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PRESSEKONFERENZ/525: Regierungspressekonferenz vom 7. Dezember 2012 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 7. Dezember 2012
Regierungspressekonferenz vom 7. Dezember 2012

Themen: Stationierung von Patriot-Raketen in der Türkei, Termine der Bundeskanzlerin (Verleihung des Friedensnobelpreises an die Europäische Union, Treffen mit dem kirgisischen Präsidenten Almazbek Atambaev, Kabinettssitzung, Gespräch mit Angehörigen von Soldatinnen und Soldaten sowie Polizistinnen und Polizisten im Auslandseinsatz, Plenarsitzung des Bundestages, Europäischer Rat in Brüssel)

weitere Themen: Briefing zum Europäischen Rat, Verbotsverfahren gegen die NPD, Aktionärsstruktur bei EADS, Schiedsgerichtsverfahren über die Einführung einer Lkw-Maut, zusätzliche Finanzmittel für die Verkehrsinfrastruktur, Dividendenkürzung der Telekom, Verluste des SoFFin, Kurzarbeit, konjunkturelle Entwicklung

Sprecher: StS Seibert, Kotthaus (BMF), Lörges (BMI), Albin (BMJ), Steegmans (BMFSFJ), Paris (BMVg), Rouenhoff (BMWi), Rudolph (BMVBS), Westhoff (BMAS)



Vorsitzender Wefers eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Aus der Überzeugung, dass die großen Themen des Kabinetts auch immer in die Bundespressekonferenz gehören, wollte ich noch ganz kurz diese eine Information zur gestrigen Kabinettssitzung nachtragen - Bundesverteidigungsminister de Maizière und Außenminister Westerwelle haben Sie ja gestern schon unterrichtet -:

Die Nato hat entschieden, die integrierte Luftverteidigung der Allianz durch die Stationierung von Patriot-Systemen in der Türkei zu verstärken. Das Kabinett hat gestern gebilligt, dass dazu bis zu 400 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr eingesetzt werden können.

Das ist eine ausschließlich defensive Maßnahme, wie es gestern auch von den beiden Ministern sehr klar betont worden ist. Sie dient als Mittel militärischer Abschreckung und soll verhindern, dass sich der Konflikt in Syrien auf die Türkei ausweitet. Das Ganze geschieht in engster Kooperation mit den Niederländern und den Vereinigten Staaten. Es unterstreicht die Verlässlichkeit Deutschlands als Bündnispartner in der Nato. Der Einsatz ist im Mandatsvorschlag, den die Bundesregierung vorlegt, bis zum 31. Januar 2014 befristet. Wie immer steht er unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Deutschen Bundestages.

Nun wollte ich Ihnen einen kurzen Ausblick auf die öffentlichen Termine der Bundeskanzlerin in der kommenden Woche geben:

Am Montag, den 10. Dezember, reist die Bundeskanzlerin nach Oslo. Sie nimmt dort wie viele andere europäische Amtskollegen an der Verleihung des Friedensnobelpreises an die Europäische Union teil. Das Ganze findet ab 13 Uhr im Rathaus von Oslo statt. Die Auszeichnung wird entgegengenommen von den drei Präsidenten - dem Kommissionspräsidenten Barroso, dem Ratspräsidenten Van Rompuy und dem Parlamentspräsidenten Schulz - in Anwesenheit der norwegischen Königsfamilie. Vor Beginn dieses Festakts, gegen 12.15 Uhr, wird die Bundeskanzlerin zu einem kurzen bilateralen Gespräch mit dem norwegischen Ministerpräsidenten Stoltenberg zusammentreffen. Nach der Zeremonie lädt er gegen 14.30 Uhr die versammelten europäischen Regierungschefs zu einem Arbeitsmittagessen ein. Dabei steht insbesondere die wirtschaftliche Situation in Europa auf der Tagesordnung.

Am Dienstag, den 11. Dezember, empfängt die Bundeskanzlerin um 12 Uhr den kirgisischen Präsidenten Almazbek Atambaev im Bundeskanzleramt. Es gibt eine gemeinsame Pressebegegnung gegen 13 Uhr.

Am Mittwochmorgen tagt wie immer um 9.30 Uhr - wie "fast immer" muss ich nach der letzten Woche sagen - das Kabinett.

Anschließend empfängt die Bundeskanzlerin im Bundeskanzleramt besondere Gäste: Um 11 Uhr kommen nämlich Angehörige von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr sowie von Polizistinnen und Polizisten, die sich im Auslandseinsatz befinden, zu einem vorweihnachtlichen Gespräch zu ihr. Die Kanzlerin möchte aus erster Hand über die Belastungen, die die Angehörigen durch die lange Trennung von ihren Männern und Frauen, Söhnen und Töchtern erleiden, informiert werden. Sie wird bei der Gelegenheit das große Engagement vieler Soldaten und Polizisten würdigen, die in internationalen Einsätzen für unser Land im Ausland ihren Dienst tun. Es ist also eine Geste des Dankes und der Verbundenheit gegenüber den Angehörigen, die in vielen Fällen auf ihre Familienangehörigen verzichten müssen und das gerade in der Weihnachtszeit schmerzlich spüren. Sie dient aber auch dazu, um im persönlichen Gespräch von den Bedingungen des Einsatzes aus den Mündern der Angehörigen zu erfahren.

Ab 13 Uhr ist die Bundeskanzlerin dann im Bundestag, um als Zuhörerin an der aktuellen Debatte teilzunehmen.

Am Donnerstag, den 13. Dezember, wird sie allerdings ab 9 Uhr im Deutschen Bundestag eine Regierungserklärung zum bevorstehenden Europäischen Rat abgeben.

Sie reist am Nachmittag nach Brüssel. Der Europäische Rat wird sich nach dem üblichen Verlauf abspielen - also erst eine Begegnung mit dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, gegen 17.45 Uhr die erste Arbeitssitzung, dann ein Abendessen, und schließlich die zweite Arbeitssitzung am Freitag.

Dieser Europäische Rat ist in der Kontinuität der Räte vom Juni und Oktober dieses Jahres zu sehen. Sein Schwerpunktthema wird die Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion sein. Andere Themen sind - wie immer beim Herbst- oder Winterrat - eine Bestandsaufnahme der EU-Erweiterung und ein Blick auf die gemeinsame europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

Wir werden dazu - wie immer - ein Briefing anbieten, und zwar am Mittwoch an dieser Stelle um 11 Uhr.

Frage: Gibt es ein "off the record"-Briefing vor dem EU-Gipfel?

StS Seibert: Nein, es gibt ein sogenanntes "unter zwei"-Briefing, wie wir es immer hier vor Europäischen Räten machen.

Zusatzfrage: Wann?

StS Seibert: Das habe ich gesagt: Es findet am Mittwoch um 11 Uhr mit Herrn Meyer-Landrut und mir an dieser Stelle statt.

Frage: Zum Europäischen Rat gefragt - die Frage richtet sich dann auch an Herrn Kotthaus -: Haben wir zum Thema Bankenunion zu erwarten - sei es jetzt bei dem Treffen der Finanzminister am 12. Dezember und auch bei dem Treffen der Staats- und Regierungschefs -, dass man dann den Haken daran machen kann, dass also zumindest die groben Eckpunkte der Bankenunion stehen?

StS Seibert: Nein, das haben Sie nicht zu erwarten, weil wir nicht damit rechnen, dass die Bankenunion - wir sind ja jetzt bei der Besprechung der technischen und juristischen Feinheiten - ein Thema des Europäischen Rates ist. Damit befassen sich die Finanzminister, die, soviel ich weiß, am 12. Dezember - Herr Kotthaus, korrigieren Sie mich - zu einer weiteren Sitzung zusammenkommen. Das ist das Gremium, das sich weiterhin wie auch in den letzten Wochen mit dem Aufbau einer europäischen Bankenaufsicht befasst.

Zusatzfrage: Also beim Gipfel wird das keine Rolle spielen?

StS Seibert: Nach unserer Auffassung ist das eine Sache, die hoffentlich die Finanzminister weiter vorantreiben.

Kotthaus: Es gibt ein weiteres Treffen. Die Kernfragen, die weiterhin einer vernünftigen Lösung harren, sind Ihnen bekannt. Das ist vor allem die Frage der "Governance". Es geht also darum: Wie vereinbart sich eine unabhängige Geldpolitik mit den üblichen Aufsichtsmaßnahmen und rechtlichen Möglichkeiten? - Diese Frage muss noch geklärt werden.

Aber dies ist in den Diskussionen in der letzten und in dieser Woche in Brüssel sicherlich weiter vorangeschritten. Die Idee war auch, dass die Präsidentschaft und die Kommission jetzt weitere Vorschläge für das Treffen in der nächsten Woche vorbereiten, das ja extra angesetzt worden ist, um dieses Thema anzugehen. Am guten Willen mangelt es sicherlich nicht.

Aber man darf nicht vergessen: Das ist sicherlich eines der komplexesten, wenn nicht das komplexeste Integrationsprojekt der letzten Jahre. Da gilt weiterhin der Satz: Qualität vor überhöhter Geschwindigkeit. - Das ist ja gerade bei solchem Winterwetter besonders einschlägig.

Deswegen kann ich Ihnen nur sagen: Ja, wir kommen in der nächsten Woche zusammen und werden versuchen, einen Knopf daran zu machen. Aber die Fragen sind wirklich profund und schwierig.

Zusatzfrage: Gab es denn seit dem letzten Treffen der Finanzminister irgendwelche Konsultationen oder Entwicklungen, die die Hoffnung verstärkt haben, dass man vielleicht doch etwas schaffen könnte?

Kotthaus: Die Konsultationen gehen auf den verschiedensten Ebenen weiter: multilateral, telefonisch und ähnliches mehr.

Wie gesagt: Ich glaube, die Aufträge, die bei dem Treffen in dieser Woche verteilt worden sind, waren klar. Jetzt schauen wir einmal, was wir nächste Woche auf dem Tisch haben werden, um darüber zu beraten.

Aber um es noch einmal ganz klar zu sagen: Wir wollen eine europäische Bankenaufsicht - damit gar kein Zweifel aufkommt. Wir stehen voll dahinter. Aber Sie haben ja auch in der letzten Woche verfolgen können, da die Diskussion live über die Server geführt wurde, dass noch einige profunde Fragen geklärt werden müssen und mehrere Staaten diese Fragen sehr klar und deutlich gestellt haben.

Wie gesagt: Die Diskussion war gut. Die Kommission und Präsidentschaft haben gesagt, sie werden sehen, mit welchen neuen Vorschlägen sie kommen können. - Wir schauen einmal. Am guten Willen mangelt es bestimmt nicht.

Frage: Herr Kotthaus oder auch Herr Seibert: Werden sich die Finanzminister denn schon mit der Nachfolge von Herrn Juncker als Chef der Eurogruppe beschäftigen?

Kotthaus: Das Treffen der Eurogruppe, das ja auch am 13. Dezember stattfinden soll - so wurde es angekündigt -, beschäftigt sich vor allen Dingen mit den Ergebnissen des griechischen Schuldenrückkaufprogramms respektive mit der Frage, wie jetzt die Gesamtanalyse der Troika aussieht. Sie wissen ja, die Troika muss die beiden Fragen beantworten: Erstens. Wie sieht es mit den Reformen aus? - Das ist im Wesentlichen ganz okay. - Zweitens. Wie sieht es mit der Schuldentragfähigkeit aus? - Das ist sehr stark von dem Ergebnis des Schuldenrückkaufs abhängig. Darauf wird sich sicherlich diese Eurogruppe konzentrieren.

Zusatzfrage: Also eine Entscheidung über eine Nachfolge von Herrn Juncker wird es erst im nächsten Jahr geben?

Kotthaus: Ich kann Ihnen da wirklich keine Prognose geben. Es ist sicherlich eine Diskussion, die jetzt erst einmal innerhalb der Mitgliedstaaten geführt werden muss beziehungsweise die Mitgliedstaaten miteinander führen müssen. Ich gehe davon aus, dass auch die Staats- und Regierungschefs ein größtes Interesse daran haben könnten. Dann schauen wir einmal.

Zusatzfrage: Herr Seibert, hat die Bundeskanzlerin denn in den letzten Tagen schon mit anderen Kollegen aus der Eurogruppe über diese Frage gesprochen und auch mit Herrn Schäuble, vielleicht am Rande des Parteitags?

StS Seibert: Erstens. Wir haben ja gerade erst die Ankündigung von Herrn Juncker gehört. Zweitens spricht die Bundeskanzlerin sehr regelmäßig mit ihrem Finanzminister, weil sehr viele seiner Themen im Moment auch Hauptthemen der Bundesregierung sind. Drittens wird sie die Gespräche, die sie dazu notwendigerweise noch führen wird, sicherlich nicht in der Öffentlichkeit führen.

Frage: Herr Kotthaus, wird die Eurogruppe in der nächsten Woche auch über die Auszahlung der nächsten Tranche an Griechenland entscheiden?

Kotthaus: Die Idee ist es zu schauen: Wie ist die Gesamtlage? Was ist jetzt die Analyse der Troika? - Dann wird entschieden, ob wir die Tranchen auszahlen können und die Voraussetzungen gegeben sind.

Zusatzfrage: Wenn es dazu kommt, wie hoch wird der Betrag, der an Griechenland überwiesen wird?

Kotthaus: Ich glaube, Sie und ich haben das gleiche Statement der Eurogruppe gelesen. Darin stehen, glaube ich, 43,7 Milliarden Euro als Gesamttranche. Dann muss man eben sehen, wie das ist.

Aber wie gesagt: Das finden Sie eigentlich alles, Herr Pappas, in dem Statement der Eurogruppe, das ich gern vorlesen kann, wenn Sie mögen. Aber prinzipiell finden Sie es online gut nachlesbar, auch mit allen Details, wann wo wie was passieren wird.

Frage: Herr Kotthaus, wenn das mit der Juncker-Nachfolge noch dauert, wer führt denn dann kommissarisch die Geschäfte, wenn im nächsten Jahr noch nicht feststeht, wer der Nachfolger ist?

Kotthaus: Also nach meiner Rechnung haben wir heute den 7. Dezember. Herr Juncker hat gesagt, er möchte Anfang des Jahres 2013 den Vorsitz abgeben. Ich glaube, diese Frage stellt sich zurzeit schlicht und ergreifend nicht.

Zusatzfrage: Wann ist denn die erste Sitzung im neuen Jahr? Wissen Sie das zufällig?

Kotthaus: Habe ich jetzt den Kalender der Eurogruppe bei mir? Ich glaube nicht. - Ich bilde mir ein, irgendwann Mitte Januar ist die erste Sitzung. Aber auch das kann man sicherlich dem Kalender der Eurogruppe, der wiederum online steht, entnehmen. Das ist ja langfristig alles sehr schön getaktet. Wenn Sie darauf bestehen, dann suche ich jetzt selber auf meinem Handy. Aber ich bin voller Optimismus, dass auch Sie das beherrschen.

Frage: Ich wollte gern von Herrn Kotthaus, der sich ja in Brüssel sehr gut auskennt, die drei wichtigsten Charakteristiken, die ein Eurogruppenchef haben muss, erfahren.

Kotthaus: Ich glaube, man kann sich auch einfach ansehen, wie der jetzige sehr erfolgreiche Präsident der Eurogruppe das gemacht hat. Er muss vermitteln, er muss integrativ sein, er muss sicherlich Europa nach vorn bringen wollen.

Aber im Endeffekt: Über die genauen Charakteristika und Ähnliches mehr müssen sich dann die Finanzminister und die Staats- und Regierungschefs - wahrscheinlich gemeinsam - unterhalten. Ich glaube, es ist nicht verkehrt zu sagen, dass alle mit dem bisherigen Präsidenten der Eurogruppe, Herrn Juncker, hochzufrieden waren. Sicherlich kann man sich sehr gut an seiner Persönlichkeit und seinem Agieren orientieren, wenn es darum geht, wie ein guter Chef der Eurogruppe aussieht.

Frage: Wie steht man eigentlich zu Herrn Moscovici, falls er ein potenzieller Kandidat sein sollte?

Kotthaus: Wir werden hier jetzt garantiert keinen lustigen Reigen machen, nach dem Motto "Eine links, eine rechts, eine fallen lassen" und "Welcher Kandidat kommt, welcher kommt nicht?". Die Frage steht jetzt im Raum. Herr Juncker hat gesagt, dass er den Posten gerne abgeben möchte. Jetzt werden die zuständigen Minister sowie Staats- und Regierungschefs einfach darüber diskutieren und sprechen. Aber den lustigen Kandidatenreigen werden wie hier in der Bundespressekonferenz, glaube ich, nicht eröffnen.

Frage: Ich habe noch Fragen an das Bundesinnenministerium und an Herrn Seibert in Sachen NPD-Verbotsverfahren. Heute hat Herr Lammert mehr oder weniger davon abgeraten. Wie bewerten Sie diese Aussage?

Die zweite Frage wäre: Inwiefern spielt bei den Erwägungen der Bundesregierung eine Rolle, ob Bundesrat, Bundesregierung und Bundestag ein gemeinsames Verfahren wählen beziehungsweise sich entschließen, diesen Weg gemeinsam zu gehen? Oder ist das für die Entscheidung der Bundesregierung völlig unerheblich?

StS Seibert: Vielleicht beginne ich kurz. Ich glaube, im Wesentlichen hat die Bundeskanzlerin gestern im Anschluss an das Treffen mit den Ministerpräsidenten ja alles zur Haltung der Bundesregierung gesagt. Es ist ganz klar, dass die Frage, wie sich die Verfassungsorgane untereinander verhalten, auch in unsere Betrachtung einfließt; das ist ganz klar.

Ansonsten hat die Bundeskanzlerin gesagt, dass die Bundesregierung die Entscheidung der Ministerpräsidenten mit großem Verständnis zur Kenntnis genommen hat. Verständnis besteht gerade auch deswegen, weil sich die NPD in einigen Landtagen befindet und dort ihr politisch unerfreuliches und abzulehnendes Verhalten entwickelt. Es ist also verständlich, dass eine solche Initiative aus den Ländern heraus gestartet wird.

Für den Bund hat sie gesagt, dass wir die Risiken und Chancen eines solchen Verfahrens auf der Basis dieser tatsächlich sehr umfangreichen Materialsammlung gesondert prüfen wollen und dass sich die Bundesregierung dann im ersten Quartal 2013 ihre Meinung bilden wird.

Frage: Es gab in demselben Beschluss, dem Beschluss für einen neuen Antrag für ein NPD-Verbot, auch noch einmal die Erklärung, wie wichtig Anti-Extremismus-Programme sind, sowie die Formulierung "Die IMK begrüßte die bestehenden Aussteigerprogramme der Sicherheitsbehörden im rechtsextremistischen Bereich". Herr Lörges, kann man in Euro beziffern, wie ein solches Begrüßen aussehen kann, möglicherweise auch vonseiten des Bundes?

Konkret gefragt: Es gibt ja ein Anti-Extremismus- und Anti-Gewalt-Programm in Gefängnissen, das gerade etwas durch die Maschen des föderalen Systems fällt. Gibt es eine Chance für den Bund, das zu adoptieren?

In diesem Zusammenhang habe ich auch eine Frage an das Justizministerium. Die Bundesjustizministerin hat sich in der heutigen Ausgabe der "Welt" für ein gemeinsames Exit-Programm von Bund und Ländern ausgesprochen. Kann man konkretisieren, ob das - wie der Staatsminister für Extremismusprävention, der in derselben Antwort vorkommt- auch für die nächste Legislaturperiode angedacht ist oder ob ein konkreter Plan dahinter steht?

Lörges: Ich fange einfach einmal an. Vielleicht noch eine Ergänzung: Wir werden natürlich - das hat Minister Friedrich gestern auf der Innenministerkonferenz gesagt - den Fraktionen und den Abgeordneten alle Informationen zur Verfügung stellen, damit sie ihre Entscheidung selbstständig treffen können.

Ich bin nicht ganz sicher, ob ich Sie richtig verstanden habe. Es gibt seit vielen Jahren Aussteigerprogramme im Bereich des Rechtsextremismus beim Bundesamt für Verfassungsschutz. Ich weiß nicht, wie ich das in Zahlen benennen soll. Es gibt Personen und eine Telefonhotline, die anrufbar ist und durch die Beratung stattfindet.

Zusatzfrage: Es ging bei der Frage nicht um Aufstocken oder Ähnliches. Ging es einfach wirklich nur um das Begrüßen, oder ging es um etwas, das materiell benennbar ist?

Lörges: Es gibt diese Programme. Meinen Sie eine personelle Aufstockung? Wenn das ausreicht - ich habe keine gegenteilige Kenntnis, also dass irgendwelche Anrufe nicht beantwortet beziehungsweise angenommen werden würden -, dann sehe ich nicht, dass es jetzt einen entsprechenden Bedarf gäbe. Vielleicht kann der Kollege noch mehr dazu sagen, aber ich habe den Vorschlag eben so verstanden, dass dort jetzt eine Bündelung stattfinden soll. Ich kann nur sagen: Es gibt diese Aussteigerprogramme bereits, und ich sehe jetzt erst einmal keinen Bedarf für eine Änderung.

Was Prävention angeht, gibt es ein Programm speziell für Ostdeutschland, das jetzt auch erweitert wird und "Zusammenhalt durch Teilhabe" heißt. Diesbezüglich liegt der Schwerpunkt allerdings beim Bundesfamilienministerium.

Albin: Wenn ich an die Frage anschließen darf: Die Bundesjustizministerin hat sich dahingehend geäußert, dass ein NPD-Verbot im Kampf gegen Rechtsextremismus nicht ausreicht und dass über eine Verbotsdebatte, so wichtig sie auch ist, nicht vergessen werden darf, dass der Kampf gegen Rechtsextremismus währenddessen und danach weitergehen muss.

Dieses Beispiel des Aussteigerprogramms in den Strafvollzugsanstalten ist deswegen so interessant, weil sich dort zeigt, vor welchen Problemen die Initiativen vor Ort stehen. Das sind ja keine Bundesbediensteten, die das machen. Das sind private Initiativen, die ad hoc finanziert werden. Diese Ad-hoc-Finanzierung verteilt sich eben je nach Initiative auf verschiedene Bundesressorts. Die Kollegen sitzen hier ja neben mir und können vielleicht noch genauer sagen, welche Programme sie jeweils fördern.

Das Bundesjustizministerium ist an der Förderung von "Violence Prevention Network" - ich glaube, das sind die, die Sie meinen - nicht beteiligt. Wir haben seit der Föderalismusreform keine Zuständigkeit mehr für den Strafvollzug. Die Länder fördern auch, aber diese Förderung ist eben auf ganz verschiedene Häuser verteilt, sowohl beim Bund als auch bei den Ländern. Die Frage ist: Wie verlässlich ist diese Förderung? Das sind Personen, die sich sehr stark einbringen, und die machen das auch sehr gut. Aber inwieweit können die planen? - Deswegen lautet die Forderung der Justizministerin für die nächste Wahlperiode, diese Förderprogramme in einem Ressort zu bündeln und mit einem Staatsminister personell erkennbar zu machen.

Lörges: Die Präventionsprogramme liegen, wie gesagt, praktisch bei einem Ressort. Das Programm "Zusammenhalt durch Teilhabe" war eigentlich auf Ostdeutschland ausgerichtet und ein Programm des Beauftragten für die neuen Länder, der ja bei uns ressortiert.

Was speziell Gefangene angeht, darf ich darauf hinweisen, dass der Bundesinnenminister - ich meine, im letzten Jahr - eine Organisation mit der Abkürzung HNG verboten hat, die Hilfe von außen für extremistisch eingestellte Gefangene geleistet hat. Vielleicht ist das nicht allen geläufig, aber dazu können wir auch gerne noch einmal Informationen zur Verfügung stellen. Die finden sie aber sicherlich auch einfach unter dem Stichwort HNG-Verbot auf unserer Internetseite.

Zusatzfrage: Wenn ich noch einmal nachfragen darf: Mir ging es nicht um das Verbot, sondern um die Unterstützung einer Organisation, konkret die von "Violence Prevention Network". Wird die auslaufen, oder wird es eine Unterstützung auch durch den Bund geben?

Lörges: Das bezieht sich auf ein Projekt, das in der Verantwortlichkeit des Familienministeriums liegt.

Steegmans: Die Bundesfamilienministerin hatte bereits in der Debatte zur Verabschiedung des Bundeshaushalts vor, glaube ich, zwei Wochen abschließend Klarheit geschaffen. Ich weiß, dass von interessierter Seite verschiedentlich falsche Behauptungen gestreut werden. Aber das finanzielle Engagement des Bundes über das Jahr 2013 hinaus steht außer Frage. Das hat die Bundesfamilienministerin vor dem Deutschen Bundestag und auch schon vorher im Haushaltsausschuss verbindlich erklärt. Es gibt keinen im Deutschen Bundestag und keinen in der Bundesregierung, der auch nur ansatzweise Zweifel daran hat, dass das Engagement des Bundes nicht in irgendeiner Art und Weise zuverlässig weitergeführt werden würde. Das heißt, wir sind uns alle sicher, dass dieser wichtige Bereich weitergeführt wird, und zwar auch mit dem Volumen, wie es jetzt besteht. Dementsprechend erkennen wir überhaupt keinen Bedarf an Richtigstellung in dieser Frage. Wer also daran zweifelt, dass da etwas solide weitergeführt wird, der will offenbar das Engagement des Bundes in dieser Frage schlechtreden und Verunsicherung schaffen.

Zusatzfrage: Ich habe den Eindruck, das führen wir lieber bilateral fort. Ansonsten wäre die Frage nur: Meinen Sie das Projekt, von dem ich spreche, oder meinen Sie das allgemeine Engagement des Bundes? Meines Wissens befindet sich das Projekt im Moment gar nicht in der Bundesfinanzierung, deswegen mein erstaunter Blick.

Steegmans: Was nicht in der Bundesfinanzierung enthalten ist, kann auch nicht fortgeführt werden. Das entspricht der Logik der Sache.

Zusatz: Eben. Mir ging es um die Frage der Übernahme.

Steegmans: Ja, das müssen wir dann bilateral besprechen.

Frage: Herr Lörges, warum ist Ihr Minister eigentlich so zurückhaltend, was einen NPD-Verbotsantrag betrifft?

Herr Albin, warum ist Ihre Ministerin absolut dagegen?

Lörges: Der Minister hat heute - vor ca. vier Stunden - noch einmal im "Deutschlandfunk" ausführlich seine Position dargelegt, und ich würde einfach darum bitten, dass Sie sich das Interview im Internet auf der Seite des "Deutschlandfunks" kurz durchlesen. Es ist eine gute Tradition, dass wir Äußerungen von Ministern hier insbesondere in großer zeitlicher Nähe nicht interpretieren. Insofern würde ich Sie in diesem Falle bitte darauf verweisen.

Frage: Ich habe noch einmal eine Frage; wahrscheinlich ist das meiner Unachtsamkeit geschuldet. Herr Seibert, Herr Lörges, gibt es denn den Wunsch aufseiten der Bundesregierung, am Ende bei diesem Verfahren ein gemeinsames Vorgehen der drei Verfassungsorgane Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat zu haben, oder spielt das bei den Erwägungen keine Rolle? Gibt es diesen Wunsch?

StS Seibert: Ich kann nur das wiederholen, was ich gerade auf die andere Frage hin gesagt habe: Die Frage, wie sich die Verfassungsorgane Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat untereinander in Bezug auf dieses Thema verhalten, fließt in unsere Überlegungen ein.

Albin: Die Haltung der Bundesjustizministerin kann man in dem erwähnten Interview in der "Welt" ganz gut nachlesen. Sie hat vor allen Dingen darauf abgestellt, welche juristischen Erfolgsaussichten es gibt. Nun gibt es ja ein Gutachten, das eingeholt worden ist und das von einer 50-50-Chance spricht. Das ist keine sehr hohe Chance, und darauf wollte die Bundesjustizministerin, glaube ich, noch einmal aufmerksam machen.

Frage: Es tut mir leid, dass ich am Anfang kurz raus musste. Der Kollege sagte, Sie hätten schon über die Patriot-Stationierung gesprochen. War dabei auch ein Thema, ob die Stationierungsorte schon bekannt sind, von welchen Standorten die Soldaten kommen und ob auch schon Voraustrupps in der Türkei sind?

Paris: Es gab gestern den Beschluss des Kabinetts. Die Weiterleitung an den Deutschen Bundestag zur Beratung ist erfolgt. Das wird dann aller Voraussicht nach auch in der nächsten Woche passieren.

Derzeit bereitet sich die Bundeswehr darauf vor, ihre Verlegebereitschaft herzustellen. Ich kann Ihnen noch nicht genau sagen, welche Einheiten das betreffen wird. Sie werden eher aus dem norddeutschen Raum als aus dem süddeutschen Raum kommen; so weit lege ich mich fest. Darüber hinaus wird die Frage der Standorte noch geprüft. Das machen wir auch nicht alleine, sondern natürlich in Abstimmung mit dem Oberbefehlshaber der Nato und dort wiederum in Abstimmung mit den Niederländern und den Amerikanern. Auch dort ist also noch keine Entscheidung zu verkünden.

Der Verlegezeitpunkt wird, wie gestern bereits von Minister de Maizière angekündigt wurde, der Anfang des kommenden Jahres sein. Wir müssen jetzt noch einmal genau prüfen, wie wir das doch nicht unerhebliche Material, das bei Patriot mitgeführt werden muss - das sind insbesondere die Fahrzeuge und die Systeme, die auch ein erhebliches Gewicht haben -, von Deutschland in die Einsatzgebiete in der Türkei bekommen werden. Bei dem Gewicht bietet sich eigentlich in der Regel nur das Schiff an. Das prüfen wir gerade. Ich würde Ihnen vorschlagen, noch die nächste Woche abzuwarten; dann werden wir klarer sehen. Selbstverständlich werden wir Sie dann auch über diese Details gerne informieren. Ich habe heute nicht mehr mitzuteilen.

Frage: Ich würde mich gerne von Ihnen, Herr Seibert, oder auch vom Sprecher des Wirtschaftsministeriums noch einmal über die Philosophie belehren lassen, die hinter der Beteiligung in Sachen EADS steht. Wenn ich auf der einen Seite mitgeteilt bekomme, dass der Bund via KfW einsteigt, also der Staat letztlich abgesichert über Gelder der Steuerzahler einsteigt, auf der anderen Seite aber gefeiert wird, dass das Unternehmen damit weitgehend unabhängig von Einflüssen von außen, von der Politik bleibt, dann passt das für mich irgendwie nicht richtig zusammen. Mit welchem Argument hat sich die Bundesregierung letztendlich dem enthalten - Veto-Rechte, spezielle Einflussrechte, einen Aktionärspakt, wie es ihn bei der EADS schon gegeben hat -, sich solche Rechte zu sichern, um Einfluss ausüben zu können? Man gibt ja auch etwas in das Unternehmen hinein.

Rouenhoff: Es ist so, dass Frankreich und Deutschland eine gleichberechtigte Gesellschafterstellung vereinbart haben und dass der bisher geltende Aktionärspakt aufgelöst worden ist. Hinzukommt - das möchte ich noch einmal betonen -, dass es keine Vetorechte von Mitgliedern des EADS-Boards, also des Verwaltungsrats, oder von Aktionären in der Hauptversammlung mehr geben wird.

Grundsätzlich ist die erzielte Einigung über die neue Beteiligungsstruktur bei EADS ein großer Erfolg, denn es ist gelungen, die Staatsbeteiligung bei EADS auf unter 30 Prozent zurückzufahren und gleichzeitig die deutsch-französische Balance im Unternehmen zu wahren. Das ist sicherlich ein Punkt, mit dem die Forschungs-, Entwicklungs- und Produktionsstandorte in Deutschland gestärkt werden.

Zusatzfrage: Das beantwortet meine Frage überhaupt nicht. Ich wollte die Philosophie dahinter kennenlernen. Sie haben die Fakten dargestellt. Um es ganz platt zu sagen: Ich gebe etwas wohin und bin froh darüber, dass ich dafür nichts bekomme. Diese Philosophie leuchtet mir nicht ein. Es wird gefeiert - auch von Ihrem Minister -, dass man keine Einflüsse hat, dass das Unternehmen staatsferner geworden ist, dass seine Entscheidungsgewalt mehr beim Management bleibt, und gleichzeitig geht man mit Staatsgeldern - ich spreche diese Absicherung etwaiger KfW-Verluste an - hinein. Diesen Widerspruch kann ich nicht so recht aufklären.

StS Seibert: Vielleicht sagen wir einmal ganz grundsätzlich: Was da jetzt geschehen ist, ist ganz im Geiste des Gründungsgedankens. Da wird eine Industriepartnerschaft, die sich in Europa bewährt hat, in die Zukunft fortgeschrieben. Wir haben es nach Monaten, in denen durchaus auch Spekulationen das EADS-Umfeld belasteten, geschafft, diesen Spekulationen ein Ende zu setzen. Es gibt jetzt eine stabile und nachhaltige Struktur. Diese Struktur ist ganz im Geiste der Partnerschaft, auf der dieses Unternehmen seit Gründung aufgebaut hat. Wir haben, wie wir überzeugt sind, die Interessen der Bundesrepublik und auch der hiesigen Standorte wohlbemessen gewahrt. Wir haben Sicherheitsinteressen geschützt. Das Ganze ist verhältnismäßig. Durch die Rückführung der Abschmelzung der Anteile des Staates ist EADS in der Lage, global unternehmerisch in einer Weise zu agieren, die sich sicherlich in der Zukunft bewähren wird.

Frage: Eine Frage an das Verkehrsministerium. Das Verkehrsministerium versucht derzeit, sich mit den Gesellschaftern von Toll Collect, also Deutsche Telekom und Daimler AG, außergerichtlich zu einigen, was die Schadensersatzforderungen für die verspätete Einführung des Maut-Systems angeht. Es will Toll Collect finanziell entgegenkommen. Ich glaube, heute sollte ein Stichtag sein. Wann findet das nächste Treffen in dieser Runde statt? Ist das Ministerium optimistisch, dass noch in dieser Legislaturperiode eine außergerichtliche Einigung zustande kommt?

Rudolph: Vielen Dank für die Anfrage. Man muss die Gedanken an der Stelle ein bisschen ordnen.

Das Maut-Schiedsgerichtsverfahren läuft. Insofern kann ich keine Inhalte kommentieren. Aber ich muss eines richtigstellen: Sie schreiben in Ihrem Artikel in der "Frankfurter Rundschau" - Hintergrund ist, dass wir überlegen, das Maut-System insgesamt neu auszuschreiben, weil im Sommer 2015 der Betreibervertrag ausläuft -, dass bisher nicht einmal die Berater für die Ausschreibung gewählt worden seien. Das ist falsch.

Richtig ist, dass die Beratungsleistung für diese mögliche neue Ausschreibung seit Juni läuft. Ausgewählt worden sind TÜV Rheinland, KPMG und Beiten Burkhardt, weil wir uns technisch, wirtschaftlich und rechtlich beraten lassen. Insofern bitte ich Sie, das auch richtigzustellen und diese Kommentierung praktisch in die richtige Ordnung zu bringen.

Zweitens. Sie sprechen von außergerichtlicher Einigung und dass ein Papier entstehen sollte. Das sind alles Gerüchte und Spekulationen. Die sind aus journalistischer Sicht zulässig, aber ich kann mich daran nicht beteiligen. Ich werde das auch nicht tun. Ich kann nur sagen, dass die Stimmungslage, die vorherrscht - ich zitiere: "Toll Collect warnt vor Maut-Kollaps", "Bund will Firmen Milliarden schenken" -, unangebracht ist. Das Maut-Schiedsgerichtsverfahren läuft. Es handelt sich um ein juristisches Verfahren, wo weder Geschenke geschnürt werden noch dem Gericht irgendwelche außergerichtlichen Papiere vorgelegt werden. Da bitte ich, bei der Faktenlage zu bleiben.

Zusatzfrage: Aber es gibt Treffen zwischen den Gesellschaftern und dem Ministerium abseits des Schiedsverfahrens?

Rudolph: Das behaupten Sie. Ich kann das weder bestätigen noch kommentieren.

Zusatzfrage: Versuchen Sie, eine außergerichtliche Einigung ohne Schiedsverfahren noch in dieser Legislaturperiode zu erreichen?

Rudolph: Noch einmal: Wir befinden uns in einem Maut-Schiedsgerichtsverfahren. Ich werde hier nicht zu irgendwelchen Details Stellung nehmen - egal, ob sie stimmen oder nicht stimmen. Ich weise nur darauf hin, dass es um ein Schiedsgerichtsverfahren geht. Ich lese in Ihrem Artikel sehr viele Unterstellungen, Gerüchte und zum Teil auch Falsches. Insofern bitte ich Sie, das Falsche richtig zu stellen und die Gerüchte und Spekulationen auf das zurückzufahren, was wir momentan sehen: ein laufendes Maut-Schiedsgerichtsverfahren, das zugegebenermaßen sehr lange läuft, das vor Legislaturperioden einmal begonnen wurde. Aber es ist ein Verfahren um einen hohen Streitwert, und das läuft.

Zusatzfrage: Eine kurze Frage an das Finanzministerium: Es geht in den Verhandlungen auch darum, dem Konsortium finanziell entgegenzukommen und vielleicht zusätzliches Geld in die Hand zu nehmen. Müsste das Ministerium dem zustimmen und könnte man sich das vorstellen?

Kotthaus: Ich finde es schwierig, irgendwelche Entscheidungen über irgendwelche Kosten zu treffen, bevor nicht das eigentliche Verfahren beendet ist. Deswegen kann ich das momentan nicht weiter kommentieren.

Frage: Dann könnten wir gleich bei Herrn Rudolph bleiben. Es ist heute aus Baden-Württemberg heftige Kritik laut geworden, nachdem die Liste vorliegt, wie die 750 Millionen Euro zusätzliche Finanzmittel in die Verkehrsinfrastruktur gehen sollen. Herr Hermann aus Baden-Württemberg sagt, Ihr Minister betreibe Spatenstichpolitik. Was sagen Sie zu diesen Kritikpunkten?

Rudolph: Zunächst einmal muss man sagen, dass der Minister das tut, wofür er zuständig ist, nämlich bauen und die Verkehrsinfrastruktur intakt halten oder ertüchtigen.

Erlauben Sie mir diese Bemerkung: Wenn der Verkehrsminister der SPD oder den Grünen angehören würde, würde man ihn dafür loben, dass er nicht nur im letzten Jahr mit dieser gesamten Regierung eine Milliarde Euro zusätzlich herausgeholt hat, sondern dass die Regierung auch die Not erkannt hat und dem Verkehrsminister für das nächste und die kommenden Jahre noch einmal 750 Millionen Euro zur Verfügung stellt.

Jetzt aber ganz sachlich: Der Beschluss des Koalitionsausschusses war, diese 750 Millionen Euro für Neubauprojekte zu verwenden, weil es einen Investitionsstau gibt, der sich nicht erst in den letzten drei Jahren, sehr wohl aber in den letzten Legislaturperioden angestaut hat. Im Zuge der Gespräche über den Haushalt sind die Haushälter zu dem Entschluss gekommen, dass wir in Neubau investieren, dass wir aber der Maßgabe "Erhalt vor Neubau und Modernisierung" Rechnung tragen müssen. Auch da haben wir einen großen Nachholbedarf, den der Minister seit Beginn dieser Legislaturperiode angesprochen hat.

Insofern nutzen wir diese 750 Millionen Euro in den Jahren 2013 und 2014 - so denn der Haushaltsausschuss, die Haushälter, in der nächsten Woche zustimmen; das muss man ganz deutlich dazusagen. Aber wenn diese Kritik kommt, dann muss ich es Ihnen zumindest erklären dürfen. Wir nutzen das, um die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland voranzubringen. Dass das dringend notwendig ist, haben alle Regierungsfraktionen und im Übrigen auch die Opposition erkannt.

Dass mit diesen 750 Millionen Euro Bautätigkeit in Gang kommt, dass damit Arbeitsplätze gehalten oder geschaffen werden, dass es Spatenstiche geben wird oder auch die Bautätigkeit auf Baustellen hochgefahren wird - Infrastrukturbeschleunigung ist hier das fachliche Wort -, ist Normalität. diese Normalität können wir nicht, nur weil Bundestagswahl ist, zurückfahren. Wir halten uns vielmehr an das, was regierungstechnisch oder politisch bewusst gesetzt wird, nämlich, die Verkehrsinfrastruktur voranzubringen - im letzten Jahr mit einer Zusatzmilliarde, jetzt mit 750 Millionen Euro. Natürlich wird das im nächsten und in den kommenden Jahren verbaut.

Zusatzfrage: Könnten Sie bitte noch einmal sagen, wie viel von der 1 Milliarden Euro aus dem letzten Jahr schon in Projekte abgeflossen ist?

Rudolph: Das kann ich Ihnen aus dem Stegreif nicht sagen, das liefere ich Ihnen aber gerne nach.

Ich kann Ihnen zur Einordnung noch etwas mit auf den Weg geben. Die Projektliste kann ich zwar, auch wenn sie bei Journalisten kursiert, im Detail noch nicht kommentieren; denn der Entscheidung der Haushälter kann ich nicht vorgreifen. Was ich aber sagen kann, ist, dass ich einen Vorwurf, der mit der Spatenstich-Kritik einhergeht, entkräften muss. Das größte Volumen, das wir jetzt dem Haushaltsausschuss vorschlagen, wird nämlich nach Nordrhein-Westfalen gehen - die dpa hat es richtigerweise geschrieben - , das zweitgrößte Volumen wird nach Berlin gehen und das drittgrößte Volumen wird nach Bayern gehen. Insofern erkenne ich da keine Spatenstichpolitik, sondern eine Politik der Notwendigkeit, die im Übrigen auch mit Ländern besprochen wird und der klare Kennzahlen - Investitionsrahmenplan und weitere - zugrundeliegen. - Das wollte ich noch hinterherschicken.

Frage: Ich habe zwei Fragen mit Haushaltsbezug an das Finanzministerium.

Erste Frage: Ist eigentlich in den Haushaltsentwurf 2013 eingearbeitet, dass Sie weniger an Dividende von der Telekom bekommen werden? Die Telekom kürzt ihre Dividende ja relativ deftig, und der Bund hat, glaube ich, noch einiges an Telekom-Aktien.

Zweite Frage: Ich weiß, dass das im Moment nicht in den aktuellen Haushalt hineingeht, aber ist Ihnen die heute berichtete Zahl von 3 Milliarden Euro Verlust beim SoFFin schon einmal aus irgendwelchen Quellen untergekommen? Wann wird der SoFFin nach jetzigem Stand eigentlich abgewickelt, sodass man dann die Verluste auch realisieren würde?

Kotthaus: Zum Thema SoFFin und den angeblichen Verlusten hat die FMSA gerade eben eine Pressemitteilung herausgegeben und richtiggestellt, dass die heutigen Meldungen nicht zutreffend sind, sondern dass der Ende September festgestellte Verlust für dieses Jahr 0,9 Milliarden Euro beträgt. Insgesamt liegen die Verluste des SoFFin bis jetzt, glaube ich, bei knapp 23 Milliarden Euro.

Die Frage der Endabrechnung wird sich noch eine Zeit lang hinziehen. Sie wissen, dass wir das Prinzip gewählt haben, möglichst viel aus diesen Assets herauszuholen. Sie wissen, dass das die Sachen sind, die wir ausgelagert haben, um die Banken zu stabilisieren. Das heißt von vornherein, dass das Assets sind, die jetzt nicht unbedingt nur leicht zu verwenden sind und dass auch nicht unbedingt leicht Gewinne damit zu machen sind. Wir haben aber den Weg gewählt, diese Werte über einen langen Zeitraum zu verwerten, um möglichst viel herauszuholen und um die Verluste möglichst niedrig zu halten.

Wie stark das dann am Ende den Bundeshaushalt belasten wird, ist hier und heute immer noch offen. Es gibt da jetzt auch keinen Stichtag, von dem man sagen kann: Dann wird es sein. Die Idee ist eben, die Werte über einen längeren Zeitraum so gut wie möglich zu verarbeiten. Ich glaube, das hat sich bis jetzt durchaus auch bewährt. Der SoFFin arbeitet eigentlich ganz effizient bei der Verwertung der gegebenen Dinge. Wir müssen eben schauen, wann die Endabrechnung kommt; ich kann Ihnen heute aber keinen Stichtag nennen.

Zusatzfrage: Und die Telekom-Geschichte?

Kotthaus: Die Telekom ist, glaube ich, dabei, im Bereich der Dividenden über verschiedene Methoden zu arbeiten. Ich kann Ihnen momentan keine Auskunft darüber geben, wie wir darauf reagieren werden oder müssen.

Frage: Eine Frage an das Arbeitsministerium: Herr Dulger vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall fordert, dass man sich auf "Kurzarbeit plus" vorbereitet, sprich, in zweiter und dritter Lesung usw. das Geld freizumachen. Ich glaube, Frau von der Leyen ist noch nicht bereit dazu?

Westhoff: Da bleibt es bei der alten Haltung, dass die Situation so, wie sie sich zeigt, und die Rahmendaten aber auch überhaupt keinen Hinweis dafür geben, dass das nun notwendig wäre. Das, was da als "Kurzarbeitergeld plus" tituliert wird, gab es in der Hochphase der Krise, als es fast 1,5 Millionen Kurzarbeitende in Deutschland gab und das Wachstum in einem Jahr um 5 Prozent eingebrochen ist. Davon sind wir so weit entfernt, dass es im Moment tatsächlich überhaupt keinen Sinn macht, darüber nachzudenken, solche Dinge wie die Übernahme von Sozialversicherungsbeiträgen durch die BA oder die anderen Erleichterungen, die da eine Rolle gespielt haben, einzuführen. Davon sind wir wirklich noch meilenweit entfernt.

Es bleibt allerdings auch dabei, dass sich alle Beteiligten die Situation fortlaufend anschauen und im neuen Jahr sicherlich immer wieder neu bewerten werden, wie sie sich darstellt. Dann wird man auch schnell reagieren und reagieren können. Wir haben jetzt vorsichtshalber die Bezugsdauer auf zwölf Monate verlängert. Das war zu Beginn der Woche so vereinbart worden, einfach um ein Zeichen zu setzen und den Unternehmen auch über die sechs Monate hinaus Luft zu verschaffen, wenn das im Einzelfall nötig werden sollte.

Es ist aber nach wie vor so, dass die durchschnittliche Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld in den Unternehmen bei drei Monaten liegt. Wir sind im Moment bei etwa 60.000 Menschen, die in Kurzarbeit sind. Das sind alles noch keine Daten, die es rechtfertigen würden, über etwas zu sprechen, das darüber hinausgeht.

Zusatzfrage: Herr Dulger sagt, es gebe jetzt ja schon die ersten Entlassungen in der Branche und er habe größte Sorge, dass, wenn es Richtung Wahlkampf geht, solche Gesetze schlechter durch den Bundestag und den Bundesrat zu bringen seien.

Westhoff: Noch ist kein Wahlkampf und noch sind Gesetze jederzeit zu machen, wenn es denn nötig ist.

Zum Stichwort erste Entlassungen: Man muss immer schauen, warum Entlassungen stattfinden. Es ist schon immer so gewesen, dass es auch unterjährig Kurzarbeit in Unternehmen gab. Dafür kann es eine Fülle von Gründen geben. Wenn man jetzt über weitere Veränderungen beim Kurzarbeitergeld nachdenkt, müsste das auf einen Konjunktureinbruch oder eine konjunkturelle Schwächephase insgesamt zurückzuführen sein. Dass es einzelne Entlassungen gibt, gehört sozusagen auch ein wenig zur Natur des Wirtschaftens dazu. Ich will das gar nicht schönreden, aber man muss sich eben überlegen, wann der Punkt gekommen ist, zu dem man bei der Kurzarbeit tatsächlich noch einmal deutlich über das, was jetzt beschlossen wurde, hinausgeht. Im Hintergrund steht ja auch immer, dass das Beitragsgelder sind, die die BA da in die Hand nehmen muss; das ist Geld der Beitragszahler, das dann in die Unternehmen fließt, um ihnen das Leben zu vereinfachen. Insofern muss man schon sehr genau abwägen, wann man das tut.

Frage: Letztendlich schließt meine Frage daran an: Sie sprachen eben davon, dass von einem Konjunktureinbruch oder Ähnlichem jedenfalls im Moment noch nicht die Rede sein kann. Ich würde Herrn Seibert und vielleicht auch Herrn Rouenhoff gerne fragen: Wenn die Bundesbank in ihrer Wachstumsprognose für das kommende Jahr heute doch relativ deftig auf 0,4 Prozent heruntergeht, dann sieht man ja die Null-Prozent-Linie quasi schon nahen. Gibt es bei der Bundesregierung die Sorge - nachdem man mit der eigenen Prognose ja doch erheblich über diesem Wert liegt -, dass man vielleicht doch tiefer in die Schwächephase eintaucht, als man das noch vor zwei Monaten angenommen hat und dass möglicherweise gerade das Wort "Rezession" gebraucht werden muss?

StS Seibert: Wir verfolgen das sehr genau. Es ist kein Geheimnis - und die Bundesregierung hat auch nie eins daraus gemacht -, dass wir uns in einer Phase sich, sagen wir einmal, abkühlender Konjunktur befinden und wir 2013 vielleicht noch nicht mit dem Wachstum rechnen können, das wir uns vielleicht für 2013 erhofft hatten. Wir haben aber auch keinen Zweifel daran, dass wir im Moment immer noch in einer Wachstumsphase sind. Es gibt eine Vielzahl von Indikatoren, die auf den Markt kommen. Sie wissen, glaube ich, selber, dass man an einem Tag etwas über die Ausweitung der Exportaufträge liest und am nächsten Tag einen Geschäftsklimaindex bekommt - - Es gibt eine Vielzahl von Indikatoren, die keineswegs alle in Richtung Rezession weisen. Für die Bundesregierung bleibt also ein vorsichtiger Optimismus, dass wir im Bereich des Wachstums vorankommen.

Vorsitzender Wefers: Gibt es dazu Ergänzungen?

Rouenhoff: Herr Seibert hat das gerade entsprechend dargelegt. Dem kann ich nichts hinzufügen.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 7. Dezember 2012
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2012/12/2012-12-07-regpk.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Dezember 2012