ihres Besuches dort ausführlich mit Soldatinnen und Soldaten aller Dienstgrade unterhalten, und natürlich sind dabei auch Fragen der Unterkunft und beispielsweise auch Fragen hinsichtlich der Möglichkeit der Soldaten, das Lager in der Freizeit zu verlassen, angesprochen worden.

Deutschland und die Türkei sind Nato-Partner, und trotzdem haben Deutschland und die Türkei durchaus unterschiedliche Konzepte und Traditionen im Militärischen. So etwas muss offen angesprochen werden. Da, wo es Probleme gibt, geht man aufeinander zu und versucht, diese Probleme auszuräumen. Genau das geschieht jetzt am Patriot-Standort.

Zusatzfrage: Wahrscheinlich haben Sie meine Frage nicht hören können; die Frage war jedenfalls: -

StS Seibert: Das ging akustisch gut.

Zusatzfrage: - Hat die Kanzlerin bei ihrem Besuch Klagen von Soldaten, Offizieren oder sonstigen Bevollmächtigten der Bundeswehr erhalten, die gegenüber dem bereits vorher veröffentlichten Bericht des Wehrbeauftragten sozusagen eine völlig neue Offenbarung waren, oder wäre das nur als ein Festschreiben bereits bekannter Klagen zu sehen?

StS Seibert: Den Bericht des Wehrbeauftragten will ich hier nicht kommentieren. Dass in den Gesprächen der Bundeskanzlerin mit den Soldatinnen und Soldaten, die ausführlich waren - sie ist von Tisch zu Tisch gegangen; da war viel Zeit für Gespräche -, Fragen der Unterkunft, Fragen der Ausgeherlaubnis in Kahramanmaras angesprochen worden sind, habe ich Ihnen schon gesagt.

Paris: Ich kann das mit Blick auf den Besuch des Verteidigungsministers, der einen Tag vor der Bundeskanzlerin in der Türkei gewesen ist, gerne ergänzen. Er hat sich vor Ort - das war am 23. Februar, einem Samstag - natürlich auch mit den Soldaten unterhalten, er hat sich auch mit der Unterkunftssituation der Soldaten vertraut gemacht. Ihm sind sowohl von der deutschen Seite als auch im Gespräch mit der türkischen Seite, dem dortigen Kommandeur, gewisse Fragen und auch Problemstellungen bei der Unterbringung und bei dem Miteinander vortragen worden. Der Minister hat sich auch sehr intensiv mit Oberst Ellermann, dem Einsatzführer vor Ort, ausgetauscht.

Insofern denke ich, dass es sehr gut ist, dass die Fragen vor Ort zwischen dem deutschen Kontingent und auch den türkischen Verantwortlichen der Militärliegenschaft in Kahramanmaras besprochen worden sind. Das findet statt und das fand auch statt.

Ich möchte auch noch einmal die zeitliche Einordnung betonen: Heute ist der 4. März. Am 4. Dezember hat der Nato-Rat in Brüssel beschlossen, dass eine Unterstützung auf Bitten der Türkei im Sinne der Gestellung von Patriot-Luftabwehrraketen erfolgen soll. Das ist dann vorbereitet worden. Sie können sich daran erinnern, dass wir im Dezember im Deutschen Bundestag über die Mandatierungsfragen gesprochen haben. Im Januar sind die ersten Vorauskommandos in die Türkei gefahren. Die volle Einsatzbereitschaft des deutschen Kontingents ist am 28. Januar, also vor gut einem Monat erfolgt.

Die allererste Aufgabe und auch die oberste Pflicht der eingesetzten Soldaten ist immer die Herstellung der Einsatzbereitschaft. Das ist der Grund, aus dem man überhaupt in dem Land ist. Darüber hinaus gibt es gewisse Fragen, die dort zu klären sind. Die türkische Seite hat in einer sehr guten und sehr großen Anstrengung im Bereich der Unterkünfte auch etwas getan - die sind nahe vor der Fertigstellung. Auch diese Liegenschaften hat Minister de Maizière sich bei seinem Besuch in der Türkei angeschaut. Ich denke aber, es ist gut - insbesondere, wenn man das mit anderen Einsätzen vergleicht -, dass die Personen, die damit vor Ort zu tun haben, miteinander sprechen. Es wäre schlecht, übereinander zu sprechen - insbesondere, auf dem öffentlichen Weg übereinander zu sprechen.

Insofern kann ich das, was Herr Seibert gerade in Bezug auf den Besuch der Kanzlerin gesagt hat und was ich für meinen Teil in Bezug auf den Besuch des Ministers gesagt habe, nur unterstreichen. Ich denke, dass das Einsatzführungskommando in Potsdam wie auch die eingesetzten Soldatinnen und Soldaten dort auf einem sehr guten Dialogweg mit der türkischen Seite sind, diese noch bestehenden Probleme abschließend zu lösen, um dann den Einsatz weiterführen zu können.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 4. März 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/03/2013-03-04-regpk.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. März 2013